Umstrittene Preisvergabe
Quadriga-Kuratorium?sagt Putin-Ehrung ab
Die Kritik war heftig, jetzt zieht das Kuratorium die Konsequenzen: Wladimir Putin wird nun doch nicht mit dem Quadriga-Preis ausgezeichnet. Vorausgegangen war ein heftiger Streit, der R?ckzug von Jurymitgliedern - und eine Drohung V?clav Havels.
Berlin - Die Vergabe des Quadriga-Preises wird in diesem Jahr ausgesetzt. Und zwar komplett. Das Kuratorium hat sich am Samstag darauf geeinigt, die Preisvergabe in diesem Jahr ausfallen zu lassen. Damit erh?lt nicht nur der russische Ministerpr?sident
Wladimir Putin
keinen Preis f?r seine F?hrungsqualit?ten, sondern auch die anderen Nominierten gehen leer aus.
Die Quadriga sei "betroffen von der massiven Kritik in den Medien und Teilen der Politik an einer Entscheidung, die die bisherige Praxis der Kooperation und Verst?ndigung aufnimmt und weiterentwickelt", schrieb das Kuratorium in einer am Samstag ver?ffentlichten Erkl?rung. Putins Nominierung als einer der vier Preistr?ger 2011 stehe "in einer Reihe mit bisherigen Entscheidungen, jeweils einen der vier Jahrespreise an Pers?nlichkeiten zu geben, die sich in besonderem Ma?e f?r die Beziehungen zum geeinten Deutschland eingesetzt haben", hie? es in der Begr?ndung des Preisverzichts weiter.
Noch am Dienstag hatte die Jury entschieden, trotz der Kritik an der Auszeichnung Putins festzuhalten. Nominierte Preistr?ger f?r das Jahr 2011 waren neben Putin die mexikanische Au?enministerin Patricia Espinosa, die t?rkischst?mmige Autorin Bet?l Durmaz und der pal?stinensische Ministerpr?sident
Salam Fajad
.
Mathiopoulos kritisiert "heftig aufgekommenen Moralismus"
Auch die Historikerin
Margarita Mathiopoulos
, die Mitglied des Kuratoriums ist, kritisierte die ?ffentlichen Reaktionen auf die Pl?ne, Putin auszuzeichnen. Der "heftig aufgekommene Moralismus von verschiedenen politischen und publizistischen Ecken", erstaune sie, sagte Mathiopoulos der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Sie fragte: "Sind wir in dieser Republik nicht auch von Politikern wie Hans Globke,
Herbert Wehner
oder
Joschka Fischer
mitregiert worden? Hatten alle drei nicht auch eine kontroverse Vergangenheit?" In der Tat sei Putin kein "lupenreiner Demokrat". Aber auch "in lupenreinen Demokratien sind nicht unbedingt alle politisch Verantwortlichen lupenreine Demokraten".
Der Preis wird verliehen an "Vorbilder, die Aufkl?rung, Engagement und Gemeinwohl" verpflichtet sind. Dass ausgerechnet der russische Ministerpr?sident ausgezeichnet werden soll, dessen Demokratieverst?ndnis h?chst umstritten ist, hatte einige Kuratoriumsmitglieder und fr?here Preistr?ger erz?rnt. Putin sollte laut Kuratorium "f?r seine Verdienste f?r die Verl?sslichkeit und Stabilit?t der deutsch-russischen Beziehungen" geehrt werden.
V?clav Havel drohte mit Preisr?ckgabe
Der fr?here tschechische Pr?sident V?clav
Havel
hatte angek?ndigt, seinen Preis zur?ckzugeben, falls Putin die Ehrung erhalten sollte. Havel hatte den Quadriga-Preis vor zwei Jahren erhalten. Am Freitag hatte bereits der fr?here Preistr?ger Olafur Eliasson seine Auszeichnung aus Protest zur?ckgegeben. Der d?nische K?nstler war im vergangenen Jahr ausgezeichnet worden.
Auch im Kuratorium lichteten sich die Reihen: Der Bundesvorsitzende der Gr?nen,
Cem ?zdemir
, erkl?rte ebenso seinen R?cktritt aus dem Kuratorium wie der Heidelberger Historiker Edgar Wolfrum. Zuletzt wurde bekannt, dass auch Barbara Monheim, die eine Stiftung f?r europ?ischen Dialog f?hrt, aus dem Kuratorium zur?cktritt. Sowohl die "interne Verfahrensweise", so ihre Begr?ndung, als auch "die ?ffentliche Kommunikationspolitik" bei der Quadriga seien "v?llig inakzeptabel".
"Leadership braucht Entschlossenheit"
Die Quadriga ist 1993 aus dem Verein Werkstatt Deutschland hervorgegangen, die Verleihung des Quadriga-Preises ist seit dem Jahr 2003 die wichtigste Aktivit?t des Netzwerks. Jeweils am 3. Oktober, meist im Konzerthaus am Gendarmenmarkt, trifft sich die Prominenz der Hauptstadt in Smoking und Abendkleid, um die Preistr?ger und sich selbst zu feiern. Die rund 200.000 Euro teure Preisverleihung sei ein "origin?rer Beitrag zu einer demokratischen und dennoch repr?sentativen Feierkultur des Tages der Deutschen Einheit".
Michail Gorbatschow
bekam schon eine goldene Quadriga in die Hand gedr?ckt, auch
Helmut Kohl
,
Gerhard Schr?der
oder im vergangenen Jahr
Karl-Theodor zu Guttenberg
und der griechische Premier Georgios
Papandreou
. 2007 bekam der SPIEGEL als "Institution der Republik" den Preis.
Bereits am 7. Dezember vergangenen Jahres vereinbarte das Kuratorium, dass in diesem Jahr Personen unter dem Motto "Leadership" ausgezeichnet werden sollten. Das zu pr?mierende Anf?hrertum definierte man unter anderem so: "Leadership braucht die Entschlossenheit f?r das Notwendige."
kuz/afp/dapd
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