Zweifrontenkrieg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Unter einem Zweifrontenkrieg versteht man die Situation eines kriegfuhrenden Landes, wenn es gleichzeitig an zwei ? meist einander entgegengesetzten ? Seiten seines Landes Krieg gegen mehrere Gegner fuhrt oder fuhren muss. Ein solcher Krieg wirft erhebliche logistische Probleme auf: Truppen mussen zwischen den beiden Kriegsschauplatzen verteilt werden, oft ist die Versorgung mit Rohstoffen und Importgutern erschwert; eine lange Frontlinie ist zu verteidigen.

Das Deutsche Reich ist wiederholt in diese Situation geraten. Als Grund fur diese haufige Verwicklung Deutschlands in Zweifrontenkriege wird haufig die zentrale Lage in Europa genannt. Die Politik deutscher Staatsmanner sowohl vor dem Ersten als auch dem Zweiten Weltkrieg fuhrte dies fahrlassig herbei. Im Verlauf der deutschen Geschichte wurden mehrere Strategien entwickelt, um einen moglichen Zweifrontenkrieg zu vermeiden beziehungsweise siegreich zu beenden.

Bismarck verfolgte zwischen 1871 und 1890 eine politische Strategie gegen einen Zweifrontenkrieg. Da nach der Demutigung Frankreichs im Deutsch-Franzosischen Krieg eine Aussohnung unwahrscheinlich und weitere Konflikte wahrscheinlich schienen (franzosischer Revanchismus ), setzte er auf ein kompliziertes Bundnissystem mit allen anderen europaischen Großmachten mit Ausnahme Frankreichs, das international isoliert bleiben sollte. Nach Bismarcks Entlassung betrieb das Deutsche Reich unter Wilhelm II. eine imperialistische Großmacht-Politik. Die Vernachlassigung der bestehenden Bundnisse und das durch den Ausbau der Kaiserlichen Marine ausgeloste Wettrusten ermoglichten es Frankreich, die Situation umzukehren. Bis 1907 hatte Frankreich ein Bundnissystem mit Großbritannien und Russland zustande gebracht ( Entente ). Das Deutsche Kaiserreich sah sich mit seinem eigenen Bundnissystem eingekreist .

Erster Weltkrieg

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In dieser Situation wurde als militarische Strategie zum Fuhren eines Zweifrontenkriegs der Schlieffenplan von 1905 entwickelt, den das Deutsche Reich 1914 gegen Frankreich und Russland in die Realitat umzusetzen versuchte. Der Plan scheiterte; seine Umsetzung weitete den Ersten Weltkrieg aus, da er einen Erstschlag und einen Angriff auf Belgien erforderte, dessen Neutralitat durch Großbritannien garantiert wurde, welches daraufhin in den Krieg eintrat. An der Ostfront gab es Mitte Dezember 1917 einen Waffenstillstand und im Marz 1918 den Friedensvertrag von Brest-Litowsk . Das Deutsche Reich konnte etwa eine Million Soldaten an die Westfront verlegen und die Deutsche Fruhjahrsoffensive 1918 beginnen.

Zweiter Weltkrieg

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Zweiten Weltkrieg versuchte Adolf Hitler zunachst einen Zweifrontenkrieg zu vermeiden, indem er seine Gegner (hauptsachlich Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion und USA ) nacheinander zu schlagen versuchte. Nach dem Uberfall auf Polen und dem uberraschend schnellen Sieg uber Frankreich folgte eine Niederlage in der Luftschlacht um England . Hierauf griff er 1941 die Sowjetunion an ( Unternehmen Barbarossa ), obwohl Großbritannien noch ungeschlagen war. Damit fuhrte er selbst einen Zwei- bzw. Mehrfrontenkrieg herbei. Nach dem Kriegseintritt der USA im Dezember 1941 eroffneten die Westalliierten in Italien ( Landung auf Sizilien Juli 1943 ) und im Juni 1944 in Frankreich ( Operation Overlord ) weitere Fronten in Europa neben der Ostfront und beschleunigten dadurch den Zusammenbruch des Dritten Reichs erheblich.

Im Deutsch-Osterreichischen Krieg (Juli 1866) musste das Kaisertum Osterreich seine Truppen auf zwei Fronten verteilen (im Suden Italien; im Nordwesten die vereinigten preußischen Armeen).

Im Ersten Weltkrieg eroffnete sich fur Osterreich-Ungarn nach der Balkanfront gegen Serbien ( Serbienfeldzug 1914 ), die diesen großen Krieg ausloste, schon in den ersten Kriegswochen an der russischen Grenze eine zweite Front, die Ostfront ( Schlacht in Galizien ). Getrennt waren sie durch das anfangs neutrale Rumanien. Mit der Kriegserklarung durch Italien Mai 1915 wurde die Alpenfront ein ? abgesehen von der eher geringen Beteiligung Osterreichs an der Westfront ? dritter Kriegsschauplatz. Nachdem die Front gegen Serbien Oktober 1915 mit dessen Kapitulation bald hinfallig wurde ( Serbienfeldzug 1915 ), fuhrte Osterreich-Ungarn wieder hauptsachlich einen Zweifrontenkrieg um sein Territorium. An der im Sudbalkan neu aufgebauten Makedonienfront (Salonikifront) war die Beteiligung ebenfalls marginal, allerdings trat Rumanien August 1916 auf Seiten der Alliierten in den Krieg ein, womit sich die Sudostfront als Ausdehnung der Ostfront wieder eroffnete. Die Kriegshandlungen dort wurden aber schon Ende 1916 mit der Besetzung eines Gutteils von Rumanien wieder beendet. Der Zweifrontenkrieg in den Karpaten und den Alpen (wo Oktober 1917 ein großer Durchbruch gelang), konnte erst mit dem Separatfrieden mit Russland Marz 1918 beendet werden. Am Zusammenbruch der osterreich-ungarischen Armee im Laufe des Sommers und Herbstes anderte das wenig.

Weitere Beispiele

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Ersten Weltkrieg schuf der Kriegseintritt Bulgariens die Grundlage fur die Niederlage Serbiens 1915. Der kleine Balkanstaat wurde dadurch nicht nur an der nordlichen Front durch Osterreich-Ungarn , sondern auch an einer ostlichen Front durch den neuen Gegner Bulgarien angegriffen.

Im Zweiten Weltkrieg fuhrten die USA und das Vereinigte Konigreich ebenfalls Krieg an zwei Fronten. Sie bekampften im Pazifikkrieg das imperialistische Japan und in Europa das Dritte Reich. Trotz dieser Doppelbelastung siegten sie an beiden Fronten. Das ist unter anderem darauf zuruckzufuhren, dass das Vereinigte Konigreich uber Kolonien seinen Nachschub regelte, wahrend die USA auf ihre enormen Ressourcen und Industriekapazitaten zuruckgreifen konnten. Nicht zuletzt waren auch ihre Kriegsgegner in einen Mehrfrontenkrieg verwickelt: Das Deutsche Reich an West- und Ostfront und zu Anfang sogar zusatzlich noch in Afrika und spater in Italien. Japan kampfte nicht nur in China, sondern attackierte Ziele in ganz Sudostasien. Insbesondere, nachdem die USA mehr und mehr die Oberhand sowohl in der Luft als auch im Wasser erhielten, rachte sich diese Verzettelung.

Auch Israel war nach 1948 im Zuge der Israelisch-Arabischen Kriege mehrfach in Zwei- bzw. Mehrfrontenkriege verstrickt.

2006 fuhrte Israel einen Zweifrontenkrieg gegen die Hisbollah im Norden und die Hamas im Suden.

Wiktionary: Zweifrontenkrieg  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen