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Deutsche Biographie - Buchner, Georg
Lebensdaten
1813 ? 1837
Geburtsort
Goddelau bei Darmstadt
Sterbeort
Zurich
Beruf/Funktion
Dramatiker ; Erzahler ; Publizist ; Naturforscher ; Schriftsteller ; Ubersetzer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118516906 | OGND | VIAF: 36914262
Namensvarianten
  • Buchner, Karl Georg
  • Buchner, Georg
  • Buchner, Karl Georg
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Zitierweise

Buchner, Georg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118516906.html [30.05.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus bis ins 16. Jahrhundert in Hessen nachweisbarem Geschlecht, dessen Vertreter vielfach Bader und Wundarzte waren;
    V Ernst (1786?1861), Arzt in Goddelau und Darmstadt, zuletzt Medizinalrat, S des Arztes Jakob in Reinheim (Hessen) und der Math. Vorwerk aus Mannheim;
    M Luise Caroline (1781?1858), T des Spitalverwalters und Regierungsrats Georg Reuß in Hofheim im Ried;
    B Wilhelm (1817?92), Pharmazeut, spater Besitzer der 1. Ultramarinfabrik in Pfungstadt, Abgeordneter im hessischen Landtag und im Reichstag, Ludwig s. (3), Alexander (1827?1904), Novellist, Professor der Literatur und der deutschen Sprache an der Universitat Caen (Frankreich);
    Schw Mathilde (1815?1888), Louise (1821?78), Schriftstellerin und Frauenrechtlerin; ledig.

  • Biographie

    Nach Besuch des Gymnasiums in Darmstadt 1825-31 studierte B. von Herbst 1831 bis Sommer 1833 Naturwissenschaften, insonderheit Zoologie und vergleichende Anatomie in Straßburg. In jener Zeit verlobte er sich mit Luise Wilhelmine (Minna, 1810?80), der Tochter des Pfarrers Johann Jakob Jaegle, in dessen Haus er wohnte. Seine fortgesetzte Ausbildung, die sich nun vorwiegend der praktischen Medizin zuwendete, betrieb er an der hessischen Landesuniversitat Gießen. Im Zusammenhang mit dem in Gießen sich manifestierenden politischen Interesse linksradikaler Art beteiligte sich B. an der Grundung der ?Gesellschaft fur Menschenrechte“. Gemeinsam mit August Becker und dem Butzbacher Rektor Friedrich Ludwig Weidig gab er im Juni 1834 anonym den ?Hessischen Landboten“ heraus, eine an die Bauernschaft sich richtende revolutionare Flugschrift. Eine infolge dieser Publikation eingeleitete polizeiliche Untersuchung ergab die Autorschaft B. s, der im Marz 1835 nach Straßburg floh und seit Juli steckbrieflich verfolgt wurde, zur großen Erbitterung des freiheitlich denkenden, aber unrevolutionar sich verhaltenden Vaters. In Straßburg fuhrte B. die medizinischen Studien fort, beschaftigte sich mit Cartesius und Spinoza, verdeutschte die Dramen Victor Hugos ?Lucretia Borgia“ und ?Marie Tudor“ (erschienen 1835). Gegen Jahresende begann die Arbeit an der Abhandlung ?Memoire sur le systeme nerveux du barbeau“, die er im April und Mai 1836 in der Societe d'Histoire Naturelle, deren Mitglied er geworden war, vorlas. Die Vorlage dieser Arbeit bewirkte vier Monate spater die Promotion B. s zum Dr. phil. der Universitat | Zurich, wo er nach Abhaltung einer Probevorlesung (?Uber Schadelnerven“) zur Privatdozentur auf dem Gebiet der Naturgeschichte zugelassen wurde. Eine am 2.2.1837 sich bemerkbar machende typhose Erkrankung endete todlich (als Todesursache wurde ?Nervenfieber“ angegeben). Die Bestattung erfolgte am 21.2. auf dem Zurcher Friedhof Zum Krautgarten.

    Das Schicksal von B. s Nachruhm wurde stark bestimmt durch die Politisierung der ihn betreffenden Auffassungen. Konservative Betrachter haben lange B. s Werk, sofern es nicht ganz oder halb verschwiegen wurde, eher unterschatzt als gewertet, linksradikale Kritiker es als fruhe sozialistische Kampfdichtungen unter Verzicht auf jede asthetische Kritik vorbehaltlos gepriesen. Solche vorurteilsvolle Einschatzung ubersah die Tatsache, daß sich B. s kurzes Leben zu einer Ganzheit gerundet haben durfte, die zwar intensiven revolutionaren Elan in sich schloß, aber auch dessen schopferische Uberwindung. B. , der Herausgeber der ersten kommunistischen Zeitschrift Deutschlands, scheint im Ablauf seiner dichterischen Entwicklung das Fazit jugendlicher Revolutionstraume gezogen zu haben und gab vielleicht schon mit seinem ersten Drama eine Antwort auf diese, die Selbstanklage war. Aus dem letzten Lebensabschnitt B. s liegen schwerwiegende Briefstellen sowie Zeugnisse von ihm nahestehenden Personen vor, die zum mindesten die Vermutung rechtfertigen, daß er sich einem eher konservativ gearteten Weltbild zugewendet habe, welches in Widerspruch mit den fruheren politischen (doch nicht mit seinen antiidealistisch-naturwissenschaftlichen, von Tendenzen zum Nihilismus durchsauerten) Anschauungen stand. In engster Bahn hat er den vollen Kreis des Daseins durchsturmt. Es durfte daher kaum zutreffend sein, die Episoden des ?Hessischen Landboten“ und der politischen Emigration vorbehaltlos zu verabsolutieren.

    Das von sehr realistischer Gesinnung erfullte, alle deutschen veristischen Bestrebungen auf dem Gebiet des Dramas vor dem Ausbruch des Naturalismus ubertreffende Stuck ?Dantons Tod“ (1835, Erstauffuhrung 1902 im Berliner Belle Alliance-Theater) hat trotz gewissen Unvollkommenheiten geniale Zuge. Ziel dieses Dramas ist es, die Geschichte unmittelbar, so wie sie wirklich gewesen, widerzuspiegeln, ohne Rucksicht auf Sittlichkeit oder Unsittlichkeit. Der Held Danton ist ein kraftvoller Mensch, der alle Luste der Macht und des Daseins genossen hat und dem, leidenschaftlich im Leben verhaftet, vor dem revolutionaren Fanatismus des selbstgerechten Moralideologen Robespierre zu grauen beginnt. Das nachste Werk, das Lustspiel ?Leonce und Lena“ (etwa 1836 entstanden, Erstauffuhrung durch eine Liebhabertruppe in Munchen 1885) hat geringeren politischen und sozialkritischen Einschlag, ist vor allem eine an Shakespearesche Spielkunst erinnernde serene Komodie romantischer Artung, die mit den keineswegs Sozialrevolutionaren - allerdings ebensowenig burgerlichen oder jungdeutschen - Worten ausklingt: ?Wir lassen alle Uhren zerschlagen, alle Kalender verbieten und zahlen Stunden und Monden nur nach der Blumenuhr, nur nach Blute und Frucht.“ Die vermutlich 1836 in Straßburg niedergeschriebene Szenenreihe ?Woyzeck“ (nicht ?Wozzeck“, Erstauffuhrung 1913 im Residenztheater zu Munchen) ist trotz ihrem fragmentarischen Charakter voll starkster dramatischer Schlagkraft, hintergrundig-dynamische Gestaltung des Schicksals eines armen und dumpfen Menschen, dessen naiv-opferwilliges Ethos in einer elementaren Verwirrung der Gefuhle verstromt. Bei starkster Wirklichkeitsbezogenheit der meisten Szenen verdichtet sich die magische Kraft eines ?panischen Grauens“ so sehr, daß man hier weniger von einem Werk verfruhten Naturalismus' als von einem Zeugnis vorweggenommener, Menschen und Dinge von innen erhellender Uberwirklichkeitskunst sprechen muß. Ebenso stark hat auf die jungen Generationen seit Anbruch des Expressionismus das stilistisch uberaus verdichtete, Temposteigerung des Vortrags und Prazision der Einlebung verbindende Novellenbruchstuck ?Lenz“ (etwa 1836 entstanden) gewirkt, welches von einem Maximum an Modernitat erfullt ist und nach Jahrzehnten der Nichtbeachtung ein eifersuchtig umworbenes Vorbild ehrgeiziger Erzahler wurde. Ein als Meisterleistung geschildertes ?Pietro Aretino“-Drama hat B. s Braut viele Jahre nach seinem Tod aus Abneigung gegen die Familie B. vernichtet.

  • Werke

    Weitere W Nachgelassene Schrr. , 1850;
    Samtl. Werke u. hs. Nachlaß, hrsg. v. K. E. Franzos, 1879 (mit Erstdr. d. ?Woyzeck“) ;
    samtl. Werke u. Briefe, hrsg. v. F. Bergemann, 1922, ³1940 (maßgebende wiss. Ausg. ) .

  • Literatur

    ADB III;
    A. Renker, G. B. u. d. Lustspiel d. Romantik, 1924, = Germ. Stud. 34;
    R. Majut, Stud. um B. , ebenda 121, 1932;
    A. Pfeiffer, G. B. , 1934;
    J. Strohl, L. Oken u. G. B. , in: Schrr. d. Corona 14, Zurich 1936;
    K. Vietor, G. B. als Politiker, Bern 1939;
    ders. , G. B. , Politik - Dichtung - Wiss. , Bern 1949;
    P. Schmid, G. B. , ebenda 1940;
    E. Alker, War B. ein revolutionarer Dichter?, in: Neophilologus 27, Groningen 1942;
    H. Mayer, G. B. u. seine Zeit, 1946;
    E. Diehm, G. B. s Leben u. Werk, 1946;
    L. Buttner, G. B. , Revolutionar | u. Pessimist, 1948;
    H. Oppel, Die trag. Dichtung G. B. s, 1951;
    G. Lukacs, Der faschist. verfalschte u. d. wirkl. G. B. , in: Dt. Realisten d. 19. Jh. , Bern 1951;
    s. a. Korner , S. 379 f. - Zu Louise: ADB III;
    Hess. Biogr. I, S. 84;
    A. Bousset, 2 Vorkampferinnen f. Frauenbildung L. 3. u. Marie Calm, 1893;
    Kosch, Lit. Lex. I (auch f. B Alex. ).

  • Portrats

    P Zeichnung v. A. Hoffmann (Stadtarchiv Darmstadt) .

  • Autor/in

    Ernst Alker
  • Zitierweise

    Alker, Ernst, "Buchner, Georg" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 720-722 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118516906.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Buchner: Georg B. , begabter Dichter und Naturforscher, geb. zu Goddelau bei Darmstadt 17. Oct. 1813, zu Zurich 19. Februar 1837. Sein Vater, nachmals Obermedicinalrath, ward bald nach der Geburt des Sohnes nach Darmstadt berufen. Hier absolvirte B. das Gymnasium und begab sich darauf im Herbst 1831 nach Straßburg zum Studium der Medicin und Naturwissenschaften. Daß er schon wahrend des zweijahrigen dortigen Aufenthaltes an den politischen Bewegungen, welche im April 1833 zum Frankfurter Attentat fuhrten, theilgenommen habe, ist ein Irrthum. Erst als er im Herbst 1833 zur Fortsetzung seiner Studien nach Gießen gegangen war, ward er in das Treiben der | geheimen Verbindungen, deren Mittelpunkt Weidig in Butzbach bildete, hineingezogen. Doch behauptete B. sowol diesem als den Fuhrern des ?jungen Deutschland" gegenuber, zu denen er bald in nahere Beziehungen trat, eine selbstandige Auffassung der Dinge. ?Nur ein volliges Mißkennen unserer politischen Lage“, schreibt er, ?konnte die Leute (Gutzkow und seine Freunde) glauben machen, daß durch die Tageslitteratur eine vollige Umgestaltung unserer religiosen und gesellschaftlichen Ideen moglich sei. Auch theile ich keineswegs ihre Meinung uber die Ehe und das Christenthum.“ Wie auf den Constitutionalismus Louis Philipps, so blickte er auf das deutsche Kammerwesen mit Verachtung; eine Besserung der politischen Zustande von hier aus oder uberhaupt durch die Mittelclassen, an welche sich der Liberalismus mit seinen Hoffnungen und Anregungen wandte, schien ihm undenkbar. Nur in der Masse des unteren Volkes konne die durch eine Revolution zur Republik fuhrende Kraft gefunden und dort musse sie dadurch geweckt werden, daß man die Masse zum bittern Gefuhl ihres Elendes dem genießenden Reichthum gegenuber bringe. Seine revolutionaren Theorien waren mehr sozialistischer als politischer Natur. In diesem Sinne grundete er 1834 in Gießen die geheime ?Gesellschaft der Menschenrechte“ und ließ durch die in Offenbach arbeitende geheime Presse der burschenschaftlichen Verbindungen die sehr scharfe Flugschrift ?Der hessische Landbote" verbreiten, an deren Manuscript allerdings Weidig Aenderungen in seinem Sinne vorgenommen hatte. Als am 1. Aug. 1834 v. Minnigerode, ein Mitglied der ?Gesellschaft der Menschenrechte“, indem er eine Anzahl von Exemplaren dieses ?Landboten“ in Gießen einfuhren wollte, gefangen genommen ward, gerieth auch B. in eine Untersuchung, die jedoch ohne Ergebniß blieb. Den folgenden Winter in Darmstadt bei seinen Eltern verlebend, schrieb er hier in funf Wochen leidenschaftlicher Aufregung und stets seine Verhaftung befurchtend, das Drama ?Danton's Tod“, dem 1835 Gutzkow in Frankfurt einen Verleger erwarb. Von Gutzkow in seinem ?Phonix“ durch eine glanzende Kritik eingefuhrt, erregte diese Arbeit durch vulcanisches Feuer und sprudelnden Geist großes Aufsehen. Der Dichter hatte sich schon vor ihrem Erscheinen der drohenden Verhaftung durch die Flucht nach Straßburg entzogen. Hierhin zog ihn außerdem die gluhende Liebe zu seiner Braut, Minna Jagl e , mit der er sich schon wahrend seines ersten Aufenthaltes dort verlobt hatte. In Straßburg war er mit neuen dichterischen Arbeiten beschaftigt (das satirische Lustspiel ?Leonce und Lena“ und die leider Fragment gebliebene Novelle ?Lenz“, aus Studien uber Goethe's unglucklichen Freund hervorgegangen, so wie Uebersetzungen von Victor Hugo's Lucretia Borgia und Maria Tudor gehoren dieser Zeit), hauptsachlich aber warf er sich in aufreibender Thatigkeit zugleich auf das Studium der vergleichenden Anatomie (Abhandlung ?Sur le systeme nerveux du barbeau") und der Philosophie, um sich zum Docenten fur beide Facher vorzubereiten. Der Politik wandte er den Rucken; ihm erschienen alle Bestrebungen auf diesem Gebiete fur jetzt ganzlich aussichtslos und er hielt sich daher dem Treiben der politischen Fluchtlinge in Frankreich und der Schweiz ferne. Auch sein Danton ist nicht etwa ein bloßes politisches Tendenzstuck: er will vielmehr ein treues Geschichtsbild geben. ?Der Dichter“, schreibt er daruber, ?ist kein Lehrer der Moral; er erfindet und schafft Gestalten, er macht vergangene Zeiten wieder aufleben und die Leute mogen dann daraus lernen, so gut wie aus dem Studium der Geschichte und der Beobachtung dessen, was im menschlichen Leben um sie her vorgeht.“ Freilich gelingt dem Dichter innerhalb der Einformigkeit des allgemeinen revolutionaren Pathos die Zeichnung der Charaktere nur in geringem Maße und nur eine Fulle von geistreichen Einzelheiten entschadigt fur die Unformlichkeit des Ganzen. ? Im October 1836 in Zurich zum Privatdocenten ernannt und dort von Mannern wie Oken, Arnold | und Schonlein mit großen Hoffnungen aufgenommen, sollte er vor volliger Entfaltung seiner Kraft das Opfer der zu großen Anstrengungen und Aufregungen seines jungen Lebens werden. Im Februar 1837 erkrankt, erlag er nach wenig Tagen einem hitzigen Fieber in den Armen seiner herbeigeeilten Braut. ? Seine Geschwister sind die Schriftstellerin Louise B. (geb. 1823), Friedrich Karl Christ. Louis B. (geb. 1824, der Verfasser von ?Kraft und Stoff“ etc.) und Alexander (geb. 1827, seit 1862 Professor der Litteratur zu Caen).

    • Literatur

      Nachgelassene Schriften von Georg Buchner, Frankfurt 1850 (mit Biographie). Biographie von Gutzkow in dessen ?Oeffentliche Charaktere“ (zuerst erschienen im ?Telegraph"). Vgl. auch Herwegh's Gedicht ?Zum Andenken an G. B. “ (in den ?Gedichten eines Lebendigen").

  • Autor/in

    v. L.
  • Zitierweise

    L., von, "Buchner, Georg" in: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 488-490 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118516906.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA