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Bayerische Polizei darf kunftig auch ohne Verdacht auf konkrete Straftaten im Internet ermitteln | Telepolis

Bayerische Polizei darf kunftig auch ohne Verdacht auf konkrete Straftaten im Internet ermitteln

grafik. TP

PAG-Neuordnungsgesetz soll noch vor der Landtagswahl in Kraft treten

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Im Oktober wird in Bayern ein neuer Landtag gewahlt. Der alte debattiert derzeit uber ein "Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts" (PAG-Neuordnungsgesetz), das dem Plan von Markus Soders neuer Staatsregierung nach noch vor der Sommerpause in Kraft treten soll. Dazu wird es der Offentlichkeit als "Starkung der Burgerrechte" verkauft , kommt aber - zumindest in Sozialen Medien - nicht so an .

Das liegt daran, dass sich der Gesetzentwurf online nachlesen lasst und dort beispielsweise offenbart, dass die Polizei zukunftig auch ohne Verdacht auf konkrete Straftaten im Internet ermitteln und zum Beispiel V-Manner in private Chats und andere dort gefuhrte Diskussionen einschleusen darf. Das durften bislang nur Geheimdienste. Außerdem werden die Hurden fur die Durchsuchung von Hardware, das Abgreifen von Kommunikation und die Beschlagnahme von Post gesenkt. Dabei durfen Daten nicht nur durchsucht und gespeichert, sondern auch geloscht oder verandert werden.

Nicht nur fur Terroristen

Fur solche Maßnahmen ist nun keine "konkrete Gefahr" mehr Voraussetzung, sondern lediglich eine "drohende", fur die eine "Wahrscheinlichkeit in uberschaubarer Zukunft" ausreicht. Das soll nicht nur fur Terrorstraftaten gelten (fur die das Bundesverfassungsgericht im April 2016 so ein Vorgehen explizit erlaubte), sondern bereits dann, wenn es um "bedeutende Rechtsguter" geht .

Wie weit sich so ein Begriff fassen lasst, zeigten in der Vergangenheit unter anderem die SPD-Bundesjustizminister Brigitte Zypries und Heiko Maas bei ihren Ausgestaltungen der Vorratsdatenspeicherung und des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG). Ebenfalls nicht nur fur Terrorverdachtige gilt die neue Moglichkeit, Personen als "Gefahrder" einzustufen und ihnen einen anderen Wohnort zuweisen oder sie ohne richterliche Genehmigung und ohne Pflichtverteidigeranspruch bis zu drei Monate lang in "Vorbeugehaft" zu nehmen.

Das kritisierten neben dem Wurzburger Juraprofessor Kyrill Schwarz auch mehrere andere der sieben Sachverstandigen, die der Verfassungs- und der Innenausschuss letzte Woche zu einer Anhorung uber das Gesetz geladen hatten - zum Beispiel der auf Strafrecht spezialisierte Anwalt Hartmut Wachtler und der Munchner Richter Markus Loffelmann, der in der Einfuhrung der Kategorie "drohende Gefahr" eine "nicht mehr akzeptable Herabsetzung der polizeilichen Eingriffsschwelle" sieht (vgl. Experten kritisieren massiv geplante bayerische Polizeirechtsreform ).

Markus Mostl vom Lehrstuhl fur offentliches Recht an der Universitat Bayreuth zeigte sich dagegen der Auffassung, der Entwurf stehe auf "verfassungsrechtlich sicherem Boden", wenn auch die Komplexitat und das Textvolumen der Vorschriften grenzwertig seien. Fur seinen Augsburger Kollegen Josef Lindner wurde sogar "das Stadium der Unlesbarkeit erreicht".

Aus DNA gewonnene Taterbeschreibungen durfen kunftig zur Fahndung genutzt werden

Eine neue Moglichkeit, die weniger virtuelle als reale Straftaten betrifft, ist dagegen die vorgesehene Erlaubnis, die DNA, die Vergewaltiger und andere Verbrecher hinterlassen, kunftig zur physiognomischen Einschrankung von Fahndungen zu nutzen. Technisch besteht die Moglichkeit, aus Sperma- oder Hautschuppenspuren auf korperliche Merkmale zu schließen, bereits seit langem (vgl. Bajuwaren waren deutlich blonder und blauaugiger als Bayern ). Fur ihre rechtliche Zulassung verlangt der bayrische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri unter anderem eine bislang im Entwurf fehlende Regelung dazu, wann und unter welchen Voraussetzungen solche DNA-Daten wieder geloscht werden.

Neben, Haut-, Haar- und Augenfarbe sind fur die Ermittler dabei auch Faktoren wie die Korpergroße relevant, die sich ebenfalls aus dem Erbgut ableiten lasst. Sogar das Alter kann man inzwischen bis auf vier Jahre genau vorhersagen, wie Peter Schneider, der Leiter der Forensischen Molekulargenetik am Universitatsklinikum in Koln, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) verriet. Er ist der Auffassung, dass sich aus DNA gewonnene Taterbeschreibungen grundsatzlich nicht von denen eines Augenzeugen unterscheiden, die die Polizei seit Jahrhunderten fur Fahndungsplakate und Phantombilder nutzt: "Aussehen", so der Miterfinder der Methode, ist "eben keine Privatsache".