Biographie
Karl
(Martell)
ist eine ?uberwaltigende“ Personlichkeit des Mittelalters. Als Neugrunder des frankischen Reiches, als Begrunder der karolingischen Dynastie und Politik ist er recht eigentlich der Vorganger seiner Sohne und besonders seines Enkels Karls des Großen.
K.
, der Sohn Pippins des Mittlern, etwa 688 n. Chr. von einer zweiten Gemahlin desselben, Chalpaida, geboren, einer vornehmen und schonen Frau,
erhielt
von seinem Pathen, dem Erzbischof Rigobert von Rheims, jenen echt deutschen Namen. Die Beinamen Tudites, Martellus (Hammer), jetzt so eingeburgert, empfing er erst in spateren Jahrhunderten, nicht mit Unrecht, da er mit wuchtigen Schlagen die Reichsfeinde niedergeschmettert und das lockere Reich zusammengeschweißt hat. Als Jungling war er schon und korperlich rustig. Fruh vermahlt, wol erst mit Chrotrudis, und nach deren Tod 725 mit Swanehilde aus Baiern, hatte er von der ersteren 2 Sohne, Karlmann und Pippin, der eine lange vor, der andere kurz nach dem Tode des Großvaters geboren, von der zweiten Grifo. Von andern, wahrscheinlich unehelichen Sohnen werden Hieronymus, Remedius, Bischof von Rouens, erwahnt, vielleicht auch Bernhard, der Vater von Adalhard und Wala. Ein Bruder, jedenfalls ein naher Verwandter, war Childebrand, der mit seinem Sohne Nivelung zusammen der Urheber seiner Hausgeschichte wurde. ? Von Charakter war
K.
durchgreifend und rucksichtslos, selbst gegen Nahestehende und gegen die Kirche, besonders in Fallen des Staatswohls, voll nationalen Sinnes, richtigen politischen Instinkts, kriegerischen Geschicks und bei aller Kuhnheit vorsichtig.
Sein erstes Auftreten bezweckte das bedrohte Lebenswerk seines Vaters und das eigne Leben gegen die Nachstellungen seiner Familie und der neustrischen Gegner zu retten. Dem Vater waren 2 Sohne erster Ehe im Tode vorangegangen. Von den Enkeln hatte sterbend er einem, Theudoald, das Majordomusamt ubertragen. Seine Frau Plektrudis hatte die Verwegenheit inmitten lauernder Feinde des In- und Auslandes Regentschaft und Vormundschaft auf ihre Schultern zu nehmen.
K.
, durch Person und Anhang gefahrlich, wird von ihr gefangen gehalten, entflieht aber, um im drohendsten Augenblick als Retter der Haus-, Stammes- und nationalen Interessen zu erscheinen; denn die neustrische Nationalpartei, durch die unwurdige Neuerung der Herrschaft eines Kindes und Weibes von feindlichem Stamme zum Aufstand gestachelt, siegt im Walde von Cuise
(cotia silva)
s. o. von Compi
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gne, uber die austrasischen Anhanger in Neustrien, jagt Theudoald in die Flucht und setzt sich wieder einen eignen neustrischen Majordomus, Raganfred, ein (715). Dieser aber verschmaht es nicht, Bundnisse mit den Reichsfeinden zu schließen. Die Sachsen verheeren den rheinischen Gau der Hattuarier; der heidnische Friesenfurst Ratbod, der als Lohn das seit 689 an die Franken verlorene Westfriesland, d. h. fast die gesammte Kustengegend des heutigen Belgiens und der Niederlande zuruckgewinnt, ruckt zu Schiff bis nach Koln, dem Sitz der Plektrudis, vor (716). In Verbindung damit stehen 2 wiederholte Feldzuge der Neustrier an die Maas und bis nach Koln unter Raganfred und dem neuen Konig Chilperich
II.
(Daniel), den sich jener zur Deckung aus dem Kloster geholt hat. Im Suden suchen die Bischofe Savaricus und sein Nachfolger Hainmar von Auxerre durch Eroberung der Nachbargaue sich eine selbstandige Herrschaft zu grunden. Das zwiespaltige Pippinidenhaus vermag dem vereinten Andrange nicht zu widerstehen.
K.
, von Ratbod geschlagen, flieht, um sich wahrscheinlich inmitten seiner Stammgebiete in der Eifelgegend Krafte und Anhanger zu sammeln. Plektrud wird zur Auslieferung ihrer Schatze und zur Anerkennung Chilperichs gezwungen. Dem Siege Ratbods folgt in Friesland die heidnische Reaction. Das junge Christenthum wird unterdruckt, die Bekehrer verjagt und die Kirchen zerstort. In dieser Zeit der Gefahr macht sich
K.
durch einen glucklichen Ueberfall auf das sich zuruckziehende neustrische Heer bei Ambl
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ve, sudlich von Luttich, Luft (716) und vermehrt die Zahl seiner Anhanger, z. B. durch den Bischof von Verdun. Nach beiderseitiger Rustung und vergeblichen Friedensvorschlagen von Karls Seite, schreitet dieser zum Angriff gegen Neustrien vor. Der Sieg bei Vincy (bei Cambrai, am 21. Marz 717) entscheidet. Die Gegner werden bis nach Paris verfolgt. Machtige Bischofe mussen Farbe bekennen.
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So wird Rigobert von Rheims, sein Pathe, der ihm die Thore nicht offnen wollte, durch den kriegerischen Laienbischof Milo ersetzt. In Koln zwingt
K.
durch einen Aufstand Plektrud zur Auslieferung seines Familienerbes. Gegen Chilperich deckt er sich durch Einsetzung eines merowingischen Gegenkonigs unbekannter Abstammung, Chlotars
IV.
(717?719).
So gefestigt, schreitet er zum Angriff auswartiger Feinde und entfremdeter Reichstheile. Ein Verwustungszug bis an die Weser bestraft die Sachsen fur den Einfall in den Hattuariergau (718). Dazu befreit ihn der Tod von seinem Gegner Ratbod (719), nach dem ein friedlicher Nachfolger regiert.
Inzwischen haben sich die Neustrier mit Herzog Eudo von Aquitanien verbundet und durch Anerkennung seiner Unabhangigkeit vom Frankenreich einen großen Reichstheil ihren partikularen Interessen geopfert. Der Sieg Karls bei Soissons (719) aber zwingt Raganfred zur Flucht nach Angers, wo er spater belagert wird und darnach vielleicht gegen Gewahrung dieser Grafschaft seinen Frieden mit dem Sieger macht. Eudo und Chilperich werden bis gegen Orleans verfolgt, der letztere ausgeliefert, aber, da glucklicherweise inzwischen Chlotar gestorben ist, wahrscheinlich als alleiniger Konig anerkannt; doch macht er durch seinen Tod Theuderich
IV.
(720?37) Platz, der, obwol minderjahrig, aus seinem Erziehungsaufenthalt Kloster Chelles geholt wird. Neustrien und Austrasien sind nun wieder vereint unter einem Konig und Majordomus. Eine Sonderung in der Stellung beider Lander wird geflissentlich vermieden.
Die nachsten 20 Jahre liegt
K.
ruhelos kriegerischen Unternehmungen ob, die meistens der Wiedergewinnung entfremdeter Reichstheile gelten. Jahre der Ruhewerden in den Annalen besonders verzeichnet. In die weittragendsten Kampfe verwickelt ihn Aquitanien. Durch den Frieden mit Karl und ein Bundniß mit dem arabischen Grenzfeldherrn gestarkt, faßt Herzog Eudo nach 10 Jahren den Entschluß, das Bundniß mit
K.
zu brechen. Eine zweimalige Verwustung seines Landes ist seine Strafe (731). Statt der gehofften Hulfe von den Arabern zieht ein Aufstand seines Schwiegersohnes die Araber gerade als Feinde in das Land, bringt Eudo in doppelte Verlegenheit,
K.
aber in die Lage, sich Ruhm und die Oberherrschaft uber Aquitanien zu erwerben. Der spanische Statthalter Abderaman siegt namlich mit großem Heere uber Eudo und dringt unter Einascherung von Stadten und Kirchen bis in die Nahe von Tours vor. Da ruft Eudo seinen Besieger um Hulfe. Dieser kommt wahrscheinlich mit dem Heerbann des ganzen merowingischen Reiches, von einem spanischen Annalisten als Heer von ?Europaern“ bezeichnet, vereint sich mit seinem fruheren Gegner, nimmt nordostlich von Poitiers beim Flecken Cenon (Arr. Ch
a
tellerault) eine Defensivstellung. Sieben Tage beobachten sich die Feinde. An einem Octobersonnabend (732) beginnt die Schlacht. Die Angriffe der Araber prallen an der ?unbeweglichen Mauer“ der Austrasier ab. Abderaman fallt. Groß ist der Verlust der Araber, klein der der Franken. Am andern Morgen finden die Sieger das Lager verlassen und voll Beute. Der Sieg rettet Germanen- und Christenthum in Europa; er ist eine Art Wiederholung der Schlacht auf den katalaunischen Feldern. Die Franken waren der letzte Wall vor muhammedanischer Ueberschwemmung. Weder Britten noch Langobarden waren widerstandsfahig gewesen. Funfzig Jahre fruher waren es auch nicht die Franken. Die dauernde Rettung ist freilich wol den Stammes- und Religionszwisten der Araber in Spanien und Afrika und der dadurch veranderten militarischen Lage und Organisation zu verdanken. Die Angabe von einer Verfolgung der Feinde und Belagerung Narbonnes beruht auf Irrthum. Auf dem Ruckwege nimmt der Sieger den Bischof Eucharius von Orleans, der einem gefahrlichen kriegerischen Geschlecht angehort und mit Savaricus von Auxerre verwandt ist, wol als politischen Parteiganger gefangen und
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fuhrt ihn mit sich nach Koln. Auch von anderen Storenfrieden hatte ihn theils der Tod, theils sein Arm befreit. Seine Erkrankung (723) gab vielleicht das Signal zu einem Aufstande seiner Stiefneffen, zweier Sohne Drogo's und seines Gegners Raganfred. Der eine Neffe ward gefangen, der andere starb (723). Raganfred aber, der, wie oben erwahnt, gezuchtigt, aber auch versohnt ward, starb 731. Ein anderer Neffe Hugo, geistlichen Standes, ward um so reicher fur seine Treue belohnt; er erhielt die Bisthumer Rouen, Paris, Bayeux und die Kloster Wandrille und Jumi
e
ges.
Nach Eudo's Tod (735), der sich bis dahin still verhalten hatte, dringt
K.
sofort im Einverstandniß mit seinen Großen bis an die Garonne und besetzt da Bordeaux und alle ubrigen Stadte und Burgen des sudwestlichen Aquitaniens. Doch machen Eudo's Sohne, Hatto und Chunold, einen Kampf nothig (736). Der erstere wird gefangen, der andere erhalt gegen ein Treuversprechen die Regierung unter frankischer Oberhoheit; doch bleibt das Verhaltniß ein lockeres. Bei der Reichstheilung von 741 wird Aquitanien nicht genannt. Zur volligen Unterwerfung bedarf es noch schwerer Kampfe unter Pippin und
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Karl dem Großen.
Die Araber werden auch Veranlassung zur endgultigen Unterwerfung Burgunds, das durch seine Zersplitterung in kleine geistliche und weltliche Herrschaften jene eher herbeizulocken, als abzuhalten im Stande war. Schon 733 trifft
K.
energische Maßregeln zur Sicherung des Landes, setzt erprobte Manner als Beamte ein; dasselbe thut er in Lyon, mit dem er einen Vertrag schließt, und wendet sich dann im Vertrauen auf die Sicherung des Landes gegen nordliche Feinde. Die Araber aber bedrohen unter dem neuen Statthalter von Narbonne Jussef-ibn-Abderaman die Provence (735), besetzen Arles im Einvernehmen mit den Bewohnern und brandschatzen das Land 4 Jahre lang. Da ruckt
K.
nach der Unterwerfung der Sohne Eudo's mit einem Heere gegen Arles, sichert sich jedoch erst den Rucken, indem er die Bewohner von Lyon, sowie die Vornehmen und Beamten des Landes bis Marseille hin den Eid der Vasallentreue schworen laßt und setzt in dem wiedergewonnenen Arles seine Beamten ein (736). Moglicherweise ist dieser Zug aber mit dem ersterwahnten identisch. Ein neuer Einfall der Araber und die Wegnahme der Stadt und Burg Avignon mit Hulfe einheimischer Verrather, besonders eines Herzogs Maurontus, rufen
K.
wieder herbei. Eben war Theuderich
IV.
gestorben (737). Durch diesen Todesfall vielleicht vorlaufig verhindert, sendet der Majordomus Childebrand, den er mit Besitz bei Autun belehnt hatte, mit einem Heere voraus, das in aller Eile bis Avignon vorruckt, Stadt und Umgegend einnimmt und die Belagerung der Festung beginnt. Nach dem Eintreffen Karls wird der Sturm mit Hulfe von Belagerungsmaschinen unternommen. Er gelingt: denn
K.
erscheint im Festungskrieg ebenso wie in der Feldschlacht bewandert. Die Besatzung, wol die arabische, wird niedergemetzelt, dann geht es uber den Rhonefluß bis Narbonne, um hier die Quelle der Angriffe zu verstopfen. Auch hier findet eine kreisformige Einschließung am Audeflusse statt. Ein arabisches Entsatzheer findet den Zugang von der Flußseite her versperrt, dringt daher von Suden her heran. Mit Zurucklassung eines Beobachtungscorps vor Narbonne eilt
K.
ihm entgegen. An der Mundung des Flußchens Berre in den Kustensumpf Sijean (3½ Meilen sudwestlich von Narbonne) bei einem alten Palaste Athaulfs schlagt er die Feinde so, daß die Fluchtigen in den Gewassern durch eigenes Drangen und feindliche Geschosse haufenweise den Tod finden (737). Mit großer Beute zuruckkehrend, durchzieht er verwustend ganz Gothien, die Mauern fester Stadte wie Nimes, Bezi
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res u. a. m. schleifend, wol um den Feinden keine festen Stutzpunkte zu lassen und die christlich-gothische Bevolkerung fur den Verrath zu zuchtigen. In Nimes
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wurde dabei das großartige romische Amphitheater zerstort. Die Belagerung von Narbonne aber gab er aus uns unbekannten Grunden auf; das Beobachtungsheer, das wol nur noch den Ruckzug decken sollte, ward nach Vollendung desselben auch zuruckgezogen. Die schließliche Unterwerfung ganz Septimaniens, wie Narbonnes erfolgt erst unter Konig Pippin (752, 759). Ein neuer Einfall der Araber in die Provence wird mit langobardischer Hulfe zuruckgewiesen (738 oder 739). Vielleicht hangt mit diesem Angriff eine zweite Erhebung des Herzogs Maurontus zusammen, die wiederum Childebrand und
K.
herbeizieht (739). Bis an die Meereskuste dringen sie vor. Der fluchtige Maurontus rettet sich in unzugangliche Felsenfestungen. Kein Widerstand erhebt sich weiter. Vollig zuverlassig erscheint aber das Land noch nicht. Nach der Ruckkehr erkrankt
K.
zu Verberie an der Oise.
Wie er hier im Suden die muhammedanischen Glaubensfeinde in Schranken halt, so im Norden die heidnischen, die Friesen und Sachsen. Diese uberwindet er mehrmals (720, 722?, 724, 738); das letzte Mal setzt er bei der Lippemundung uber den Rhein und macht einen Theil der Sachsen tributpflichtig. Bei den Friesen lebte der Nachfolger Ratbod's, Aldgisl mit den Franken in Frieden. Das verlorene Westfriesland wurde wieder frankisch. Wilbrord, der Friesenapostel, den
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722 wahrscheinlich im Bisthum Utrecht bestatigt hat, wirkte daselbst, auch drei Jahre gemeinsam mit Bonifatius, unter Karls Schutz mit großem Erfolg an der Bekehrung des Volkes. Eine letzte Emporung desselben unter einem Herzog Bobo (733, 734) wird gedampft, der Fuhrer getodtet, die Heidentempel mit Feuer zerstort, das Land so grundlich beruhigt, daß erst 782 wieder Aufstande entstehen. Heidnische Gebrauche zu uben verbot
K.
bei schwerer Strafe.
Trotz Willkur betreffs Kirchenstellen und Kirchenbesitz war er doch dem christlichen Glauben und seinen Glaubensboten nicht feindlich gesinnt. Willibrord in Echternach und Utrecht, Pirmin in Reichenau, Verdun, sein Lieblingskloster St. Denys, wo seine Sohne erzogen wurden und das er sich zur Grabstatte wahlte, erhielten Beweise seiner Gunst. Bonifaz empfangt von ihm auf Bitten Gregors
II.
, der seine religiose Gesinnung ruhmt, einen Schutzbrief fur sich und die Seinen. Ausdrucklich schreibt B. diesem Schutze die Moglichkeit zu, seine Gemeinden, Geistliche, Monche lenken und vertheidigen und den Gotzendienst ausrotten zu konnen. Durch seine Hulfe gelingt die Bekehrung der Hessen und Thuringer, verbreiten sich Kloster- und Kirchenbauten. Nicht ohne seine Zustimmung kann Bonifaz seine bischoflichen und erzbischoflichen Vollmachten empfangen und ausgeubt haben. In den alten Reichstheilen hat
K.
freilich das verfallene kirchliche Leben nicht gerade verbessert. Das geschah erst unter seinen Sohnen. Aber er hat den Verfall auch nicht zuerst und allein verschuldet. Die verwilderte, verweltlichte Geistlichkeit mit Herrschaftsgelusten und Ausnutzung des Kirchenguts zu personlichen Zwecken fand er bereits vor. Sinn fur kirchliche Verbesserung und geistliches Zusammenwirken war auch vor ihm nicht da; denn 60?70 Jahre war nach Bonifaz keine Synode in Gallien mehr abgehalten worden, d. h. also schon seit fast dem letzten Viertel des 7. Jahrhunderts nicht mehr.
K.
hat die vorgefundenen Zustande nur energisch ausgenutzt, geistliche Gegner ohne Rucksicht auf kirchliche Rechte und Gesetze abgesetzt, gefangen, ihrer Besitzungen beraubt, diese an Parteiganger, Verwandte und Getreue vergabt, oft 2 bis 3 Bisthumer oder Kloster einem zugewandt, wie dem Milo von Rheims und seinem Neffen Hugo, mitunter Leuten von recht weltlicher und kriegerischer Gesinnung; aber auch mit Verwandten und Freunden, wenn sie hinderlich wurden, machte er nicht viel Umstande, wie mit Rigobert von Rheims, mit Wido von S. Wandrille, den er einer Verschworung wegen hinrichten ließ.
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Willkurliche Behandlung der Geistlichen und Benutzung der Kirchenguter zu personlichen, zu staatlichen und militarischen Zwecken steht also fest. Planmaßige Sacularisation aber und Begrundung eines militarischen Seniorats ist nicht nachweisbar. Das Gedachtniß fur das, was er dem christlichen Glauben leistete, war rasch erloschen, und der Geistlichkeit der nachstfolgenden Jahrhunderte nur die Erinnerung an die Bedruckung der Kirche geblieben, die sie der Sagenbildung gemaß an einen geeigneten Namen knupfte. So entstand die Legende von seinen Hollenqualen und den Zeichen gottlichen Zornes bei der Oeffnung seines Grabes. Glaubwurdige zeitgenossische Zeugen, wie Bonifaz, Gregor
II.
und
III.
haben kein Wort des Tadels fur ihn.
Im Gegentheil, Gregor
III.
, durch den Langobardenkonig Liutprand bedrangt, wendet sich mit mehrfachen Briefen und Gesandtschaften (739, 740) an ihn um Hulfe, bis dahin ?unerhort“, schickt ihm die goldenen Schlussel zum Grabe Petri, des Apostels Fesseln und andere Geschenke, um ihm den Schutz der romischen Kirche und der Stadt Rom zu ubertragen mit dem Anerbieten, daß er sich von Byzanz lossagen wolle.
K.
war nur nicht in der Lage zu helfen; denn Liutprand, mit ihm befreundet, hatte einst seinen Sohn Pippin durch das Symbol des Haarabschneidens adoptirt, ihm auf seine Bitten durch einen Einfall in die Provence gegen die Sudfrankreich und Oberitalien gleichmaßig bedrohenden Araber Luft gemacht und war uberhaupt eine in Charakter, Streben und Erfolg ihm congeniale Personlichkeit.
K.
beschrankte sich daher auf Geschenke, freundlichen Empfang der Gesandten, Vermittelungsversuche, scheint aber weiteres Vorgehen im Einvernehmen mit seinem Volk abgelehnt zu haben. Sein Tod schnitt alle Verhandlungen ab. Aber auch hier bahnt die frankische Machtentfaltung durch ihn bereits das Schutzverhaltniß zwischen der karolingischen Dynastie und der romischen Kirche an, das unter Pippin sich weiter entwickelt, unter seinem Enkel Karl seinen großartigen Ausdruck erhalt.
K.
, schon fruher mehrfach erkrankt, erliegt endlich am 22. Octbr. 741 zu Kiersy an der Oise einem Fieber, nachdem er die Kirche von St. Denys noch reichlich beschenkt hatte, wo er seine Ruhestatte fand. Seit Theuderichs Tod 737 hatte er ohne Konig regiert. Die Urkunden aber wurden nach dem Tode des Merovinger-Konigs berechnet. Der Papst beehrte ihn mit dem Titel
?subregulus“
, ?Unterkonig"; er selbst begnugte sich bescheiden und vorsichtig mit der Bezeichnung ?Durchlauchtiger Mann“ und ?Majordomus“. Aber wie ein Konig theilte er sein Reich unter seine Sohne. Der altere, Karlmann, erhielt die rein germanischen Gebiete Austrasien, Alemannien, Thuringen, der jungere, Pippin, die galloromanischen: Neustrien, Burgund und die Provence. Pippin besetzte sofort unter Begleitung seines erfahrenen Oheims Childebrand das unsichere burgundische Erbtheil. Baiern, das
K.
mehrmals (725, 728), ebenso wie den Herzog Lanfrid von Alemannien (725, 730) bekampft hatte, und wo Bonifaz unter dem neuen Herzog Odilo seine kirchliche Organisation mit der Einrichtung von 4 Bisthumern begonnen hatte (739), blieb in nur außerlicher und widerwilliger Unterordnung. Alemannien aber war seit dem Tode Lanfrids (730) offenbar in großerer Abhangigkeit, vielleicht ganz ohne Herzoge. Beide Lander tragen auch in ihren Gesetzbuchern Spuren oberherrlicher Einwirkung. Trotzdem ward Baiern so wenig wie Aquitanien wegen dieser losen Verbindung in die Erbtheilung mit aufgenommen. Schließlich entgingen beide Lander der einmal angebahnten Einverleibung nicht. Die verhangnißvollen Mangel der alternden Dynastie, Familienzwiste infolge von Reichstheilungen, hat auch die werdende nicht von sich abgehalten, aber fur den Anfang glucklich uberwunden. Grifo, der Lieblingssohn zweiter Ehe, erhielt unter dem Einflusse seiner Mutter Swanahilde, die vielleicht bei der Gelegenheit ihrem Gemahl in Paris Schwierigkeiten
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bereitete, einen Landerantheil von Neustrien, Austrien und Burgund mitten im Reich, aber gegen den Wunsch der Franken. Das ward nach dem Tode Karls Signal zu einem Bruderkriege.
So hatte
K.
den Grund zur Hausmacht, zur Reichseinheit- und große, zur Ausbreitung und zum Schutz der christlichen Kirche gelegt. Den Sohnen und dem Enkel war es vorbehalten, das Gewonnene zu behaupten, das Angefangene zu beenden, das Versaumte nachzuholen.