한국   대만   중국   일본 
Eliana Burki, Virtuosin auf dem Alphorn. Ein Nachruf

Die Alphorn-Revolutionarin. Ein Nachruf

Eliana Burki, Musikerin, die mit dem Alphorn traditionelle Weisen mit Blues, Jazz und Pop verband, ist 39-jahrig gestorben.

Urs Tremp 4 min
Drucken
Sie hat Neues geschaffen, weil sie ohne Berührungsängste war: Die Alphornistin Eliana Burki in ihrem Zürcher Atelier auf einer Aufnahme von 2014.

Sie hat Neues geschaffen, weil sie ohne Beruhrungsangste war: Die Alphornistin Eliana Burki in ihrem Zurcher Atelier auf einer Aufnahme von 2014.

Gaetan Bally / Keystone

Fur die Puristen war das, was sie tat, eine Provokation. Eliana Burki spielte das Alphorn auf einem New Yorker Wolkenkratzer, sie konzertierte mit Blues- und Jazzmusikern, auch mit klassischen Sinfonieorchestern. Und zuweilen liess sie sich fur ihre Stucke gar vom Ruf eines Muezzins inspirieren. Etwas viel fur strenge Traditionalisten, die ebenso Burkis Nahe zum Boulevard beargwohnten.

Tatsachlich hatte die Alphornistin keine Beruhrungsangste gegenuber dem modernen Unterhaltungsbetrieb. Die Zeitungen mit den grossen Buchstaben und die bunten Illustrierten begleiteten nicht nur die Musikerin, sondern ebenso die Privatfrau Burki ? die Geburt ihrer zwei Kinder war genauso Thema wie das Patchworkfamilienleben mit ihrem Partner und dessen Tochter. Dabei hatte Eliana Burki durchaus traditionell begonnen.

Geboren 1983 in Feldbrunnen bei Solothurn, aufgewachsen mit drei Schwestern in einer musikalischen Familie, bekommt sie schon im Kindergartenalter Klavierunterricht. Doch dann verliebt sich das Madchen ins Alphorn. Spater erzahlt sie, es sei an einer Sportveranstaltung gewesen, als sie das Instrument erstmals gehort habe. Es ist ein Erweckungsmoment fur die kleine Eliana. Sie nimmt Musikstunden beim Alphornisten Hans-Jurg Sommer und tritt schon bald an einem Jodlerfest auf ? in Tracht und mit traditionellen Alphornweisen.

Doch sie merkt rasch, dass dies nicht ganz ihre Welt ist. ≪In der Volksmusik gab es mir zu viele Regeln≫, sagt sie spater einmal. Sie will mit ihrem Instrument in andere Welten vordringen. Sie ist vom Jazz begeistert, vom Blues, der doch so weit weg von den alpinen Echoraumen entstanden ist. Es reizt die Musikerin, vermeintlich Unvereinbares zu vereinbaren. Ihr Lehrer Sommer ist offen fur solch musikalisches Crossover und komponiert seiner Schulerin einen Blues fur das Alphorn. Eliana hat gefunden, was ihren musikalischen Lebensweg bestimmen wird: ≪In dieser Musik bluhte ich auf.≫

Mit 16 geht Eliana erstmals zusammen mit ihrer Mutter, einer Klavierlehrerin, auf Tournee, spielt auch ennet den Schweizer Grenzen, ist in europaischen Hauptstadten Botschafterin einer neuen Schweizer Alphornmusik. Die Lehre als Praxisassistentin in einer Tierarztklinik bricht sie wieder ab. Sie will ganz Musikerin sein, besucht die Jazzschule in Basel, studiert Gesang und Klavier. Ihre Liebe freilich ist und bleibt das Alphorn, auch wenn sie damit unter ihren Jazzkolleginnen und -kollegen eine Exotin ist.

Doch die junge Frau ist selbstbewusst und eigensinnig genug, dass sie sich nicht von ihrer Liebe abbringen lasst ? weder von den Jazz- noch von den Volksmusikpuristen. Sie grundet die Band I Alpinisti und segelt unter dem Label ≪Funky Swiss Alphorn≫ auf einer Erfolgswelle.

Sie jammt mit Jazzmusikern, interpretiert avantgardistische Klassikwerke mit Alphorn oder wird fur die Einspielung der wenigen klassischen Kompositionen fur Alphorn engagiert, etwa der Sinfonia pastorella fur Alphorn und Streicher von Leopold Mozart. ≪Berge, Kuhe, Traditionsinstrument ? Eliana Burki weiss solche Schweizer Klischees so zu verbinden, dass es neu, leicht und spielerisch wirkt≫, schreibt einmal die ≪Suddeutsche Zeitung≫. Sie selbst sagt: ≪Ich prasentiere etwas sehr Schweizerisches auf eine junge, moderne Art. Da ich das uberall auf der Welt tue, sehe ich mich auch als Botschafterin der Schweiz.≫

In den USA wird Burki noch fast bekannter als in ihrer Heimat. Sie steht mit dem amerikanischen Grammy-Preistrager Beck auf der Buhne, spielt ihre Stucke in den Studios der Eagles ein, konzertiert an Partys der Hollywood-Prominenz. Die Amerikaner sind begeistert von Eliana Burkis musikalischer Virtuositat, aber auch von ihrer Buhnenprasenz, ihrem Showtalent. ≪Die Buhne ist mein Zuhause≫, sagt sie selbst.

Und bald sind auch die USA ihre zweite Heimat. Knapp dreissigjahrig zieht Eliana Burki nach Los Angeles, dem Weltzentrum der Unterhaltungsindustrie. Sie besucht eine Schauspielschule ? nicht um an Filmrollen zu kommen, ≪sondern um meine Buhnenprasenz zu verbessern≫. Als die Liebesgeschichte, die sie ebenso in die USA hat auswandern lassen, zu Ende ist, zieht Burki zuruck in die Schweiz ? und verliebt sich in Zurich ausgerechnet wieder in einen Amerikaner. Eliana wird Mutter, nun pendelt sie zwischen den USA und der Schweiz hin und her.

Als Musikerin bleibt sie experimentierfreudig. Sie lasst ein neuartiges Alphorn konstruieren, das ≪Burki-Horn≫, ein Horn mit Mundstuck und Ventilen, damit man verschiedene Tonarten und chromatische Abfolgen spielen kann. Ebenso ein Unikat ist das Carbon-Ultralight-Alphorn, das gerade mal 500 Gramm wiegt und zusammengelegt in einen Rucksack passt.

Neben ihrer Konzerttatigkeit und der Einspielung von Tontragern arbeitet die Alphornistin als Klangtherapeutin fur Kinder mit zystischer Fibrose.

Eliana Burki ist an den Folgen eines bosartigen Hirntumors gestorben.

NZZ am Sonntag, Hintergrund