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Politische Vertrauenskrise in Rum?nien - Siebenbuerger.de
14. Februar 2017

Politische Vertrauenskrise in Rum?nien

Seit zwei Wochen ereignen sich t?glich landesweite Massenproteste in Rum?nien. Staatspr?sident Klaus Johannis mischt sich in Bukarest h?chstpers?nlich unter die Demonstranten und bekundet seine Solidarit?t mit der emp?rten Zivilgesellschaft. Ausgel?st hat die Proteste, die gr??ten seit dem Sturz der Ceaușescu-Diktatur 1989, die von der linksliberalen Koalitionsregierung – ohne ?ffentliche Debatte – per Eilverordnung beschlossene Lockerung der Korruptionsbek?mpfung ( diese Zeitung berichtete ). Am 5. Februar fordern nach Sch?tzungen bis zu 300 000 Demonstranten auf dem Siegesplatz (Piața Victoriei) in Bukarest den R?cktritt der Regierung. Als Reaktion auf die fortgesetzt heftige Kritik aus dem In- und Ausland kassiert die Regierung unter Ministerpr?sident Sorin Grindeanu das umstrittene Dekret. Justizminister Florin Iordache muss seinen R?cktritt erkl?ren. Das Parlament billigt einstimmig das von Pr?sident Johannis geforderte Referendum zur Korruptionsbek?mpfung. Die Proteste gehen indes unvermittelt weiter.
Stein des Ansto?es waren die von der Regierung am 31. Januar gegen 22 Uhr, quasi in Nacht und Nebel, per Eilerlass verabschiedeten ?nderungen des Strafgesetzbuches. Das Dekret sieht im Wesentlichen vor, dass Amtsmissbrauch nur noch bei Schadenssummen ab 200 000 Lei (rund 44 000 Euro) strafrechtlich verfolgt werden soll. Gleichzeitig k?ndigte die von der postkommunistischen Sozialdemokratischen Partei (PSD) gef?hrte Regierung an, verurteilte Straft?ter mit Haftstrafen bis zu f?nf Jahren zu amnestieren. Zweck der Ma?nahme sei eine Entlastung der Justiz und der ?berf?llten Gef?ngnisse.

Die Verordnung h?tte die Korruptionsbek?mpfung in dem EU-Mitgliedstaat erheblich eingeschr?nkt. Beg?nstigt worden w?ren nach Ansicht der Regierungskritiker insbesondere f?hrende PSD-Politiker, allen voran Parteichef Liviu Dragnea, der als Schl?sselfigur der politischen Krise in Rum?nien gilt. Ihm droht in einem laufenden Amtsmissbrauchsprozess eine Haftstrafe. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei hatte nach der Parlamentswahl im Dezember vergangenen Jahres noch das Amt des Premierministers angestrebt, scheiterte damals jedoch am Widerstand des Staatspr?sidenten. Klaus Johannis begr?ndete sein Veto damit, dass sich Dragnea f?r das F?hrungsamt disqualifiziere, da er 2016 wegen Wahlbetrugs zu einer zweij?hrigen Bew?hrungsstrafe verurteilt worden sei. Der 54-j?hrige PSD-Vorsitzende muss sich derzeit in einem Amtsmissbrauchsprozess vor dem Obersten Gerichtshof verantworten; die inzwischen zur?ckgenommene Eilverordnung h?tte ihn vor m?glicher Gef?ngnishaft bewahren k?nnen.

B?rgerprotest und internationale Kritik

Am Tag nach dem Regierungsbeschluss protestierten rund eine halbe Million Menschen gegen die Verordnung. Hunderttausende B?rger gingen seitdem Abend f?r Abend auf die Stra?e. Am 2. Februar waren es allein in der Landeshauptstadt Bukarest etwa 150 000 Demonstranten, in 55 anderen St?dten nochmal ann?hernd so viele. Zu den Kundgebungen am 5. Februar versammelten sich landesweit ?ber 500 000 Teilnehmer, der Hermannst?dter Zeitung zufolge protestierten mehr als 40 000 auf dem Gro?en Ring in Hermannstadt. Auff?llig hoch ist der Anteil an jungen und gut ausgebildeten Rum?ninnen und Rum?nen, die, aus Sorge um die eigene und die Zukunft ihres Landes, weitestgehend friedlich protestieren.
Beeindruckendes Menschen- und Lichtermeer: Gegen ...
Beeindruckendes Menschen- und Lichtermeer: Gegen die rum?nische Regierung protestierten am 5. Februar etwa 300 000 Menschen auf dem n?chtlichen Siegesplatz in Bukarest. Foto: Dan Mihai Bălănescu
F?r ein Fortf?hren des Antikorruptionskampfes macht sich auch die orthodoxe Kirche Rum?niens stark, der mehr als 85 Prozent der rum?nischen Bev?lkerung angeh?ren. In einer Erkl?rung der Kirche hei?t es: „Raub und Diebstahl degradieren die Gesellschaft moralisch und materiell“.

Die umstrittene Straffreiheit f?r korrupte Politiker stie? aber auch international auf Kritik. Besorgt bis warnend kommentierten EU-Kommissionspr?sident Jean-Claude Juncker, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wie auch die US-Administration unter Donald Trump die j?ngsten Entwicklungen in Rum?nien.

Der Bundestagsabgeordnete Dr. Bernd Fabritius, Verbandspr?sident des Verbandes der Siebenb?rger Sachsen in Deutschland, warf der rum?nischen Regierung vor, „Amtsmissbrauch in erheblichem Ausma? zu legalisieren“ und mit ihrer „durchsichtigen Klientelpolitik“ gegen grundlegende Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit eklatant zu versto?en. Die Auszahlung von EU-F?rdermitteln an Rum?nien solle daher sofort gepr?ft und „gegebenenfalls gestoppt werden“, forderte Fabritius als zust?ndiger Berichterstatter in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates f?r die „St?rkung der Rechtsstaatlichkeit in s?dosteurop?ischen L?ndern durch gezielte Reformen des Justizsystems“. Immerhin stehen dem EU-Mitgliedsland f?r die F?rderperiode von 2014 bis 2020 insgesamt knapp 40 Milliarden Euro an EU-F?rdermitteln zur Verf?gung, im Jahr 2014 wurden fast sechs Milliarden Euro ausgezahlt.

R?cknahme der Eilverordnung ein Etappensieg

Der Druck auf die Regierung w?chst mit jeder weiteren Protestnacht. Das Verfassungsgericht wurde mehrfach angerufen, die Eilverordnung der Regierung juristisch zu ?berpr?fen. Das Gericht hat die Klage von Staatspr?sident Klaus Johannis ebenso wie jene der Justizaufsichtsbeh?rde CSM sowie vom rum?nischen Ombudsmann Victor Ciorbea inzwischen abgewiesen. Pr?sident Johannis appellierte an die Regierung, die Justiz nicht weiter zu behindern oder gar den Versuch zu unternehmen, die von Laura Codruța K?vesi geleitete Antikorruptionseinheit der Staatsanwaltschaft (DNA) abzuschaffen.

Als Konsequenz aus dem eskalierenden Konflikt legte zun?chst der parteilose Handelsminister Florin Jianu am 2. Februar sein Amt nieder. Ebenfalls ihren R?cktritt erkl?rten zwei Staatssekret?re, darunter die Justiz-Staatssekret?rin Oana Schmidt-Haineala. Der Abgeordnete des Demokratischen Forums der Deutschen in Rum?nien (DFDR) im rum?nischen Parlament, Ovidiu Ganț, legte ebenfalls aus Protest gegen die Verordnung sein Amt als stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der Minderheiten nieder.

Am Abend des 4. Februar bildeten rund 40 000 Kundgebungsteilnehmer eine Menschenkette um das Parlamentsgeb?ude am Siegesplatz in Bukarest, dem zentralen Schauplatz der ersten Massendemonstrationen und blutigen Unruhen w?hrend der rum?nischen Revolution von 1989. In einer Dringlichkeitssitzung am 5. Februar hat das Kabinett endlich den umstrittenen Eilerlass Nr. 13/2017 zur?ckgenommen. Mit ihrem Einlenken reagiere die Regierung auf die ?ffentlichen Proteste, erkl?rte Ministerpr?sident Grindeanu („Wir haben die Stimme der Stra?e geh?rt“). Freilich h?tten die B?rger den Inhalt dieser Verordnung infolge mangelhafter Kommunikation der Regierung nicht verstanden. Daf?r trage Justizminister Florin Iordache die Verantwortung, so Grindeanu. Der Sozialdemokrat k?ndigte nach dem Scheitern der Verordnung einen neuen Gesetzentwurf an, der dann dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden solle. Der Pr?sident kann seine Unterschrift unter ein von ihm beanstandetes Gesetz verweigern, beschlie?t es das Parlament aber zum zweiten Mal, muss er es ausfertigen.

Auch am Abend des 5. Februar demonstrierten allein in der Hauptstadt Bukarest gesch?tzte 300 000 Menschen gegen die Regierung. Ministerpr?sident Grindeanu schloss in einem Fernsehinterview seinen R?cktritt aus. Nur das Parlament k?nne ihn entmachten, doch dort sei ihm eine Mehrheit sicher, sagte der PSD-Politiker im Sender Antena 3 .
Mehr als 40 000 Demonstranten beteiligten sich am ...
Mehr als 40 000 Demonstranten beteiligten sich am Sonntagabend, dem 5. Februar, an der Protestkundgebung auf dem Gro?en Ring in Hermannstadt. Foto: Sebastian Marcovici (Hermannst?dter Zeitung)
Der Parteivorsitzende Liviu Dragnea gab sich erz?rnt ?ber die Fortsetzung der Protestkundgebungen und warf der Opposition vor, die Regierung st?rzen zu wollen. Die von der PDS angek?ndigten gro?en Gegendemonstrationen blieben bisher aus. Sch?tzungen zufolge waren es jeweils nur mehrere Hundert Anh?nger des Regierungslagers, die Johannis eine Spaltung des Landes vorwarfen. Dragnea hatte die Erwartung ge?u?ert, dass „fast eine Million“ PSD-Anh?nger auf die Stra?e gehen w?rden.

Pr?sident Johannis: „Jetzt regiert! Erlasst Gesetze!“

Ein gemeinsam von der Nationalliberalen Partei (PNL) und der Union Rettet Rum?nien (USR) gegen die Regierung eingebrachter Misstrauensantrag scheiterte aufgrund der Mehrheitsverh?ltnisse im Parlament erwartungsgem??. Lediglich 161 Abgeordnete stimmten am 8. Februar f?r die Annahme des Antrags, 233 Stimmen w?ren erforderlich gewesen.

Tags zuvor hatte Pr?sident Klaus Johannis in seiner Rede vor dem Parlament in Bukarest die Regierung neuerlich scharf kritisiert und ein Referendum ?ber die umstrittene Verordnung angek?ndigt. Der Regierungspartei PSD, die erst vor zwei Monaten mit 45 Prozent gew?hlt worden war (die Wahlbeteiligung lag bei nur 39 Prozent), warf Johannis vor, die aktuelle Krise verursacht zu haben, folgerichtig m?sse sie diese nun auch bew?ltigen: „Ihr habt die Wahlen gewonnen. Jetzt regiert! Erlasst Gesetze! Aber es ist nicht egal, wie.“ Das Staatsoberhaupt sprach sich zwar f?r Personalwechsel im Kabinett, aber gegen Neuwahlen aus. In seiner Rede griff Johannis mehrmals den PSD-Parteivorsitzenden Liviu Dragnea, zugleich Pr?sident des Abgeordnetenhauses, an, woraufhin die Abgeordneten der Sozialdemokraten geschlossen den Saal verlie?en. Dragnea hatte im Vorfeld Pr?sident Johannis wegen seines Intervenierens gegen die Regierungsverordnung des „beginnenden Staatsstreichs“ bezichtigt und mit einem Amtsenthebungsverfahren gedroht.

Justizminister erkl?rt R?cktritt

Regierungschef Sorin Grindeanu, der mit seinen Ministern der Parlamentssitzung ferngeblieben war, rief die Bev?lkerung derweil zur Ruhe auf. Auf Druck des Ministerpr?sidenten trat Justizminister Florin Iordache am 9. Februar zur?ck, einen Tag nach dem gescheiterten Misstrauensantrag. Ein Ende der Regierungskrise in Rum?nien ist gleichwohl nicht abzusehen. Nach einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes steht bald auch Senatspr?sident Călin Popescu-Tăriceanu von der Allianz der Liberalen und Demokraten (ALDE), dem Koalitionspartner der PSD, vor Gericht. Dem ehemaligen Ministerpr?sidenten werden Falschaussagen und die Beg?nstigung eines Straft?ters zur Last gelegt. Infolgedessen m?ssen sich die Vorsitzenden beider Parlamentskammern, von Abgeordnetenhaus (Dragnea) und Senat (Tăriceanu), in einem Strafverfahren vor Gericht verantworten, auch dies ein alarmierender Vorgang in einem EU-Mitgliedstaat.

Referendum zu Korruption kommt

Die Regierungskrise ist eine (h)ausgemachte Vertrauens- und Glaubw?rdigkeitskrise, die wom?glich ihren Gipfelpunkt erst noch erreichen wird. Die w?tenden Proteste der kritisch-wachsamen ?ffentlichkeit, das entschlossene Einschreiten des Staatspr?sidenten Klaus Johannis und der mutige Einsatz der Staatsanw?ltin Laura K?vesi an der Spitze der Antikorruptionsbeh?rde DNA haben das Machtzentrum um Liviu Dragnea vorl?ufig zum Einlenken bewegt. Das von Johannis eingeforderte Referendum hat das Parlament am 13. Februar einstimmig gebilligt, meldet die Nachrichtenagentur dpa . Alle wahlberechtigten B?rger sollen sich zur Zukunft der Korruptionsbek?mpfung ?u?ern. Die Referendumsfrage wird der Staatspr?sident bekanntgeben, der auch den Termin f?r die Volksbefragung bestimmen wird.

Das k?nftige Regierungshandeln wird erweisen, ob Rum?nien seinen bisher eingeschlagenen Weg im Kampf gegen Korruption mit der gebotenen Konsequenz weiter verfolgt oder verl?sst. Berichte ?ber die aktuellen Entwicklungen, Analysen und Kommentare finden Sie im Pressespiegel der Siebenb?rgischen Zeitung Online .

Christian Schoger


Schlagw?rter : Rum?nien , Bukarest , Regierung , Krise , Korruption , Klaus Johannis , Staatspr?sident , Bernd Fabritius , Demonstration , Hermannstadt

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