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Patriarch Konstantin VI. nach 86 Jahren in Istanbul beigesetzt: Osterr. St.Georgs-Gemeinde Istanbul
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Patriarch Konstantin VI. nach 86 Jahren in Istanbul beigesetzt

Empfang der sterblichen Uber-
reste von Patr. Konstantin VI.
(mit Archimandrit Athenagoras und Protopresbyter Dositheos)

Anfang Marz fanden im Okumenischen Patriarchat sowie im Kloster Balıklı Gottesdienste mit hoher Symbolkraft statt. Die sterblichen Uberreste von Patriarch Konstantin VI., der nach eineinhalb Monaten auf dem Patriarchenstuhl von der neuen turkischen Regierung im Janner 1925 nach Griechenland ausgewiesen worden war, konnten nun feierlich in Istanbul beigesetzt werden. Dieses Ereignis ruft eine Zeit voller Umbruche im Okumenischen Patriarchat wieder ins Gedachtnis, an die vielleicht aus diesem Anlass erinnert werden kann.


Es gab ja nicht nur die politischen Neuaufbruche in der heutigen Turkei, sondern auch massive Umwalzungen in Griechenland. Der revolutionare Politiker Eleftherios Venizelos, der aus der Enosis-Bewegung auf Kreta kam, verfocht massiv die Idee eines Groß-Griechenlands unter Einschluss Konstantinopels und vertrieb Konig Konstantin I. aus Griechenland. Er stand dann auch maßgeblich hinter dem Vertrag von Sevres, der die totale Zerstuckelung des Osmanischen Reiches gebracht hatte. Auf ihn geht auch der Krieg gegen die Turken 1919 zuruck, der dann zur kleinasiatischen Katastrophe der anatolischen Griechen fuhrte. Er selbst verlor allerdings 1920 in Griechenland die Wahlen, ging bis 1928 ins Pariser Exil, wahrend der Konig wieder zuruckkehren konnte. Als Antwort auf den griechischen Einmarsch in Smyrna (heute Izmir) entstand die nationale Bewegung unter Fuhrung Mustafa Kemal Pa?as, spater Ataturk genannt, die nach dem gewonnenen Befreiungskrieg zur Grundung der Republik, aber auch zu einem neuen Friedensvertrag, den von Lausanne (24.7.1923), fuhrte.


Das Okumenische Patriarchat lebte mitten in diesen Spannungen. Da Patriarch Germanos V. (1913 - 1918) als zu turkenfreundlich galt, musste er sein Amt am Ende des 1. Weltkrieges 1918 abgeben. Es blieb bis 1921 vakant. Eine wichtige Person im Patriarchat war damals schon Metropolit Konstantin, der allerdings im Schatten eines anderen Amtstragers, des Metropoliten Meletios, stand.


Konstantin (Arabo?lu) wurde um 1860 bei Bursa geboren. Er absolvierte 1885 das Seminar von Heybeli/Halki und wurde 1896 zum Bischof geweiht. Nach Tatigkeiten als Auxiliarbischof von Edirne fuhrte ihn sein Amt nach Belgrad und Trabzon, bis er 1913 Metropolit von Erdek wurde. Da er fur Griechenland als "konigstreuer" Bischof galt, geriet er innerkirchlich in Gegensatz zu Metropolit Meletios, der als Anhanger seines kretischen Landsmannes Venizelos galt, insbesondere als jener 1916 eine Gegenregierung gegen Konig Konstantin in Saloniki bildete.


Meletios wurde nach dem Sieg Venizelos` uber den Konig 1918 zum Erzbischof von Athen und Primas von Griechenland gewahlt. Nach der politischen Niederlage der Venizelisten ging Meletios 1920 nach Amerika, von wo er 1921 auf den Stuhl des Okumenischen Patriarchen gewahlt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings der griechische Vorstoß nach Kleinasien bereits zum Stehen gekommen. Nach dem Sieg der Truppen Mustafa Kemal Pa?as dachte Meletios an eine Verlegung des Patriarchats auf den Berg Athos oder nach Saloniki. Die Athener Regierung und auch die griechische Kirche sprachen sich allerdings strikt dagegen aus. Der Juni 1923 brachte viele spannende Entwicklungen und Herausforderungen: Die innerturkischen Forderungen Papa Eftims mit seiner neuen turkisch-orthodoxen Kirche ebenso wie eine von Meletios einberufene panorthodoxe Konferenz, die die Annahme des gregorianischen Kalenders behandelte. Bis heute interessant bleibt auch die Tatsache, dass das Okumenische Patriarchat damals auf Grund enger Beziehungen mit der anglikanischen Kirche 1922 offiziell die Anerkennung der anglikanischen Weihen, also der apostolischen Sukzession aussprach, was von Rom missbilligt wurde. Auch die bis heute fur das Patriarchat hochst bedeutsame Beziehung mit der amerikanischen Orthodoxie geht stark auf Meletios zuruck.


Im Juli 1923 wurde allerdings auf Grund der politischen Entwicklung die Position von Meletios unhaltbar. Nach zahen Verhandlungen konnte zwar in Lausanne noch ein Verbleib des Patriarchen in seiner Stadt erreicht werden. Mustafa Kemal Pa?a hatte gerne den Patriarchen ahnlich wie bald darauf den Kalifen außer Landes gesehen, nahm aber dann ein jeder politischen Funktion ("Ethnarch") entkleidetes Patriarchat als rein geistlichen Dienst fur die verbleibende griechische Bevolkerung an.


Meletios als Person musste allerdings auch auf griechischen Wunsch im Juli 1923 Istanbul verlassen und konnte schließlich im September 1923 zur Abdankung bewegt werde. Er wurde allerdings spater Patriarch von Alexandrien, wo er 1935 starb. Er ist auch in Kairo bestattet.


Im Dezember gab die Turkei die Genehmigung zur Wahl eines turkischen Staatsburgers nach den neuen gesetzlichen Regelungen. Der Heilige Synod wahlte daraufhin Gregorios von Chalcedon, der unglucklicherweise schon nach 11 Monaten verstarb.


Metropolit Konstantin Arabo?lu, dessen Gebeine nun im Marz wieder in die Turkei uberfuhrt wurden, hatte 1921 aus Protest gegen die Kandidatur von Meletios nicht an der Patriarchenwahl teilgenommen. Er wurde deshalb 1922 als Metropolit nach Bursa gesandt, nahm allerdings diese Aufgabe nicht an. Nach dem Rucktritt von Meletios wurde er im Mai 1924 zum Metropoliten von Terkos (Derkoi) ernannt. Diese Metropolie besteht ubrigens bis heute als eine der vier Metropolien des Okumenischen Patriarchats in der Turkei (die anderen drei Metropolien sind Chalzedon, Imbros und Tenedos sowie die der Prinzeninseln) und umfasst das Gebiet des Bosporus, Thrakiens und Cyanea mit Bischofssitz in Tarabya.

Patriarch Konstantin VI.

 

Nach dem Tod von Patriarch Gregor VII. war Metropolit Konstantin der bevorzugte Kandidat im Heiligen Synod. Die turkische Regierung protestierte sofort gegen seine Kandidatur, nicht aus Einwanden gegen seine Person, sondern aus grundsatzlichen Uberlegungen im Blick auf das turkisch-griechische Bevolkerungsaustauschabkommen. Konstantin war ja am Stichtag, dem 30. Oktober 1918, nicht in Istanbul ansassig und hatte deshalb auch kein Recht auf die turkische Staatsburgerschaft. Die Griechen erklarten allerdings, dass Metropoliten des Patriarchats der Monchsgemeinschaft des Phanars angehorten und damit als in Istanbul ansassig zu betrachten seien, gleichgultig ob sie ihre geistliche Funktion innerhalb oder außerhalb der Stadt ausubten. Trotz des staatlichen turkischen Protestes wurde Konstantin am 17. Dezember 1924 zum neuen Patriarchen gewahlt. Die Austauschkommission stellte daraufhin im Janner 1925 offiziell fest, dass er zur Gruppe der des Landes zu Verweisenden zu zahlen sei. Am 30. Janner um 4 Uhr fruh wurde der Ausweisungsbescheid dem Patriarchat zugestellt. Der Patriarch wurde dann um 9.00 Uhr morgens zum Europa-Express nach Sirkeci gebracht und nach Saloniki ausgewiesen. Von Seiten der Turkei sollte hier sehr klar gezeigt werden, dass nicht mehr andere in diesem Land maßgeblich bestimmend seien.


Griechenland brachte die Ausweisung von Konstantin zwar vor den Volkerbund, konnte aber keine Anderung erreichen. Die Auseinandersetzung wurde schließlich im Juni 1925 mit der Abdankung Konstantins und der Wahl des aus Uskudar geburtigen Metropoliten Basilios III. zum neuen Patriarchen beigelegt.


Konstantin verstarb am 28. November 1930 und wurde in Athen beigesetzt.


Nach Verhandlungen mit den turkischen Behorden, aber auch der Stadtgemeinde Athen erhielt das Patriarchat nun die Erlaubnis, die sterblichen Uberreste des Patriarchen nach Istanbul zu uberfuhren. Metropolit Johannes von Bergama ubernahm die Gebeine in Athen und brachte sie am 1. Marz in den Phanar. An der Begrabnisstatte der Patriarchen beim Kloster zur lebensspendenden Quelle (Pege/Balıklı) konnte am 6. Marz die feierliche Beisetzung erfolgen. Patriarch Bartholomaios sprach dabei auch seinen besonderen Dank an die turkische Regierung aus, die auf das Ansuchen des Hl. Synods einen positiven Bescheid gegeben hatte und wunschte seinem Vorganger nach den Unruhen seines Lebens nun den geistlichen Frieden.


Vielen Beobachtern der Ereignisse in der Turkei ist die hohe Symbolik dieser Geste nicht mehr bewusst, da die komplexe Geschichte des Patriarchats im Unabhangigkeitskrieg  - damals wehte dort die griechische Fahne - und den ersten Jahren der Republik in Vergessenheit geraten ist. Fragen wie die Auseinandersetzung um den Titel "Okumenischer Patriarch" gehen aber darauf zuruck.


Die nun ermoglichte Beisetzung Patriarch Konstantins in Istanbul im Kreis von Vorgangern und Nachfolgern zeigt wie manche andere Geschehnisse der letzten Monate erneut auf, dass die alte Haltung des Staates dem Patriarchen gegenuber sich aus bisher fest geschriebenen starren Formen lost. Ein besonderes Zeichen dafur war ja vor einiger Zeit die Zuerkennung der turkischen Staatsburgerschaft an 13 Metropoliten des Auslands. So steht zu hoffen, dass dieser Weg weiter begangen wird und auch "die schweigende Schule" (so der Titel eines jungst vorgestellten Dokumentarfilmes uber das Seminar von Heybeli/Halki) wieder zu Leben erwachen wird.


Franz Kangler CM

 

Hauptquellen:


Friedrich-Wilhelm Fernau, Patriarchen am Goldenen Horn, Opladen 1967


Elcin Macar, Cumhuriyet Doneminde Istanbul Rum Patrikhanesi, Istanbul 2003


Seyfi Yıldırım-Adnan Sofuo?lu, Siyasi Faaliyetleriyle Osmanli’dan Cumhuriyet’e Istanbul Rum Ortodoks Patrikhanesi, Istanbul 2010


Cengiz Aktar, Tarihi, Siyasi, Dini ve Hukuki Acıdan Ekumenik Patrikhane, Istanbul 2011


Wilhelm Baum, Meletios IV. Metaxakis in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Band XVIII (2007), im Internet auf  www.bautz.de/bbkl


 www.ec-patr.eu

 

 


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