Frieden
Manche können das Wort nicht mehr
hören. Frieden - das ist ein Gemeinplatz, höre
ich sagen, verächtlich von oben herab.
Aber ein Gemeinplatz, ist das nicht ein
Platz, wo Menschen zusammenfinden, um gemeinsam um Frieden
zu handeln?
Vielleicht werden endlich die Waffen
zur Ruhe kommen. Vielleicht gelingt es Politikern sich
weiter zu arrangieren. Der Druck und die Ratlosigkeit
bestimmt die Menschen, den ausgehandelten Kompromiss
Frieden zu nennen.
Der wahre Frieden hat aber noch andere
Ziele. Er lässt die Interessen der anderen zu eigenen
werden, und lässt sich von dem bestimmen, der für
die starb, durch die er gerichtet wurde.
Er ist unser Friede - der heruntergekommene
Gott. Christus mit seiner unsterblichen Zuversicht auf
Gott und seinen Frieden, die er über Kreuz und
Grab hinweg der Menschheit vermacht hat.
Er bestärkt uns Frieden zu stiften.
"In harter Kleinarbeit, im erfinderischen Suchen
nach Kompromissen, auf der Jagd nach Teillösungen
und im stetigen Ringen mit dem Unfrieden, der überall
dort droht, wo fehlbare Menschen zusammen leben."
Immer wieder wartend auf Gottes Schalom,
der kommt, höchstwahrscheinlich, von oben herab.
Harald Bretschneider
aus: Feste für die Friedensdekade 1988
zu dem Thema "Friede dem Nahen, Friede dem Fernen"
nach Epheserbrief Kap. 2 14 ff
In den 70er und 80er Jahren
war die Friedensfrage (in der DDR) nicht mehr nur das
Thema einzelner Bausoldaten und Wehrdienstverweigerer.
Die Pulverfaßsituation der Erde und die ständige
Militarisierung von Schule, öffentlichem Leben
und Wirtschaftsgefüge hat besonders bei Jugendlichen
Skepsis und Widerstand hervorgerufen.
Sie haben sehr deutlich benannt, dass
mehr Rüstung nicht mehr Sicherheit bringt. Sie
haben angefragt, was die großen Worte der Friedenspolitik
der DDR bedeuten, wenn sie nicht gedeckt sind durch
die kleinen Abrüstungsschritte bzw. was nutzten
die Meldungen der Friedensbewegung in der Bundesrepublik,
wenn jedes Engagement Jugendlicher in der DDR verboten
war.
Die Legitimations- und Motivationskrise
des Wehrdienstes und das Wissen, dass die jugendlichen
es sind, die die Kosten für die immer weitere Rüstung
zu tragen haben, haben dazu geführt, dass die Friedensseminare
angewachsen sind, dass die Friedensdekaden der Kirchen
aufgegriffen wurden und getragen wurden.
Angeregt durch die Idee eines Abrüstungstages
und durch die Beobachtung, dass Jugendliche Zeichen
brauchen, an denen sie sich zu erkennengeben und an
denen sie sich artikulieren können und an denen
sie sich sammeln können, habe ich für die
1. Friedensdekade ein Lesezeichen entwickelt, dass das
Symbol "Schwerter zu Pflugscharen" trug. Es
hatte die Überschrift "Frieden schaffen ohne
Waffen" und die Unterschrift "Schwerter zu
Pflugscharen".
Die Abbildung des Denkmals des russischen
Bildhauers Wutschetisch hatte eindeutig biblischen Hintergrund,
insofern war es ein sachgemäßes Angebot für
die christliche Jugendarbeit. Der Atheist Chruschtschow
hatte dieses Denkmal in seiner Abbildung dem christlichen
Abendland, der UNO, geschenkt. Es stand in New York
und in Moskau in der Tretjakowgalerie.
Ich habe diese Aufschriften und diese
Abbildung des Denkmals auf Flies drucken lassen, weil
der Fliesdruck als `Textiloberflächenveredlung
keine Druckgenehmigung brauchteA und insofern konnten
davon 100.000 Exemplare gedruckt werden.
Jugendliche haben das Lesezeichen auf
den Parka genäht. Das hat mich und Manfred Domröse,
Landesjugendpfarrer von Berlin-Brandenburg, angeregt,
für die zweite Friedensdekade einen Aufnäher
zu gestalten; das ist der berühmte Aufnäher
"Schwerter zu Pflugscharren" geworden.
Es war atemberaubend und hatte
etwas mit dem Sauerteig des Evangeliums zu tun, wie
junge Menschen das Friedenszeugnis der Bibel so ins
Gespräch gebraucht haben, dass Menschen auf der
Straße und in der Schule darüber zu sprechen
begannen. Es war Reformation.
Diese Aktivität war ansteckend. In
Dresden hat sich daraus der Soziale Friedensdienst entwickelt,
den in besonderer Weise Christoph Wonneberger betrieben
hat.
Das "Forum für die Jugend"
am 13. Februar 1982 war eine weitere Folge.
Zum ersten Mal wurden in der Öffentlichkeit
Fragen und Probleme Jugendlicher angesprochen und beantwortet.
Harald Bretschneider
aus dem Vortrag vor der Enquete-Kommission
am 09.02.1994 zum Thema "Unterschiedliche Vorstellungen
von Kirche und gesellschaftlichem Engagement".
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