Transit durch den Osten
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Transit
durch den Osten
Die Geisterstrecken
unter Ostberlin
Transitstrecken
der U-Bahn vor 1961
Transitstrecken nach 1961
Bahnhof Friedrichstra?e
Betriebsalltag
Die Transitstrecken in
Stadtpl?nen
Die Flucht
Devisenbringer U-Bahn
Die Transitstrecken nach
November 1989
Planungen
BILD-BERLIN meldet am 4.
Dezember 1982:
Mitten
im dicksten Berufsverkehr
Osten sperrt
U-Bahn!
20000 kamen zu sp?t nach Hause
Berlin, 4. Dezember
Eineinhalb Stunden fuhr gestern nachmittag im dicksten
Feierabend-Verkehr keine U-Bahn durch den Osten. Die wichtigste
Nord-S?d-Verbindung der Linie 6 (Tegel nach Mariendorf) war zwischen
Reinickendorfer Stra?e und Kochstra?e von der "DDR" gesperrt worden
- ohne n?here Begr?ndung. Mehr als 20.000 Berliner wollten zwischen 16.30 und
18 Uhr auf dieser Strecke nach Hause fahren, kamen durch die Sperrung zu
sp?t.
U-Bahn stand: Schiene gebrochen?
Auf den Bahnh?fen Reinickendorfer Stra?e (Wedding) und Kochstra?e (Kreuzberg)
dr?ngten sich die Fahrg?ste. Viele schimpften laut - es gab keine Ersatzbusse.
Die BVG: "Die Busse h?tten den Ostsektor weitab von der U-Bahnlinie in
einem Riesenbogen umfahren m?ssen." Einzige Rettung f?r Viele waren die
Taxis. "Auf der Linie 6 mu? der Verkehr von 16.30 bis 17 Uhr eingestellt
werden.", hatte die Ost-BVG der West-Berliner U-Bahn-Leitstelle kurz nach
vier telefonisch mitgeteilt. Aber dann dauerte es eine ganze Stunde l?nger.
U-Bahn-Chef Diplom-Ingenieur Erich Kratky von der BVG sagte BILD-Berlin:
"Wir k?nnen nur vermuten, da? dr?ben eine Schiene gebrochen war. Am
Ostberliner Stadion der Weltjugend stand n?mlich sp?ter an der Strecke ein Schwei?ger?t."
(Die BVG ist f?r die ?stlichen Gleise nicht zust?ndig.)
Auch auf der Linie 8 zwischen Leinestra?e
(Neuk?lln) und Osloer Stra?e (Wedding) gab es gestern nachmittag im
Berufsverkehr eine Unterbrechung von einer halben Stunde (2000 Leute kamen zu
sp?t). Auf dem Bahnhof Gesundbrunnen hatte sich der 25-j?hrige Bernd K. vor
einen einfahrenden Zug geworfen, kam aber mit Prellungen davon.
|
Ein faszinierendes und v?llig absurdes Kapitel Berliner U-Bahngeschichte
waren die Transitstrecken der Westberliner U-Bahn durch den Osten der Stadt.
Zwei U-Bahnlinien, die U6 und U8, f?hrten ohne Halt in den "Geisterbahnh?fen" durch
den Osten Berlins. Im Volksmund waren das die so genannten
"Geisterstrecken". Nebenbei bemerkt gab es au?erdem noch zwei
S-Bahnstrecken (Nords?dbahn und Stadtbahn), die den Osten Berlins unterquerten
oder in diesen einfuhren.
Die Transitstrecken in einem FALK-PLAN von 1962:
Die rosa gef?rbten Fl?chen geh?ren zu den Westsektoren, die grauen hingegen
zum Ostsektor, die Sektorengrenze ist violett dargestellt.
Unter der Chaussee- und Friedrichstra?e verlaufend ist die Transit-U-Bahn der
Linie C, sp?ter Linie 6, und unter dem Stra?enzug Brunnenstra?e/
Heinrich-Heine-Stra?e die Linie D, sp?ter Linie 8, die den Alexanderplatz
unterquert, erkennbar. Zus?tzlich ist die Nords?dbahn der S-Bahn dargestellt,
wie sie sich ihren Weg vom Potsdamer Platz zum Nordbahnhof durch den Ostsektor
sucht. In diesem Plan sind im Gegensatz zu sp?teren Auflagen noch alle
Bahnh?fe als ge?ffnet erkenntlich, so als sei die Grenze noch offen. Ebenso
sind grenz?berschreitende U-Bahnlinien dargestellt, die l?ngst au?er Betrieb
waren. Mit diesem Plan aber wird deutlich, wo welche Bahnh?fe im Osten gelegen
haben. Daher eignet sich dieser Planausschnitt sehr gut, um die ?rtlichkeiten
zuordnen zu k?nnen.
Die Transitstrecken der U-Bahn vor 1961
Die Linien U6 (fr?her C) und U8 (fr?her D) haben etwas
gemeinsam: Sie verlaufen in Nord-S?d-Richtung durch die Innenstadt. Dies war
schon vor dem Krieg so. Der Zufall und die politische Geographie Berlins wollte
es so, dass diese Strecken nach 1945 vom Amerikanischen Sektor durch den
Sowjetischen Sektor in den Franz?sischen Sektor f?hren. Kurz: Von Westberlin
durch Ostberlin nach Westberlin. Darin sah man in den ersten Jahren nach dem
Krieg kaum ein Problem. Die Probleme begannen 1949, als die BVG zwischen dem
Westen und Osten aufgeteilt wurden.
F?r diese beiden Linien galten folgende Regelungen:
Die Linien geh?rten zum Bereich der BVG-West und wurden von ihr betrieben. Die
BVG-West stellte somit Fahrzeuge und Zugpersonal.
F?r die durch den Osten f?hrenden Abschnitte galt
folgendes: Die Strecken- und Tunnelbauwerke werden von der BVG-Ost betrieben.
Die Bahnh?fe unterstehen der BVG-Ost. Die Stromversorgung der
Transit-Abschnitte wird ebenfalls durch die BVG-Ost bzw. Ost-BEWAG
sichergestellt.
Netzplanausschnitt: Die beiden den Osten durchquerenden U-Bahnlinien C und D in
den 50er Jahren.
In der Praxis bedeutete dies: Westz?ge
fahren auf Oststrecken. Westliches Zugpersonal wird durch ?stliches
Bahnhofspersonal abgefertigt. Das funktionierte in jenen Jahren ganz gut. Nun
gab es aber Fahrg?ste, denen es, etwa aus beruflichen Gr?nden, sehr wichtig war, zu wissen in welchem Sektor
sie gerade waren. Aus diesem Grunde wurde die Bahnhofsansage per
Dienstvorschrift ge?ndert. Der Zugabfertiger der BVG-West hatte auf den letzten
zu Westberlin geh?renden Bahnh?fen, den sogenannten
"Grenzbahnh?fen" darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesem
Bahnhof um den letzten Bahnhof im Westen handelt: Das klang dann etwa so:
"Kochstra?e - letzter Bahnhof in den Westsektoren, letzter Bahnhof in den
Westsektoren!"
Folgende Bahnh?fe waren
"Grenzbahnh?fe:
Linie C (U6): Kochstra?e, Reinickendorfer Stra?e
Linie D (U8): Moritzplatz, Voltastra?e
Die BVG-Ost antwortete prompt: Sie lie? an
den ersten Bahnh?fen im Osten verk?nden, dass man nun im "Demokratischen
Berlin" willkommen sei.
Die beiden Strecken geh?rten zu den
wichtigsten U-Bahnlinien ?berhaupt und waren stets gut ausgelastet. Es waren
nicht nur Westberliner die durch den Osten fuhren, sondern auch ganz normale
Anlieger, die im Westen zu- und im Osten ausstiegen oder umgekehrt, oder
Fahrg?ste, die nur innerhalb des Ostens die U-Bahn nutzten. Es waren also ganz
normale Umst?nde, die hier herrschten, mit der einzigen Besonderheit, dass die
Linien von einem weltpolitischen Machtblock in den anderen fuhren. Aber das
interessierte den einfachen Fahrgast eh kaum; er wollte nicht von Westberlin
nach Ostberlin sondern von Neuk?lln nach Mitte. Er wollte von seiner Wohnung zu
seiner Arbeitsst?tte, er wollte Freunde und Bekannte besuchen, Eink?ufe
t?tigen, Besorgungen erledigen. Viele Ost-Berliner darunter, die zur
"HO Gesundbrunnen" wollten...
1953 kam es im Osten zu Arbeiter-Unruhen,
die schlie?lich am 17. Juni in den bekannten Streiks und Arbeitsniederlegungen
gipfelten, die die Existenz und Zukunft der DDR erstmalig in Frage zu stellen
schienen.
Die Regierung der DDR jedenfalls erlie? den
Ausnahmezustand f?r Ostberlin, die Unruhen wurden mit Hilfe der russischen
Besatzer kaltgestellt.
Auch die U-Bahn war betroffen: Der
Zugverkehr auf den Transitstrecken wurde eingestellt. F?r die BVG-West
bedeutete dies, dass die Z?ge auf den letzten Bahnh?fen im Westsektor zu enden
hatten. Dies war leichter gesagt als getan, denn: Damals gab es an den letzten
Bahnh?fen noch keine Gleisverbindungen. Somit musste zum Teil mit Pendelverkehr
gefahren werden. Der Gesundbrunnen zum Beispiel war mit der U-Bahn ?berhaupt
nicht erreichbar.
An dieser Betriebspraxis ?nderte sich in
den n?chsten Tagen nichts. Ab 18. Juni allerdings wurde ein bescheidener
U-Bahnverkehr im Osten aufgenommen: Ein Zug pendelte von Stadtmitte bis zum
Nordbahnhof auf der Linie C.
17. Juni: Blumenbretter auf der
Linie D
Was bislang eigentlich unbekannt war, ist die Tatsache, dass es in den Tagen
nach dem 17. Juni sogar einen durch die BVG-Ost betriebenen Pendelverkehr
zwischen Neanderstra?e und Rosenthaler Platz oder gar Bernauer Stra?e gab. Zum
Einsatz kamen hier zwei Kleinprofilz?ge, die von der Linie E (dort im normalen
Fahrgasteinsatz) auf die Linie D durch den Waisentunnel ?berf?hrt wurden. Die
beiden Z?ge pendelten auf den beiden Gleisen im wechselseitigen Verkehr. Und
das obwohl auf einem Kehrgleis am Alexanderplatz ein BVG-West-Zug abgestellt
war. Aber dieser Zug wurde nicht benutzt, vermutlich deshalb, weil die
BVG-Ost-Fahrer auf dieser Zuggattung (Baureihe B) nicht ausgebildet waren.
Obwohl die Recherchen hierzu noch nicht abgeschlossen sind, ist belegbar, dass
der Zugverkehr wie eben beschrieben stattfand. Erst zum 9. Juli wurde dieser
Zugverkehr wieder eingestellt. Ich berufe mich hier auf die Recherchen von Herrn
Haase, der ?ber das Thema eine Magister-Arbeit geschrieben hat.
Am 9. Juli verf?gte die Regierung der DDR die
Aufhebung des Ausnahmezustandes, das Leben im Ostsektor normalisierte sich, auch
der U-Bahnverkehr konnte den Betrieb in altbekannter Form wieder aufnehmen.
Die
BVG-West jedoch hatte ihre Erfahrungen mit den Unberechenbarkeiten des Ostens
gemacht: In der Folgezeit wurden jeweils an den letzten Bahnh?fen vor dem Osten
Weichen eingebaut, um ein Wenden der Z?ge auf Westberliner Gebiet zu
erm?glichen.
Nach 1952 war die innerdeutsche Grenze
gesichert worden, auch um Berlin war ein ?berschreiten der Grenze nicht mehr so
ohne weiteres m?glich. Im Vergleich zu sp?teren Jahren war die innerdeutsche
Grenzbefestigung noch sehr bescheiden, um Berlin herum etwa waren die Stra?en
zun?chst nur mit einem simplen Stacheldrahtverhau versehen worden. Auf jeden
Fall war es den Westberlinern nicht mehr gestattet, die DDR zu betreten.
Ostberlin dagegen durfte noch betreten werden, schlie?lich gab es viele
Westberliner, die im Osten ihre Arbeitsstelle hatten. Dies waren so genannte
"Grenzg?nger".
Auch entlang der innerberlinischen Sektorengrenze waren Grenzposten der
DDR ein normaler Anblick geworden. Es wurde also in den folgenden Jahren immer
schwieriger, die Grenze zu ?berqueren. Nur mit der U-Bahn und der S-Bahn war
dies noch recht problemlos m?glich. 1957 wurde im Strafgesetzbuch der DDR der
Tatbestand der "Republikflucht" unter Strafe gestellt, doch mehr und
mehr Ostberliner und DDR-B?rger benutzten diese U-Bahnstrecken (und nat?rlich
die S-Bahn) f?r die Flucht
aus der DDR nach West-Berlin.
Nun war es aber in den Jahren bis zum
Mauerbau alles andere als einfach, als gew?hnlicher DDR-B?rger in die
Hauptstadt, also nach Ost-Berlin zu kommen: Seit etwa 1953 wurde praktisch jeder
Fernzug, der nach Berlin fuhr, an der Ost-Berliner Stadtgrenze angehalten und
kontrolliert. Hierzu gab es regelrechte Kontrollbahnh?fe, die sp?teren
Grenz?berg?ngen glichen. Ebenso verhielt es sich auf den Berlin zulaufenden
Stra?en. Jeder DDR-B?rger, der in seinem Personalausweis einen roten Balken
hatte, galt als "politisch labil" und war somit in Berlin
"unerw?nscht", hatte sich demzufolge sehr unbequemen Befragungen
durch die "Organe" zu stellen, wo er gute Gr?nde haben musste, um
nach Berlin zu reisen... Ein Umzug nach Berlin oder eine Arbeitsaufnahme dort
war f?r diesen Personenkreis praktisch aussichtslos. Und wer in der Ostberliner
U- oder S-Bahn in jener Zeit mit Reisekoffern unterwegs war, machte sich sowieso
verd?chtig.
Schon in jener Zeit gab es in der F?hrung der DDR
Gedankeng?nge, wie man dieses offene Grenzproblem l?sen k?nnte. Eine der Varianten war,
den gesamten zivilen Flugverkehr West-Berlins ?ber den DDR-Flughafen
Sch?nefeld abzuwickeln. Somit h?tte die DDR die direkte Kontrolle ?ber den
gesamten Flugverkehr zwischen Berlin und der Bundesrepublik erlangen k?nnen.
Eine "Republikflucht" au?er nach Westberlin w?re dann nicht mehr
m?glich gewesen. Selbstverst?ndlich haben sich die westlichen Alliierten auf
diese Variante nicht eingelassen. Eine andere Variante war, die Stadt entlang
der Sektorengrenze durch bauliche Ma?nahmen zu sichern. Dies bedeutete faktisch
den Bau einer Mauer. Doch hierzu waren die Sowjets nicht bereit die
Genehmigungen zu geben. Und die war unbedingte Voraussetzung f?r eine solche
Ma?nahme, denn Berlins oberste Machthaber waren die Alliierten, das war auch
der DDR klar.
Es vergingen weitere Jahre, in denen viele DDR-B?rger ihre Abstimmung zum
DDR-System mit den F??en vornahmen. Die DDR konnte dem nur noch mit Agitation
entgegenwirken. Im M?rz 1961 flog Staatschef Walter Ulbricht nach Moskau, um
das Fluchtproblem zum Punkt der Tagesordnung zu machen. Er erhielt vom Kremlchef
Chruschtschow eine Abfuhr in dieser Angelegenheit. Ulbricht erhielt zur Antwort:
"L?se die Probleme mit anderen Mitteln". Eine Mauer kam f?r die
sowjetischen Machthaber (noch) nicht in Frage. In Folge der Eiszeit zwischen den Bl?cken
wollte man den Westen nicht unn?tig provozieren.
Die DDR-B?rger fl?chteten weiter, es waren
vor allem Wissenschaftler und Facharbeiter, die es vorzogen in den Westen zu
gehen.
Im Juni 1961 fand in Ostberlin eine
internationale Pressekonferenz statt, zu der auch westliche Zeitungsvertreter
geladen waren. Es entwickelte sich folgender Dialog zwischen Annemarie Doherr
und Walter Ulbricht:
"Eine Frage Herr Vorsitzender - Doherr, Frankfurter Rundschau - Bedeutet
die Bildung einer Freien Stadt Ihrer Meinung nach, dass die Staatsgrenze am
Brandenburger Tor errichtet wird? Und sind Sie entschlossen, dieser Tatsache mit
allen Konsequenzen Rechnung zu tragen?"
Darauf Ulbricht: "Ich verstehe Ihre Frage so, dass es Menschen in
Westdeutschland gibt, die w?nschen, dass wir die Bauarbeiter der der Hauptstadt
der DDR dazu mobilisieren eine Mauer aufzurichten, ja? ?hhh, mir ist nicht
bekannt das solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter der Hauptstadt der
DDR haupts?chlich mit Wohnungsbau besch?ftigen, und ihre Arbeitskraft daf?r
voll ausgenutzt wird, voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht eine Mauer
zu errichten!"
Mit Sicherheit gab es in den F?hrungsebenen
der DDR entsprechende Pl?ne. Sicher ist aber auch, dass es in diesen Tagen,
Mitte Juni 1961, noch keine genaue Vorstellung ?ber die technische Umsetzung
gab.
Vom 3. bis zum 8. August weilte Ulbricht nochmals in Moskau. Hier war er
Angeklagter und Ankl?ger zugleich: Angeklagter, weil er es nicht schaffte, f?r
das Volk derartige Lebensbedingungen zu schaffen, die einer Abwanderung die
Grundlage entziehen w?rden. Ankl?ger, weil es die sowjetischen Machthaber
nicht gestatteten, die Inneren Angelegenheiten der DDR selber bestimmen zu
lassen.
Zum Schluss dieser Treffen bekam Ulbricht
die Zusage, die er wollte. Er erhielt gr?nes Licht f?r die Aktion
"Chinesische Mauer" mit dem unmissverst?ndlichen Hinweis: "aber
keinen Schritt weiter!" Erleichtert reiste Ulbricht zur?ck nach Ostberlin.
In den n?chsten Tagen gr?ndete die
Regierung der DDR einen Arbeitsstab, der die Trennung der Verkehrswege innerhalb
Berlins vorbereiten sollte. Leiter dieser Arbeitsgruppe war der damalige FDJ-Agitator
Erich Honecker. Ihm traute man eine solche Aufgabe zu. Sofort machte Honecker
sich an die Arbeit:
Er bereitete die Teilung der Stadt bis
hin zu letzten Details vor, nichts wurde dem Zufall ?berlassen. Honecker
kontaktierte in dieser Sache auch Karl Maron, den damaligen Innenminister. Maron
verfasste einen Befehl, der die Teilung der U-Bahn vorsah. Hiernach sollten die
beiden Linien C und D dem westlichen Netz zugeschlagen werden, die Bahnh?fe im
Ostsektor waren mit Ausnahme von Friedrichstra?e zu schlie?en. Der Bahnhof
Friedrichstra?e sollte als Grenz?bergangsstelle weiterhin ge?ffnet
bleiben. (
siehe "Maron-Befehl"
)
Genauestens gaben diese streng vertraulichen Befehle Auskunft dar?ber, wie in
welchen F?llen zu verfahren ist. Nur eines wurde nirgendwo genannt: Der
Zeitpunkt, ab wann diese Regelungen in Kraft treten sollten. Es wurde stets nur
von der "X-Zeit" gesprochen.
Die gesamte Aktion lief unter allergr??ter
Geheimhaltung. Es waren nur die direkt betroffenen
Stellen, die ?ber entsprechende Befehle unterrichtet wurden. Oftmals wurden Befehle in geschlossenen Umschl?gen per Boten ?berbracht, und diese
Boten, vermutlich von der Staatssicherheit, sorgten daf?r, dass die Umschl?ge
erst in einem bestimmten Moment ge?ffnet wurden, wobei auch sie wohl nicht
wussten, was der Inhalt des Umschlages vorsah.
Ulbricht lud alle Minister und hochrangige
Regierungsmitglieder am 12. August nachmittags in seinen Landsitz am D?llnsee.
Dort erteilte er Erich Honecker die f?rmlichen Vollmachten zur Grenzschlie?ung
und informierte die ?brigen Anwesenden, unter ihnen auch Verkehrsminister
Kramer, ?ber "gewisse Unbequemlichkeiten" in den folgenden Tagen in
Berlin.
Als Kramer abends wieder in Berlin war,
zitierte er Vertreter der BVG-Ost direkt von einem feucht-fr?hlichen Fest zu
sich ins Ministerium. Die fr?hliche Stimmung war bei den Ausf?hrungen Kramers
schnell dahin...
Als "X-Zeit" galt Sonntag, der 13.
August, 1.00 Uhr.
Dieser Tag wurde bewusst gew?hlt. Am Montag-fr?h, also ?ber 24 Stunden
sp?ter, sollte die Aktion erfolgreich durchgef?hrt und beendet und au?erdem
sichergestellt sein, dass der U- und S-Bahnverkehr reibungslos l?uft.
Die Transitstrecken nach 1961
Zum Zeitpunkt "X" lief der U-Bahnverkehr
auf den Linien C und D noch reibungslos, der Betriebsschluss stand bevor. Derweil
begannen Organe der NVA, Stra?en im Bereich der Sektorengrenze "pionierm??ig"
zu sichern. Selbst in diesen Stunden ahnte im Westen niemand, dass in den folgenden
Stunden eine beispiellose logistische Leistung anlaufen w?rde, die zum Ziel
haben sollte, das eine Stadt mit ?ber drei Millionen Einwohnern hermetisch
v?llig getrennt wird, sowohl oberirdisch als auch unterirdisch.
In den fr?hen Morgenstunden dieses Sonntags wurde der Zugverkehr
planm??ig wieder aufgenommen, das Zugpersonal fuhr trotz der Ereignisse an der Grenze in
die Transitabschnitte ein. Die Z?ge wurden von den Grenzorganen auf den ersten
Bahnh?fen im Osten in der Form empfangen, dass das Zugpersonal angewiesen
wurde, nicht zu halten. Die Z?ge hatten ohne Halt die Streckenabschnitte im
Osten zu passieren. Erst am Bahnhof Friedrichstra?e war zu halten. Dieser
Bahnhof war als "Grenz?bergangsstelle" vorgesehen. Es wurde in diesem
Bahnhof nur ein Zugang offen gehalten, an dem die Abfertigung der
"Reisenden" erfolgte. Alle anderen Bahnh?fe blieben an diesem 13.
August verschlossen und wurden schwer bewacht.
An diesen Umst?nden ?nderte sich in den
folgenden Tagen nichts. Daraus wurde eine Dauereinrichtung: Die Z?ge der Linie
C hielten nur auf dem Bahnhof Friedrichstra?e, die Z?ge der Linie D dagegen
hielten gar nicht im Osten.
Netzplanausschnitt: Die Transitstrecken nach 1961
In den Folgejahren wurden die Strecken zu
regelrechten Festungen ausgebaut: Notausstiege wurden verschwei?t,
Bahnhofszug?nge wurden als solche unkenntlich gemacht, indem das "U"
?ber den Zug?ngen entfernt wurde. Damit nicht genug: Aus dem Bewusstsein der
?ffentlichkeit sollten diese Strecken verschwinden. In keinem vom Osten heraus
gegebenen Stadtplan waren
die Linien mehr dargestellt. Verbindungsg?nge innerhalb der Umsteigebahnh?fe
wurden vermauert, Treppenabg?nge durch Betonplatten abgedeckt.
Tats?chlich waren die Transitstrecken aus
dem Bewusstsein der Ostberliner getilgt. Manch einer wunderte sich, wenn unter
ihm, etwa am Rosenthaler Platz, der Boden bebte, obwohl keine Stra?enbahn des
Weges kam. Nat?rlich wussten die meisten Ostberliner, dass es da U-Bahnlinien
unter der Innenstadt gab, die tabu waren, die in keinem Stadtplan mehr
verzeichnet waren...
Jede Art eines Fluchtversuches sollte
unm?glich gemacht werden. Daher wurden die der Grenze n?chstgelegenen
Bahnh?fe in besonderem Umfang gesichert: Die Treppenabg?nge zum Bahnsteig
wurden vermauert und mit Schie?scharten-?hnlichen Fenster?ffnungen versehen.
Hinter diesen Fenstern wurden Wachstuben eingebaut, von denen aus das gesamte
Geschehen auf dem Bahnsteig ?berblickt werden konnte.
Unterhalb der Bahnsteigkanten wurden
Stacheldrahtrollen ausgelegt. Somit wurde unterbunden, dass ein
"Republikfl?chtling" unterhalb der Bahnsteigkante im Gleisbett
entlang kriechen und somit der Aufmerksamkeit der Grenzorgane entgehen k?nnte.
Nicht nur einmal hat sich der Stromabnehmer eines Zuges in seiner Vorbeifahrt in
den Rollen verfangen. In Grenzn?he wurden allerlei technische Vorkehrungen getroffen: So wurden recht
raffinierte Lichtschranken ?bereinander angeordnet. ?bereinander deshalb, weil
ein U-Bahnzug im Tunnel dann alle drei Lichtschranken bei seiner Durchfahrt
gleichzeitig unterbrechen w?rde. W?rde aber durch eine Person nur eine oder
zwei der drei Schranken unterbrochen werden, w?rde Alarm ausgel?st werden.
Doch damit nicht genug: Es wurden Kontaktplatten in den Gleisen ausgelegt, die
von einem Zug gefahrlos ?berfahren werden, aber von einer Person aufgrund der
Gr??e nicht ?bersprungen werden k?nnen. Die Person aber w?rde zwangsl?ufig auf
diese Platten treten m?ssen, was zur Alarmausl?sung gef?hrt h?tte. Abgesehen
davon, dass eine fl?chtende Person keine Chance hatte in den Tunnel erst
hineinzukommen, wurde dennoch gr??ter Wert auf eine wirksame Abwehr der
Fluchtm?glichkeit gegeben. Auch Fahrstromtechnisch wurden ?nderungen
vorgenommen: So war es praktisch von allen relevanten Sicherungsposten aus
m?glich, die Fahrstromversorgung mittels Fahrstrom-Steuerschalter zu
unterbrechen.
Die Sektorengrenze war auch im U-Bahntunnel
sichtbar: Ein breiter wei?er Strich an der Wand kennzeichnete die genaue Lage
der Grenze. Sp?ter wurden sogar Rolltore eingebaut, die bei n?chtlicher
Betriebsruhe stets zu schlie?en waren.
(Anm: In verschiedenen Schriften werden
diese Rolltore bei der U-Bahn angezweifelt. Ein ehemaliger Zugabfertiger, der am
U-Bhf. Reinickendorfer Stra?e damals des ?fteren Dienst hatte, best?tigte mir
die Existenz dieser Tore zumindest zwischen Reinickendorfer Stra?e und Stadion
der Weltjugend.)
Die n?chstgelegenen Bahnh?fe entlang der
Grenze waren durch Grenzorgane der DDR gesichert. Dies waren die Bahnh?fe
Walter-Ulbricht-Stadion und Stadtmitte bei der Linie C, sp?ter 6, und Bernauer
Stra?e und Neanderstra?e auf der Linie D, der sp?teren U8.
Die ?brigen Bahnh?fe waren lediglich mit
Posten der Transport-Polizei zu sichern. Im Bahnsteigbereich hatten die
Wachposten stets zu zweit aufzutreten. Hierbei wurde darauf geachtet, dass es
zwischen den Posten zu keinen pers?nlichen Bindungen kommen konnte. Dar?ber
hinaus fanden von h?heren Dienststellen Kontrollen statt, die nicht
angek?ndigt wurden. Somit war auch personell eine gr??tm?gliche Sicherheit
gegeben.
Hin und wieder kam es vor, dass die
Bahnh?fe, oder Teile davon, zweckentfremdet genutzt wurden. Auf dem Bahnsteig
der Linie D am Alexanderplatz zum Beispiel wurden W?nde gezogen und somit
geschlossene R?umlichkeiten geschaffen. Diese R?ume wurden von einer
Bahnmeisterei genutzt. Der "M?usetunnel", der die beiden Bahnsteige
im Bahnhof Stadtmitte verband, wurde als Lagerraum genutzt. Noch Jahre nach
?ffnung des Tunnels waren die Abdr?cke der Beh?ltnisse im Asphaltboden zu
erkennen.
Der U-Bahnhof Friedrichstra?e
U-Bahnhof Friedrichstra?e in den 70er Jahren
In den folgenden Jahren wurde der Bahnhof
Friedrichstra?e immer perfekter gesichert. Hier waren umfangreiche Aufgaben zu
erf?llen, denn dieser Bahnhof war ein Umsteigebahnhof zu zwei weiteren
S-Bahnstrecken und zur Fernbahn und au?erdem ein Fu?g?nger-Grenz?bergang.
Insgesamt erschwerend kam hinzu, dass ein Bahnsteig der S-Bahn weiterhin dem
DDR-Binnenverkehr seitens des Ostens offen zug?nglich sein sollte. Aufgrund der
komplizierten Baulichkeiten dieses Bahnhofs entstand ein ?u?erst un?bersichtliches und
in der Folge absolut un?berwindliches G?ngesystem.
In den
Anlagen der U-Bahn passierte folgendes: Der s?dliche Zugang, ein
Verteilergeschoss mit Ausg?ngen zur Friedrich- und Georgenstra?e, wurde
vollst?ndig verschlossen. Der n?rdliche Zugang blieb ge?ffnet. Hier gelangte
man ?ber eine Treppe in eine Vorhalle, in der sich ein Fahrkartenschalter befand. Dieser Fahrkartenschalter blieb
stets durch Personal der BVG-Ost besetzt. Der weiter hinauf f?hrende Ausgang
zur Weidendammer Br?cke dagegen wurde geschlossen. Daf?r aber blieb der
Verbindungsgang zum Nord-S?d-Bahnsteig der S-Bahn offen. Man gelangte also
wieder hinunter zum Bahnsteig der S-Bahnen Richtung Anhalter Bahnhof und
Gesundbrunnen.
Auf diesem Bahnsteig wiederum begannen Treppen, die hinauf zum
Stadtbahnhof f?hrten. Hierbei betrat man die ebenerdig liegende Vorhalle des
Bahnhofs. Von hier aus gelangte man hinauf zur Stadtbahn mit ausschlie?licher
Fahrtrichtung nach Zoo und Wannsee, also nach West-Berlin. Au?erdem begannen
hier die G?nge zu den Grenzabfertigungsanlagen. Die wiederum waren je nach Ein
und Ausreise r?umlich getrennt. Die "Einreise in die Hauptstadt der
DDR" fand im Inneren des Bahnhofsgeb?udes statt, w?hrend f?r die
Ausreise um 1962 ein n?rdlich angeordneter Pavillon entstand, der so genannte
"Tr?nenpalast".
Erst nach
?berwindung der Grenzkontrolle aber gelangte man zum Vorhallenbereich der
Ost-S-Bahn. Einer der drei oberen Bahnsteige, der Bahnsteig A, diente dem
DDR-Binnenverkehr der S-Bahn Richtung Alexanderplatz und Ostkreuz. Der von der U-Bahn aus frei zug?ngliche Bahnsteig B
diente nur den Z?gen der S-Bahn Richtung Zoo/ Westkreuz. Der Bahnsteig C
dagegen diente dem Interzonen-Fernverkehr. Ab hier fuhren Z?ge nach
Westdeutschland ab. In diesem Bahnsteigbereich fand auch die regul?re Kontrolle
durchlaufender Reisez?ge statt. Damit aber nicht einfach ungehindert in diesen
Zug zugestiegen werden konnte, waren auf dem Bahnsteig wei?e Linien gemalt, die
erst nach Aufforderung, sonst aber unter keinen Umst?nden von den Reisenden
?berschritten werden durften.
Um in der Bahnhofshalle ein ?berlaufen
(etwa ?ber die Gleise) vom Ost-S-Bahnsteig
zum West-S-Bahnsteig zu unterbinden, wurden raumhohe Glasfl?chen errichtet.
Anfang der 80er Jahre wurden diese Glasfl?chen durch ?u?erst unansehnliche
Metallw?nde ersetzt. Au?erdem war an der westlichen Hallensch?rze ein Steg
?ber den Gleisen errichtet worden, der personell durch Grenzposten besetzt war.
Es ist selbstredend, dass Grenz- und zivile Stasiorgane in diesem
Bahnhofskomplex allgegenw?rtig waren.
Grenz?bergang Friedrichstra?e
Schematisierte und vereinfachte Darstellung
Als Westb?rger konnte man sich in diesem
Bahnhof absolut frei und unbehelligt bewegen, ohne jegliche Kontrolle konnte man zwischen den westlichen
Verkehrsmitteln frei umsteigen. Nur verlassen konnte man diesen Bahnhof nie ohne
Kontrollen. Nat?rlich hatte man gewisse Verhaltensregeln zu befolgen, etwa,
dass das Fotografieren nat?rlich streng untersagt war und auch nur sehr wenige
gewagt h?tten.
Die gesamte Bahnhofsanlage war perfekt
gesichert, die Staatsorgane der DDR waren in diesem Bahnhof allgegenw?rtig. Au?erdem
wurden in den 70er Jahren umfangreiche Videoanlagen installiert, womit das
gesamte Geschehen im Bahnhof perfekt unter Beobachtung war. Kontrolliert wurde
praktisch alles, auch die Organe beobachteten sich gegenseitig.
Im Laufe der Jahre entwickelte sich der Bahnhof
Friedrichstra?e zu einem Anziehungspunkt der besonderen Art: Mehr und mehr
"Intershops" wurden eingerichtet. Intershops waren eine Einrichtung
der DDR, wo gegen "Valuta", also gegen DM-West (und nat?rlich
US-Dollar) Westwaren verkauft
wurden. Intershops befanden sich ?berall in der DDR, vor allem in Bahnh?fen,
Hotels, Autobahnrastst?tten und eben auch im Bahnhof Friedrichstra?e. Die
Zielkundschaft der Intershops waren B?rger der DDR, die ?ber harte W?hrung
verf?gten und nat?rlich Bundesb?rger, die zu Besuch in der DDR waren. Im
Bahnhof Friedrichstra?e war dies anders: Hier war die Zielkundschaft der
West-Berliner, der zum Einkaufen zur Friedrichstra?e fuhr. In der Tat waren
diese L?den bei den Westberlinern recht beliebt, denn hier gab es Tabakwaren
und Alkoholika erheblich preiswerter als in Westberlin. Dies war m?glich, weil
die Waren hier Steuer- und zollfrei verkauft wurden. Eine Stange
Marlboro-Zigaretten beispielsweise, die in Westberlin 38 DM kostete, bekam man
hier f?r 25 DM. Manchmal im Angebot sogar noch billiger. Man bekam hier aber
auch Erzeugnisse der DDR, die zum Teil exklusiv f?r den Export hergestellt
wurden und auch Zeitungen, Zeitschriften, politische Literatur und dergleichen. F?r die DDR entwickelte sich dieser Bahnhof im Laufe der Jahre zu einer
wertvollen Devisenquelle. West-Berliner nannten diesen Bahnhof oft einfach nur
"Bahnhof Intershop".
Der Betriebsalltag
Die BVG-West beschaffte in den Jahren seit
1956 moderne U-Bahnz?ge, die in der Lage waren als "Einmann-Zug"
gefahren zu werden. Die Konsequenz dieser Entwicklung war, dass der Zugbegleiter
im Laufe der Jahre immer seltener wurde. Das Bahnsteigpersonal ?berwachte den
Fahrgastwechsel und gab dem Zugfahrer mittels eines Signals den Auftrag, die
T?ren zu schlie?en und ab zu fahren.
Diese Regelung galt nicht f?r die
Transitstrecken. Trotz der modernen Z?ge sind bis 1990 stets Begleiter mit
durch den Osten gefahren. Die Begleiter stiegen am letzten Bahnhof in Westberlin
in den F?hrerstand zu und begleiteten den Zug durch den Osten. Am ersten
Bahnhof im Westen stiegen sie wieder aus und fuhren zur?ck. Dar?ber hinaus
waren die letzten Bahnh?fe vor dem Osten immer doppelt besetzt. Hierdurch
sollte immer eine gr??tm?gliche Sicherheit f?r das BVG-Personal und die
Fahrg?ste gegeben sein.
Das Westpersonal achtete peinlichst genau darauf, dass der Zugverkehr im Osten
regelm??ig verlief. Stellte sich ein Verzug ein, dass ein Zug nicht
planm??ig aus dem Osten kam, wurde der planm??ig in den Osten fahrende Zug
zur?ckgehalten. Nicht selten kam es vor, dass der Zugumlauf im Osten ins
Stocken geriet. Dies konnte die verschiedensten Gr?nde haben. Nur ?u?erst
selten wurde dann die BVG-West von dem Grund der Verz?gerung in Kenntnis
gesetzt. Es gab zwar eine Telefonleitung zwischen den obersten Dienststellen der
BVG-Ost und der Betriebsleitung bei der BVG-West; das bedeutet aber noch lange
nicht, dass diese Leitung auch genutzt wurde. Wenn es aber zu einer
Betriebsunterbrechung aufgrund eines Schadens kam, konnte die BVG-West davon
ausgehen, dass diese St?rung einige Stunden dauern wird. Eine Sprechverbindung
zwischen Zugpersonal und Betriebsleitung-West gab es nicht: Funkger?te durften
nicht benutzt werden.
F?r die BVG war es dann zwecklos
Ersatzbusse einzusetzen, die n?mlich h?tten in einem gro?en Bogen um das
Ostberliner Stadtzentrum herumfahren m?ssen. Wenn es zum Beispiel einen
Schienenbruch gab, dann ging es dem Osten nicht um eine z?gige Behebung des
Schadens, sondern um Sicherheit: Es trat ein Verwaltungsakt in Aktion, denn
zun?chst musste ein politisch zuverl?ssiger Bautrupp zusammengestellt und die
Bewachung des selben sichergestellt werden und erst dann konnte mit der
eigentlichen Arbeit zur Behebung des Schadens begonnen werden.
W?hrend Fahrg?ste in Z?gen, die sich noch
in Westberlin befanden, Umsteigen und den Osten mit anderen Verkehrsmitteln
umfahren konnten, hatten die Fahrg?ste Pech, die sich in einem Zug befanden,
der bereits unter dem Osten der Stadt war. Dieser Zug wurde dann von den
Grenzorganen umstellt um zu verhindern, dass Fahrg?ste oder Zugpersonal den Zug
verlassen k?nnten. Dabei spielte es keine Rolle, wie eilig es ein Fahrgast auch
immer haben konnte. Es ist nur ein Fall bekannt, dass ein Zug auf der
Transitstrecke evakuiert wurde, auch sowas gabs!. Zu diesem Zweck gab es meist
einen Bus mit Fahrer der BVG-Ost, der irgendwo in der Berliner Innenstadt bereit
stand f?r den Fall der F?lle. Es soll in den 70er Jahren mal eine Evakuierung
eines Zuges auf der Linie 8 gegeben haben, wobei die Fahrg?ste unter
entsprechender Bewachung in diesen Bus geleitet und anschlie?end zu einem der
Grenz?berg?nge gefahren und somit wieder direkt und ohne weitere
Zwischenf?lle nach West-Berlin geschleust wurden.
In den allermeisten F?llen aber blieben Fahrg?ste und Personal im Zug bis
es weiterging. Erst in den letzten Jahren gab es eine Abmachung, die es
gestattete, dass ein liegen gebliebener U-Bahnzug mit Hilfe einer Schlepplok aus
der Transitstrecke gezogen werden durfte.
Als im August 1961 die Bahnh?fe im Osten
geschossen wurden, hatte die BVG-West vor, weiterhin im Osten zu halten. Aus
folgendem Grund: In der offiziellen Diktion des Westens gab es keine DDR. Sie
wurde von der Bundesrepublik bekanntlich niemals anerkannt. Da es nun also keine
DDR gab, konnte es auch kein DDR-Grenzregime geben. Denn das real existierende
Grenzregime war im Sinne des Westens illegal. Folglich gab es auch keine
gesperrten U-Bahnh?fe. Warum also, so die BVG-West, sollte nun in diesen
Bahnh?fen durchgefahren werden. Auch in den Netzpl?nen der ersten Mauerjahre
waren die Ostbahnh?fe noch regul?r eingezeichnet. Also, so meinte die BVG-West
als verl?ngerter Arm des Westens, ist es legitim, dass die Z?ge in den
gesperrten Bahnh?fen kurz anhalten, und wenn dies auch nur symbolisch ist.
Sofort gab es ?rger mit den Grenzorganen,
die den Halt auf den gesperrten Bahnh?fen untersagten. Die Z?ge h?tten ohne
Halt durchzufahren. Man einigte sich auf einen Kompromiss: Die BVG-Zugfahrer
wurden von der Leitstelle angewiesen mit vermindertem Tempo durch die Bahnh?fe
zu fahren. Und so wurde das in den folgenden Jahrzehnten dann praktiziert,
anders als die S-Bahn, die mit unvermindertem Tempo durch die Transitbahnh?fe
fuhr.
Es gab Fahrg?ste, die aus verschiedensten
(z.B. beruflichen) Gr?nden unter keinen Umst?nden in den Transitabschnitt
einfahren durften, da sie hiermit das "Hoheitsgebiet der DDR" betreten
h?tten. Aus diesem Grunde f?hrte die BVG-West schon in den 50er Jahren die
Dienstvorschrift ein, die die Fahrg?ste durch Ausruf darauf hinwies, dass die
grenznahen Bahnh?fe die "Letzten Bahnh?fe in Berlin-West" seien,
hierauf wurde oben schon hingewiesen. Anfang der 70er Jahre wurde der Wortlaut
ge?ndert: Statt "Letzter Bahnhof in den Westsektoren" hie? es nun
"Letzter Bahnhof in Berlin (West)". Dieser Wortlaut war von den
Zugabfertigern stets zu wiederholen.
Die Sicherheit ging noch weiter:
Technisch bedingt kann es vorkommen, dass ein Zugfahrer den Zug in einem Bahnhof
nicht rechtzeitig zum Halten bringen kann. Dies kann verschiedene Ursachen
haben, ist aber im Grunde genommen kein Problem, da in einem solchen Fall eine
Unfallgefahr nicht gegeben ist.
Wenn nun ein Zugfahrer mit der Zugspitze
erst hinter dem Bahnsteigende zum Stehen kommt, gilt grunds?tzlich bei der BVG
folgende Verfahrensweise: Der Zugabfertiger teilt den Fahrg?sten sowohl im Zug
als auch auf dem Bahnsteig mit, dass die T?ren geschlossen zu bleiben haben. Da
die Zugt?ren damals noch keinen Dauerverschluss w?hrend der Fahrt hatten, war
der Zugfahrer angewiesen, die T?ren mit Hilfe der Druckluftanlage geschlossen
zu halten. Wenn vom Zugabfertiger festgestellt wurde, dass kein Fahrgastwechsel
stattfand, hatte er den Abfahrauftrag zu erteilen. Nun hatte der Zugfahrer zum
n?chsten Bahnhof weiter zu fahren. Dies ist in den Dienstvorschriften
entsprechend geregelt, damit Fahrg?ste des ersten Wagens nicht ins Gleis fallen
k?nnen.
Diese Regelung galt an den letzten Westbahnh?fen vor den Transitstrecken nicht,
damit politisch gef?hrdete Personen die M?glichkeit haben, den Zug zu
verlassen.
Um den Halt technisch zu erzwingen, wurden
um 1964 die Signalanlagen an den betreffenden Bahnh?fen ge?ndert:
Grunds?tzlich waren die Signale rot, wenn ein Zug in den Bahnhof einfuhr.
Sollte er durchfahren, w?rde er zwangsgebremst werden. Mit Einfahrt in den
Bahnhof wurde ein Zeitmechanismus ausgel?st, der eine Weiterfahrt des Zuges
erst nach 30 Sekunden gestattete.
So war sichergestellt, dass der Zug in diesen Bahnh?fen halten wird.
In den Dienstvorschriften U-Bahn der
BVG-West gab es einen Passus, der sich speziell mit den Transitstrecken befasst.
Die BVG sprach dienstintern nicht von "Transitstrecken", sondern von
den "Streckenteilen Ri - Ks bzw. Vo - Mr". Den Terminus
"Transitstrecke" gab es im Westen nicht, denn es gab ja keine DDR nach
Auffassung des Westens...
Dort war zum Beispiel festgelegt, dass ein Halt auf einem Transitbahnhof unter
allen Umst?nden zu unterbinden war. Sah ein Zugfahrer zum Beispiel, dass ein
Ausfahrtsignal in einem gesperrten Bahnhof halt zeigte, war er angewiesen
sofort, also nach M?glichkeit noch vor dem betreffenden Bahnhof anzuhalten. Au?erdem
waren die Zugabfertiger auf den Grenzbahnh?fen angewiesen, eine Zugfolge von
mindestens 3 Minuten einzuhalten, nicht dichter. Sollte ein Fahrgast die
Notbremse ziehen, wobei sich der Zug noch auf West-Berliner Gebiet befindet, den
Grenzbahnhof aber bereits verlassen hat, ist der Zugbegleiter verpflichtet, den
Fahrgast -wenn er dies w?nscht- zum Grenzbahnhof zur?ck zu begleiten. (Gleis
stromlos machen, Kurzschlie?er setzen!) Sollte der Fahrgast zu einem Verlassen
des Zuges nicht in der Lage sein, ist der Zug in den Grenzbahnhof
zur?ckzuziehen. Wenn man sich vorstellt, dass auf der U6 im Berufsverkehr im
3-Minutentakt gefahren wird und ein Fahrgast einen solchen Wunsch ?u?ert,
bedarf es keiner Phantasie sich vorzustellen, was dann binnen Minuten auf dieser
Linie los ist...
Aber hier galt eben der Grundsatz (Sicherheits-) Interessen Einzelner gehen
?ber die Interessen Aller.
Hat ein Zug innerhalb der Transitstrecken
einen Schaden und kann der Zug nicht wieder zum Laufen gebracht werden, hat der
Zugfahrer oder der Begleiter ?ber die Streckenfernsprecher die Leitstelle zu
informieren, sofern dies von den Wachmannschaften zugelassen wird. ?ber die
Streckenfernsprecher erreicht das Personal die Dienststelle der BVG-Ost. Alles
weitere wird dann schon wieder zu hochpolitschen Angelegenheiten...
1973 gab es eine ?nderung: Ein U-Bahnhof
wurde umbenannt! Es war das Walter-Ulbricht-Stadion das den Namen wechselte. Es
hie? fortan "Stadion der Weltjugend". Walter Ulbricht, der die DDR
viele Jahre gef?hrt hat, hatte im Laufe seines politischen Wirkens eine sehr selbstherrliche Position eingenommen, was vielen politischen Gegnern
im eigenen Lager missfiel. Ulbricht selbst bezeichnete sich bei Gelegenheit
sogar als "unwiederholbar"! Besonders in der Zeit nach 1970 gab es zunehmend im Politb?ro Bedenken, ob der
Kurs Ulbrichts noch zeitgem?? war. Um Ulbricht legte sich ein Intrigennetz, ja
sein politisches Ansehen wurde zunehmend demontiert. Dies f?hrte schlie?lich
dazu, dass Ulbricht "aus gesundheitlichen Gr?nden" seine Staats?mter
niederlegte. Die Zeit Honeckers war gekommen. Am 1. August 1973 verstarb
Ulbricht. Er verschwand aus dem offiziellen Bild der DDR. So war es nahe
liegend,
dass auch das Walter-Ulbricht-Stadion den Namen ?ndern musste. Diese tief
greifende politische Entscheidung wirkte sich sogar im U-Bahnhof aus, einem
U-Bahnhof, der seit 1961 keine ihm eigene Aufgabe mehr hatte. Die alten Bahnhofsschilder
wurden dennoch entfernt und gegen neue ausgetauscht: "Stadion der Weltjugend"
hie? der Bahnhof fortan.
Bis nach 1 Uhr nachts wurde der Zugverkehr
durch die BVG aufrecht erhalten. Der letzte Zug, er fuhr gegen kurz nach eins,
war der so genannte "Lumpensammler". Der Bahnhof Friedrichstra?e war
aufgrund seiner preiswerten Intershops nat?rlich auch bei Alkoholikern recht
beliebt, gab es f?r sie hier doch ihren "Nordh?user" unschlagbar
preiswert. Kurz vor Betriebsschluss wurden diese Leute auf durch Grenzposten zum
Bahnsteig der U-Bahn getrieben. Wenn der Zug eingelaufen war, lie? man die
Leute im wahrsten Sinne des Wortes in den Zug fallen. Den Grenzposten n?mlich
war es strikt untersagt, die Z?ge der BVG zu betreten. Wenn nun die Besoffenen
im Zug waren und sicher gestellt war, dass kein "Grepo" mit
eingestiegen war: "Zur?ckbleiben!" - T?ren zu und ab! Am Halleschen
Tor in Westberlin war schon der Sicherheitsdienst der BVG parat und nahm diesen
Zug in Empfang: Nun ging es darum, diese Leute aus dem Zug auf die Stra?e zu
bef?rdern...
Die
Transitstrecken in Stadtpl?nen
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In Stadtpl?nen,
die im Westen vertrieben wurden, wurde ganz selbstverst?ndlich der
Ostsektor mit dargestellt. Hier ein Netzplan-Ausschnitt, der sich an den
tats?chlichen Gegebenheiten orientiert: Die Linien 6 und 8 und die S-Bahn
durchqueren den Osten nahezu ohne Zwischenstopp. Die davon unabh?ngigen
Ostlinien sind auch unabh?ngig durch andere Farbwahlen dargestellt. Hier
ein U- und S-Bahnplan in einem zeitgen?ssischen Falk-Plan von 1977.
(Berlin, 38. Auflage)
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Ganz anders
dagegen ein in der DDR vertriebener Stadtplan von "Berlin, Hauptstadt
der DDR". In ihm ist "Westberlin" nur als eine wei?e
Fl?che dargestellt. In diesem U- und S-Bahnnetzplan scheint Berlin an der
Friedrichstra?e und am Th?lmannplatz zu Ende zu sein. Ebenso wird auf
die Darstellung der Transitstrecken der Westberliner U-Bahn v?llig
verzichtet. Im Hauptplan hingegen sind die Westberliner S-Bahnlinien
dargestellt, was aufgrund der damaligen politischen Situation der
Westberliner S-Bahn nahe liegend ist. Hier ein Stadtplan von Berlin,
herausgegeben 1978 vom VEB Landkartenverlag der DDR.
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Hier die Umgebung
des Bahnhofs Friedrichstra?e in einem vom Osten herausgegebenen Stadtplan
Berlins. Auffallend die fehlende Darstellung der U-Bahn-Transitstrecke
unter der Friedrichstra?e und die S-Bahnh?fe auf den "Feldern und
Wiesen" jenseits des Brandenburger Tores.
Immerhin wird am Lehrter Bahnhof bei der
S-Bahn darauf hingewiesen, dass dort ein Grenz?bergang ist. In Wahrheit
befand er sich nat?rlich im Bahnhof Friedrichstra?e. Bei der
Nord-S?d-S-Bahn wird unter der Stresemannstra?e auf dieses Symbol
verzichtet.
Hier: Buchplan Berlin Hauptstadt der DDR,
herausgegeben 1980 vom VEB Tourist Verlag.
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Hier ein
"Orientierungsplan Demokratisches Berlin" von der Ost-Berliner
Innenstadt. Herausgegeben vom VEB Landkartenverlag der DDR 1964. Und hier
wirds schon wieder politisch:
Die Sternchen-Anmerkung zu
"WESTBERLIN" in diesem Plan lautet:
"*) Westberlin: Bereich des
Besatzungsregimes der USA, Gro?britanniens und Frankreichs."
Diese Anmerkungen verschwanden erst um 1972 mit Verabschiedung des
Grundlagenvertrags.
Im ?brigen hatte die BVG-West in jenen
Jahren auf die Darstellung der S-Bahn in ihren Liniennetzen verzichtet.
Der U-Bahnhof hei?t ja nach wie vor auch nur "Zoologischer
Garten", nicht "
Bahnhof
Zoo" oder ?hnlich.
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Die Flucht
Im M?rz 1980 gab es sogar eine
gegl?ckte Flucht auf der Transitstrecke: Dies war aber nur m?glich, weil der
Fl?chtende Mitarbeiter der BVB war und f?r die Reparatur von Signalen
zust?ndig war. Er fl?chtete nicht alleine sondern mit nahen Verwandten, sie
waren zu viert. Wie war das m?glich? Der BVB-Angeh?rige hatte die Erlaubnis,
die Signalanlagen in den Transitstrecken und warten. Hierzu musste er sich nur
bei den Grenzorganen anmelden.
Die Flucht selber war
abenteuerlich: Am 6. M?rz fuhr er au?erhalb des Dienstes mit
seiner Familie mit der U-Bahn (Linie A) Richtung Th?lmannplatz. Wird es die
letzte U-Bahnfahrt bei seinem Arbeitgeber in Ost-Berlin sein? Einen Bahnhof
hinter Alexanderplatz, an der Klosterstra?e verlie?en sie den Zug. Es war
gegen 18 Uhr an diesem Donnerstag. Sie warteten, bis der Zug Richtung
Th?lmannplatz abgefahren war und der Zugabfertiger in seinem H?uschen
verschwunden war. Der Bahnhof war menschenleer. Sie schauten sich um und blitzschnell sprangen sie von
der Bahnsteigkante in das Gleisbett und schlichen ?ber die Schwellen zur?ck
Richtung Alexanderplatz. Jetzt wird's dunkel. Achtet auf die offenen
Stromschienen! Unmittelbar hinter dem Bahnhof zweigt rechts der
Klostertunnel ab, der als Verbindungsgleis zwischen den Linien A und E dem
internen Zugverkehr dient.
Die internen Tunnelanlagen unter Ost-Berlin:
Unter der Littenstra?e der "Waisentunnel" und zwischen Litten- und
Klosterstra?e neben der Kirche der "Klostertunnel"
Nach wenigen hundert Metern, der Tunnel
vollzieht eine S-Kurve m?ndet dieser Tunnel in einen weiteren internen Tunnel,
den "Waisentunnel". Hier nun wandte sich die Familie nach rechts und
ging auf dem einzelnen Gleis entlang Richtung Jannowitzbr?cke. Einige hundert
Meter weiter, etwa unter dem Rolandufer, ist dieser Tunnel abgesperrt. Hier
befindet sich ein Flutschott, welches immer verschlossen ist. Hinter diesem
Schott befindet sich die Tunneleinf?delung in die Linie 8 der BVG-West. Doch
das Schott ist und bleibt geschlossen. Oberhalb des Schotts gibt es einen
Betriebsraum, von dem aus das Schott bet?tigt werden kann. Aber die Bet?tigung
w?rde mit Sicherheit einen Alarm ausl?sen, deshalb durfte dieses Schott nicht
bewegt werden. Dennoch gibt es in diesem Arbeitsraum eine Verbindungst?r. Diese
aber ist nur von der anderen Seite zu ?ffnen. Und so quartierte der BVBer seine
Familie in diesem kleinen engen Raum ein. Er ging daraufhin zur?ck Richtung
Klosterstra?e. Kein Mensch hatte ihn bislang bemerkt. Still sprang er wieder
auf den Bahnsteig an der Klosterstra?e und verlie? den Bahnhof. Er ging zu
Fu? die wenigen Meter durch die Stralauer Stra?e vom U-Bahnhof Klosterstra?e
zum Bahnhof Jannowitzbr?cke. Da er dort des ?fteren zu tun hat, kannte er sich
ja bestens aus und wusste, wie er in diesen der ?ffentlichkeit unzug?nglichen
Bahnhof gelangen konnte. Bei den Trapos meldete er sich an mit der Bemerkung,
dass er im Streckentunnel Richtung Heinrich-Heine-Stra?e ein Signal ?berpr?fen
m?sste. Es g?be da einen gemeldeten Schaden...
Die Trapos sch?pften keinen Verdacht, da
dies durchaus vorkommen konnte. Schnell war der BVBer im Tunnel
verschwunden und ging die wenigen Meter Richtung S?den. Dort m?ndet von rechts
der Waisentunnel aus Richtung Alexanderplatz und Klosterstra?e kommend ein. Er
schlich in diesen Tunnel und war nach wenigen Metern unter der Spree an dem
geschlossenen Stahltor, nun aber von der anderen Seite. Schnell die kleine
Stiege hoch zum Arbeitsraum, der durch die Stahlt?r verschlossen ist. Er bricht
das Schloss auf, ?ffnet die T?r und findet seine Familie vor. Nun aber los!
Alle Mann die Stiege wieder runter und dann unter der Spree durch. Bald waren
sie wieder am Transittunnel in H?he des M?rkischen Ufers angekommen. Nun hie?
es warten. Der BVGer hatte seine Diensttaschenlampe dabei, wie es Vorschrift
ist. Diese Lampe ist der Schl?ssel zu Westen.
Ein Windzug! Eine U-Bahn naht... Er
?berlegt, ob er diesen Zug anhalten soll. Doch schon sieht er die beiden runden
Scheinwerfer nahen. Er hebt die Taschenlampe, auf rot geblendet und macht
Kreisbewegungen. F?r jeden Zugfahrer bedeutet dies: "SOFORT HALTEN -
GEFAHR" Abrupt h?lt der BVG-West-Zugfahrer seinen Dora-Zug an. "Was
issn los?" fragt der Begleiter. "K?nnt ihr uns mitnehmen?"
"Klar! Reinkommen! Hinlegen!" Blitzschnell kletterten sie in den
F?hrerstand zu viert. T?r zu und ab. Die Fahrg?ste haben nichts gemerkt...
Und auch die Trapos nicht! Langsam rumpelt der Zug ?ber die alten Gleise zur
"Heinrich-Heine-Stra?e", verlangsamt sein Tempo und schleicht durch
den Bahnhof. Und wieder Tempo. Wenige Sekunden sp?ter kann man an der Wand den
Strich erkennen. Ein deutlicher Schienensto? und der Zug ist in West-Berlin. Im
hell-erleuchteten Bahnhof Moritzplatz kommt der Zug zum stehen. Es ist halb
Zehn, wir sind im Westen!
Devisenbringer
U-Bahn
Die U-Bahn-Transitstrecken waren eine wertvolle Einnahmequelle der DDR. Die DDR
war bestrebt, die zu erbringenden Ausgaben f?r den Unterhalt und Betrieb der
Strecken vom Westen zur?ckerstattet zu bekommen. Hierzu beschloss das
Pr?sidium des Ministerrates der DDR im Oktober 1962 die Weisung, dass der
West-Berliner Senat oder eine entsprechende Dienststelle j?hrlich r?ckwirkend
ab August 1961 eine Transitpauschale zu entrichten hat. Sie hatte eine H?he von
monatlich rund 181.000 DM. Das Ministerium f?r Ausw?rtige Angelegenheiten der
DDR richtete dieses Anliegen an den Westen unter dem Hinweis, dass der Erhalt
dieser Strecken viel Geld kostet und andererseits die Strecken "im
Interesse der Westberliner Bev?lkerung" liegen und man m?gliche
Konsequenzen vermeiden wolle.
Zur Begleichung dieser Schuld war der
West-Berliner Senat auch bereit. Im M?rz 1963 trafen Vertreter des
Verkehrsministeriums der DDR und Vertreter des Senats von Berlin (West) und der
BVG (West) in Ostberlin zusammen, um Details zu kl?ren. Unstimmigkeiten
tauchten bei diesen "in aufgeschlossener Atmosph?re" gef?hrten
Gespr?chen dar?ber auf, dass die DDR die Zahlungen gern ?ber ein
Auslands-Devisenkonto bei der Deutschen Notenbank f?hren wollte. Der Westsenat
war daran interessiert, dass diese Verhandlungen keinen grunds?tzlichen
Charakter auf staatlicher Ebene haben, sondern auf st?dtischer oder
betrieblicher Ebene verlaufen sollten und somit ein Finanzaustausch zwischen der
BVG-West und der BVG-Ost direkt stattfinden sollte, schlie?lich w?ren ein
Geldfluss ?ber ein Auslandskonto der DDR die faktische Anerkennung der DDR
durch den Westen gewesen. Letztlich einigte man sich darauf, dass die BVG-West
das Geld ab 1. August 1963 r?ckwirkend ab August 1961 direkt an die BVG-Ost
?berweist.
Viele Jahre blieben die Betr?ge gleich,
doch ab 1971 wurde seitens des Ostens der Betrag immer ?fter erh?ht. Hier die
einzelnen Betr?ge:
Zeitraum
|
Monatliche Betr?ge
|
01.08.1963 - 31.12.1970
|
181.132 DM
|
01.01.1971 - 31.12.1975
|
248.766 DM
|
01.01.1976 - 31.12.1978
|
320.908 DM
|
01.01.1979 - 31.12.1980
|
352.998 DM
|
01.01.1981 - 31.12.1982
|
388.298 DM
|
01.01.1983 - 31.03.1984
|
438.777 DM
|
01.04.1984 - 31.03.1985
|
456.328 DM
|
01.04.1985 - 31.03.1986
|
470.930 DM
|
01.04.1986 - 31.03.1987
|
486.942 DM
|
01.04.1987 - 31.03.1988
|
490.351 DM
|
01.04.1988 - 31.03.1989
|
491.822 DM
|
01.04.1989 - 30.06.1990
|
495.756 DM
|
Die Transitstrecken nach
November 1989
Am 9. November 1989 wurde die Berliner Mauer
ge?ffnet. Der Zustrom von DDR-B?rgern nach Westberlin war gerade am Bahnhof
Friedrichstra?e unbeschreiblich. Dies hatte nat?rlich Folgen f?r die U6: Der
Bahnsteig war zeitweise derart ?berf?llt, dass der Zugang zum Bahnsteig aus
Sicherheitsgr?nden gesperrt werden musste. Die Lage war damals folgende: Alle
aus Richtung Osten kommenden S-Bahnlinien endeten an der Friedrichstra?e. Um in
Richtung West-Berlin zu gelangen, mussten die Besucher auf die West-S-Bahn oder
die U6 umsteigen:
S1: Frohnau - Friedrichstra?e - Anhalter
Bahnhof - Wannsee
S3: Friedrichstra?e - Zoo - Wannsee
U6: Tegel - Friedrichstra?e - Alt-Mariendorf
Der Bahnhof Friedrichstra?e hatte
entsprechend ein enormen Umsteigeverkehr zu verkraften, noch dazu mit den damals
noch vorhandenen komplizierten und verwinkelten G?ngeanlagen aus Zeiten der
geschlossenen Grenze.
Dies waren nat?rlich unhaltbare Zust?nde. Dies sahen alle
entscheidungsberechtigten Instanzen sowohl in Berlin (West) als auch in der DDR
ein.
Dagegen standen aber technische und bauliche Gr?nde, die eine Herstellung der
Betriebsverh?ltnisse in den Zustand von vor 1961 kurzfristig unm?glich
machten.
So war es ?blich, dass in den n?chtlichen
Betriebspausen der Fahrstrom auf den Transitstrecken unterbrochen wurde.
Trotz der unbeschreiblichen Besuchermassen, war es der BVG-West nicht m?glich,
den Zugverkehr auf der U6 durch den Osten aufrecht zu erhalten. In der Nacht vom
9. auf den 10. November wurde der Fahrstrom abgeschaltet: Die BVG richtete auf
drei Linien einen 10-Minutentakt ein: Auf der U9 (Osloer Stra?e - Rathaus
Steglitz), auf der U6 von Kochstra?e nach Alt-Mariendorf und auf der U8 von
Voltastra?e nach Paracelsusbad. Erst in der Folgenacht wurde auf der U6 ein
durchgehender Nachtbetrieb geboten.
Umgehend fanden sich Mitarbeiter der
BVG-West und der BVB-Ost zusammen, um zu beratschlagen, was unternommen werden
k?nnte, um den ?berlasteten Bahnhof Friedrichstra?e zu entlasten.
Schnell zeigte sich, dass es sinnvoll w?re,
U-Bahnh?fe zu er?ffnen, die eine Umsteigem?glichkeit zu anderen
Ost-S-Bahnlinien boten. Hierzu kamen aber nur die U8-Bahnh?fe Jannowitzbr?cke
und Alexanderplatz in betracht. Schon am 10. November (Die Grenze war erst
wenige Stunden offen) begannen Mitarbeiter beider Betriebsteile, den Bahnhof
Jannowitzbr?cke passierbar zu machen. Als erstes musste die
Bahnsteigbeleuchtung einigerma?en instand gesetzt werden, au?erdem wurde der
Bahnsteig und der s?dliche Zugangsbereich gereinigt. An den erblindeten
Zugzielanzeigen auf dem Bahnsteig wurden Pappschilder mit den Aufschriften
"Nach Paracelsus-Bad" und "Nach Leinestra?e"
befestigt.
Am Mittag des 11. November
konnte der erste Fahrgastzug Richtung Paracelsusbad von den beiden Berliner
B?rgermeistern (Walter Momper und Erhard Kraack) abgefertigt werden.
Dies war nat?rlich nur eine unbefriedigende
Gesamtl?sung aber ein erster unb?rokratischer Schritt zur Normalisierung der
Verkehrsverh?ltnisse.
Hierbei darf nicht vergessen werden, dass
offiziell nach wie vor noch eine Personen- und Zollkontrolle seitens der DDR
stattfand. Es war n?mlich nur den DDR-B?rgern erlaubt nach West-Berlin zu
fahren. Umgekehrt bestand f?r West-Berliner und Bundesb?rger noch eine
Visumpflicht (bis 22.Dez.). Um die Kontrollen durchzuf?hren richtete das
Grenzregime eine "Grenz?bergangsstelle" ein. Diese Bestand aus
einigen Tischen, die sich im Zugangsbereich zum Bahnsteig der U-Bahn befanden.
Aufgrund des enormen Besucherstroms freilich fand nur eine fl?chtige
Sichtkontrolle der Ausweise statt, die so gar nichts mit den
Kontrollgewohnheiten fr?herer Zeiten zu tun hatte.
Schnell zeigte sich, dass der eine Zugang am
Bahnhof Jannowitzbr?cke f?r die Besuchermassen nicht ausreichte. So war sehr
schnell klar, dass auch der n?rdliche Zugang zur Schicklerstra?e wieder
ge?ffnet werden musste. Hierzu ist anzumerken, dass dieser Vorhallen- und
Tunnelbereich in den ersten Jahren nach dem Mauerbau noch als Fu?g?ngertunnel
unter der Alexanderstra?e genutzt werden konnte. Sp?ter wurden Teile der
Eing?nge beseitigt, die nun wiederhergestellt werden mussten.
Nach der ?ffnung des Nordzugangs wurde ein
Fahrgastfluss auf diesem Bahnhof eingerichtet: Die "Einreise" in den
Ostteil erfolgte ?ber den S-Bahn-seitigen Zugang, Die "Ausreise"
dagegen erfolgte ausschlie?lich ?ber den neu freigegebenen Nordzugang, wobei
die von der S-Bahn kommenden Fahrg?ste einen Fu?marsch von etwa 200 Metern zu
absolvieren hatten. Die Nutzer zeigten aber Verst?ndnis, denn was sind schon
200 Meter Fu?weg gegen 65 Jahre Wartezeit...
Die ?ffnung des U-Bahnhofs Alexanderplatz
f?r den Zugverkehr der U8 hingegen verbot sich, da die BVB auf dem Bahnsteig
eine "Bahnmeisterei" errichtet und entsprechend bauliche
Ver?nderungen vorgenommen hat. Diese Bauten konnten unm?glich in wenigen Tagen
beseitigt werden.
Aus diesem Grunde beschloss man als n?chstes den U-Bahnhof Rosenthaler
Platz zu reaktivieren. Er lag verkehrsg?nstig zu diversen Stra?enbahnlinien
Richtung Pankow, Marzahn und Hohensch?nhausen.
Am 18. Dezember war es so weit. Der
U-Bahnhof Rosenthaler Platz wurde f?r den Fahrgastverkehr frei gegeben. Auch
hier wurden in der Vorhalle des Bahnhofs Tische f?r die Grenzorgane
aufgestellt, doch Kontrollen fanden praktisch nicht mehr statt.
Bei diesen beiden Bahnh?fen belies man es
zun?chst, w?hrend im ?brigen Stadtgebiet laufend weitere Stra?en?berg?nge
zwischen West und Ost geschaffen wurden: Am 22. Dezember zum Beispiel wurde das
Brandenburger Tor f?r Fu?g?nger wieder frei gegeben.
Am 18. April wurde der im Osten liegende
U-Bahnhof Bernauer Stra?e wiederer?ffnet. Dieser Bahnhof aber wurde
zollrechtlich dem Westteil der Stadt zugeschlagen. Dieser Bahnhof n?mlich
befand sich unmittelbar an der Sektorengrenze, wobei der n?rdliche zur Bernauer
Stra?e f?hrende Zugang fast an der Grenzlinie lag. Daher er?brigten sich an
diesem Bahnhof die Kontrolltische der Grenzorgane.
In jenen Tagen beschlossen die Regierungen
der beiden deutschen Staaten die Wirtschafts-, W?hrungs- und Sozialunion. Mit
ihr w?re das getrennte Zollwesen hinf?llig und somit jede Art der
Personenkontrolle auch auf offiziellem Niveau ?berfl?ssig. Als Stichtag der
Union wurde Sonntag, der 1. Juli 1990 festgelegt.
F?r die BVG und BVB Grund genug, alle
anderen noch geschossenen U-Bahnh?fe der ?ffentlichkeit zug?nglich zu machen.
Insbesondere auf der U6 waren noch fast alle Bahnh?fe geschlossen. An einigen
Bahnh?fen waren die Grenzeinbauten zu beseitigen, am U8-Bahnhof Alexanderplatz
die Bahnmeisterei. Au?erdem mussten die U6-Bahnh?fe umfassend renoviert
werden, da diese Bahnh?fe keine Wandfliesen sondern nur einfache Putzw?nde
hatten. Diese waren im Laufe der vergangenen Jahrzehnte recht unansehnlich
geworden.
Fristgerecht mit Betriebsaufnahme am ersten
Tag der W?hrungsunion konnten die Bahnh?fe der U6 wieder benutzt werden. Alle
wiederer?ffneten Bahnh?fe erstrahlten frisch renoviert. Allerdings blieben
einige Zug?nge in der ersten Zeit noch geschlossen, so auch der wieder wichtige
"M?usetunnel" im Bahnhof Stadtmitte, au?erdem der einst st?rker
gesicherte weil grenzn?here S?dzugang.
Gegen 11 Uhr am 1. Juli wurden auch die noch
geschlossenen Bahnh?fe der U8 wieder frei gegeben. Allerdings blieben auch hier
einige Zug?nge noch geschlossen: Der Bahnhof Heinrich-Heine-Stra?e hatte
zun?chst nur einen einzigen Zugang am n?rdlichen Ende, da alle anderen
Zug?nge regelrecht beseitigt wurden. Ebenso verhielt es sich im U-Bhf.
Weinmeisterstra?e, der zun?chst ebenfalls nur einen Zugang am Nordende
aufzuweisen hatte.
Die erw?hnte Bahnmeisterei auf dem
Bahnsteig des Bahnhofs Alexanderplatz konnte ebenso noch nicht restlos beseitigt
werden, daher ist der n?rdliche in die Dircksensta?e m?ndende Ausgang
ebenfalls noch geschlossen.
Bereits im September 1990 wurden am
U-Bahnhof Franz?sische Stra?e die alten Eingangsportale. Es sind
originalgetreue Nachbauten der Entw?rfe von 1923, die Alfred Grenander f?r
diese Linie exklusiv entwarf. Ebenso wurde am Bahnhof Friedrichstra?e der seit
1961 geschlossene S?d-Zugang zur Georgenstra?e wieder freigegeben.
Am
30. November 1990 wurde der "M?usetunnel" wieder freigegeben. Er
verbindet die U2 mit der U6 im Bahnhof Stadtmitte. Erwartungsgem?? ist der
Bahnhof Stadtmitte wieder einer der wichtigsten Umsteigebahnh?fe.
Die Transitstrecken sind wieder zu v?llig
normalen U-Bahnstrecken geworden, der Alltag ist l?ngst wieder eingekehrt.
Noch Monate aber war
der alte Muff in den Bahnh?fen zu riechen, da die meisten Notausg?nge und
Bahnh?fe derart verrammelt waren, dass kaum ein ausreichender Luftaustausch
gegeben war. Auch dies normalisierte sich im Laufe der Zeit.
Im Laufe der Jahrzehnte w?hrend der Teilung
hat die BVG-West die nur 80 Meter langen Bahnsteige der Nord-S?d-Bahn (U6) auf
110 Meter verl?ngert. Somit war es zumindest auf den Westberliner
Streckenabschnitten der U6 m?glich, 6-Wagenz?ge einzusetzen (von Hallesches
Tor nach Mariendorf und von Wedding nach Tegel). Auf dem Transitabschnitt war
dies nicht m?glich, da unter anderem der Bahnhof Friedrichstra?e noch seine
originale Bahnsteigl?nge von 80 Metern besa?. Daher beschloss die BVG Anfang
der 90er Jahre, alle "kurzen" Bahnh?fe im Osten ebenfalls auf 110
Meter L?nge auszubauen. Mit diesen Bauarbeiten wurde 1992 begonnen. Im
September 1996 war der Umbau an allen Bahnh?fen abgeschlossen. Bei dieser
Gelegenheit wurden vor allem die ehemaligen Transitbahnh?fe umfassend
instandgesetzt und mit einer neuen Beleuchtungsanlage versehen. Auch der
finstere "M?usetunnel" im Bahnhof Stadtmitte wurde umfassend
renoviert und hat seine bedr?ckende Atmosph?re verloren. Daher sind von den
alten Grenzsicherungen keine Spuren mehr auszumachen. Heute pr?sentieren sich
diese Bahnh?fe sehr hell und freundlich, von dem alten finsteren
Katakomben-Dasein dieser Strecke blieb nichts ?brig.
Planungen
Es gab auf beiden Seiten Gedankeng?nge und
Planspiele, wie man diesen absurden Zustand des Transitverkehrs beenden oder
?ndern k?nnte.
Selbstverst?ndlich muss hier auch die Frage gestattet sein, warum die DDR diese
Transitstrecken nicht von der BVG-Ost f?r den Ostberlin-internen U-Bahnverkehr
selber nutzte. Um es vorweg zu nehmen: Ernsthaft ist dies nie angedacht worden.
Auch trotz des Baubeginns des so genannten "Mohrentunnels"* nicht. F?r die DDR
waren die Transitstrecken stets willkommene Devisen-Einnahmequellen. Ab 1962
wurden r?ckwirkend Millionenbetr?ge bis Ende 1989 vom (West-) Berliner Senat
an die DDR geleistet. Aus diesem Grunde bestand f?r die DDR auch keine
M?glichkeit, die Strecken selbst zu nutzen. Aus all diesen Gr?nden betrieb die
BVG-Ost bzw. die BVB parallel eigene Buslinien.
(* Der Mohrentunnel entstand ab etwa 1988,
wurde aber nie vollendet, und nach der Wende wieder beseitigt. Er sollte eine
Gleisverbindung zwischen der Linie U2 und U6 beim Bahnhof Stadtmitte bieten. Er
war als eine Bauvorleistung unter den Neubauprojekten der Friedrichstra?e
gedacht, ohne eine konkrete Aufgabe zu haben. Sinn dieses Tunnels w?re nur,
dass man die in Ostberlin liegenden Teile der U6 als Ostberliner
Kleinprofillinie betreiben k?nnte und durch diesen Tunnel die Fahrzeuge
austauschen k?nnte.
Dennoch wurden seitens des West-Berliner
Senats Pl?ne angedacht, den Transitverkehr zu beenden und wirksam zu ersetzen.
Wie schon oben erw?hnt hat die BVG-West bereits in den 50er Jahren
Verbindungsweichen eingebaut, um ein unkompliziertes Wenden der Z?ge zu
erm?glichen.
Langfristig war angedacht, eine 10. U-Bahnlinie von Steglitz bis nach Wei?ensee
zu bauen. Dies entsprach zumindest den 200-Kilometerplanungen des Westsenats. Da
diese Pl?ne nicht durchf?hrbar waren, da die Strecke ab Potsdamer Platz im
Ostsektor verlaufen w?re, wurde als Endpunkt der U-Bahnhof
"Nationalgalerie" angedacht. Dies war nat?rlich in der geteilten
Stadt wenig sinnvoll. So gab es Pl?ne, diese Linie alternativ auf West-Berliner
Gebiet zu verl?ngern: Eine Variante war die Streckenf?hrung ab U-Bhf.
Kurf?rstenstra?e ostw?rts Richtung Kochstra?e zu f?hren und letztlich (der
alten NS-S-Bahn-Planung entsprechend) Richtung Moritzplatz zu f?hren. Die
andere hier interessantere Planung war, die Linie 10 ab Nationalgalerie Richtung
Norden weiter zu f?hren, und zwar unter der Entlastungsstra?e entlang am
Brandenburger Tor/Reichstag zum Lehrter Stadtbahnhof, weiter entlang der Lehrter
Stra?e bis in H?he der Fennstra?e (Schering). Zwar endet diese Planung hier,
aber es w?re unsinnig, diese Strecke nicht bis an die Linie 6 heranzuf?hren.
So h?tte ein Verkn?pfungsbahnhof der Bahnhof Wedding sein k?nnen. M?glich
w?re hierbei durchaus eine Verbindung der n?rdlichen Linie 6 mit der Linie 10
zu einer durchgehenden Linie von Tegel bis nach Steglitz (-Lichterfelde) Die
s?dliche Linie 6 h?tte demzufolge am Bahnhof Kochstra?e ihren dauerhaften
Endpunkt gefunden.
Absurder dagegen sind die Planspiele des
Senats, unter der bestehenden Linie 6 eine neue Tief-U-Bahn zu bauen, die ohne
Zwischenhalte von Kochstra?e nach Reinickendorfer Stra?e gefahren w?re.
Schwieriger dagegen war ein Ersatz f?r die
Linie 8, die weit ?stlicher durch den Ostsektor fuhr. Hier war ein
Streckenneubau, auch mit Hinblick auf die wesentlich geringere
Fahrgastauslastung auf dieser Linie nie vorgesehen. H?tte die DDR diese Strecke
geschlossen, h?tte es auch auf lange Sicht f?r die BVG bedeutet, dass die
Linie 8 von Leinestra?e kommend am Moritzplatz geendet h?tte. Ein
Pendelverkehr zwischen Voltastra?e und Gesundbrunnen dagegen ist
auszuschlie?en. Erst ab 1977, als die Linie 8 nach Osloer Stra?e verl?ngert
wurde, h?tte die M?glichkeit bestanden, einen (wenn auch wenig sinnvollen)
Pendelverkehr zur Voltastra?e zu betreiben.
Wesentlich konkretere Pl?ne
dagegen gab es mit dem Bahnhof Friedrichstra?e: Seit 1985 war der umfassende
Wiederaufbau der Friedrichstra?e "als Boulevard mit Weltniveau"
vorgesehen. So sollte s?dlich des Bahnhofs an der Georgenstra?e ein ein
gro?es Variet?-Theater (das Wintergarten-Variet?) entstehen. In diesem
Theater war die Einrichtung der Grenz?bergangsstellen vorgesehen, die
unterirdisch mit dem benachbarten Bahnhofsgeb?ude verbunden werden sollten. In
dieser Folge sollte der Tr?nenpalast abgerissen werden und das Gel?nde zu
einer Gr?nanlage umgestaltet werden. Es stand allerdings noch nicht genau fest,
wann dieser Bau entstehen sollte. Anzunehmen aber ist, dass der Bau heute
existieren w?rde, wenn es die DDR noch g?be. Diese Planungen beweisen, dass
die DDR an ihrem Grenzregime noch lange Zeit festhalten wollte, so wie es Erich
Honecker im Januar 1989 bekr?ftigte:
"Die Mauer
wird in f?nfzig und auch in hundert Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu
vorhandenen Gr?nde noch nicht beseitigt sind. Das ist schon erforderlich, um
unsere Republik vor R?ubern zu sch?tzen, ganz zu schweigen von Denen, die gern
bereit sind, Stabilit?t und Frieden in Europa zu st?ren. Die Sicherung der
Grenze ist das souver?ne Recht eines jeden Staates und so auch unserer
Deutschen Demokratischen Republik."
Lesetipp:
Zu den S-Bahn-Transitstrecken empfehle ich w?rmstens folgende
B?cher:
Z?ge
durch Mauer und Stacheldraht
Bernd Kuhlmann, Verkehrsgeschichtliche Bl?tter Extra,
Verlag GVE 1998
Nord-S?d-Bahn -
vom Geistertunnel zur City-S-Bahn
Signal-Sonderausgabe, Interessengemeinschaft Eisenbahn und Nahverkehr Berlin,
IGEB
GVE Berlin 1992
Geisterbahnh?fe -
Westlinien unter Ostberlin
Heinz Knobloch, Ch. Links Verlag, Berlin 1992
...leider wird in
diesen B?chern kaum auf die U-Bahn-Transitstrecken eingegangen.