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Deutsche Biographie - Vitigis
Dates of Life
erwahnt 536, gestorben nach 541
Occupation
Ostgotenkonig
Religious Denomination
keine?Angabe
Authority Data
GND: 103146407 | OGND | VIAF: 42247154
Alternate Names
  • Vitigis
  • Witigis, Ostgotenreich, Konig
  • Vitiges, Roi des Ostrogoths
  • more

Relations

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Citation

Vitigis, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd103146407.html [29.05.2024].

CC0

  • Biographical Presentation

    Vitigis , Konig der Ostgothen , 536?541. Nachdem Neapel, die dritte Stadt des Reiches, in die Hande Belisar's gefallen war, schopfte das Volksheer der Ostgothen den Verdacht des Verrathes gegen seinen feigen Konig Theodahad (s. A. D. B. XXXVII, 684), der in der That Volk und Reich der Gothen um Geld an Byzanz verkauft hatte, entsetzte ihn in einer Heeresversammlung auf dem weiten Blachfeld zu Regeta zwischen Anagni und Terracina, das der kleine Fluß Ufens oder Decemnovius durchrinnt, und wahlten an seiner Statt zum Konig den nur gemeinfreien, nicht adeligen V. , der sich durch tapfere Thaten im Gepidenkrieg von c. 530 ausgezeichnet hatte. [Theodahad ward auf der Flucht aus Rom nach dem festen Ravenna unterwegs erschlagen, s. den Artikel.] Im Drange der Gefahr erinnert sich das Volk seiner alten Rechts- und Machtstellung uber dem Konigthum und seines Rechts der freien Wahl des Konigs, die sich bei solcher Noth auch uber den regelmaßig anerkannten Voranspruch des Adels hinwegsetzt bei Neuverleihung des Konigsstabes, unter Abweichung von dem bisherigen Konigshause, vor den Gemeinfreien berucksichtigt zu werden.

    Die drohende Gefahr, die Entrustung des verrathenen Volkes hat die tief eingewurzelte stark romanisirte Konigsgewalt der Amaler hinweggefegt: es ist wieder altgermanisches Konigthum, ? nicht mehr das ziemlich absolut gewordene der Amaler, ? voll Anerkennung der Volksfreiheit und von heldenmuthiger Begeisterung getragen, was aus dem ersten Aufruf des Vitigis ? selbst in Cassiodor's rhetorischem Latein ? zu uns redet: ?der Konig, der unter den Heereswaffen auf den Schild erhoben ward, nach der Sitte der Vater, so daß dem Manne, dessen Ruhm der Krieg gegrundet, die Waffen die hochste Ehre gaben. ... Nicht in engen Gemachern, in weit offenem Gefild, nicht unter dem nahen Gefluster der Schmeichler, ? beim Schall der Kriegsdrommeten ward ich gekoren, ? auf daß unter ihrem Schmettern das Volk in seinem Verlangen nach gothischem Konigthum den rechten Konig finde.“

    Allein V. mußte viel mehr als seine Amalischen Vorganger, mit ihrer stark imperatorisch gefarbten Macht, den Volksadel und die Volks- d. h. Heeresversammlung bei allen wichtigen Beschlussen zu Rathe ziehen. So holte er auch deren gewiß nicht leicht zu erlangende Zustimmung ein zu dem schweren Entschluß, zunachst zuruck zu weichen: der Vorsichtige mißtraute ? mit bestem Grund, wie sich alsbald zeigen sollte ? den Bewohnern der Stadt Rom, zumal deren Bischof: er besorgte Verrath, wenn er sich hier belagern lasse. Zudem mußten die von Theodahad absichtlich vernachlassigten Rustungen vervollstandigt werden: das sollte zu Ravenna geschehen, der sturmfreien Meerveste; dorthin sollten dann auch, nach Verstandigung mit den Merovingen, die in dem ostgothischen Theil Sudgalliens stehenden Tausendschaften herangezogen und dann erst mit voller Wucht die Byzantiner angegriffen werden.

    In Rom ließ er nur vier Tausendschaften zuruck: vor dem Abzug nahm er noch dem Papst, dem Senat mit dem Volk von Rom, unter Erinnerung an die Milde der gothischen Herrschaft und an die Wohlthaten des großen Theoderich, den Eid unverbruchlicher Treue ab, fuhrte aber eine Anzahl von Senatoren als Geiseln mit sich. In Ravenna vermahlte er sich, seine bisherige Frau aufgebend, mit der widerstrebenden Enkelin Theoderich's, der Schwester des jung verstorbenen | Athalarich (s. A. D. B. XX, 581) Matasvintha, um durch diese Verbindung mit dem Konigshause die Anhanger der Amaler fur sich zu gewinnen. Mit den Merovingen, die sofort, die Bedrangnisse der Gothen in Italien ausnutzend, in dem ostgothischen Gallien eingefallen waren, schloß er unter Zustimmung des Adels einen schon von Theodahad eingeleiteten Vertrag, wonach diese den gothischen Besitz in Gallien erhalten, aber dafur Hulfsvolker gegen die Byzantiner nach Italien schicken sollten. ? Freilich durften diese nicht aus dem eigentlich frankischen Heerbann genommen werden, denn die Merovingen hatten sich ja von Justinian schweres Geld zahlen lassen, um ihm Waffenhulfe zu leisten! ? sondern Burgunden werden dazu bestimmt, die dann als unbotmaßige Freischaren erscheinen sollten.

    Einstweilen geschah in Rom, was der Konig vorausgesehen: trotz des von ihm geschworenen hohen Eides drangte mehr als Alle Papst Silverius zum Verrath, zum offenen Abfall von den Ketzern auf die Seite des rechtglaubigen Imperators: eine Gesandtschaft, von romischen Großen gefuhrt, lud Belisar feierlich ein, von der Stadt Besitz zu ergreifen. So zog er denn auf der via Latina heran und (am 9. December 536) durch das asinarische Thor in die Stadt, wahrend die gothische Besatzung zum flaminischen Thor hinaus abruckte nach Ravenna. Sofort sorgte Belisar, die hohe politische und strategische Bedeutung dieser Erwerbung erkennend, fur deren Sicherung: er stellte die zum Theil verfallenen alten Mauern ? Aurelian's! ? wieder her, legte auch vor den Thoren uberall Befestigungen, zumal an dem Tiber, an, ließ Getreide aus der Campania und aus Sicilien beischaffen und machte Rom zum Ausgangspunkt der Unternehmungen seiner Unterfeldherrn, die allmahlich ganz Mittelitalien gewannen, nachdem sich der Suden, Calabrien, Apulien mit der starken Veste Benevent, von gothischen Truppen entbloßt, schon vorher freiwillig angeschlossen hatten; ja sogar die in Samnium gegen die Kuste hin wohnenden Gothen unterwarfen sich, die wichtigsten Stadte Tusciens: Narnia, Spoletium, Perusia offneten ihre Thore. Solchem Fortschreiten der Feinde mußte der Konig entgegen treten: ohne das Eintreffen der gothischen Truppen aus Sudgallien abzuwarten, sandte er ein starkes Heer und Kriegsschiffe nach Dalmatien, diese von den Byzantinern gewonnene Provinz, zumal die Hauptstadt Salonae wieder zu erobern. Er selbst aber fuhrte, ?wie ein grimmiger Lowe“, sagt ein Zeitgenoß, die gothische Hauptmacht, die Procop ? wohl ubertrieben ? auf 150 Tausendschaften anschlagt, auf Rom. Groß war, unerachtet der bisherigen ununterbrochenen Erfolge, in dem Byzantinerheer die Furcht vor dem unvergessenen gothischen Heldenthum: ja der Schreck vor den Gothen war so betaubend, daß die von Belisar zur Deckung der Tiber- und Anio-Uebergange in einem Bruckenthurm aufgestellten Wachen bei Annaherung des Konigs ohne Schwertstreich entflohen, aber, Schande und Strafe furchtend, nicht nach Rom zu Belisar, sondern nach Campanien. So stieß Belisar bei einer Kundschaftung ? ungewarnt ? bei jenem Thurm auf die Gothen, die den Fluß bereits uberschritten hatten: sein Kampfeseifer riß ihn in das dichteste Handgemenge, Ueberlaufer erkannten ihn und forderten alle Gothen auf, den Reiter des Rosses mit dem weißen Fleck ? ein solches Pferd hieß griechisch Phalion, gothisch Balan, (??λιο? ist aber nur weiß, glanzend) zu werfen. Aus außerster Bedrangniß rettete nur die Aufopferung seiner Leibwachter den Feldherrn, der, hart verfolgt, mit Muhe in die Stadt gelangte, die sofort von den Siegern mit sieben Lagern umschlossen ward. Auf das Gerucht, sie seien bereits durch das pankratische Thor in die Stadt gedrungen, wollten die erschrockenen Byzantiner diese raumen. Kaum daß sie Belisar zuruck hielt. V. ließ den Romern starke Vorwurfe uber deren Verrath machen: die Griechen wurden sie nicht schutzen konnen, aus deren Mitte von | jeher nur Komodianten, Gaukler und Kleiderdiebe nach Italien gekommen seien. Es begann nun (Februar 537) die erste der wiederholten Belagerungen Roms in diesem Kriege. Von den sieben gothischen Lagern umschlossen sechs auf dem linken Tiberufer, unter den damaligen vierzehn großeren Thoren der Stadt funf von dem flaminischen im Norden bis zum praenestinischen im Osten; um sich die milvische Brucke und durch sie das beliebige Ueberschreiten des Flusses zu sichern, schlugen sie ein siebentes Lager auf dem rechten Ufer, auf dem ?Felde des Nero“, von hier aus auch das aurelische und transtiberinische Thor im Westen bedrohend: in diesem Lager befehligte Markja die aus Gallien gezogenen Besatzungen, in den sechs andern der Konig selbst und funf von ihm gewahlte Heerfuhrer: die Gothen, nun seit so langer Zeit mit romischer Kriegfuhrung vertraut, hatten auch Einiges von romischer Lagerkunst gelernt: sie umzogen jedes Lager mit einem Graben, hauften die ausgeschaufelte Erde zum Wall und kronten diesen oben mit Pfahlwerk; auch durchschnitten sie alle 19 Wasserleitungen, die damals von allen Seiten der Campania her auf die Stadt zuliefen.

    Belisar aber entfaltete in der Vertheidigung Roms mit Umsicht und Ruhe alle Mittel seiner hohen Feldherrnschaft: er selbst ubernahm die Bewachung des pincianischen und des salarischen Thores, weil dort einerseits die Mauern am leichtesten zu ubersteigen, andrerseits diese Ausgange hier fur Ausfalle am gunstigsten gelegen waren, die andern Thore vertraute er andern Fuhrern an, das flaminische ließ er ganz zumauern wegen bedrohlicher Nahe eines gothischen Lagers. Selbst in Neapel durch eine trocken gelegte Wasserleitung eingedrungen, ließ er wolweislich die von den Feinden unterbrochnen ebenfalls vermauern. Da nun wegen des Ausbleibens des Wassers die Muhlen versagten und es an Zugthieren fur die Radmuhlen gebrach, erfand, um das Getreide mahlen zu konnen, Belisar die Schiffsmuhlen, indem er mehrere Kahne neben einander in dem Tiber verankerte. Als V. diese Vorrichtung zerstort, indem er Baume und Leichen gefallener Romer dawider treiben ließ, sperrte Belisar den Oberlauf des Flusses durch quergezogene Ketten. Obwol nun durch zwei neue Schiffsmuhlen fur Brot und fur Trinkwasser durch die stadtischen Brunnen gesorgt war, entbehrten die Romer doch schwer des Wassers fur das geliebte Bad und schalten auf Belisar, der zu geringe Krafte mit gebracht und sie unverschuldet diesen Bedrangnissen ausgesetzt habe. Ein Versuch des Konigs, diese Stimmung zu verwerthen, scheiterte: Belisar wies jedes Recht der Gothen trotzig ab ? sehr gegen die Vertrage zwischen Theoderich und Kaiser Zeno. So mußte denn V. zum allgemeinen Sturm auf Rom schreiten: es war am 18. Tage der Einschließung bei Sonnenaufgang.

    Redlich und eifrig verwerthete er, was er an Belagerungskunst den Romern abgelernt: außer Sturmleitern und Reisigbundeln zur Ausfullung der Graben wurden vier Widder, von je 50 Mann bedient, und Holzthurme, so hoch wie die Mauern hergestellt: Rinder sollten sie ziehen. Entsetzen ergriff bei dem Anblick die des Kriegs seit lang entwohnten Burger Roms. Aber Belisar lachte der ungeschlachten Veranstaltungen: er fuhr auf den Wallen Ballisten auf und Stein-Schleuder-Maschinen ("Wild-Esel") und deckte die Thore durch ?Wolfe“ d. h. Fallgitter mit spitzigen Stahlen und Klingen. Er befahl, auf jene Rinder zu zielen: sofort fielen alle und die Thurme sammt ihrer Bemannung standen unbeweglich und unnutz. Darauf durchbohrte er selbst mit sichrem Schuß gepanzerte Heerfuhrer an der Spitze ihrer Scharen. Das pankratische und das flaminische Thor ließen die Gothen wegen des schwierigen Zugangs unbesturmt: aber ein gefahrlicher Angriff traf das aurelische Thor und dessen starke Deckung: das Grabmal Hadrian's: die Sturmenden waren, gedeckt durch den Saulengang des Sanct Peter, uberraschend so schnell genaht, daß sie, die nur wagrecht schießenden Ballisten ?im todten Winkel“ unterlaufend, gegen Pfeile und Wurflanzen durch ein Dach von ungeheuren Schilden gedeckt, hart an die Mauern gelangten: schon stiegen sie auf Leitern die Zinnen hinan, als die verzweifelten Vertheidiger, in Ermangelung von andern Geschossen, die zahlreichen Marmorbildsaulen, die das Grabmal zierten, zerschlugen und mit den hinab geschleuderten Trummern die Sturmenden unter ihrem Schilddach begruben; an jenem Ort ward ? im Graben vor dem Wall ? der schone schlafende Faun gefunden, der die Glyptothek zu Munchen schmuckt.

    Unbehelligt blieb, ob zwar der Wall dort bedenkliche Risse zeigte, wie bei allen andern Angriffen das pincianische Thor: ? was die Romer auf den besonderen Schutz Sanct Peter's zuruckfuhrten. Am salarischen Thore wurden die Angreifer zuruckgeschreckt durch die furchtbaren Geschutze auf dem Thurme zur Linken, deren eines einen edlen Gothen, der, durch Tapferkeit und volle Rustung, ausgezeichnet, abseit von dem Keile stehend, die Zinnen mit seinen Pfeilen sauberte, Panzer und Leib durchbohrend, an einen hinter ihm stehenden Baum nagelte.

    Aber an dem ?Vivarium“ drohten die Feinde einzudringen: dieser Zwinger fur Lowen und andere Circusthiere hatte einen Zugang von außen und hinter niedriger Außenmauer nur schwachen Innenwall: V. ließ die Außenmauer durch Maschinen erschuttern und an mehreren Stellen erklimmen: Belisar, durch seine verzagenden Unterfuhrer von dem salarischen Thor herbeigerufen, ließ die Gothen absichtlich in den engen Zwinger eindringen, dann seine Kernscharen, nur mit dem Schwerte bewaffnet, plotzlich uber die Ueberraschten herfallen, die, hilflos zusammen gedrangt, sammtlich niedergehauen wurden; in Verfolgung des Vortheils schlugen die Sieger auch die draußen haltenden Reihen in die Flucht und verbrannten die verlassenen Maschinen.

    Das gleiche Ende ward durch einen Ausfall auch den Sturmgerathen vor dem salarischen Thore bereitet: hoch schlugen die Flammen in die Luft.

    So war der erste große allgemeine Sturm uberall abgeschlagen und zwar mit furchtbaren Verlusten der Gothen, deren dichte Sturmsaulen anfangs kein Geschoß verfehlt, deren fliehende Haufen zuletzt das Schwert der Ausfallenden vom Rucken her niedergemacht hatte: von Tagesanbruch bis zum Abend hatten sie ihr Bestes geleistet an todesverachtender Kuhnheit ? und umsonst! Dem wackern Konig hatte nur einmal das Gluck gelachelt: bei jener Ueberraschung Belisar's am Anio: seither verfolgte ihn ? trotz aller Muhung ? ein Unstern. Die Fuhrer der Gothen selbst gaben ihre Verluste an diesem Tag auf 30,000 Todte und mehr als 60,000 Verwundete an.

    Auch in den folgenden Ausfallen und Gefechten, oft auf dem neronischen Feld, erlagen meist die Gothen den berittnen hunnischen Bogenschutzen, denen sie keine gleiche Waffe entgegen zu stellen hatten: ihre Schutzen fochten nur zu Fuß und ihre Reiter fuhrten nicht Bogen noch Pfeil: sie vermieden daher, entmuthigt, zuletzt alle Gefechte und suchten nur durch Aushungerung die Belagerten zur Ergebung zu zwingen. Aber Belisar sandte einen großen Theil der wehrunfahigen Einwohner zu Schiff nach Neapel und Sicilien, dieser Gefahr zu begegnen. Erst hierauf gelang es V. den Hafen Portus zu besetzen und so die Seezufuhr abzuschneiden. Nun stieg im Laufe des Sommers die Noth in der Stadt durch Seuchen und Hunger: da gelang es dem Geschichtsschreiber dieses Kriegs, dem Rechtsrath Procopius, mit Belisar's Gemahlin Antonina vereint, Schiffe mit Lebensmitteln von Neapel nach Ostia zu bringen: die Vorrathe wurden durch die Stellungen der durch Ausfalle anderwarts beschaftigten Belagerer glucklich in die Stadt geschafft.

    Im dritten Kriegsjahr (537/538) suchten die Gothen, mehr noch durch Seuchen und Hunger als durch das Schwert gelichtet, vergeblich durch Gesandte, | von romischen Beigeordneten begleitet, gunstigen Frieden in Byzanz zu machen. Der wahrend dieser Verhandlungen vereinbarte Waffenstillstand ward von den Barbaren sehr unklug, von Belisar sehr geschickt zur Besserung der Stellungen verwerthet und schließlich von beiden gebrochen.

    Inzwischen hatte ein kleines Heer der Byzantiner, gefuhrt von Belisar's bestem Feldherrn, Johannes, Rom heimlich verlassen, das Picenum durchstreift, Ulitheus, den Oheim des Konigs, mit seiner Schar geschlagen und getodtet, im Rucken die Verbindungen der Belagerer mit Ravenna bedroht und nachdem Ancona und Ariminum gefallen, jene Hauptstadt selbst gefahrdet, in der Matasvintha, ergrimmt uber den aufgezwungnen Ehebund, dem Beispiel ihrer Mutter Amalasvintha (s. diese) und Theodahad's folgend, mit Byzanz in geheime Verbindung trat: ?sie verhandelte mit Johannes uber Verrath und Vermahlung“, sagt Prokop kurz.

    Da hoben die Gothen, vom Mangel bedrangt in der ausgesognen Campagna, und besorgt um Ravenna, die Einschließung von Rom auf: 374 Tage, vom Februar 537 bis Marz 538 hatte sie gewahrt, 69 Sturme, Ausfalle, Gefechte waren in dieser Zeit gezahlt worden: dort, vor den Thoren Roms, lag gebrochen die gothische Herresmacht! Die Trummer fuhrte V. zuruck gegen Ariminum, diese Stadt wieder zu gewinnen: aber nicht auf dem nachsten Wege, der flaminischen Straße, die ihm Narnia, Spoletium, Perusia ? in Feindeshand ? sperrten: er selbst ließ kleine Besatzungen in Clusium, Urbs vetus, Petra, Tudertum, Auximum, Urbinum, Caesena, Mons feretrus zuruck. Belisar aber sandte aus dem Hafen von Rom eine Flotte mit Landungstruppen, die, in Genua gelandet, Pavia bedrohten, ein gothisches Heer vor dieser Stadt schlugen, dann ohne Schwertstreich Mailand, ganz Ligurien, Bergamo, Como, Novara und andere Stadte gewannen. Er selbst zog Ende Juni gegen V. , der noch immer Ariminum und Ancona belagerte: ohne Widerstand ergaben sich (I V. Kriegsjahr 538?539) die gothischen Besatzungen von Clusium und Tudertum: Belisar schickte sie nach Neapel und Sicilien; er erhielt Verstarkungen aus Byzanz unter Narses, der spater den Gothenkrieg abschließen sollte, darunter 2000 Soldner aus dem (gothischen!) Volke der Heruler. Mit dieser Macht zog er, zur Beobachtung der Gothen in Auximum nur eine kleine Schar zurucklassend, zum Entsatz des schwer bedrangten Johannes in Ariminum heran. V. hob die Belagerung auf und wich nach Ravenna zuruck. Belisar folgte nicht gleich, er gewann Urbinum, dessen Gothen sogar in seinen Dienst traten, Johannes Forum Cornelii und die ganze Aemilia. Belisar aber, der vor Weihnachten die Belagerung von Urbs vetus begonnen hatte, ward hier uber Erwarten lange festgehalten. Inzwischen trafen die von dem Merovingen Theudibert I. versprochnen burgundischen Hulfsscharen in Italien ein: durch sie verstarkt zwang ein gothisches Heer Mailand zur Uebergabe (die Stadt ward fur ihren Abfall schwer gestraft von den erbitterten Gothen und großtentheils zerstort) und von da aus die meisten Stadte Liguriens (Sommer und Herbst 539). Allein V. erkannte richtig, daß die Entscheidung bei Ravenna fallen musse und daß er hier dem im Fruhjahr drohenden Angriff Belisar's nicht gewachsen sein werde. Er suchte Bundesgenossen: statt der doppelzungigen Merovingen wollte er durch glanzende Geldgeschenke den Langobardenkonig Wachis gewinnen: doch dieser hatte sich eng an Byzanz geschlossen. Da wandte er sich, auf den Rath erfahrner Manner, an den alten Feind Justinian's, den Perserkonig Chosro e s im fernen Asien: zwei ligurische (doch gewiß arianische Priester) unternahmen gegen reichen Lohn die weite Reise und wirklich gelang es ihnen, den Großkonig zur Erneuerung seiner Angriffe zu bewegen. Justinian, eingeschuchtert, rief in der That Belisar und dessen Heer aus Italien ab, die asiatischen Grenzen zu schutzen und entließ die Gesandten | des Vitigis aus Byzanz mit dem gunstigen Bescheid, er werde sofort Botschafter nach Ravenna schicken, einen beiden Theilen vortheilhaften Frieden zu schließen. So schienen des wackern Konigs Ausdauer im Kampf und findige Heranziehung der Perser den Bestand des Gothenreiches in Italien ? obzwar mit mancher Landeinbuße ? gerettet zu haben.

    Allein es kam anders.

    Bevor Belisar dieser Befehl erreichte, hatte er selbst Auximum eingeschlossen, ließ durch andere Truppen Faesulae belagern und sandte eine dritte Schar den Gothen, die von Pavia her drohten, entgegen bis Dertona. Letztere Byzantiner und Gothen traf rasch nach einander der heimtuckische Angriff Theudibert's I., der, die beiden geschworenen Eide vergessend, mit 10,000 Mann uber die Seealpen in Ligurien eindrang, sich von den uber sein endliches Worthalten erfreuten Gothen uber den Po schaffen ließ, dann aber zuerst diese Geleiter, dann die Gothen in dem Lager auf dem rechten Ufer uberfiel und in die Flucht schlug und gleich darauf die Byzantiner zu Dertona, die ihm freudig entgegen gezogen waren, in der Meinung, es sei Belisar, der die Gothen vor sich her treibe. Durch Seuchen und Mangel ward indessen das Frankenheer bis auf zwei Drittel herabgemindert und zur Heimkehr genothigt. Belisar gewann nun Faesulae und auch das heldenmuthig vertheidigte Auximum, dessen tapfre Besatzung gleichwol unter seinen Fahnen gegen V. zu fechten bereit war: ? ein Zeichen der tiefen Zerkluftung, des Mangels an einheitlicher Begeisterung in dem Volk. Belisar umschloß nun Ravenna, die Veste der Sumpfe und Lagunen, die damals nur durch Hunger zu bezwingen war: die Flotte der Byzantiner beherrschte die See und sperrte der Hafenstadt Classis alle Zufuhr: V. ward auch jetzt von besonderem Ungluck durch Zufall verfolgt: vorsorglich hatte er rechtzeitig in Ligurien eine große Zahl von Getreideschiffen auf den Po gebracht, sie in die Stadt zu fuhren und so die Aushungerung tragen zu konnen: da ward der Fluß, ?als ob er auf die Romer habe warten wollen“, plotzlich so seicht, daß die Schiffe stecken blieben und diesen in die Hande fielen. Einen nochmaligen Versuch der Merovingen, die Verzweiflung der Gothen zu ihrem Vortheil auszunutzen, indem sie Waffenhulfe gegen eine Theilung der Halbinsel versprachen, wußte Belisar durch Erinnerung an die wiederholt erfahrene Treulosigkeit dieser Konige zu verhindern: er rieth V. , sich lieber mit Justinian zu verstandigen. Wahrend dieser Verhandlungen gewann Belisar durch seine Heerfuhrer Venetien und die Vesten in den cottischen Alpen: von einer gothischen Schar, die von Ligurien aus zum Entsatz von Ravenna heranzog, gingen nun sehr Viele zu Belisar uber, weil in jenen Vesten ihre Weiber und Kinder waren gefangen worden. Zugleich traf die in der Seeveste schwer durch Hunger bedrangten Gothen ein Schlag des Unheils, der entscheidend gewesen zu sein scheint: die letzten Reste der gewaltigen Getreidevorrathe, die V. weislich hier aufgespeichert hatte, gingen Nachts plotzlich in Flammen auf: nicht ein Blitz, wie verbreitet ward, von Belisar bestochene Romer in Ravenna ? auch die Konigin Matasvintha soll die Hand dazu geboten haben ? bewirkten die Zerstorung. Belisar hoffte nun in Balde den Gothenkrieg ebenso ruhmvoll wie fruher den vandalischen mit volliger Unterwerfung des Volkes und Gefangennahme des Konigs beenden zu konnen, als ? sehr zu seinem Verdruß ? jene langst erwarteten Gesandten aus Byzanz (s. oben S. 79) eintrafen, die den Belagerten einen ? verglichen mit der von Belisar geplanten volligen Unterwerfung ? hochst gunstigen Frieden anbieten sollten, der sofort angenommen worden ware: V. sollte nur fur das Land sudlich vom Po dem Kaiser Schatzung zahlen und den halben Konigsschatz ausliefern! Justinian war des Gothenkriegs mude und seiner Truppen in Italien dringend zur Abwehr der Perser bedurftig geworden. Da spielte Belisar | ein gewagtes diplomatisches Spiel: er verhinderte den Abschluß des Vertrags durch seine Weigerung, die Urkunde zu unterzeichnen und ließ dann in Gegenwart der kaiserlichen Gesandten seine oft eifersuchtigen Unterfeldherrn einstimmig erklaren, sie seien unfahig, die Gothen zu bedingungsloser Unterwerfung zu zwingen. Dadurch wollte er feststellen, daß nur er die Unterwerfung, die er in Balde erwartete, zu erreichen fahig gewesen und andrerseits wollte er sich bei Justinian vor dem Vorwurf decken, den Gothen so gunstige Bedingungen gewahrt zu haben, deren Vollbezwingung er doch voraus sah. Er wollte die Verhandlungen hinausziehen, da sein bester Verbundeter, der Hunger, jeden Tag die Ergebung der Belagerten beschleunigen mußte. In solcher Lage kamen die Großen im Gothenheer, schon langst unzufrieden mit der sieg- und glucklosen Leitung des Vitigis, auf einen Gedanken, der jener Zeit nicht fern lag: ? wie oft hatten sich byzantinische Feldherrn wider den Kaiser emport und eigne Herrschaft zu errichten versucht! Sie boten Belisar, ihrem Besieger, dessen Kriegskunst und Kriegsgluck ihnen nun schon seit bald sechs Jahren den machtigsten Eindruck gemacht hatte, an, ihn zum Kaiser des Abendlands und zugleich zum Konig des Ostgothenvolks zu machen: ? schon hundert Jahre fruher hatten die salischen Franken in Gallien ahnlich einen kaiserlichen Statthalter zu ihrem Konig erhoben (s. Deutsche Geschichte I, 25). V. erklarte sich, als er von dem Vorhaben erfuhr, sofort bereit, dem großen Feldherrn zu weichen und zu dienen. Da spielte dieser ein unwurdiges und treuloses Spiel: er ging zum Schein auf den Vorschlag ein, indem er in Byzanz sich gegen die Anklage, es ernst gemeint zu haben, deckte durch die den kaiserlichen Gesandten und allen seinen Heerfuhrern abverlangte Erklarung, viel besser als auf die Bedingungen des Kaisers hin Frieden zu schließen, sei ein Mittel, V. und alle Gothen kriegsgefangen zu machen, den ganzen Konigsschatz und ganz Italien fur Byzanz zu gewinnen. Dies Mittel war eben abscheulicher Verrath. Vorsichtig entfernte er, unter dem Vorwand von Nahrungsmangel, Narses und drei andre ihm feindliche, ihm seinen Ruhm mißgonnende Unterfeldherrn aus dem Lager, damit sie weder hier noch bei den Gothen seine Plane durchkreuzen konnten und tauschte die Gesandten des Vitigis durch eidliche Annahme seiner Vorschlage. Die Gothen offneten ihm nun jubelnd, als ihrem Konig, die Thore: noch wahrte er vorsichtig den Schein, indem er V. nur in ehrenvolle Haft nahm, als er aber die gefahrliche gothische Uebermacht aus der Stadt entfernt und die Heermanner vereinzelt in ihre Siedelungen auf dem rechten Po-Ufer entlassen hatte, bemachtigte er sich des Konigsschatzes im Palatium, wie die getauschten Gothen immer noch wahnten, in der Absicht, ihn fur sich zu behalten und gegen Justinian zu verwenden. Als nun, immer noch im Glauben an die Treue ihres neuen Konigs Belisar, die wichtigsten Festungen sich ihm ergaben und offneten ? Treviso, Caesena und andre mehr ? und deren Befehlshaber zu ihm nach Ravenna eilten ? nur Ildibad, der spatere Konig, verließ Verona nicht, da seine Sohne ihm nicht aus Ravenna freigegeben wurden ? da nahm Belisar die Maske ab: geschickt, aber mit abscheulicher Falschheit hatte er die Hauptstadt, den Konig, den Schatz, die schwerbezwingbaren Castelle, die wichtigsten Heerfuhrer in seine Gewalt gebracht, das Heer durch Auflosung wehrlos gemacht. Den getauschten Gothen gingen die Augen erst auf, als er sich dem Befehle Justinian's gemaß anschickte, Italien zu verlassen: und das Land sudlich vom Po lag widerstandlos in der Hand der Byzantiner: aber die Gothen nordlich des Flusses erhoben jenen Ildibad zum Konig, sie in den Kampf der Verzweiflung zu fuhren: er nahm an, auch wohl auf die Hulfe seines Oheims, des Westgothenkonigs Theudis (s. diesen) hoffend: gleichwol erbot auch er sich Belisar als Kaiser des Abendlands und Konig der Gothen zu huldigen, doch Belisar wies ihn schroff zuruck und schiffte sich (VI. Kriegsjahr 540/541) nach Byzanz ein, Matasvintha, viele gothische Edelinge, den Konigsschatz und V. mit sich fuhrend: dieser ist vielleicht bald gestorben oder seine Ehe ward als erzwungen gelost: denn schon 550/551 finden wir Mathasvintha als Gattin des kaiserlichen Neffen Germanus und Mutter eines gleichnamigen Sohnes. V. war ein Konig und Kriegsmann, besser als sein Gluck.

    • Literature

      Quellen und Litteratur: die in Konige der Germanen II. Munchen 1862 und Procopius von Caesarea. Berlin 1885 angegebenen: vgl. Hodgkin, Italy and her invaders III. London 1865. ? Hodgkin, the letters of Cassiodor. London 1886. Jordanis und Cassiodor sind inzwischen von Th. Mommsen in den Monumenta Germaniae historica 1882 und 1894 herausgegeben, ebenso manche der kleineren Chroniken, eine neue Ausgabe des Procop wird fur 1896 von Haury bei Teubner erwartet.

  • Author

    Dahn.
  • Citation

    Dahn, Felix, "Vitigis" in: Allgemeine Deutsche Biographie 40 (1896), S. 75-82 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd103146407.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA