Biographical Presentation
Bennigsen:
Levin August
Graf v.
B.
, geb. 10. Febr. 1745 in Braunschweig, wo sein Vater damals in herzoglichen Diensten stand,
†
1826, trat 1755 in das Pagencorps zu Hannover und ward 1760 Fahnrich im Garde-Regiment. Als solcher machte er bis 1762 in der alliirten Armee, welche Herzog Ferdinand von Braunschweig commandirte, die Feldzuge in Westfalen und am Rhein mit. Ohne besondere Neigung zum Soldatenstand, erbat er sich nach dem Frieden 1763 den Abschied, verheirathete sich und bewirtschaftete das vaterliche Gut Banteln bis 1773, wo er nach dem Tode seiner Gattin und bei ziemlich zerrutteten Vermogensverhaltnissen angemessen fand, russische Dienste zu suchen. Er trat solche als Premier-Major an und erwarb noch in dem ersten Turkenkriege 1778 unter Rumanzow den Grad eines Oberst-Lieutenants. Im zweiten Turkenkriege 1787?92 ward er Oberst und Chef des Izum’schen Husaren regiments und zeichnete sich bei mehreren Gelegenheiten, namentlich bei dem Sturm auf Oczakow so aus, daß er die Aufmerksamkeit der Kaiserin Katharina
II.
auf sich lenkte, was ihm bald den Rang eines Brigadiers verschaffte. In dem bald folgenden polnischen Kriege von 1793 waren seine Thaten in den Schlachten bei Iwia, Oschmiany, Solli, Wilna, Olita und Kowno so hervorleuchtend, daß sie ihm die hochsten russischen Orden nebst einem Ehrendegen eintrugen. Im Kriege gegen Persien 1796 hatte man ihm hauptsachlich die Eroberung der Festung Derbent zu danken. Kaiser Paul
I.
machte ihn zum General-Lieutenant, ertheilte ihm den St. Annenorden und uberhaufte ihn mit weiteren Gnaden. Nichts desto weniger genugte v.
B.
, so wenig wie allen Russen, der Geist der neuen Regierung, so daß er sich von dem Gouverneur von Petersburg, Grafen Pahlen, hinreißen ließ, in der Verschworung vom 23. Marz 1801, welche fur den Kaiser selbst ein so schreckliches und blutiges Ende herbeifuhrte, eine thatige Rolle zu ubernehmen. Daß der Erfolg des gewagten Unternehmens allein der Energie und ruhigen Entschlossenheit v. Bennigsen's zu danken ist, daruber sind alle Stimmen einig; nur uber sein thatiges Eingreifen bei der Katastrophe selbst gehen verschiedene Geruchte um. Nach Einigen soll er wahrend derselben nur in den Gemachern der Kaiserin Marie sich befunden haben, um diese und die Kinder zu verhindern, durch Handeln von ihrer Seite die Schritte der Verschworenen zu beeintrachtigen. Thiers, der in seiner Stellung allerdings Manches erfahren konnte, stellt in seiner ?Geschichte des Consulats und Kaiserthums“ die Sache so dar, als wenn v.
B.
den Kaiser mit auf die Brust gesetzter Degenspitze aufgefordert habe, seine Abdicationsurkunde zu unterschreiben, daß aber, als bei den dabei verursachten Unruhen die Lampe umgefallen, und v.
B.
hinausgegangen sei, um eine neue zu holen, wahrend der Zeit seiner Abwesenheit die Ermordung Pauls von den ubrigen Verschworenen geschehen sei. Nach einer dritten Erzahlung soll aber v.
B.
bei dem letzten Act des Trauerspiels auch noch thatige Hand mit angelegt haben. Gewisse Aufklarung wird hieruber nie erfolgen. Es existiren Memoiren von ihm, die aber erst funfzig Jahre nach seinem Tode veroffentlicht werden sollen. Sie konnen uber Manches Nachricht geben; ob aber darin enthaltene Aussagen uber eigne Facta das Recht der absoluten Wahrheit haben, steht dahin. ? Mit diesem Ereigniß beginnt v.
B.
eine wirklich welthistorische Personlichkeit zu werden. Kaiser Alexander
I.
ernannte ihn, außer andern Gnadenbezeugungen
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1801 zum Gouverneur von Littauen, 1802 zum General der Cavallerie und 1805 zum Chef einer Armee von 50000 Mann, welche bestimmt war, den russischen Truppen in Deutschland zum Succurs zu dienen. Da jedoch hier durch die Schlacht von Austerlitz und den Frieden von Preßburg der osterreichischfranzosische Krieg nur zu schnell beendet war, so kehrte auch jene Armee wieder nach Rußland zuruck. In dem folgenden Kriege Frankreichs gegen Preußen 1806 erhielt v.
B.
wiederum, zuerst unter Kamensky's Oberbefehl, das Commando einer Armee von 50000 Mann, mit welcher er am 26. Dec. dem Marschall Lannes das siegreiche Treffen von Pultusk lieferte, worauf er nach Kamensky's Abgang Oberbefehlshaber sammtlicher russischen Streitkrafte wurde, mit denen sich die Reste der vernichteten preußischen Armee vereinigt hatten. Durch die blutige, in der Hauptsache freilich nichts entscheidende Schlacht bei Eilau, 7. u. 8. Febr. 1807, erwarb v.
B.
wenigstens den unsterblichen Ruhm, zum ersten Male den Zauber der Unuberwindlichkeit Napoleons gebrochen zu haben, konnte jedoch im weitern Verlauf des Feldzuges, namentlich nach der Schlacht von Friedland, am 14. Juni, den Abschluß des unglucklichen Friedens von Tilsit nicht aufhalten. Nach diesen Ereignissen Zog sich v.
B.
auf seine bei Wilna belegenen Guter zuruck, wo er bis 1812 blieb. Beim Beginn des Krieges von 1812 wurden sofort seine Dienste von Alexander
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wieder in Anspruch genommen, jedoch mußte er sich dabei, wiewol ungern, den Anordnungen Barklay de Tolly's und nach dessen Abgang, Kutusow's fugen. Bei Dimitrewka und Tarutino uberfiel und schlug er das Corps des Konigs von Neapel; in der Schlacht von Borodino befehligte er die Mitte des russischen Heeres. Sein Rath, unter den Mauern von Moskau eine zweite Schlacht zu liefern, ward von Kutusow abgelehnt. Nachdem v. B nochmals einen bedeutenden Sieg bei Woronowa uber Murat davon getragen, zog er sich mißmuthig vom Heere nach Petersburg zuruck, weil der Oberbefehlshaber abermals alle Vorschlage v. Bennigsen's in Beziehung auf die Verfolgung der Franzosen abgewiesen. Erst 1813 nach der Schlacht von Bautzen und dem Tode Kutusow's ward er wieder zur Armee nach Deutschland gerufen. Mit einem neugebildeten Verstarkungsheere langte er am 17. Oct. noch rechtzeitig an, um die letzte Entscheidung bei Leipzig mit herbeizufuhren. Nach dem Ruckzuge der Franzosen aus Deutschland wurde er angewiesen, mit einem bedeutenden Heere an der Elbe in der Art zu operiren, daß die franzosischen Festungsbesatzungen verhindert wurden, sich mit Davoust in Hamburg zu einem großeren Heere zu vereinigen. Nach beendigtem Kriege und der Abdication Napoleons bekam v.
B.
das Commando der in Bessarabien und an der turkischen Grenze aufgestellten Sudarmee, was er bis 1818 behielt. In diesem Jahre erhielt er auf sein eigenes Ansuchen die gnadige Erlaubniß von seinem Kaiser, mit Beibehaltung aller verliehenen Wurden und Pfrunden, sich auf sein vaterliches Gut Banteln im Hannoverschen zuruckzuziehen. Hier und in der Hauptstadt verlebte er, mit seinen Memoiren beschaftigt, den Rest seiner Tage und starb, ganzlich erblindet am 3. Dec. 1826. Er war Inhaber der meisten hohen europaischen Orden; auch hat man von ihm eine kleine militarische Schrift: ?Ueber einige dem Officier der leichten Cavallerie nothige Kenntnisse des Kriegsdienstes und des Pferdes“.