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Constantin Caratheodory (1873 ? 1950) - Spektrum der Wissenschaft Direkt zum Inhalt

Der Mathematische Monatskalender : Constantin Caratheodory (1873?1950): Der Vielseitige

Constantin Caratheodory (1873 - 1950) beherrschte acht Sprachen fließend, arbeitete als Bauingenieur und verfasste Bucher uber Geografie und Geschichte. Doch sein Herz gehorte der Mathematik. Viele seiner Ideen inspirierten die Arbeiten anderer Mathematiker, darunter auch Albert Einstein.
Variationsrechnung

1994 gab die griechische Postverwaltung eine Doppelbriefmarke heraus, die zwei griechischen Mathematikern gewidmet war: Constantin Caratheodory und Thales von Milet . Den Namen des griechischen Wissenschaftlers aus dem Altertum hat jedermann zumindest schon einmal gehort, ist er doch untrennbar verbunden mit einem beruhmten Satz aus der Geometrie . Wer aber war Caratheodory?

Constantin Caratheodory wird 1873 als Sohn eines griechisch-stammigen Diplomaten der Botschaft des Osmanischen Reiches in Berlin geboren. Zu jener Zeit gehoren noch große Teile des heutigen Staatsgebiets von Griechenland zu dem einst machtigen Reich der ≫Herrscher der Hohen Pforte≪. Nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in Konstantinopel zieht die Familie weiter nach Brussel, wo der Vater die Stelle als Botschafter ubernimmt. Als die Mutter stirbt, kummert sich die Großmutter um die Erziehung der Kinder Constantin und Loulia. Ein deutsches Dienstmadchen wird angestellt, damit die Kinder neben ihrer Muttersprache Griechisch und dem Franzosischen auch die deutsche Sprache fließend sprechen sollen. Constantin besucht eine Grundschule in Brussel, lebt aber auch zeitweise in Berlin; die Winter verbringt die Familie an der italienischen Riviera.

Wahrend der Zeit am Gymnasium wachst sein Interesse an Mathematik; zweimal gewinnt er den ersten Preis bei den Concours genereaux , den landesweiten Mathematikwettbewerben der hoheren Schulen Belgiens.

Constantin Caratheodory absolviert ein Ingenieur-Studium an der Ecole Militaire de Belgique und arbeitet danach als Bauingenieur auf Lesbos, bis 1896 der griechisch-turkische Krieg ausbricht. Den Loyalitatskonflikt als Grieche im Dienst des osmanischen Reiches lost er, indem er fur eine britische Firma nach Agypten geht, um dort in einem Staudammprojekt zur Nilregulierung zu arbeiten. Er bereist das ganze Land und fuhrt unter anderem auch Vermessungen an der Cheops-Pyramide durch; er verfasst ein Buch uber Geographie und Geschichte Agyptens, das 1901 erscheint.

In seiner Freizeit beschaftigt er sich jedoch zunehmend mit Mathematik. Er uberrascht seine Familie mit der Entscheidung, ein Mathematikstudium aufnehmen zu wollen, und zwar in seinem Geburtsort Berlin. Bald wechselt er aber nach Gottingen, das zu dieser Zeit den Ruf als Zentrum der Mathematik genießt. Besondere Faszination ubt auf ihn die von Jakob und Johann Bernoulli durch Losung des Problems der Brachistochrone begrundete und von Leonhard Euler , Carl Gustav Jacobi und Rowan Hamilton weiterentwickelte Variationsrechnung aus.

Er verallgemeinert die Losung eines scheinbar einfachen Problems: Eine Lampe im Innern eines Globus projiziert Punkte des Globus auf eine Flache. Gesucht ist eine Kurve auf dem Globus mit vorgegebener Lange derart, dass ihr Schatten moglichst kurz oder moglichst lang ist , und er erwirbt 1904 den Doktorgrad mit der Arbeit: Uber die diskontinuierlichen Losungen in der Variationsrechnung . Doktorvater ist Hermann Minkowski , einer der Begrunder der speziellen Relativitatstheorie; die mundliche Prufung in angewandter Mathematik legt er bei bei Felix Klein ab und die in Astronomie bei Karl Schwarzschild.

Um den außergewohnlich begabten Mathematiker in Gottingen zu halten, erlaubt man ihm, seine Habilitation unmittelbar anzuschließen ( Uber die starken Maxima und Minima bei einfachen Integralen) . Nach einer vorubergehenden Tatigkeit als Privatdozent an der Universitat Bonn wird er Professor in Hannover; 1910 erfolgt ein Ruf an die neu gegrundete Technische Hochschule in Breslau. 1913 wird Caratheodory Nachfolger von Felix Klein in Gottingen; er ubernimmt die Tatigkeit als Herausgeber der Mathematischen Annalen sowie einer italienischen Fachzeitschrift. Nach Ausbruch des ersten Weltkriegs treten jedoch die meisten seiner Gottinger Studenten und Kollegen in den militarischen Dienst, sodass er sich dort nicht mehr wohl fuhlt.

In der Zwischenzeit hatte Caratheodory eine Familie gegrundet und in Konstantinopel eine nahe Verwandte geheiratet; mit seiner Frau Euphrosyne hat er zwei Kinder.

1918 erfolgt dann ein Ruf nach Berlin; erneut wechselt er. Max Planck halt die Laudatio, als er 1919 zusammen mit Albert Einstein in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen wird. Mit Einstein stand Caratheodory bereits seit Jahren in brieflichen Kontakt; 1915 konnte er Einstein wesentliche Hinweise fur die Anwendung der Variationsrechnung zur Entwicklung der allgemeinen Relativitatstheorie geben.

1917 hatte sich die griechische Regierung den Machten der Entente angeschlossen ? insbesondere, um nach einem erfolgreichen Kriegsverlauf das Staatsgebiet Griechenlands vergroßern zu konnen. Der Friedensvertrag von Sevres sah dann vor, dass Thrakien und das Gebiet um Smyrna (heute: Izmir) an Griechenland fallen. Caratheodory wird von der Regierung gebeten, in Smyrna eine griechische Universitat aufzubauen. Er reist durch ganz Europa, um geeignete Buchbestande fur die Bibliothek zu sichern. In der Zwischenzeit aber versuchen griechische Truppen, Fakten zu schaffen und das gesamte Gebiet bis hinauf nach Konstantinopel (Istanbul) zu erobern. Die Militaraktion endet jedoch in einer Katastrophe; die turkischen Truppen unter dem General Mustafa Kemal Pascha (der spater den Ehrentitel Ataturk erhalt) werfen die angreifenden Truppen zuruck und erobern ihrerseits Smyrna. Die uberwiegend griechische Bevolkerung wird vertrieben, zahlreiche Menschen kommen ums Leben, die griechischen Viertel der Stadt werden niedergebrannt. Caratheodory und seine Familie konnen sich gerade noch auf die der Stadt vorgelagerte Insel Samos retten.

Zunachst arbeitet Caratheodory an der Universitat in Athen, 1924 nimmt er den Ruf als Nachfolger fur Ferdinand von Lindemann in Munchen an (diesem war 1882 als Erstem der Nachweis gelungen, dass eine transzendente Zahl ist). Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1938 forscht und lehrt Caratheodory hier ? mit Unterbrechungen: 1930 bittet ihn die griechische Regierung darum, sie bei der Reform der Universitaten in Athen und Thessaloniki zu beraten. Gastvortrage in den USA fuhren zu Berufungen an die Universitaten von Harvard und Stanford, die er jedoch ablehnt und dazu nutzt, seine Arbeitsbedingungen in Munchen zu verbessern.

Der vielseitig gebildete Wissenschaftler wird als Vortragender und Autor international sehr geschatzt, auch wegen seiner unglaublichen Sprachkenntnisse: Neben der Muttersprache Neu-Griechisch beherrscht er Franzosisch und Deutsch gleichermaßen, aber auch Englisch, Italienisch und Turkisch ebenso wie Lateinisch und Alt-Griechisch.

Fassungslos nimmt er nach 1933 die politischen Veranderungen in Deutschland wahr, hilft durch seine weltweiten Kontakte emigrierenden Wissenschaftlern dabei, neue Stellen im Ausland zu finden. Nach seiner Emeritierung im Jahr 1938 zieht er sich aus dem Universitatsleben zuruck. Nach dem Krieg veroffentlicht er unter anderem die Bande der Gesammelten Werke von Leonhard Euler , die sich mit Variationsrechnung beschaftigen, sowie Untersuchungen zur Keplerschen Planetenbewegung .

Schwerpunkte weiterer Veroffentlichungen liegen vor allem in der Maßtheorie , der Variationsrechnung sowie der Funktionentheorie .

Mehrere Abhandlungen setzen sich mit Problemen der theoretischen und der praktischen Physik auseinander, darunter auch der Nachweis, dass kein optisches System aus Linsen und Spiegeln ohne Abbildungsfehler existieren kann. Die Ausarbeitungen seiner Vorlesungen werden auch heute noch wegen ihres Aufbaus und ihrer Sprache geschatzt. ≫Aber viele seiner Ideen hat er uberhaupt nicht selbst publiziert; sie wirken sich aus in den Arbeiten anderer, …, die von ihm in den Geist und die Wege wissenschaftlicher Forschung eingefuhrt worden sind …≪, schreibt Oskar Perron in seinem Nachruf, als Caratheodory 1950 stirbt.

C. Caratheodory (1873 ? 1950)

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