Entführung von Hanns Martin Schleyer
Erklärungen
der RAF
vom
5. September bis 18. Oktober 1977
5.
September 1977
An die Bundesregierung Sie
werden dafür sorgen, daß alle öffentlichen Fahndungsmaßnahmen
unterbleiben - oder wir erschießen Schleyer sofort, ohne daß
es zu Verhandlungen über seine Freilassung kommt.
6.
September 1977
Am Montag, den 5.9.77 hat
das Kommando Siegfried Hausner den Präsidenten der Arbeitgeberverbands
und des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hanns-Martin Schleyer,
gefangengenommen. Zu den Bedingungen seiner Freilassung wiederholen wir
nochmal unsere erste Mitteilung an die Bundesregierung, die seit gestern
von den Sicherheitsstäben, wie wir das inzwischen kennen, unterschlagen
wird. Das ist die sofortige Einstellung aller Fahndungsmaßnahmen
- oder Schleyer wird sofort erschossen. Sobald die Fahndung gestoppt ist,
läuft Schleyers Freilassung unter folgenden Bedingungen:
Die Gefangenen aus der RAF:
Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe, Verena Becker, Werner Hoppe,
Karl-Heinz Dellwo, Hanna Krabbe, Bernd Rössner, Ingrid Schubert, Irmgard
Möller werden im Austausch gegen Schleyer freigelassen und reisen
in eine Land ihrer Wahl. Günter Sonnenberg, der seit seiner Festnahme
wegen einer Schußverletzung haftunfähig ist, wird sofort freigelassen.
Sein Haftbefehl wird aufgehoben. Günter wird zusammen mit den 10 Gefangenen,
mit denen er sofort zusammengebracht wird und sprechen kann, ausreisen.
Die Gefangenen sind bis Mittwoch, 8 Uhr früh, auf dem Flughafen Frankfurt
zusammenzubringen. Sie haben bis zu ihrem Abflug um 12 Uhr mittags jederzeit
und uneingeschränkt die Möglichkeit, miteinander zu sprechen.
Um 10 Uhr vormittags wird einer der Gefangenen das Kommando in Direktübertragung
durch das Deutsche Fernsehen über den korrekten Ablauf ihres Abflugs
informieren.
In der Funktion öffentlicher
Kontrolle und Garantie für das Leben der Gefangenen während des
Transports bis zur Landung und Aufnahme sollen die Gefangenen - wie wir
vorschlagen würden - von Payot, dem Generalsekretär der Internationalen
Föderation für Menschenrechte bei der UNO, und Pfarrer Niemöller
begleitet werden. Wir bitten sie, sich in dieser Funktion dafür einzusetzen,
daß
die Gefangenen dort, wo sie hinwollen, lebend ankommen. Natürlich
sind wir auch mit einem Alternativvorschlag der Gefangenen einverstanden.
Jedem der Gefangenen werden
100 000 DM mitgegeben. Die Erklärung, die durch Schleyers Foto und
seinen Brief als authentisch identifizierbar ist, wird heute abend um 20.00
Uhr in der Tagesschau veröffent-licht, und zwar ungekürzt und
unverfälscht. Den konkreten Ablauf von Schleyers Freilassung legen
wir fest, sowie wir die Bestätigung der freigelassenen Gefangenen
haben, daß sie nicht ausgeliefert werden, und die Erklärung
der Bundesregierung vorliegt, daß sie keine Auslieferung betreiben
wird. Wir gehen davon aus, daß Schmidt, nachdem er in Stockholm demonstriert
hat, wie schnell er seine Entscheidungen fällt, sich bemühen
wird, sein Verhälmis zu diesem fetten Maguaten der nationalen Wirtschaftscreme
ebenso schnell zu klären.
RAF - Kommando Siegfried
Hausner
7.
September 1977
Wir verstehen die Nichtveröffentlichung
unserer Forderungen und des Ultimatums, die gestern, 20 Uhr, in der Tagesschau
bekanntgegeben werden sollten, korrespondierend zu der geheimgehaltenen
Entscheidung des Krisenstabs, nur als den Versuch der Bundesregierung,
die militärische Lösung durchzuziehen. Dieselbe Funktion hat
das Manöver des BKA, mit der Forderung nach einem Lebenszeichen Schleyers
Zeit rauszuholen, nachdem sie gestern nachmittag Schleyers handgeschriebenen
Brief sowie ein gestern von ihm aufgenommenes Foto in der Hand haben. Wir
werden uns nur auf die Beantwortung der Fragen, die das BKA heute bekanntgeben
will, einlassen, wenn sichtbar wird, daß sich die Bundesregierung
ihrerseits an die Bedingungen hält - und wir haben nicht mehr lange
Lust, uns zu wiederholen:
Die Fahndung wird sofort
gestoppt. Die Gefangenen werden sofort zusammengebracht. Die Bestätigung
dafür wird von einem der Gefangenen heute über das Deutsche Fernsehen
abgegeben. Als sichtbares Zeichen verlangen wir, daß die Videoaufnahme,
in der Schleyer seinen beiliegenden Brief verliest, heute ab 18.00 Uhr
in allen Nachrichtensendungen des Fernsehens abgespielt wird.
Kommando Siegfried Hausner
8.
September 1977
Es wird von uns keine weiteren
Erklärungen geben, bevor die Gefangenen nicht abgeflogen sind. Um
sicher zu gehen, daß Schleyer lebt, hat die Bundesregierung genug
Beweise: seine Briefe, das Videoband sowie das Tonband mit seinen Antworten
auf die beiden Fragen. Kontaktpersonen sind überflüssig wie jeder
weitere Verzögerungsversuch, die Verständigung über Schleyers
Freilassung läuft über die Tatsache des Abflugs der Gefangenen
oder gar nicht. Wir fordern zum letzten Mal:
Bis heute abend, 20.00 Uhr,
ist die politische Entscheidung der Bundesregierung öffentlich bekanntzugeben.
Bis Freitag, 10 Uhr morgens, läuft die Bestätigung durch einen
Abflug der Gefangenen, daß sie abrufbereit sind. Bis 12.00 Uhr mittags
ist der Abflug der Gefangenen in einem vollgetankten Langstreckenflugzeug
der Lufthansa gelaufen, der über TV direktübertragen wird. Die
übrigen Forderungen sind ihnen aus den vorhergegangenen Erklärungen
bekannt.
Kommando Siegfried Hausner
12.
September 1977
Wir erwarten bis 24.00 Uhr
die Entscheidung der Bundesregierung, ob sie den Austausch will oder nicht,
und zwar in der Form, daß sie erkennbar Vorbereitungen für die
Zusammenlegung der Gefangenen trifft. Der Ablauf dieser Prozedur ist bereits
festgelegt. Einer der Gefangenen bestätigt die laufenden Vorbereitungen.
Die möglichen Zielländer können der Bundesregierung nur
von den Gefangenen selbst genannt werden. Auf weitere BKA-Meldungen an
Payot werden wir ohne konkrete Schritte der Bundesregierung nicht mehr
reagieren. Falls die Bundesregierung auch dieses Ultimatum schweigend übergehen
will, hat sie die Konsequenzen zu tragen.
Kommando Siegfried Hausner
13.
September 1977
Wir haben unserer Erklärung
vom 12.9.77 nichts hinzuzufügen. Wir bitten Monsieur Payot, die Rolle,
die die Bundesregierung ihm zugedacht hat und deren Funktion einzig und
allein zeitliche Verzögerung und Hinausschieben einer Entscheidung
ist, um Handlungsspielraum für die militärische Lösung zu
gewinnen, abzulehnen. Die Taktiererei der sogenannten Geheimverhandlungen
ist absurd bei dem Ziel der Aktion: der Freilassung der Gefangenen. Wir
haben das infame Kalkül der Bundesregierung - in der Klemme, daß
ein Eingehen auf die Forderungen im Widerspruch zu der von ihr inzwischen
institutionalisierten Bürgerkriegshetze gegen die RAF und zu der amerikanischen
Daumenschraube steht - seit 9 Tagen mit mehrmaliger Verlängerung unserer
Ultimaten beantwortet. Es hat von Seiten der Bundesregierung in diesen
9 Tagen keinen einzigen konkreten Schritt gegeben, der die Bereitschaft
signalisiert hätte, Schleyer tatsächlich auszutauschen. Die Ankündigung
des BKA, die Fahndung werde gestoppt, war ein Witz. In jeder Zeitung sind
Fotos von Autobahnkontrollen und Meldungen über gestürmte Wohnungen.
Wir geben der Bundesregierung eine letzte Frist bis heute abend, 24 Uhr
unsere Forderungen zu erfüllen.
Kommando Siegfried Hausner
26.
September 1977
Wenn der Bundesregierung
noch am Erhalt des Lebens von Schleyer liegt, muß sie sofort für
den Stop der Fahndung in der BRD als auch für den Stop der von ihr
initiierten Fahndung in Frankreich, Holland und der Schweiz sorgen. Unsere
Forderung nach Einstellung aller Fahndungsmaßnahmen gilt nach wie
vor. Wir warnen die Bundesregierung davor, die Telefongespräche mit
Payot weiterhin über Fangschaltung oder dergleichen als Fahndungsmittel
einzusetzen. Wir werden weitere Verhandlungen mit der Bundesregierung nur
noch über Rechtsanwalt Payot führen, wenn diese ihre Taktik aufgibt,
mit sinnlosen Telefongesprächen Zeit zu gewinnen und für uns
sichtbar ist, daß sie tatsächlich die Freilassung der 11 geforderten
Gefangenen vorbereitet. Weitere Lebenszeichen von Schleyer wird es nur
noch im Zusammenhang mit konkreten Hinweisen auf den Austausch geben. Auch
wenn uns die Bundesregierung die Verhandlungsergebnisse von Wischnewski
vorenthalten will, gibt es von uns nur zu sagen, daß wir sicher sind,
daß es Länder gibt, die zur Aufnahme der 11 Gefangenen bereit
sind.
Kommando Siegfried Hausner
13.
Oktober 1977
Wir haben Helmut Schmidt
jetzt genug Zeit gelassen, um sich in seiner Entscheidung zu winden. Zwischen
der amerikanischen Strategie der Vernichtung von Befreiungsbewegungen in
Westeuropa/3 .Welt und dem Interesse der Bundesregierung, den zur Zeit
für sie wichtigsten Wirtschaftsmagnaten eben für diese imperialistische
Strategie nicht zu opfern. Das Ultimatum der Operation Kofre Kaddum des
Kommandos »Martyr Halimeh« und das Ultimatum des Kommandos
»Siegfried Hausner« der RAF sind identisch.
Das Ultimatum läuft
am Sonntag, den 16. Okt. 1977 um 8.00 Uhr g.m.t. ab. Wenn bis zu diesem
Zeitpunkt die elf geforderten Gefangenen ihr Ziel nicht erreicht haben,
wird Hanns-Martin Schleyer erschossen. Nach 40 Tagen der Gefangenenschaft
von Schleyer wird es eine Verlängerung des Ultimatums nicht mehr geben,
ebenso keine weitere Kontaktaufnahme. Jegliche Verzögerung bedeutet
den Tod Schleyers.
Um zeitliche Komplikationen
zu vermeiden, ist es nicht notwendig, daß Pastor Niemöller und
Rechtsanwalt Payot die Gefangenen begleiten. Die Bestätigung der Ankunft
der Gefangenen erhalten wir auch ohne die Bestätigung durch die Begleitperson.
Nachdem wir die Bestätigung erhalten haben, wird Hanns-Martin Schleyer
innerhalb von 48 Stunden freigelassen. Freiheit durch bewaffreten antiimperialistischen
Kampf!
Kommando Siegfried Hausner
19.
Oktober 1977
Wir haben nach 43 Tagen Hanns-Martin
Schleyers klägliche und korrupte Existenz beendet. Herr Schmidt, der
in seinem Machtkalkül von Anfang an mit Schleyers Tod spekülierte,
kann ihn in der Rue Charles Peguy in Mulhouse in einem grünen Audi
100 mit Bad Homburger Kennzeichen abholen.
Für unseren Schmerz
und unsere Wut über die Massaker von Mogadischu und Stammheim ist
sein Tod bedeutungslos. Andreas, Gudrun, Jan, Irmgard und uns überrascht
die faschistische Dramaturgie der Imperialisten zur Vernichtung der Befreiungsbewegungen
nicht. Wir werden Schmidt und der daran beteiligten Allianz diese Blutbäder
nie vergessen. Der Kampf hat erst begonnen! Freiheit durch bewaffneten
antiimperialistischen Kampf!
Kommando Siegfried Hausner
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