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Deutsche Biographie - Friedrich V.
Dates of Life
1596 ? 1632
Place of birth
Lauterhofen-Deinschwang
Place of death
Mainz
Occupation
Kurfurst von der Pfalz ; Konig von Bohmen ; Kurfurst
Religious Denomination
calvinistisch
Authority Data
GND: 118693522 | OGND | VIAF: 5086720
Alternate Names
  • Friedrich I. (als Konig von Bohmen)
  • Friedrich V. von der Pfalz
  • "Winterkonig" (Spottname)
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Citation

Friedrich V., Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118693522.html [14.06.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Kf. Friedrich IV. v. d. Pf. ( 1610, s. NDB V);
    M Louise Juliane (1576?1644), T d. Fursten Wilhelm I. v. Nassau-Oranien ( 1584), erster Gen. -statthalter d. Vereinigten Niederlande;
    ? London 24.2.1613 Elisabeth Stuart ( 1662, s. NDB IV), T d. Kg. Jakob I. v. England ( 1625);
    8 S , 5 T (s. NDB IV, Art. Elisabeth v. d. Pf. ), u. a. Kf. Karl Ludwig v. d. Pf. (1617?80), Elisabeth (1618?80), Abtissin v. Herford (s. NDB IV), Sophie (1630?1714, ? Kf. Ernst August v. Hannover, 1698, s. NDB IV);
    E ( S d. Sophie) Georg I. ( 1727), Kf. v. Hannover, Kg. v. Großbritannien.

  • Biographical Presentation

    F. war liebenswurdig, nicht ohne Wurde und Standhaftigkeit, andererseits aber oberflachlich und von nur geringer Begabung. Er fugte sich deshalb Zeit seines Lebens willig in einen Fortgang des schon unter seinem Vater begrundeten Zustandes, daß gerade in der Zeit, da die Pfalz europaische Geltung besaß, die pfalzische Politik nicht von den Kurfursten, sondern in erster Linie von deren Ratgebern bestimmt wurde. 1605-06 und 1608-12 lebte F. am Hof des Herzogs Henri von Bouillon in Sedan und erhielt an der dortigen hugenottischen Ritterakademie eine relativ grundliche Ausbildung im Geist eines ernsten, gleichzeitig jedoch immer mehr den Formen hofischer Kultur sich erschließenden Calvinismus. Nach dem fruhen Tod des Vaters fuhrte zunachst Herzog Johann von Pfalz-Zweibrucken die Vormundschaft fur F. 1614 aber wurde dieser volljahrig und folgte von nun an in allen Fragen der großen Politik dem Statthalter der Oberpfalz, Furst Christian I. von Anhalt-Bernburg, und dem Gremium der Heidelberger Rate. Seit 1613 mit Elisabeth Stuart von England zu glucklicher Ehe vermahlt, zeigte F. fur das Bemuhen seiner Ratgeber, der Pfalz einen festen Platz im Kreis der großen europaischen Machte zu verschaffen, relativ warmes Verstandnis, und im Bereich des Reprasentativen unterstutzte er diese Politik durch Maßnahmen, die weitgehend seiner und seiner Gemahlin Initiative entsprangen. An Stelle der derben Formen, die am Hof seines Vaters geherrscht hatten, ließ er einen verfeinerten, elegant-franzosischen Hofstil treten. Auch entfaltete er, unter anderem durch den weiteren Ausbau des Heidelberger Schlosses, ein hohes Maß geradezu koniglicher Pracht, das freilich in Verbindung mit der weitgespannten Außenpolitik die finanziellen Krafte der Pfalz uberfordete. F. entfernte sich hierbei von den altuberkommenen Formen des deutschen patriarchalischen Landesfurstentums und half dem franzosischen Kultureinfluß an den deutschen Residenzen die Wege bereiten.

    Nach seiner Wahl zum bohmischen Konig siedelte F. im Oktober 1619 nach Prag uber und blieb hier bis zum Zusammenbruch der pfalzischen Herrschaft im November 1620 (also uber ein Jahr und nicht, wie sein Spottname ?Winterkonig“ andeutet, nur einen Winter lang). Uber Breslau und Berlin floh er darauf mit seiner Familie zu seinen oranischen Verwandten in die Niederlande, begab sich von hier 1622 in einem abenteuerlichen Zug zu seiner Armee in die Pfalz und kehrte nach dem Scheitern des Feldzuges in die Niederlande zuruck, wo er zunachst im Haag und seit 1628 abwechselnd damit in dem von ihm erbauten Schloß Rhenen in Geldern Quartier nahm. Da Christian von Anhalt sich von der pfalzischen Sache zuruckgezogen hatte, wurden jetzt seine entscheidenden Ratgeber Ludwig Camerarius und Johann Joachim von Rusdorff. Beide Manner hielten den an sich schon zur Standhaftigkeit neigenden F. von dem von England langere Zeit gewunschten Ausgleich mit der spanisch-kaiserlichen Partei ab. Statt dessen bemuhten sie sich in F. s Namen unablassig um große militarische Aktionen der protestantischen Machte. Diese erbrachten die erstrebte Befreiung der Pfalz erst 1632 durch den schwedischen Feldzug an den Rhein und nach Suddeutschland. F. machte den Feldzug einige Monate lang in Gustav Adolfs Hauptquartier mit in zum Teil sehr enttauschenden Verhandlungen mit dem schwedischen Konig, der F. nur eine beschrankte Selbstandigkeit zugestehen wollte, und starb plotzlich nach einer Reise durch die Pfalz. Es ist bis heute ungeklart, wo F. seine letzte Ruhestatte gefunden hat.

  • Literature

    ADB VII;
    J. Lipowsky, F. V., Churfurst v. d. Pf. u. Kg. v. B., 1824;
    A. Gindely, F. V. v. d. Pf., d. ehem. Winterkonig v. Bohmen, seit d. Regensburger Deputationstag v. J. 1622 b. z. s. Tode, 1884;
    M. Ritter, Dt. Gesch. im Za. d. Gegenref. u. d. 30j. Krieges II u. III, 1895/1908;
    ders. , Unterss. ub. d. pfalz. Pol. am Ende d. J. 1622 u. zu Anf. d. J. 1623, in: HZ 74 u. 75,1895, S. 407-41, 95 ff. ;
    ders. , Die pfalz. Pol. u. d. bohm. Konigswahl 1619, ebd. 79, 1897, S. 239-83;
    K. Hauck, Karl Ludwig, Kf. v. d. Pf. 1617?80, 1903;
    | L. Hausser, Gesch. d. Rhein. Pfalz II, ²1924;
    J. G. Weiß, Btrr. z. Beurteilung d. Kf. F. V. v. d. Pf., in: ZGORh , NF 46, 1933, S. 385-422;
    ders. , Die Vorgesch. d. bohm. Abenteuers F. s V. v. d. Pf., ebd. , NF 53, 1940, S. 383-492;
    ders. , F. V., Kf. v. d. Pf., Kg. v. B., 2 Bde. ( ungedr. ) ;
    C. Oman, Elizabeth of Bohemia, London 1938 ( P ) ;
    A. van Schelven, Der Gen.stab d. pol. Calvinismus in Zentraleuropa zu Beginn d. 30j. Krieges, in: Archiv f. Ref.gesch. 36, 1939;
    F. H. Schubert, Die pfalz. Exilregierung im 30j. Krieg, in: ZGORh 102, 1954, S. 575-680;
    ders. , Ludw. Camerarius, 1955.

  • Portraits

    Gem. v. G. Honthorst (London, Nat.gal. ), v. M. Mierevelt (Stockholm, Nat.mus. );
    Jugend- P v. dems. (Den Haag, Mauritshuis);
    Gem. (Adolphseck b. Fulda;
    Foto Marburg ).

  • Author

    Friedrich Hermann Schubert
  • Citation

    Schubert, Friedrich Hermann, "Friedrich V." in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 535-536 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118693522.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Friedrich V. , Kurfurst von der Pfalz, wurde geboren am 26. August 1596, als der dritte von acht Nachkommen Friedrichs IV. Gleich seinem Vater ward er in einer Zeit zur Regierung berufen, als die politischen Verhaltnisse verwirrt, und er selber noch in minderjahrigem Alter stand (19. September 1610), gleich jenem war auch die erste Schwierigkeit, die ihn empfing, ein Streit uber seine Vormundschaft. Als nachster Agnat war der Herzog Philipp Ludwig von Neuburg Friedrichs gesetzlicher Vormund. Indeß da man bei Lebzeiten Friedrichs IV. von diesem starrsinnigen Herrn die verlangten Burgschaften gegen eine lutherische Reaction nicht hatte erhalten konnen, so war damals die rechtliche Auffassung Johann Casimirs, welche dessen vormundschaftliche Regierung und die Herstellung des Calvinismus gerechtfertigt hatte, ins Gegentheil verkehrt, und durch Testament Friedrichs IV. der calvinistische Herzog Johann von Zweibrucken zum Hauptvormund ernannt. Alles war dann so gut vorbereitet worden, daß unmittelbar nach dem Tode Friedrichs IV. die pfalzische Regierung gerauschlos an den Zweibruckener Herzog uberging, und daß dem Kaiser, dem kurfurstlichen Collegium, der Union nichts ubrig blieb, als den Regenten, wenigstens vorlaufig, anzuerkennen. Jedoch der ubergangene Herzog Philipp Ludwig protestirte gegen die Acte der vormundschaftlichen Regierung, und so wurde, wenn nicht die Pfalz, so doch die Union neben ihren vielen Spaltungen von dem neuen Zweibruckisch-neuburgischen Zwiste betroffen. Die Union war es dann auch ferner, aus deren Verhaltnissen fur die neue Regierung eine zweite Reihe von Schwierigkeiten hervorging. Nach Abschluß des J. 1610 waren diesem Bundnisse von den großen Unternehmungen jenes Jahres ubrig geblieben: eine Masse von unbefriedigten Forderungen, welche die Unionsbeitrage bis zum J. 1613 in Anspruch nahmen, eine Last von Mehrausgaben, welche einzelnen Unirten, besonders dem Kurfursten von der Pfalz zufielen, dazu das tiefgreifende Mißtrauen zwischen Fursten und Stadten, das Gefuhl, daß man keiner großen Aufgabe mehr gewachsen sei, und das Bewußtsein, daß mit der Wendung der franzosischen Politik der starke Ruckhalt der protestantischen Fursten verloren war. Da nun das Geschick der Kurpfalz aufs innigste mit dem Gluck oder Ungluck der Union verbunden war, so mußte bei solcher Lage der Dinge den Heidelberger Staatsmannern die Zukunft sehr bedrohlich erscheinen. Ein Gegengewicht gegen all' diese Verlegenheiten lag indeß in dem Umstand, daß | auch die Feinde der Union aus den letzten Verwicklungen geschwacht hervorgingen. Der Herzog von Baiern hatte seine Liga nicht stark genug zum Kampfe mit der Union befunden. Kaiser Rudolf, indem er gleichzeitig die possidirenden Fursten in Julich und den Konig Matthias in den osterreichischen Landen zu unterwerfen versuchte, war an beiden Orten unterlegen. Im J. 1611 begunstigte er den Versuch einer Verstandigung zwischen Sachsen und Brandenburg uber den Besitz der Julicher Lande; in demselben Jahre mußte er die ihm noch ubrigen Lande an Matthias abtreten, und als er im Januar des folgenden Jahres starb, berief die Wahl der Kurfursten jenen selben Matthias zu seinem Nachfolger. Bei dieser Schwache der Gegner blieb die Union nicht nur unangefochten, sondern sie vermochte sogar noch einige Vortheile aus der Erhebung von 1610 zu gewinnen. Nachdem im Zusammenhang mit den damaligen Unternehmungen die unirten Fursten mit dem Konig Jakob I. von Großbrittannien und den Generalstaaten Verhandlungen uber ein Defensivbundniß begonnen hatten, gelang es nunmehr ? mit England im April 1612, mit den Staaten im Mai 1613 (ratificirt Ende 1614) ? diese Bundnisse wirklich zu vereinbaren. Ihre Bestimmungen waren bescheiden (England z. B. verpflichtete sich zu einer Bundeshulfe von 4000, die unirten Fursten zu einer Gegenhulfe von 2000 Mann, die ein Jahr lang zu unterhalten waren), aber immerhin lag darin ein Ersatz fur die verlorene franzosische Unterstutzung. Um dieselbe Zeit sodann, im J. 1613, bewahrte die Union ihre Bedeutung auch im Innern des deutschen Reichs. Kaiser Matthias, den seine ganze Vergangenheit, besonders auch die Vorgange bei seiner Wahl, auf eine Verstandigung mit den protestantischen Reichsfursten wies, machte am Regensburger Reichstag den Versuch, die getrennten Stande wieder zu einhelligem Zusammenwirken im Interesse der Reichsjustiz und der Turkenhulfe zu bestimmen. Allein wenngleich Sachsen sich von den Unirten ferne hielt, wenn uberhaupt von den außer dem Bunde stehenden protestantischen Standen nur Mecklenburg, Pommern, die Wetterauer Grafen sich den Unirten anschlossen, so wagten letztere doch ein wo moglich noch schrofferes Vorgehen als im J. 1608. Indem sie ihre Beschwerden in zwei Theile schieden, solche namlich, denen der Kaiser aus eigener Macht abhelfen konne, und solche, uber die sich die Stande zu vergleichen hatten, verlangten sie hinsichtlich der ersteren sofortige Restitution Donauworths, Suspension der schwebenden Processe des Reichshofraths und Regelung dieser Behorde durch den gegenwartigen Reichstag, wahrend sie zur gutlichen Vereinigung der Stande uber die zweite Classe die Niedersetzung einer paritatischen Commission forderten. Da weder der Kaiser noch die katholische Majoritat sich diesen Bedingungen unterwarfen, so wurde der Reichstag zum zweiten Mal durch die pfalzische Partei gesprengt. Diese sammtlichen Erfolge der Union wurden noch erzielt unter der Regentschaft des Herzogs Johann. Aber es scheint, daß gleichzeitig dessen Verhaltniß zu den alten pfalzischen Rathen sich wenig gunstig gestaltete. Nicht ohne bittre Stimmungen legte er schon im April 1614 die meisten Befugnisse der Regierung nieder, und vollstandig trat er im Juli, also einen Monat vor Friedrichs Volljahrigkeit, von den Geschaften zuruck. Es begann jetzt die Regierung Friedrichs V. Wenn dieser junge Furst außerlich eine vornehme Stellung unter seinen Standesgenossen einnahm, so verdankte er das den umfassenden Beziehungen der pfalzischen Regierung. Schon als neunjahriger Knabe wurde er nach Sedan geschickt, um unter der Leitung eines Hofmannes, wie des Herzogs von Bouillon, und in einem der Mittelpunkte franzosisch-calvinistischer Bildungsanstalten seine Erziehung zu empfangen. Als man an seine Verheirathung dachte, zeigte sich der Werth der pfalzischen Beziehungen zu England. Bis ins J. 1610 reichen die Verhandlungen uber die Vermahlung Friedrichs V. mit Elisabeth, der schonen, kraftvollen | und hochgebildeten Tochter Jacobs I. , zuruck, im J. 1612 kamen sie zum Abschluß, und im Februar 1613 vollzog der sechzehnjahrige Furst seine eheliche Verbindung. Als er damals in England erschien, gefiel seine schlanke Gestalt und sein intelligentes Gesicht. Und in der That, seine Erziehung hatte besseren Erfolg gehabt, als die seines Vaters. Nicht nur, daß aus einem ziemlich verkummerten Knaben ein junger Mann geworden, der am Hof und an der Spitze eines Regimentes sich ganz stattlich ausnahm, er wußte sich auch im Franzosischen so gut auszudrucken, wie im Deutschen, war der lateinischen Sprache machtig und hatte neben grundlicher dogmatischer Ausbildung einige geschichtliche Kenntnisse gewonnen. Eine der Fruchte der theologischen Erziehung, die sich bei F. , wie bei anderen Fursten seiner Zeit bewahrte, war ein lebhaftes Gefuhl seiner Regentenpflichten. Gleich bei dem ersten Unionstag, der nach seiner Uebernahme der Regierung in Heilbronn gehalten ward, schrieb er sich fleißig die Vota der Unirten auf, und ebenso suchte er in den Sitzungen seines Rathes in das Verstandniß der Geschafte einzudringen. Was ihm fehlte, war nur die Gabe der Beharrlichkeit in der Arbeit und die Selbstandigkeit in Urtheil und Willen. In dieser Hinsicht hatte Bouillon schon von dem zehnjahrigen Knaben vorausgesagt: das hochste, was wir mit dem Prinzen erreichen konnen, ist, daß er gutem Rath folge; aus sich selbst wird er nie eine Entscheidung treffen, noch etwas bedeutendes unternehmen. Folgsamkeit gegen die Rathschlage seiner hohen Beamten wurde denn auch wirklich bei dem jungen Fursten erzielt. Er war gutmuthig wie sein Vater, und unterschied sich vortheilhaft von ihm durch das innige Verhaltniß zu seiner Gemahlin. Nur fehlte ihm wieder die treuherzige Art, mit der Friedrich IV. die Menschen zu gewinnen verstand. Bouillon fand in ihm einen Mangel an Offenheit und Muth bei hochfahrendem Wesen. ?Er wird“, so notirte Christian von Dohna gegen Ende des J. 1614, ?niemals dulden, daß ihm etwas abgehe, im ubrigen wird er sparsam, selbst geizig sein.“ So kam es, daß unter F. V. das glanzende und verschwenderische Treiben am Heidelberger Hofe fortging, daß aber die eigentliche Regierung nach wie vor nicht von dem Kurfursten, sondern von seinen Rathen gefuhrt wurde. Der einflußreichste Mann war auch jetzt der Furst Christian von Anhalt, unter den Rathen trat mehr und mehr Dr. Ludwig Camerarius hervor; im ganzen blieben die Geschafte in den Handen derselben Manner, welche sie unter Friedrich IV. gefuhrt hatten. Aber diese Staatsmanner, wie sie im J. 1608 den Triumph der pfalzischen Unionsbestrebungen und im J. 1610 die uble Bewahrung der neugeschaffenen Macht erlebt hatten, mußten jetzt, sobald der junge Kurfurst die Regierung ubernommen, jene schweren Schlage nach einander kommen sehen, welche seit dem Mißlingen von 1610 zu befurchten waren. Nachdem der Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm, dem der brandenburgische Mitbesitz der Julicher Lande unertraglich war, im J. 1613 durch seine bairische Heirath und seinen Uebertritt zur katholischen Kirche einen Ruckhalt bei Baiern und Spanien gesucht, und Brandenburg hierauf mit Truppenwerbungen und feindlichen Verhandlungen mit den Staaten geantwortet hatte, brach im J. 1614 ein kleiner Krieg zwischen den besitzenden Fursten aus, in welchem die Bundesgenossen derselben, Erzherzog Albert und die Staaten, Truppen ins Land schickten, und jeder eine Anzahl von Stadten besetzte. Fur die Union hatte dies Zerwurfniß zunachst die Bedeutung, daß sie, da Wolfgang Wilhelm noch im J. 1614 seinem Vater in Neuburg nachfolgte, eins ihrer furstlichen Mitglieder verlor. Aber bald darauf kam auch der Kurfurst von Brandenburg und verlangte die Aufnahme der Julicher Lande in die Union, d. h. die Verpflichtung des Bundes zum Schutz der brandenburgischen Herrschaft in jenen Landen. Ging die Union hierauf ein, so konnte sie in Unternehmungen gezogen werden, die großartiger | waren, als diejenigen, welche im J. 1610 ihre Krafte ermattet hatten, und das zu Gunsten eines Fursten, der weder seine Unionsbeitrage erlegte, noch die ihm vorher geleistete Hulfe zuruckgezahlt hatte. Bei dem Heilbronner Bundestag von 1617, wo man uber Verlangerung der im folgenden Jahr ablaufenden Union berieth, kam diese Frage zum Austrag, und die Union entschied sich gegen die Aufnahme der Julicher Lande. Aber hierauf erklarte Brandenburg, daß es nun auch die Verlangerung der Union nicht annehmen konne, und die ubrigen hatten so wenig Vertrauen zu ihrem Bundnisse, daß sie dasselbe nur noch auf drei Jahre verlangerten. Wahrend so die Union beinahe ihren ganzen Rest von Kraft und Ansehen verlor, vollzog sich eine drohende Erhebung katholischer Machte. In der ersten Zeit nach dem Regensburger Reichstag hatte der kaiserliche Hof noch den Gedanken einer Verstandigung zwischen den kirchlichen Parteien verfolgt. Aber als auch dieser Versuch in bitteren Aussprachen endete, ging aus Verhandlungen des Erzherzogs Maximilian mit den geistlichen Kurfursten und mit Erzherzog Albert folgender Plan hervor (1615?16): um die Macht Oesterreichs und der Katholiken zu sichern, ist die Wahl des Erzherzogs Ferdinand zum Nachfolger des Kaisers zu betreiben, und um gegen die Protestanten und ihre niederlandischen Bundesgenossen die Reichsgesetze im Sinn der katholischen Partei zu handhaben, ist mit Hulfe Spaniens eine Kriegsmacht im Innern des Reichs aufzubringen und unter Ferdinands Befehl zu stellen. Dieser Plan wurde durch Veroffentlichung eines von Erzherzog Maximilian dem Kaiser ubergebenen Gutachtens den Unirten bekannt. Naturlich erregte er die schlimmsten Besorgnisse. Allein im Juni des J. 1617 und im Mai des J. 1618 erlangte Erzherzog Ferdinand die Anwartschaft auf die Lande der bohmischen und ungarischen Krone, in beiden Fallen mit Zustimmung der Stande. Daß nun dem Erben der deutsch-osterreichischen Macht auch der Gewinn der romischen Konigskrone nicht fehlen werde, war bei Sachsens osterreichischer Gesinnung wol zu vermuthen. Als deutscher Kaiser aber war Ferdinand der geeignete Mann, um die in der osterreichischen Monarchie planmaßig begonnene Unterdruckung standischer und protestantischer Freiheiten, um die unter den katholischen Reichsstanden sich regende Tendenz eines gewaltsamen Austrags der kirchlich-politischen Streitigkeiten mit blinder Entschlossenheit weiter zu fuhren. In Heidelberg sah man denn auch die Verbindung zwischen Oesterreich, Spanien und den katholischen Reichsstanden unter der Autoritat des deutschen Kaiserthums als die große Gefahr der Zukunft an. Gewohnt, die kirchlich-politischen Gegensatze als unvereinbar, die Feindschaft gegen die Protestanten als die verbindende Kraft in der Politik katholischer Machte zu betrachten, erwartete man die Rettung nur von einem kuhnen Offensivstoß, sei es, daß der Angriff gegen das Haus Spanien-Oesterreich gehe, sei es, daß der Zusammenhalt katholischer Machte zerstort werde. Allein wo sollte man die Mittel zum Angriffe finden? Die Union ? das erkannten die Pfalzer wol ? war zu ?kaltsinnig“ fur große Unternehmungen. Camerarius brachte nun den gescheidten Gedanken auf, man solle den Herzog von Baiern zur romischen Konigswahl befordern und somit das Haus Oesterreich und den Fuhrer der katholischen Stande entzweien. Indeß der Herzog Maximilian folgte dem Grundsatze, weder osterreichischen, noch pfalzischen Zwecken zu dienen. Und so, von ihm zuruckgewiesen, von der Union sich isolirend, geriethen die Pfalzer am Ende auf die Bahn der Abenteuer. Im Mai des J. 1618 begann die verhangnißvolle Erhebung der protestantischen Stande Bohmens gegen die osterreichische Regierung. Wie dieser Aufstand der letzte Ausbruch in einer Reihe von Erschutterungen der osterreichischen Monarchie war, so gingen ihm mannichfache Verbindungen zwischen den protestantischen Standen der osterreichischen Lande und der pfalzischen Regierung | voraus. Schon neun Jahre vorher hatte der Furst von Anhalt den Plan einer doppelten Vereinigung verfolgt: der protestantischen Stande jener Lande unter sich und dann mit der Union; jene sollten ihrer Regierung in ebenso freier Stellung entgegentreten, wie die Reichsstande ihrem Kaiser, und die Union sollte jederzeit das Recht der Einmischung in die osterreichischen Dinge haben. Jetzt, nach dem Prager Fenstersturz, begann die pfalzische Regierung abermals, und zwar ohne wirkliche Betheiligung der Union, mit den bohmischen Standen uber deren Unterstutzung zu verhandeln. Wahrend sie aber so die erste Anknupfung mit einer Macht der Revolution wagte, wurde ihr eine zweite nicht weniger bedenkliche Verbindung von Italien her angetragen. Der rauberische und treulose Herzog Karl Emanuel war in seinem Bestreben nach Ausdehnung seines Furstenthums und Beseitigung der spanischen Vormundschaft uber die italienischen Machte in einen Krieg mit Spanien gerathen, den er im J. 1617 ohne Gewinn, aber doch mit Ehren beendete. Seit jener Verwicklung suchte er Verbindungen mit den Gegnern des Hauses Oesterreich in Italien, in der Schweiz und in Deutschland. Von der Union zuruckgewiesen, aber von Kurpfalz, sowie von den Markgrafen von Anspach und Baden mit guter Hoffnung hingehalten, uberraschte er im J. 1618 den Kurfursten F. V. , indem er ihm aus seinem aufgelosten Heere 2000 Mann zur Verfugung stellte und dann weiter seine Mitwirkung zur Aufstellung einer großeren Streitmacht ? nach Art jener Kriegsrustung, wie sie vor zwei Jahren Erzherzog Maximilian vorgeschlagen hatte ? in Aussicht stellte. Diese scheinbare Gunst der Lage war es, welche den Fursten von Anhalt noch einmal zur Entwerfung großer Umsturzplane anfeuerte. Die Umwalzungen in der osterreichischen Monarchie, die Aussicht auf baldige Neubesetzung des Kaiserthrons boten ihm den Ausgang fur seine politischen Combinationen, ? er dachte zunachst an die Erhebung Friedrichs V. zum bohmischen Konig und Savoyens zum deutschen Kaiser ?, das Heer, welches Savoyen, die Pfalzer und all' die Bundesgenossen, die man in und außer Deutschland noch anzuwerben hatte, aufstellen sollte, erschien ihm als die Zaubermacht, mit welcher er die Macht Spaniens, Oesterreichs, der katholischen Reichsstande brechen wollte. Und so wurden vom Sommer 1618 bis zum Sommer 1619, theils unter des Fursten Einfluß, theils von ihm personlich, in dieser Richtung Verhandlungen gepflogen. Aber die Verhandlungen, ohne festen Boden und festes Ziel wie sie waren, arteten bald in ein wildes Wurfelspiel um Kronen und Furstenthumer aus, uber die man nicht verfugte; nur soviel konnten die emporten Bohmen, wie das Haus Oesterreich aus der Haltung der Pfalzer entnehmen, daß die Neigung zur Forderung des begonnenen Aufstandes bei ihnen vorhanden war. Da kamen denn die Ereignisse, welche von der Neigung zum Entschluß trieben. Im Marz des J. 1619 starb der Kaiser Matthias, im August wahlten die Kurfursten den Konig Ferdinand zum deutschen Kaiser, und in demselben Monat erhoben die vereinigten protestantischen Stande der bohmischen Kronlande den Kurfursten F. V. zu ihrem Konige. Savoyen aber trat vom Schauplatze zuruck. Die Wahl Friedrichs V. zum bohmischen Konig war die Belohnung dafur, daß die Pfalzer von Anfang an die Sache der Bohmen unter der Hand unterstutzt und fur eine offene Unterstutzung derselben durch vereinte protestantische Machte sich verwandt hatten. Sie war aber zugleich die Aufforderung an den Kurfursten, einen Krieg zu eroffnen, in dem nicht nur uber seine alten und neuen Lande entschieden werden mußte, sondern auch uber die aufs außerste gespannten Gegensatze der kirchlichen Parteien in Oesterreich und in Deutschland. Nichts war nun klaglicher als die Haltung des jungen Kurfursten unter diesen großen Verwicklungen. Nicht frivol genug, um die Dinge leicht zu nehmen, und nicht | fahig, die Verhaltnisse zu beherrschen, empfand er uber den wilden Planen Anhalt's und den pedantischen Erorterungen seiner Rathe unbequeme Erregungen und dustere Stimmungen; dann aber ließ er sich durch das Drangen der Bohmen, denen Anhalt sich wahrscheinlich anschloß, plotzlich zur Annahme der bohmischen Krone bestimmen, und das zu einer Zeit, als er mit dem Konig von England noch unterhandeln ließ, ob er annehmen solle oder nicht, als er voraussehen konnte, daß die Union die bohmische Sache nicht zur ihrigen machen werde, als der Herzog von Bouillon gerade in einem Bedenken ausfuhrte, es sei besser fur F. als Bundeshaupt und General, dann als Gegenkonig die protestantischen Streitkrafte zu vereinigen. War es ein Wunder, wenn unter diesen Verhaltnissen der Aufbruch Friedrichs von Heidelberg nach Prag (October 1619) wie ein Trauerzug aussah? Die energische Kurfurstin, deren Auge beim Abschied von England ebenso trocken geblieben war, wie spater bei der Flucht aus der bohmischen Hauptstadt, brach diesmal in Thranen aus. In demselben Monat, in dem F. die Pfalz verließ, schloß Ferdinand II. mit dem Herzog von Baiern den Munchener Vertrag, der ihm die Unterstutzung der Streitkrafte der Liga gewahrte; der Beistand Spaniens von den Niederlanden her war ihm damals so gut wie sicher, desgleichen die Hulfe des Konigs von Polen, mit dem Oesterreich seit Jahren im Bundnisse stand. Ein halbes Jahr spater sicherte der Muhlhauser Vertrag ihm die Hulfe des Kurfursten von Sachsen und die Union ließ in dem Ulmer Vertrag (Juli 1620) den katholischen Streitkraften freie Hand gegen Bohmen. Die einzigen Verbundeten, die inzwischen F. V. fand, waren die protestantischen osterreichischen Stande und jener Betlen Gabor, der in Ungarn eine ahnliche Rolle zu spielen begann, wie vor funfzehn Jahren Stephan Bo?skay. In Bohmen selber hatte F. zweierlei Armeen, eine, die ihm, und eine, die den Standen gehorte, ebenso gab es zwei Kassen, die beide ungenugend waren zur Bezahlung der Truppen. Die Stande waren niedergeschlagen, weil sie die eigentlichen Mittel zum Kampfe nicht von sich, sondern von den Unirten, von England und den Generalstaaten, deren Bundesgenossenschaft F. V. ihnen zufuhren sollte, erwartet hatten. Christian von Anhalt, dem man die Leitung des Kriegswesens ubergeben hatte, rang mit der dreifachen Schwierigkeit des Geldmangels, der eigenen Unfahigkeit und der Zwietracht sowol der Offiziere als der Truppen. So war der Verfall der kaum gegrundeten Regierung schon vorhanden, als am 8. November 1620 die kaiserlich-liguistischen Truppen unter Fuhrung Tilly's dem Heere Anhalt's im Angesichte der Stadt Prag die Entscheidungsschlacht lieferten. Der eine Sieg, den Tilly damals erfocht, trieb den Hof Friedrichs aus Bohmen hinaus und bereitete eine furchtbare Reaction in den bohmischen Landen vor. Auch das Geschick Friedrichs V. wurde in Folge jener Schlacht entschieden. Der Kaiser verhangte die Acht uber ihn, die spanischen und bairischen Truppen entrissen ihm die Pfalz. Bei dem Regensburger Furstentag (1622?23) wurde seine Kurwurde an den Herzog von Baiern ubertragen, demselben wurde die Oberpfalz zunachst als Pfand, dann (1628) dauernd eingeraumt. Fern vom Bereiche des Kaisers mußte F. seine Zuflucht im Haag suchen, wo er seit 1622 die Gastfreundschaft der Staaten und die Geldunterstutzungen des Konigs von England genoß. Indeß die ungluckliche Erhebung der Bohmen und des pfalzischen Kurfursten hatte doch die Folge, daß in Deutschland und Europa die feindlichen kirchlichen und politischen Machte nacheinander in den Kampf gezogen wurden. Wenn F. als bohmischer Konig keine Bundesgenossen gefunden hatte, so wurde seine Restitution eine der Aufgaben, welche jede protestantische Macht, sobald sie in den Kampf eintrat, in ihr Programm aufnehmen mußte. Und so konnte F. , in den politischen Verhandlungen als Mahner und Vermittler noch immer eine Rolle spielen. Bedeutend waren in | dieser Hinsicht die Dienste, welche ihm zwei treu gebliebene Rathe leisteten, Johann v. Rusdorf, als Gesandter in England (1622?27), und Ludwig Camerarius, als regelmaßiger Correspondent des schwedischen Reichskanzlers. Bezeichnend aber war es auch, daß letzterer schon im J. 1623, ersterer spatestens seit 1626 ein schwedisches Jahrgeld bezog. Zu Anfang des J. 1632, als Gustav Adolf die Schlacht bei Breitenfeld geschlagen hatte und die Rheinpfalz von Spaniern und Liguisten befreite, schien das Ziel der Restitution gekommen zu sein. Damals brach F. nach Deutschland auf und folgte dem Siegeszug Gustav Adolfs von Frankfurt bis Munchen. Aber schon mußte er erfahren, daß bei den großen Verhaltnissen, welche der Krieg angenommen, ein Unterschied zwischen der Vorwendung seiner Restitution und der wirklichen Erfullung derselben war. Als vollends der schwedische Konig in der Schlacht von Lutzen fiel, wurden seine Hoffnungen vereitelt. Dreizehn Tage darauf (29. November) brachte ihm ein heftiges Fieber den Tod, nachdem er gleich seinem Vater nur ein Alter von 36 Jahren erreicht hatte.

    • Literature

      Vgl. die zum Art. Friedrich IV. angefuhrten Werke. In der Litteratur des dreißigjahrigen Kriegs ist fur F. V. besonders ausgiebig: Gindely, Geschichte des 30jahrigen Krieges, Prag 1869; Soltl, Der Religionskrieg in Deutschland, Hamburg 1840; Kruner, Johann v. Rusdorf, Halle 1876. ? Ich habe bei meiner Arbeit vielfach ungedruckte Acten zugezogen.

  • Author

    M. Ritter.
  • Citation

    Ritter, Moriz, "Friedrich V." in: Allgemeine Deutsche Biographie 7 (1878), S. 621-627 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118693522.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA