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In Rumanien gart das Misstrauen | NZZ

In Rumanien gart das Misstrauen

Nach dem Debakel um eine Revision des Antikorruptionsgesetzes fordert die Opposition personelle Konsequenzen. Die Regierungspartei PSD gibt sich unbeugsam.

Marco Kauffmann Bossart, Bukarest
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Die zwei grossten Oppositionsparteien Rumaniens haben am Montag einen Misstrauensantrag gegen die linksdominierte Regierung eingebracht. Die Nationalliberalen fordern explizit den Rucktritt von Ministerprasident Sorin Grindeanu, Justizminister Florin Iordache sowie vom Chef der postsozialistischen PSD, Liviu Dragnea. Mit ihrem Versuch, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den wegen Amtsmissbrauch angeklagten Dragnea weisszuwaschen, seien grundlegende Anstandsregeln verletzt worden, sagte die Vorsitzende der Liberalen im Parlament.

Angesichts der klaren Mehrheit (76 von 136 Mandaten) wird die Koalition den Misstrauensantrag, uber den die Legislative am Mittwoch abstimmen soll, vermutlich problemlos uberstehen. Gleichwohl steht die erst vor einem Monat eingesetzte Regierung unter starkem Druck der Offentlichkeit.

Regierungschef Sorin Grindeanu am 4. Februar. (Bild: Stoyan Nenov / Reuters)

Regierungschef Sorin Grindeanu am 4. Februar. (Bild: Stoyan Nenov / Reuters)

Neuer Zundstoff

Am Samstag und Sonntag hatten in rumanischen Stadten jeweils mehrere hunderttausend gegen die Strafbefreiung von mehreren hundert korrupten Amtstragern demonstriert. Wie lange die Proteste anhalten, ist schwer abschatzbar, zumal sich dahinter keine klare Organisationsstruktur erkennen lasst. Manche Teilnehmer ? unter ihnen auffallend viele Jugendliche ? sehen es als Burgerpflicht an, ihrem Unmut gegen Politiker Luft zu machen, die sich ihres Erachtens mit einem dreisten Dekret Vorteile verschaffen wollten.

Am Montag kursierten in sozialen Netzwerken Aufrufe fur weitere Manifestationen. Allerdings nahmen daran zunachst deutlich weniger Personen teil als am Wochenende. Vor dem Amtssitz von Staatschef Klaus Iohannis marschierten abermals Anhanger der PSD auf und beschimpften Iohannis als Verrater.

Fur neuen Zundstoff konnte ein alternativer Gesetzesvorschlag sorgen, den Justizminister Florin Iordache nach dem Ruckzug des umstrittenen Dekrets in die Vernehmlassung schickte. Die neue Vorlage unterscheide sich nur unwesentlich von der alten, betont die Chefin der rumanischen Antikorruptionsbehorde, Laura Kovesi , gegenuber der NZZ. Obwohl der Entwurf verschiedenen Spitzenbeamten fur eine Stellungnahme unterbreitet wurde, teilte das Justizministerium in einer Erklarung am Montag mit, es gebe keine Plane mehr fur eine Revision das Strafgesetzes. Ein Widerspruch, der fur Stirnrunzeln sorgt.

Der Chef der Sozialdemokraten, Liviu Dragnea, stellt sich am 6. Februar den Fragen der Presse. (Bild: Darko Bandic / AP)

Der Chef der Sozialdemokraten, Liviu Dragnea, stellt sich am 6. Februar den Fragen der Presse. (Bild: Darko Bandic / AP)

Dragnea strebt an die Macht

Ministerprasident Grindeanu hat eine Demission wegen des Debakels um das Eildekret kategorisch ausgeschlossen. Hingegen durfte der Stuhl des Justizministers wackeln, der die Rolle des Sundenbocks ubernehmen muss. Liviu Dragnea, der Grindeanu als Ministerprasident installiert hatte und im Hintergrund die Faden zieht, wascht derweil seine Hande in Unschuld. Solche Dekrete lagen im Zustandigkeitsbereich der Regierung, meinte der PSD-Chef vor einigen Tagen sinngemass. Am Montag betonte er, fur einen Rucktritt der Regierung gebe es keinen Grund. Es gelte den Wahlerwillen zu respektieren. Die PSD erzielte in der Parlamentswahl vom Dezember 2016 beinahe eine absolute Mehrheit.

Dragnea ware selber gerne Ministerprasident geworden. Doch hat Staatsprasident Iohannis eine Berucksichtigung des vorbestraften PSD-Chefs ausgeschlossen. Im Mai 2016 hatte ihn ein Gericht wegen Wahlmanipulation zu zwei Jahren Haft auf Bewahrung verurteilt. In einem zweiten Verfahren wirft ihm die Staatsanwaltschaft Amtsmissbrauch in Zusammenhang mit einer fruheren Funktion als Landkreisprasident vor. Trotz dieser Vorgeschichte, die in manchem anderen Land eine politische Karriere beendet hatte, schielt Dragnea weiterhin auf den Posten des Regierungschefs. Er will sich vor Gericht als unbescholten erklaren lassen. Wegen eines angeblichen Formfehlers ficht er das vor einem knappen Jahr gefallte Urteil an.