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Schauspieler Simonischek: Ein begabter Burdentrager - DER SPIEGEL

Schauspieler Simonischek Ein begabter Burdentrager

Immer dieses Pipapo um den Papi! Max Simonischek hat einen Theaterstar zum Vater. Doch die Last des großen Namens tragt der junge Schauspieler leicht: Seine Figuren atmen stets Charakter und Geheimnis.
Von Henrike Thomsen

So lacherlich, unglaubwurdig und vollig fehl am Platze herumzustehen, das muss ein Schauspieler auf der Buhne erst einmal aushalten. Max Simonischek tragt wahrend der Fotoprobe zu der neuen Inszenierung von Armin Petras am Berliner Maxim Gorki-Theater eine alberne Puffhose, die sich um Gesaß und Huften blaht, dazu ein enges schwarzes Trikot mit Spaghetti-Tragern. Das Ganze erinnert an eine Kreuzung aus mittelalterlicher Herrentracht und Jane Fondas Aerobic-Look. So gibt Simonischek Faust, genauer, einen Schauspieler, der Faust zu spielen hat. Tom Lanoyes "Mefisto forever" erzahlt frei nach Klaus Mann die Geschichte einer Theatertruppe unter der Leitung des Grundgens-Verschnitts Kurt Kopler in der NS-Zeit. Doch Victor Muller ist kein aalglatter Mefisto wie sein Chef (gespielt von Paul Herwig). Mit deutscher Redlichkeit steht er da und holzt in unendlichem Unbehagen durch die Verse, dann uberwaltigt ihn der lutherische Gewissensdruck: "Ich kann das nicht!" brullt Simonischek mit schmerzlicher Wut und gibt seiner eben noch drolligen Figur blitzschnell tragische Tiefe.

Es ist ein viel versprechender Moment fur einen jungen Schauspieler, der erst vor einem Jahr in das renommierte Gorki-Ensemble kam und sich in kurzester Zeit in die erste Reihe gespielt hat: Zwei Produktionen mit dem Intendanten Petras und Buhnenpartnern wie Fritzi Haberlandt und Peter Kurth, zwei weitere mit dem Regie-Shootingstar Tilmann Kohler, bei dem er zum kronenden Abschluss der Saison Hamlet spielen wird.

Eigentlich ware er ja lieber Fußballer geworden, doch fur eine Profikarriere hatte es nach Einschatzung des leidenschaftlichen Mittelfeldspielers nicht gereicht. "Ich war einfach zu schlecht. Ich bin auch zu groß und zu schwer", sagt der 1,93 Meter messende, kraftig gebaute 25jahrige. Es klingt immer noch ein bisschen traurig, obwohl er den Traum schon kurz nach dem Abitur beerdigte. Ein bisschen nach verpasster Chance. Denn vielleicht ist die Schauspielerei am Ende ein Eigentor. Darin kann man nicht so leicht aufgehen, solange immer irgendjemand uber diesen Nachnamen stolpert.

Kunstlerisches Urvertrauen

Peter Simonischek, war der nicht lange ein wichtiger Protagonist an der Berliner Schaubuhne und jetzt am Wiener Burgtheater, der "Jedermann" bei den Salzburger Festspielen?! Ist das vielleicht...? Ja, er ist und Max' Mutter Charlotte Schwab spielt ebenfalls seit Jahrzehnten an fuhrenden deutschsprachigen Buhnen wie dem Thalia Theater Hamburg, wurde als Fernsehkommissarin in der ZDF-Serie "Das Duo" bekannt.

Es gibt viele Sprosslinge aus Theaterfamilien, die derzeit gefragte Darsteller und Regisseure sind, darunter Alexander Khuon am Deutschen Theater, Michael Maertens am Schauspielhaus Zurich und Philippe und Pierre Besson am Hans Otto-Theater Potsdam. Sie alle haben trotz ihrer offenkundigen Begabung mit Neid und Misstrauen zu kampfen; so wie Max Simonischek es auch von der Schauspielschule, dem Salzburger Mozarteum, erinnert. Sie genießen einen Startvorteil durch bessere Beziehungen und einer Art kunstlerischem Urvertrauen in die Theaterprozesse, sie erleiden aber auch den Nachteil, stets durch die erfolgreichen Vater, Mutter und im Falle Maertens sogar durch einen Star-Opa wahrgenommen zu werden.

Max Simonischek erfuhr dies, als er im Februar 2007 im Wiener Theater an der Josefstadt Gogols "Revisor" (Regie: Wolf Dieter Sprenger) spielte: "Da war das Pipapo um meinen Vater extrem, das habe ich unterschatzt. Auf meiner Person lag unverhaltnismaßig viel Aufmerksamkeit, aber es ging nicht um mich. Berlin ist fur mich besser", sagt er. Doch auch dort wettert der Volksbuhnen-Intendant Frank Castorf programmatisch gegen die "riesige Inzucht" an den Theatern und sagte im SPIEGEL Ende November uber die Kinder: "Die sind sehr begabt, aber kaum unterscheidbar."

Max Simonischek wirkt jedoch alles andere als glatt und austauschbar. Seine Figuren haben sowohl Charakter auch als Geheimnis. Da ist Johann in "Die Separatisten" von Thomas Freyer (Regie: Tilmann Kohler), ein junger Journalist, der aus seiner Karriere ausgestiegen ist, um die Bewohner seines Viertels zu uberreden, sich in einem Ghetto abzuschotten. Simonischek spielt ihn nicht als einen regressiven Verlierer, sondern als einen, der sich in eine Idee verrennt, an ihr wachst aber auch elementar gefahrdet wird, als von der Umsetzung des verruckten Plans plotzlich alles abhangt. Da ist Anders in "Heaven (zu tristan)" von Fritz Kater (Regie: Armin Petras), ein Architekturstudent, der mit hochfliegenden Ambitionen in die USA reist und vollig gebrochen zuruckkommt. Der Umschlag von einem spruhenden Visionar zu einem viehisch Gebrochenen gelingt Simonischek so uberzeugend, dass man meint, im zweiten Teil einen vollig anderen Menschen zu erleben. Und nun kommen Victor Muller (Premiere am 26. Feburar) und Hamlet (Premiere im Mai).

Seine Eltern haben Max Simonischek ausdrucklich vor der Schauspielerei gewarnt, erzahlt er: "Mach alles, aber das mach? nicht. Sie wissen, wie schwer dieser Beruf ist und dass man sehr unglucklich werden kann." Aber wenn er seinen Hamlet mit der gleichen emotionalen Glaubwurdigkeit und Spannbreite spielt wie alle anderen Rollen, ist er auf einem guten eigenen Weg.


"Mefisto forever" , Premiere heute Abend 19.30 Uhr im Maxim Gorki-Theater, Berlin