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Geheimrat Prof. Dr. med. Ludwig Kulz
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W enn Bornaer den Namen Kulz horen denken gleich alle an den Liberaldemokraten und ehemaligen Reichs-Innenminister Dr. Wilhelm Kulz, nach dem auch eine Straße in unserer Stadt benannt ist.

Die Zwillinge Wilhelm und Ludwig Külz mit ihrer Mutter Anna (Archiv Schmidt-Dibke)

Geboren wurde Ludwig Kulz am 18. Februar  1875 im Haus Kirchhof 232 (heute: Martin-Luther-Platz 9, Pfarramt der Kirchgemeinde St. Marien) als zweiter Sohn der Zwillinge des Archidiakon Dr. Eduard Otto Kulz und deren Frau Amalie Friederike Anna. Ludwig erhielt seinen Namen zum Andenken an den bayrischen Konig Ludwig. Die Erziehung durch die Eltern, vor allem durch den Vater, war streng, aber liebevoll. Zu den Mahlzeiten saßen die Kinder an einen kleinen Esstisch fur sich, aber ohne den elterlichen Blick zu entgehen. Fur die Kinder gab es Zinnteller und ?geschirr, damit war vorgesorgt, dass die Kinder nicht das gute Porzellan unvorsichtigerweise zerschlugen. Sehr zeitig wurden die kleinen Kinder an die Natur herangefuhrt. So besaß die Familie Kulz einen Garten in der Nahe der Grube ?Marie“. Wilhelm Kulz erinnerte sich spater, wenn sich ein Feldhase verirrte, versuchten die Zwillinge den Hasen im Kaninchenstall aufzuziehen, bis man einsah, dass das keinen Sinn hat und ließ den Feldhasen wieder frei. Mit dem Vater unternahm man auch ausgedehnte

S paziergange in die Altstadt oder nach Lobstadt hinaus. Haufiger Gast der Familie waren die Patentanten der Zwillingen, zum einen Frau Paak, Ehefrau des Burgerschuldirektors und Frau Heppner, die Ehefrau des Bergwerksdirektors der Grube ?Marie“.
Schon fruhzeitig begann der Vater seine Kinder auf die Schule vorzubereiten. So konnten sie schon vor den Schulantritt Schreiben und Lesen. Ab Ostern 1881 besuchten Wilhelm und Ludwig die Burgerschule Borna, ihr Klassenlehrer war Friedrich Ernst Bachmann. Doch schon bald kummerte sich der Vater um eine besser bezahlte Dienststelle und bewarb sich daher 1882 um die ausgeschriebenen Pfarrstellen von Waldheim und Hainichen/Sa.; letztere erhielt er dann auch. Der Umzug mit der Pferdekutsche ?vom braven Fuhrmann Henschel in Borna“ dauerten 1 ½ Tage.

H ier in Hainichen besuchten die Zwillinge weiter die Burgerschule. Ab 1887 gingen beide an das Proseminar und nach bestandener Aufnahmeprufung ab Ostern 1888 an die Furstenschule St. Augustin in Grimma. Anfangs waren sie von starken Heimweih geplagt, doch das legte sich bald. Was die Schule angeht konnten die Zwillinge kaum unterschiedlicher sein. Wilhelm glanzte des ofteren durch Faulheit und war immer zu streichen aufgelegt. Ludwig dagegen war immer fleißig und strebsam. Ihm machte die Schule Spaß. So war Ludwig immer besser, lernwilliger und disziplinierter als Wilhelm. Er machten seinen Abiturabschluss in allen Hauptfachern mit 1 und ebenfalls in Betragen. Damit kam ihm zu Ehre eine sogenannte Goschenschrift zu schreiben, eine besondere Auszeichnung der Fursten- und Landesschule Grimma. Er stellte seine Schrift unter das Thema ?Die Frage der saphrokalen Frauen“.
Am 20. April 1897 schreibt sich Ludwig Kulz fur ein Studium der Medizin an der Universitat Leipzig ein. Sein Bruder beginnt ein Jurastudium. Doch hier trennen sich die Wege der Zwillinge. Ludwig geht schon bald an die Universitat Marburg wo sein Onkel Eduard Kulz wirkte. Doch dieser verstarb uberraschend 1895 und so fuhrte der Weg von Ludwig uber Munchen nach Freiburg/Breisgau. Hier bestand er die arztliche Vorprufung und genugte am gleichen Orte vom 1. April bis 1. Oktober 1896 als Einjahriger-Freiwilliger des 5. Badischen Infantrieregimentes Nr. 113 seiner Militarpflicht. 1897 immatrikulierte er an der Konigl. Christian-Albrechts-Universitat zu Kiel und legte hier am 16. Mai 1899 sein Doktorexamen ab, zu den ?Untersuchungen uber das postfotale Wachsthum der menschlichen Niere“.

Ludwig Külz als Student in Kiel (Archiv Schmidt-Dibke)

B ei einer Praxisurlaubsvertretung lernte er wahrend seines Studiums seine spatere Frau kennen. ?Unser Arzt in Suderbrarup, unsere Bahnstadtion, wurde vertreten von einem jungen Kieler Arzt, der noch im Staatsexamen stand, Dr. Ludwig Kulz. Die Frau unseres Arztes machte mit ihm einen Besuch bei uns, bei dem er sich sofort in mich verliebt hatte, und anfing, mir zu schreiben. Das zog sich so ca. 2 Jahre hin ...“ So weit die Erinnerungen seiner Frau Agnes geb. Ziese. Am 18. Februar 1901 zum 26. Geburtstag von Ludwig fand in der Heiliggeist-Kirche zu Kiel die Hochzeit statt. Um seine Familie ernahren zu konnen bewirbt er sich als Arzt beim Reichs-Kolonialamt. Da aber keine Stellen frei sind, ubernimmt er in Langburkersdorf bei Sebnitz eine Landarztpraxis. Hier kam auch Ludwigs Tochter Annaliese Karla am 14. Januar 1902 zur Welt. Die Ehe stand schon zu dieser fruhen Zeit unter keinen guten Stern. Seine Frau war eine resolute und eigenstandige Person. Sie wollte nicht nur Hausfrau sein. Damit kam Ludwig Kulz und auch ihre strengen Schwiegereltern nicht zurecht. ?Es kam schon nach einigen Wochen zu heftigen Scenen , die eher zu- als abnahmen ...“ (Agnes Kulz) Da kam die Nachricht vom Reichs-Kolonialamt das Ludwig Kulz eine Stelle als Regierungsarzt in Togo bekommen konnte, gerade recht.
Ludwig willigte ein, zu mal damit die Familie finanziell abgesichert war. Seine Frau Agnes blieb mit der Tochter in seiner sachsischen Heimat. Waren sie nicht in Langburkersdorf, dann waren sie bei den ungeliebten Schwiegereltern in Hainichen/Sa.

 

 

Ludwig Külz im Krankenhausgarten Anecho (Nachlass Familie Just, Erdmannshain)

I m August 1902 kommt Ludwig Kulz in Togo an und ubernimmt das Nachtigall-Krankenhaus in Kleinpopo (heute: Anecho). Er beginnt hier seine Studien zur Malariebekampfung. Jedoch sein erstes Hauptziel ist die Pockenimpfung. In ganz Togo konnte kein Pockenserum hergestellt werden. So macht er sich an die Erforschung eines Impfstoffes. Nach einem Jahr hat er es geschafft und es fand erstmals eine flachendeckende Pockenimpfung bei der schwarzen Bevolkerung in Togo statt. Neben dem Nachtigall-Krankenhaus baute er auch eine Station fur die Urbevolkerung ein. Das die Schwarzen und Weißen zusammen in einer Krankenstation untergebracht wurden verbat sich von Regierungsseite. Den noch setzte er sich verstarkt fur die Belange der ?Neger“ ein, letztendlich waren sie fur ihn auch Menschen. Das war fur diese Zeiten nicht selbstverstandlich. Großes Augenmerk legte er bei seinen Forschungen auf die Hygiene. Auch spater in seinen spateren Forschungsberichten und Buchern legt er darauf sein Hauptaugenmerk. Die nicht richtig eingehalten Hygiene ist zu meist das Grundubel vieler Krankheiten, vor allem in den Tropengebieten.

A b 1905 wird er als Regierungsarzt nach Kamerun geschickt. Er wirkt unter anderem in Jaunde, Kribi, Duala und Victoria, dem damaligen Sitz der deutschen Kolonialmacht. Im Sommer 1907 besuchte ihn hier erstmals seine Frau. Sie hatte Anlass zur Sorge und das war nicht unberechtigt. Frauen durften damals nur bedingt mit in die Kolonien. Kulz selbst schrieb daruber: ?Wir haben in den Tropen auch eine Frauenfrage, sogar eine Doppelte und deshalb doppelt schwer zu losende, eine weiße und eine schwarze. Aber beide sind eng miteinander verknupft. Es ist ein heikles Thema, das ich da beruhre.“ Es war nicht selten das die Kolonialherren Beziehungen zu ?Neger-Frauen“ pflegten. Die Folgen waren klar: Geschlechtskrankheiten, Tod und Zerruttung der Ehe. Bis 1912 weilte seine Frau, ab 1910 auch mit der Tochter, mehrmals in Kamerun. Seine Erinnerungen und Forschungen in Togo und Kamerun veroffentlichte er 1906 bzw. 1910 in seinem Buch ?Blatter und Briefe eines Arztes aus dem tropischen Deutschafrika“.
Zum Ende seiner Zeit in Afrika wurde er zum Professor ernannt. Im Auftrag des Reichs-Kolonialamtes leitet er 1913 zusammen mit dem Augenarzt Prof. Alfred Leber die ?Medizinisch-demographische Deutsch-Neuguinea-Expedition“. Zu den Expeditionsmitgliedern gehorte der beruhmte Maler Emil Nolde und seine Frau Adda. Alfred Leber und Emil Nolde kamen mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau uber Peking, Korea und Japan nach Raubal dem Hauptsitz von Deutsch-Neuguinea. Erst hier traf man auf Ludwig Kulz, der von Afrika hier herkam. Nolde erinnerte sich an Ludwig Kulz: ?Ein großer, stattlicher Mann mit dunkelbraunen Vollbart. Er sah uns an mit Scharfe und prufenden Auge. Wir mochten ihn.“ Der Zweck der Expedition war die Erforschung der Gesundheitsverhaltnisse in der fernen deutschen Kolonie. Ein spezielles Aufgabengebiet war, die Ursachen fur den Geburtenruckgang bei den Eingeborenen festzustellen. Naturlich hatte man Angst billige und preiswerte Arbeitkrafte zu verlieren. Die Eigentumlichkeiten der Urbevolkerung zu Untersuchen war die Aufgabe von Kulz. ?Der Arzt, Professor Kulz, mit Hilfe eingeborener Dolmetscher saß fragend, notierend, untersuchend, um das Wichtigste zu erfahren. Vor ihm standen wechselnd die zusammenbeorderten Frauen mit ihren Kindern und oft auch die Manner. Wahrend seines Verhors zeichnete und malte ich unbemerkt meine Blatter ...“ (Emil Nolde) Jedoch mit Ausbruch des Weltkrieges im August 1914 und der Besetzung von Neuguinea durch die Australier, wurde die Expedition Hals uber Kopf beendet. In einer abenteuerlichen Reise uber Indonesien, Indien, Suezkanal und Rotterdam kam Ludwig Kulz nach Deutschland zuruck. Er meldet sich sofort freiwillig zum Kriegsdienst bei der Marine. Doch da hat man fur ihn keine Verwendung und schickt ihn an die Westfront als Arzt. Zur selben Zeit ernennt man ihn fur sein Verdienste zum ?Geheimrat“. Er war damit der jungste Geheimrat in Deutschland zu dieser Zeit.

Im November 1915 wurde er in den Stab des Feldmarschalls von der Goltz nach Bagdad an die turkisch-persische Front befohlen. Im April 1916 zog er sich ein Fleckfiebererkrankung zu, darauf folgten noch Typhus und Dysenterie (Ruhr). ?In jammerlicher Hilflosigkeit nach Bagdad geschleppt, verdanke ich der Aufnahme im Hause des dortigen deutschen Arztes Harle meine schließliche Genesung.“ Doch diese Erkrankungen hatte ihre Nachwirkungen, er wurde mit Uberdosen von Morphium behandelt um die Schmerzen zu lindern. Folge dessen blieb er sein restliches Leben Morphiumabhangig. Das fuhrte nach dem Krieg zum endgultigen Aus seiner Ehe. 1920 ließ er sich als Arzt in Hamburg nieder und gab Unterrichtskurse fur Auswanderer am Tropenhygienischen Institut der Universitat Hamburg.

Er veroffentlicht mehrere Studien uber Malaria, Schwarzwasserfieber und Dysenterie. Doch leben konnte er davon nicht und in Hamburg hielt ihn auch nichts mehr. Da bot es sich an 1922 das Sanatorium seines Vetters Dr. Georg Alexander Constantin Kulz in Bad Neuenahr zu ubernehmen. Neben dem Sanatorium betrieb er ein ?arztliches Laboratorium“. Seit Ende des Weltkrieges befasste er sich mit gesunder Ernahrung vor allem auf vegetarischer Basis. So veroffentlichte er 1930 das Heft ?Pflanzensafte und ihre Anwendung“. Außerdem war er seit 1925 Herausgeber der Zeitschrift ?Biologische Heilkunst“. Hier in Bad Neuenahr lernte er auch die aus Erdmannshain stammende Dora Just kennen und lieben. Sie war seine Sekretarin und half ihn nur wo es ging. Doch seine Morphiumabhangigkeit schwachte immer mehr seinen Korper und naturlich auch den Geist.
1927/28 versuchte er in Bad Kosen eine Diatische Badeanstalt AG zu grunden. Doch das scheiterte an Geldgebern und wohl auch an seiner Unglaubwurdigkeit auf Grund seiner Drogenabhangigkeit. 1928 lasst er sich in die Heilstatte Erdmannshain bei Naunhof einliefern und bezieht ein kleines Hauschen der Familie Just. Hier wurde er liebevoll von Dora gepflegt. Eigentlich wollten beide heiraten. Doch das wollten die Eltern von Dora nicht und Dora Just heiratete einen anderen Mann. Dies tat der Liebesbeziehung jedoch keinen Abbruch und so wurde 1935 der uneheliche Sohn Wolfram geboren. Ludwig Kulz pflegte uberhaupt eine gute Beziehung zu der Dorfbevolkerung. Er war beliebt bis zu seinem Tod. Im Januar 1938 erkrankt er an Wundrose und wird in das Krankenhaus St. Jacob in Leipzig eingeliefert, wo er am 20. Februar 1938 seiner Krankheit erliegt. Er wurde auf dem Friedhof in Erdmannshain beigesetzt.

Ludwig Külz auf seinem Sterbebett (Nachlass Familie Just, Erdmannshain)