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Schuh-Baron bezahlt Restaurierung des Amphitheaters | NZZ

Schuh-Baron bezahlt Restaurierung des Amphitheaters

Drei Jahre lang wurde der geschwarzte Kalkstein mit Wasserdampf bearbeitet. Nun strahlt das Kolosseum wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Finanziert hat die erste Generaluberholung ein Schuh-Baron.

Andrea Spalinger, Rom
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Mit Wasserdampf und feinsten Bürstchen gereinigt: Am 1. Juli besuchen zahlreiche Schaulustige in Rom das frisch renovierte Kolosseum. (Bild: Andrew Medichini / AP / Keystone)

Mit Wasserdampf und feinsten Burstchen gereinigt: Am 1. Juli besuchen zahlreiche Schaulustige in Rom das frisch renovierte Kolosseum. (Bild: Andrew Medichini / AP / Keystone)

Jahrelang haben Baugeruste die Aussenfassade des Kolosseums verdeckt. Seit kurzem kann das zwischen 72 und 80 n. Chr. erbaute Wahrzeichen Roms nun aber wieder ungestort bewundert werden, und der weisse Travertin strahlt wie seit Generationen nicht mehr. Mit Wasserdampf und feinsten Burstchen wurde der von Schmutzpartikeln und Smog geschwarzte Kalkstein gereinigt. Bezahlt hat die Restaurierungsarbeiten der Schuh- und Taschen-Hersteller ≪Tod's≫. Dessen Besitzer, Diego Della Valle, liess fur das prestigetrachtige Projekt 25 Millionen Euro springen.

6,6 Millionen Besucher im Jahr

Die romischen Kaiser hatten im Kolosseum zur Belustigung der Burger Wasserspiele, Gladiatorenkampfe und Tier-Hetzen abgehalten. Mit einer Flache von 14'000 Quadratmetern war es das grosste Amphitheater der antiken Zeit. Bis zu 50'000 Zuschauer fanden auf den Rangen Platz. Die nun abgeschlossene Reinigung der 50 Meter hohen Arkaden hat laut Pia Petrangeli, einer der zustandigen Architektinnen im Kulturministerium, knapp 10 Millionen Euro gekostet.

In einer zweiten Phase wird nun auch noch das Untergeschoss des zweitausend Jahre alten Gebaudes restauriert. Bisher war dieser Bereich, in dem sich die Gladiatoren vor den Kampfen aufhielten und Lowen und andere exotische Tiere mit riesigen Aufzugen in die Arena hochgezogen wurden, nur in gefuhrten Gruppen zuganglich. Nach der Restaurierung soll er fur alle offen sein.

Im letzten Jahr zahlte das Kolosseum 6,6 Millionen Besucher und war damit die popularste Touristenattraktion Italiens. Nur die Vatikanischen Museen zogen noch mehr Besucher an. Dennoch ist das antike Amphitheater noch nie einem umfassenden Facelifting unterzogen worden. Aus finanziellen Grunden hatten bisher nur begrenzte kleinere Restaurierungsarbeiten ausgefuhrt werden konnen, erklarte Petrangeli bei einer Fuhrung. Das Engagement von Della Valle habe den Restauratoren ganz neue Moglichkeiten erschlossen.

≪Ein grossartiger Tag fur Rom und das ganze Land≫

Ministerprasident Matteo Renzi und Kulturminister Dario Franceschini uberschutteten den Mazen an einer feierlichen Veranstaltung zum Abschluss der ersten Restaurierungsphase am Freitag denn auch mit Lob. ≪Das ist ein grossartiger Tag fur Rom und das ganze Land≫, frohlockte Renzi. Das kulturelle Erbe sei der grosste Stolz Italiens. Viel zu lange habe man daruber lamentiert, dass es an offentlichen Geldern fehle, und gegen privates Engagement polemisiert. Wie sich hier zeige, konnten Private in diesem Bereich Grossartiges leisten.

Kein Unternehmer im Land hat bisher so viel in den Schutz von Kulturgutern investiert wie der 62-jahrige Milliardar Diego Della Valle. Immer mehr folgen heute jedoch seinem Beispiel. Das Modehaus Fendi etwa hatte 2,5 Millionen Euro in die Restaurierung des Trevi-Brunnens investiert, der im November wiedereroffnet wurde. Der Juwelier Bulgari wiederum finanziert gerade Arbeiten an der Spanischen Treppe sowie die Freilegung von Mosaiken in den Thermen des Caracalla.

Renzis ≪Art Bonus≫

Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele schutzenswerte Kulturguter wie in Rom, und auch in anderen Regionen Italiens ist der Investitions-Bedarf enorm. Doch der schwer verschuldete Staat hat schlicht nicht die Mittel, all die antiken, barocken und anderen Schatze zu restaurieren. Viele verfallen, wie das Grabmal von Kaiser Augustus in Rom, und sind fur Besucher gesperrt.

Die Regierung Renzi hatte Ende 2014 deshalb den ≪Art Bonus≫ eingefuhrt, um die Privatwirtschaft zu Spenden zu motivieren. Sponsoring im kulturellen Bereich kann seither zu 65 Prozent von der Steuer abgezogen werden. Laut dem Kulturminister sind in den vergangenen eineinhalb Jahren auf diese Weise 100 Millionen Euro zusammengekommen. Doch das ist ein Tropfen auf den heissen Stein. Allein in Rom wurden laut Schatzung uber 500 Millionen Euro benotigt. Der Denkmalschutz der Stadt plant laut der Zeitung ≪Messaggero≫ deshalb, einige weniger bekannte Monumente, wie etwa die Fontana Paola oder das Marcellus-Theater, Privaten fur ein paar Jahre fur Werbung und Veranstaltungen zu Verfugung zu stellen, wenn sie diese restaurieren.

Im Kulturministerium denkt man zudem auch daruber nach, im Kolosseum kulturelle Anlasse zu veranstalten. In den Medien sorgten Geruchte uber Fussballspiele und Pop-Konzerte in der antiken Arena bereits fur grosse Aufregung. Solche Gedanken seien absurd, sagte Franceschini am Freitag. Naturlich wurden nur dem Ort angemessene Veranstaltungen ins Auge gefasst.