Seit 1973 wird der Fuhrungsstil von Bundeskanzler
Willy Brandt
zunehmend kritisiert. Auch die Spannungen zwischen Brandt, dem stellvertretenden Parteivorsitzenden und Finanzminister
Helmut Schmidt
und dem Fraktionsvorsitzenden
Herbert Wehner
bleiben der Offentlichkeit nicht verborgen. Im Kabinett selbst gibt es Meinungsverschiedenheiten zwischen Sozialdemokratischer Partei Deutschlands (SPD) und Freier Demokratischer Partei (FDP) uber die Haushalts- und Finanzpolitik. Als in diese Situation die Nachricht von der Agentenaffare
Guillaume
platzt, resigniert der Kanzler. Brandt ubernimmt die politische Verantwortung fur den Spionagefall und tritt am 6. Mai 1974 zuruck.
Am 9. Mai 1974 entscheiden sich die Gremien der SPD fur Helmut Schmidt als Nachfolger Brandts. Schmidt, der 1946 in die SPD eintritt, gehort seit 1953 dem Deutschen Bundestag an. Dort macht sich der geburtige Hamburger einen Namen als Verteidigungsexperte. Als Innensenator von Hamburg wird er durch sein energisches Eingreifen bei der Sturmflutkatastrophe von 1962 uber die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt. Wahrend der
Großen Koalition
ist er Fraktionsvorsitzender der SPD. Wegen seiner scharfzungigen Reden bekommt Schmidt den Beinamen "Schmidt-Schnauze". 1969 beruft ihn Brandt als Verteidigungsminister in sein Kabinett. Noch vor der Bundestagswahl 1972 wechselt Schmidt in das Finanzministerium.
Helmut Schmidt wird am 16. Mai 1974 vom Deutschen Bundestag mit 267 von 518 Stimmen zum neuen Bundeskanzler gewahlt. Seinem Kabinett gehoren insgesamt 15 Minister an; darunter vier von der FDP. Das Amt des Außenministers und Vizekanzlers ubernimmt der bisherige Innenminister
Hans-Dietrich Genscher
(FDP). Der Außenminister,
Walter Scheel
(FDP), war einen Tag zuvor als Nachfolger
Gustav Heinemanns
zum vierten Bundesprasidenten der Bundesrepublik Deutschland gewahlt worden. In seiner Regierungserklarung stellt Schmidt die kunftige Regierungsarbeit unter das Motto "Kontinuitat und Konzentration".
(ag) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 27.09.2017
Text:
CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Grau, Andreas: Kanzlerwechsel 1974, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL:
http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-krisenmanagement/bundesrepublik-im-umbruch/kanzlerwechsel-1974e.html
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