Zum Tod von Komponist Aribert Reimann
Meister der Vokalmusik
14.03.2024 von Meret Forster
Aribert Reimann war einer der profiliertesten Komponisten der Nachkriegsgeneration, insbesondere fur Vokalmusik und Musiktheater. Am 13. Marz ist er im Alter von 88 Jahren in Berlin gestorben. Ein Nachruf.
Bildquelle: Aldus Rietveld
Spatestens
seit der Urauffuhrung von "Lear"
an der Bayerischen Staatsoper Ende der 1970er Jahre galt Aribert Reimann als zentrale Komponistengestalt der Gegenwart, vor allem: als "unumstrittener Meister der Vokalmusik". Er selbst fuhrte den starken Bezug zur Stimme darauf zuruck, dass er als Kind selbst viel gesungen hatte: "Ich habe 1946 den 'Jasager' von Brecht/Weill in Berlin im Hebbel-Theater auf der Buhne gesungen. Wenn man zehn Jahre alt ist, zwei Monate Proben hat und dann die Buhne erlebt und riecht, hat das Folgen."
Die menschliche Stimme als Ausgangspunkt
Aribert Reimann ist in Berlin umgeben von Musik aufgewachsen. Sein Vater war Kirchenmusiker, seine Mutter eine Oratoriensangerin und gesuchte Gesangspadagogin. Im Alter von zehn Jahren komponierte Reimann seine ersten Klavierlieder. Nach dem Abitur arbeitete er als Korrepetitor am Studio der Stadtischen Oper in Berlin und studierte zugleich an der Berliner Musikhochschule Komposition bei Boris Blacher und Ernst Pepping sowie Klavier bei Otto Rausch. Sehr schnell konnte er sich ein zweites Standbein mit Liedbegleitung schaffen und kompositorisch seinen ganz eigenen Personalstil entwickeln. Dieser nahm bis zuletzt seinen Ausgang von der menschlichen Stimme. "Das Singen kommt immer wieder in mir hoch, auch wenn ich nicht fur Stimme schreibe", sagte Aribert Reimann einmal im Interview mit BR-KLASSIK. "Ich habe ja auch sehr viele Stucke geschrieben, die uberhaupt gar nicht fur Stimme sind ? Instrumentalwerke, Orchesterstucke und Kammermusik. Ich habe immer das Gefuhl, wenn ich einmal etwas gesagt habe, kann ich es nicht so, wie ich es gesagt habe, noch mal sagen. Wenn ich ein Stuck geschrieben habe, dann wird das nachste garantiert ein Gegenstuck dazu sein."
Oper und Lied im Zentrum
Mit ersten Auffuhrungen in Berlin und durch Kontakte zu renommierten Sangern wie Elisabeth Grummer, Brigitte Fassbaender oder Dietrich Fischer-Dieskau machte sich Reimann schnell einen Namen als Liedkomponist. 1974 wurde er Professor fur zeitgenossisches Lied an der Hamburger Musikhochschule. In gleicher Funktion berief man ihn 1983 an die Berliner Hochschule der Kunste.?Kompromisslos und mit Erfolg entwickelte der Komponist Reimann bis ins Alter seine eigene Sprache weiter, abseits der vorherrschenden Avantgarde-Zentren in Donaueschingen oder Darmstadt.
Ein Blick auf Reimanns Gesamtwerk ruckt Oper und Lied ins Zentrum. Mit Zyklen wie etwa den Celan-Liedern erweiterte er das Ausdrucksspektrum des Kunstliedes, seine Buhnenwerke aus den 80er und 90er Jahren wie "Troades", die Kafka-Oper "Das Schloss" und die Strindberg-Oper "Gespenstersonate" sind neben "Lear" bereits Klassiker des modernen Musiktheaters. Seine Oper "Medea" nach Franz Grillparzers gleichnamigem Schauspiel ? ein Auftragswerk der Wiener Staatsoper ? wahlten Kritiker 2010 zur Urauffuhrung des Jahres.
BR-KLASSIK Horizonte: In memoriam Aribert Reimann
Am 19. Marz 2024 ab 22:05 Uhr widmet BR-KLASSIK die Sendereihe "Horizonte" dem verstorbenen Komponisten Aribert Reimann.
Zur Sendung
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Aribert Reimann: Ernst von Siemens-Musikpreistrager
Reimann wurde mit vielen Ehrungen und Preisen ausgezeichnet, im Alter von 75 Jahren 2011 auch mit dem Ernst von Siemens-Musikpreis. Bei seinem letzten offentlichen Auftritt im Februar hatte Reimann den Deutschen Musikautorenpreis der GEMA fur sein Lebenswerk entgegengenommen.?
Pianist, Padagoge und Komponist, der die letzten Jahrzehnte pragend mitgestaltet hat: Aribert Reimann nahm am Musikleben interessiert und leidenschaftlich teil und blieb immer ein sympathischer, bescheidener Einzelganger: "Der glucklichste Moment ist fur mich immer, wenn ich am Tag gut arbeiten konnte und gut weitergekommen bin. Dann habe ich das Gefuhl, jetzt bin ich der glucklichste Mensch von der Welt."
Sendung:
"Leporello" am 14. Marz 2024
ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Sendung:
"Horizonte - In memoriam Aribert Reimann" am 19. Marz 2024
ab 22:05 Uhr auf BR-KLASSIK