Der Weg zur Macht
Die von der NSDAP mit der
DNVP
, dem
Stahlhelm
und dem Alldeutschen Verband 1929 initiierte Kampagne fur den
Volksentscheid gegen den Young-Plan
steigerte das Ansehen der Nationalsozialisten im rechten Lager enorm. Schließlich profitierte die NSDAP wie keine andere Partei von der
Weltwirtschaftskrise
, die einen fruchtbaren Nahrboden fur antikapitalistische, antiliberale und vor allem fur antisemitische Propaganda gegen das "internationale Finanzjudentum" bot. Unter den Auswirkungen der Wirtschaftskrise und der Massenverelendung feierte die NSDAP bei der
Reichstagswahl vom 14. September 1930
einen erdrutschartigen Wahlerfolg: Mit 18,3 Prozent wurde sie zweitstarkste Partei und konnte die Zahl ihrer Reichstagsmandate von 12 auf 107 erhohen. Kurz nach der Wahl trat Hitler Geruchten uber nationalsozialistische Putschplane entgegen und legte am 25. September 1930 einen "Legalitatseid" ab, wonach die NSDAP nur legal um die Macht kampfe. Doch ließ er keinen Zweifel daran aufkommen, dass er das politische System nach Erhalt der Macht radikal andern wurde. Um ihre Geschlossenheit im Kampf gegen die Weimarer Republik zu demonstrieren, schlossen sich im Oktober 1931auf Betreiben Hitlers und
Alfred Hugenbergs
die NSDAP und die DNVP mit einer Reihe nationalistischer Verbande zur "
Harzburger Front
" zusammen.
Vor allem Nichtwahler wurden bei der Reichsprasidentenwahl 1932 und der
Reichstagswahl vom 31. Juli 1932
mobilisiert. Eine starke Wahlerbewegung zu der politisch noch unverbrauchten NSDAP kam von den konservativ-liberalen Parteien, denen immer weniger Menschen zutrauten, der katastrophalen Wirtschaftskrise Herr werden zu konnen. Viele Wahler waren uberzeugt, in Hitler ihre "letzte Hoffnung" zu finden. Als uberragender Sieger der Reichstagswahl vom Juli 1932, aus der die NSDAP mit 37,4 Prozent als starkste Partei hervorging, verlangte Hitler kompromisslos die ganze politische Macht, die ihm Reichsprasident
Paul von Hindenburg
jedoch noch verweigerte. Hitler pokerte hoch, als er die ihm angebotene Vizekanzlerschaft ablehnte - denn der frustrierte Massenanhang der NSDAP begann bereits zu brockeln. Trotz massiver finanzieller Unterstutzung durch Großindustrielle wie
Fritz Thyssen
,
Albert Vogler
oder
Emil Kirdorf
war die Parteikasse durch kostspielige Wahlkampffuhrungen leer, das Geld fur weitere Agitation und Propaganda fehlte. Der sich mit der
Reichstagswahl vom 6. November 1932
fortsetzende Abwartstrend sturzte die Partei tief in die Krise.
Als die Leitartikel großer deutscher Tageszeitungen zum Jahreswechsel 1932/33 bereits das nahe Ende der Hitler-Bewegung prophezeiten, mobilisierte die Partei noch einmal alles, um bei der Landtagswahl in Lippe Mitte Januar 1933 den Wahlertrend umzubiegen. Mit 39,5 Prozent konnte die NSDAP in Lippe gegenuber der
Reichstagswahl im November 1932
funf Prozent zulegen. Von der NS-Propaganda wurde die Stimmenzunahme als Trendwende gefeiert, um die Hoffnung der NSDAP-Anhanger auf die ersehnte Machtubernahme auf Reichsebene am Leben zu erhalten. Tatsachlich bot im Januar 1933 der ehemalige Reichskanzler
Franz von Papen
- von Hindenburg mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt - Hitler in einem Geheimtreffen die Kanzlerschaft in einem national-konservativen Kabinett an. Nur fur wenige Monate, so die verhangnisvolle Fehleinschatzung vieler konservativer Politiker, sollte die NSDAP mit ihrer Massenbasis dem am 30. Januar 1933 eingesetzten Kabinett der "nationalen Konzentration" unter Reichskanzler Hitler parlamentarisch den Rucken freihalten, bevor die NSDAP politisch verschlissen sei.