Fassungslosigkeit uber Arroganz der Macht
Unruhe kommt immer dann auf, wenn die Treuhand ins Spiel kommt. Der von ihr damals neu installierte Aufsichtsratsvorsitzende der ostdeutschen Kali-Werke, Ulrich Steger, stellt sich in der Doku den kritischen Fragen zum damaligen Deal, ist sich aber keines Fehlers bewusst. Unfahig sei das damalige Management gewesen, sagt Steger hart in die Kamera. Da habe nur geholfen, alle rauszuschmeißen. Ein Raunen geht durch den Saal.
Spater, als Gregor Gysi die Zeit und sein Engagement in Bischofferode als PDS-Vorsitzender rekapituliert, taucht Steger erneut auf. "Was mich am meisten erschreckt hat, war die Skrupellosigkeit der Linken, das Thema auszuschlachten", sagt der Manager. Gelachter im ganzen Saal, begleitet von unglaubigem Kopfschutteln.
Narben der Geschichte
Nach 90 Minuten sind viele der altgedienten Kumpel erschuttert, welches Spiel mit ihnen gespielt wurde. "Selbst wir konnten nicht komplett erahnen, wie sehr wir verarscht werden", sagt Willibald Nebel. Er war einer der ersten Manner, die im Sommer 1993 in den Hungerstreik getreten sind. Als er zwei Wochen spater vollkommen erschopft ins Krankenhaus transportiert werden muss, geht das Bild von ihm auf einer Trage um die Welt.
"Das hinterlasst Narben", ruft Nebel unter zustimmendem Nicken der Zuschauer. Unter ihnen ist auch Johannes Peine. Der Unternehmer wollte damals das Kali-Werk kaufen und vor der Schließung retten. Am Ende war er pleite. Alle Banken hatten gleichzeitig ihre Kredite zuruckgefordert. Der Druck dazu kam von ganz oben, lasst die damalige Bundestagsprasidentin Rita Sußmuth im Film durchblicken. Sie hatte Peine nachts angerufen und gewarnt.
Als die Zuschauer Peine im Raum erkennen, brandet Applaus auf. Kerzengerade steht er in der letzten Reihe. Der Unternehmer und die Kumpel, sie alle wurden Opfer skrupelloser Politiker und gieriger Manager, so die Auffassung der meisten in Bischofferode. "Das war eine Riesenverarsche" ruft einer unter Applaus. Dieses Gefuhl verbindet sie bis heute.
Schmerzhafte, aber wichtige Aufarbeitung
"Das schmerzt schon!", fasst Gerhard Juttemann die Gefuhle des Publikums schließlich zusammen. Der damalige Betriebsrat des Werkes "Thomas Munzer" musste Dutzende Kollegen selbst entlassen, um den Sanierungsplan der Treuhand zu erfullen. Am Ende wurde das Werk dennoch stillgelegt.
Durch ihren Hungerstreik konnten die Kumpel das zwar nicht abwenden, zwangen die Treuhand durch den offentlichen Druck aber zum Entgegenkommen, erinnert sich Juttemann. Doch selbst der dann beschlossenen Sozialplan wurde nicht erfullt, konstatiert er heute bitter: "Jeder hat im Ohr, wieviel neue Arbeitsplatze hier entstehen sollten. Doch es ist nichts geschehen."
Andern konne man daran nichts mehr, sagt Juttemann abschließend. Die filmische Aufarbeitung der Geschichte von Bischofferode sei dennoch wichtig: "Wenn wir unser Werk schon nicht retten konnen, dann konnen wir zumindest sagen: 'Da hatten eure Vater heute noch gearbeitet hatten, wenn man fair zu ihnen gewesen ware.'"