Eine
Zentralbank
(oder
Notenbank
,
Zentralnotenbank
,
zentrale Notenbank
,
Nationalbank
,
Staatsbank
,
Wahrungsbehorde
;
englisch
central bank
) ist eine
nationale
oder
supranationale
Behorde
oder
Institution
, die meist vom
Staat
oder von einem
Staatenverbund
errichtet wurde und mit
Hoheitsrechten
auf dem Gebiet der
Geld-
und
Wahrungspolitik
ausgestattet ist.
Um eine Zentralbank von den
Kreditinstituten
zu unterscheiden, werden letztere auch als
Geschaftsbanken
bezeichnet. Zwischen Zentralbank und Geschaftsbanken besteht haufig eine
Rechtsbeziehung
und stets eine
Geschaftsbeziehung
. Organisatorisch gibt es Zentralbanken, die auch
Bankgeschafte
mit jedermann abschließen durfen und Zentralbanken, denen dies untersagt ist. Zentralbanken, meist im
Staatsbesitz
und mit
hoheitlichen Aufgaben
der Steuerung der
Geld-
,
Devisen-
,
Kapital-
und
Kreditmarkte
ausgestattet,
[1]
fungieren dann als verlangerter Arm des Staates. Sie intervenieren ausschließlich im
Bankensektor
, so dass die Funktion des
Kreditgebers letzter Instanz
bei
Nichtbanken
weiterhin anderen staatlichen Institutionen uberlassen bleibt (siehe
Rettungsaktion
).
In allen Staaten sind heute die Banknotenausgabe, die der Zentralbank erlaubten Geschafte und deren Organisation gesetzlich geregelt.
[2]
Zentralbanken sind entweder als
juristische Person des offentlichen Rechts
oder als
juristische Person des Privatrechts
organisiert. Bei letzteren ist der Staat der alleinige oder mehrheitlich beteiligte
Gesellschafter
. Ubertragt der Staat der Zentralbank hoheitliche Aufgaben der Wahrungspolitik, wird sie auch
Wahrungsbehorde
genannt. Die Zentralbank eines Staates ist fur die nationale Geld- und Wahrungspolitik zustandig, die Zentralbank eines Staatenverbundes (beispielsweise
Europaische Union
) fur dessen Mitgliedstaaten (
EU-Mitgliedstaaten
).
- Mittelalter
Aufgaben einer Notenbank ubernahmen im
Mittelalter
die Zettelbanken. Als erste gilt die 1345 gegrundete
Circulations- und Zettelbank zu Genua
, erst 1407 funktionsfahig unter dem Namen ?
Casa di San Giorgio
“ und 1808 liquidiert.
[3]
Als Osterreich im Jahre 1746
Genua
eroberte, geriet die genuesische
Zettelbank
in Schwierigkeiten, weil das gesamte zur
Deckung
der Zettel (Banknoten) notige Vermogen von den Eroberern konfisziert worden war. Die
Girobanken
stellten eine offentliche
Infrastruktur
fur bargeldlose internationale Zahlungen zur Verfugung.
[4]
Hierdurch sollten sie die Effizienz des Handels steigern und die Geldwertstabilitat gewahrleisten. Die Girobanken erfullten somit bereits wesentliche Funktionen moderner Zentralbanken.
[5]
Die am 31. Januar 1609 eroffnete die
Amsterdamer Wechselbank
(
niederlandisch
Amsterdamsche Wisselbank
) gilt als die erste stadtische Wechselbank in Westeuropa.
[6]
Ihr folgte im November 1656 die schwedische
Palmstruch-Bank
,
[7]
die als Privatbank ab dem 16. Juli 1661 weltweit das erste
Papiergeld
ausgab. Die
Schwedische Reichsbank
entstand im September 1668 als Zettelbank und gilt als die alteste heute noch existierende Zentralbank, die 1897 das
Monopol
auf die Emission von Banknoten erhielt. Am 2. Marz 1705 erfolgte die Grundung der
Banco di gyro d’affrancatione
in
Koln
, der ersten Zettelbank des Deutschen Reichs, welche die ersten Zahlungsmittel in Form von
Bancozetteln
in Deutschland ausgab (?Churfurst Pfalzisch Gulich und Bergischer Banco Zettel“).
Inzwischen hatte am 27. Juli 1694 in
England
ein konigliches Privileg dafur gesorgt, dass eine Notenbank in der Rechtsform einer
Aktiengesellschaft
unter der Firma ?The Governor and Company of the Bank of England“ gegrundet werden durfte. Die heute als
Bank of England
bekannte Zentralbank durfte Banknoten ausgeben und Bankgeschafte betreiben. Der ?Peelsche Bankakt“ (
englisch
Bank Charter Act
) vom Juli 1844 sorgte dafur, dass die Bank of England in zwei Abteilungen aufgeteilt wurde, dem ?Issue Department“ fur die Banknotenausgabe und dem ?Banking Department“ fur die Bankgeschafte. Das ?Issue Department“ musste alle Banknoten voll durch
Gold
decken. Dieser so genannte
Goldstandard
wurde 1873 in Großbritannien eingefuhrt und in den meisten europaischen Landern ubernommen. Die Bankakte verbot die Grundung neuer Notenbanken.
[8]
- Grunderzeit
Die
Banque de France
besaß lange Zeit nicht das alleinige Notenprivileg in Frankreich, sondern ab 1803 lediglich fur Paris. Erst als am 15. Marz 1848 die Banknoten der Banque de France einen Zwangskurs fur ganz Frankreich erhielten, wurden die anderen Banken geschwacht, so dass die Banque de France ab 1863 ein alleiniges Notenprivileg erhielt.
[9]
Im Marz 1811 wurde die
Bank von Finnland
gegrundet, die erst 1840 das Recht zur Notenausgabe erhielt.
In
Hongkong
wurde der
Hong-Kong-Dollar
seit 1872 von drei Geschaftsbanken parallel ausgegeben (
Hongkong and Shanghai Banking Corporation
? HSBC,
Standard Chartered Bank
) und (seit 1994) der
Bank of China
, was ungewohnlich und weltweit einmalig ist. Seit dem
Currency Ordinance
vom 9. November 1935 wurden diese Banken von der Regierungsbehorde
Hong Kong Monetary Authority
(HKMA) zu
legal tender banks
(Banken fur
gesetzliche Zahlungsmittel
) deklariert. Die Banknoten konnen sich je nach
Nennwert
in Motiv und Farbe unterscheiden, da jede der drei Banken ihr eigenes Design wahlen kann.
[10]
Die HKMA ist damit in Hongkong die tatsachliche (nicht aber formale) Zentralbank, die das Notenprivileg an drei Geschaftsbanken delegiert hat.
Die
Osterreichische Nationalbank
entstand im Juni 1816, es folgten im Januar 1876 die Grundung der
Reichsbank
und im Januar 1906 die
Schweizerische Nationalbank
.
- Neuzeit
Mit der Zeit uberstieg die Menge an Papiergeld die Menge an Munzen und
Edelmetallen
deutlich (siehe
Geldschopfung
). 1914 wurde im Zusammenhang mit dem
Ersten Weltkrieg
die Golddeckungspflicht in vielen Landern aufgehoben. Nach dem Ersten Weltkrieg, als
Arbeitslosigkeit
und Preisinstabilitat eine große Rolle spielten, begannen die Zentralbanken mehr Wert auf die Erhaltung des
wirtschaftlichen Gleichgewichts
zu legen. Dies wurde vor allem wahrend der
Wirtschaftskrise
von 1929 bis 1933 deutlich. Aufgrund der beiden Weltkriege in der ersten Halfte des 20. Jahrhunderts bestand die Hauptaufgabe der Zentralbanken in dieser Zeit in der Bereitstellung finanzieller Ressourcen zur Deckung der Kriegsausgaben. Nach dem
Zweiten Weltkrieg
wurde der Einfluss des Staates auf die Zentralbanken großer. Die Ziele der Zentralbanken wurden auf die Forderung von Beschaftigung und Einkommenszuwachs erweitert. Die Notenbanken wurden damit zu einem Hauptinstrument zur Unterstutzung staatlicher Ziele, was mitunter als Verlust von deren
Autonomie
bezeichnet wird.
[11]
Einige Banken wie die
Reserve Bank of India
wurden verstaatlicht. Andere wie das
Federal Reserve System
gelten zwar als institutionell unabhangig, mussen aber trotzdem der Regierung uber die Geschafte berichten.
Bis zum Ende der 1980er Jahre hat faktisch keine Zentralbank ein numerisches Inflationsziel zur Unterstutzung der Preisstabilitat vorgegeben. In den 1990er Jahren setzten sich jedoch immer mehr Zentralbanken ein explizites Inflationsziel. Einigen Zentralbanken wird eine solche
Zielinflationsrate
durch die jeweilige Regierung vorgeschrieben (so die Bank of England). Gegenwartig gibt es keine einheitliche Handhabung der Zentralbanken hinsichtlich der numerischen Bezifferung der Preisniveaustabilitat.
[12]
Heute konzentrieren sich die Zentralbanken auf drei Hauptziele, die sich im Laufe der Geschichte entwickelt haben: Preisstabilitat,
wirtschaftliches Gleichgewicht
und finanzielle Stabilitat. Derzeit gestaltet sich die Erreichung dieser Ziele im Hinblick auf die
Finanzkrise seit 2007
recht schwierig.
Am 1. Januar 1994 begann mit der Errichtung des
Europaischen Wahrungsinstituts
die zweite Stufe der
Wahrungsunion
. Die Aufgaben des Instituts waren die Verstarkung der Zusammenarbeit der nationalen Zentralbanken, eine starkere Koordinierung von deren
Geldpolitik
und die Durchfuhrung der Vorarbeiten fur die Errichtung des
Europaischen Systems der Zentralbanken
(ESZB) fur die Durchfuhrung einer einheitlichen Geldpolitik und fur die Schaffung der einheitlichen Wahrung. Die
Europaische Zentralbank
(EZB) wurde am 1. Juni 1998 Nachfolgerin des Europaischen Wahrungsinstituts, das alle Aufgaben rechtzeitig beendet hatte. Im Oktober 1998 legte die EZB ihre geldpolitische
Strategie
fest, die Stabilitat und Vertrauen in die EZB und den Euro bringen sollte. Die Durchfuhrung der einheitlichen Geldpolitik ubernahm die EZB mit Beginn der dritten und letzten Stufe am 1. Januar 1999. Der letzte Schritt zur gemeinsamen Wahrung war am 1. Januar 2002 die Einfuhrung des
Euro
als gesetzliches Zahlungsmittel.
Das
Eurosystem
stellte inzwischen im Dezember 1998 die
Rediskontierung
von
Wechseln
ein, so dass den Geschaftsbanken diese
Refinanzierung
fur ihr
Diskontgeschaft
entfallen ist und sie deshalb den
Diskontkredit
abgeschafft haben. Wechsel sind seit Januar 2006 auch nicht mehr
notenbankfahig
,
[13]
so dass die einstmals bedeutende geldpolitische Maßnahme der Diskontpolitik entfiel. Wechselzahlungen kommen heute nur noch vereinzelt bei
Nichtbanken
vor.
[14]
Die rechtlichen Regelungen uber das Zentralbankwesen unterscheiden sich erheblich von Land zu Land. Dennoch ist es moglich, anhand der
Zentralbankbilanz
, vier grundsatzliche Notenbankfunktionen zu identifizieren.
Zu den
Wahrungsreserven
(Position
(1)
der Zentralbankbilanz) zahlen der Bestand an Gold und die Goldforderungen sowie die
konvertiblen
Devisen
(umtauschbare Wahrungen). Die konvertiblen Devisen umfassen die Forderungen in
Fremdwahrungen
in Form von
Bargeld
,
Bankguthaben
,
Wertpapieren
und
Auslandskrediten
abzuglich der Auslandsverbindlichkeiten in Fremdwahrung (Nettoauslandsforderung).
[15]
Die Zentralbank steht an der Spitze des Bankensystems eines Landes und bietet den Geschaftsbanken die Moglichkeit, sich bei ihr
Zentralbankgeld
zu verschaffen um den
Zahlungsverkehr
reibungslos abzuwickeln, seitens der Geschaftsbanken die Refinanzierung. Die Position
(2)
der Zentralbankbilanz zeigt diese Versorgung der Geschaftsbanken mit Zentralbankgeld. Den gegenlaufigen Posten zu den Refinanzierungsgeschaften auf der
Aktivseite
bildet auf der
Passivseite
die Position
(6)
der Zentralbankbilanz, welche die
Verbindlichkeiten
gegenuber den Geschaftsbanken darstellt. Dahinter verbergen sich Einlagen der Geschaftsbanken auf Girokonten der Zentralbank, die in erster Linie
Mindestreserveguthaben
sind und Guthaben der Geschaftsbanken aus Einlagefazilitaten, d. h., Geschaftsbanken legen ihre
Uberschussreserven
bei der Zentralbank an.
[16]
Die Zentralbank soll außerdem als letzte Refinanzierungsstelle (
Kreditgeber letzter Instanz
) in wirtschaftlichen Krisensituationen
Liquiditat
zur Verfugung stellen, um einen Vertrauensverlust in das
Kreditwesen
und das
Bankensystem
abzuwehren. Diese Aufgabe kann allerdings ein Sinken der privaten Eigenverantwortlichkeit der Geschaftsbanken zur Folge haben. Daher erfolgt die Zurverfugungstellung von Zahlungsmitteln zur Deckung des notwendigen Bedarfs nur zu hohen Zinssatzen. Die Zentralbank soll jedoch nur als letzte Refinanzierungsstelle fungieren, wenn die Geschaftsbanken ohne eigenes Fehlverhalten in Mitleidenschaft einer Bankkrise geraten sind.
[17]
Neben den Geschaftsbanken kommt als
Kreditnehmer
bei der Zentralbank weiterhin der Staat in Frage. In vielen Fallen unterstutzt die Zentralbank den offentlichen Sektor bei der Finanzierung seiner Aufgaben durch Kreditgewahrung. Dies spiegelt sich in Position
(3)
der Zentralbankbilanz wider. In der Europaischen Union ist eine direkte Finanzierung der
Staatsverschuldung
durch das
ESZB
verboten (
Art. 123
AEUV
). Dadurch soll eine ubermaßige Verschuldung verhindert und die Geldwertstabilitat gewahrt werden.
Des Weiteren ist die Zentralbank an der
Kassenhaltung
des offentlichen Sektors beteiligt und fungiert in diesem Sinne als
Hausbank
des Staates, d. h., der Staat fuhrt seine Guthaben uberwiegend bei der Zentralbank. Diese Einlagen werden unter der Position
(7)
der Zentralbankbilanz verbucht. Daruber hinaus kauft die Zentralbank im Rahmen von
Offenmarktgeschaften
Wertpapiere, um die Geldmenge zu steuern. Diese Wertpapierbestande werden unter der Position
(4)
der Zentralbankbilanz aufgefuhrt.
[16]
Die Position
(5)
der Zentralbankbilanz ist ein besonderes Merkmal der Zentralbank und weist auf ihr
Notenmonopol
hin. Die Zentralbank hat die alleinige Befugnis, die Banknoten zu emittieren und in Umlauf zu bringen (
Notenprivileg
). Daher erhielt die ?Noten“bank ihren Namen. Der Banknotenumlauf steht auf der Passivseite der Zentralbankbilanz und verdeutlicht, dass Banknoten im bilanziellen Sinne Forderungen an das Zentralbanksystem darstellen.
[18]
Aus dem Notenmonopol leitet sich auch die Aufgabe ab, die Qualitat des Bargeldes aufrechtzuerhalten. Das heißt
Falschgeld
auszusondern und beschadigte Munzen und Geldscheine zu ersetzen.
Aufgrund ihres Banknotenausgabemonopols kann die Zentralbank binnenwirtschaftlich (auf die eigene Wahrung bezogen) niemals
illiquide
werden, da sie das Zahlungsmittel selbst schaffen kann.
[19]
Nur in der
Fremdwahrung
besteht ein
Insolvenzrisiko
, da die Zentralbank nicht uber die Herstellungsgewalt fremder Wahrung verfugt.
Aus historischen Grunden liegt in vielen Staaten das
Munzrecht
nicht bei den Zentralbanken, sondern bei den Regierungen. So etwa im
Eurosystem
. Hier ist die geldpolitische Unabhangigkeit der EZB dadurch gewahrt, dass die Ausgabe von Munzen durch die EZB genehmigt werden muss.
[20]
Bei der Versorgung der Banken mit Zentralbankgeld entsteht der Zentralbank im Normalfall ein
Gewinn
. Dieser kommt dadurch zustande, dass das zur Refinanzierung der Geschaftsbanken ausgegebene Zentralbankgeld auf der Passivseite der Zentralbankbilanz regelmaßig minderverzinst oder unverzinst ist (z. B. Bargeld), wahrend die auf der Aktivseite stehenden Forderungen in der Regel verzinst werden. Der abzuglich der sonstigen Kosten entstehende Gewinn ist eine Form von
Seigniorage
. Der Zentralbankgewinn fließt in der Regel dem
Fiskus
zu, in manchen Fallen werden weitere Gruppen beteiligt. In entwickelten Staaten spielt er nur eine geringe Rolle fur die
Staatsfinanzen
. In solchen, deren Moglichkeit Steuern zu erheben eingeschrankt ist, ist der Anteil der Seigniorage an der Finanzierung des Staates hoher.
[21]
Es gibt weitere Definitionen der Seigniorage, etwa die monetare Seigniorage. Diese nimmt mit der Rate, mit der der Bargeldumlauf erhoht wird, zu. Da diese Rate von der Zentralbank festgelegt werden kann, konnen im Kriegsfall durch diese Art Seigniorage erhebliche finanzielle Mittel mobilisiert werden. Dafur muss jedoch eine hohe Inflation in Kauf genommen werden, die das Vertrauen in die jeweilige Wahrung untergraben kann. Die unterschiedlichen Definitionen der Seigniorage sind nicht deckungsgleich.
Inwiefern eine Zentralbank die Aufgabe der
Finanzmarktaufsicht
wahrnimmt, hangt vom jeweiligen monetaren System ab. Grundsatzlich sind Zentralbanken fur die Ausubung dieser Funktion nicht zwingend erforderlich, sodass auch selbststandige Institutionen die Finanzmarktaufsicht ausuben konnen.
[22]
Aufgrund der Finanzkrise seit 2007 wird sich die Finanzmarktaufsicht kunftig restriktiver gestalten und auch institutionell verandern. Die großen Zentralbanken reorganisieren im Rahmen dessen ihre Aufgaben- und Verantwortlichkeitsbereiche.
[23]
Die mogliche Funktion der Finanzmarktaufsicht leitet sich im Gegensatz zu den vier erstgenannten Funktionen nicht aus der Zentralbankbilanz ab.
Zur Erfullung ihrer Aufgaben stehen der Zentralbank eine Reihe von Instrumenten zur Verfugung, mit deren Hilfe Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung innerhalb und außerhalb des Wahrungsraums genommen werden kann. Einen Uberblick uber die verschiedenen Instrumente geben die Artikel zu
Geldpolitik
und
Wahrungspolitik
. Die monetare
Ordnungspolitik
teilt sich in wahrungspolitische und geldpolitische Instrumente auf.
Die im Rahmen ihrer Hoheitsrechte wahrzunehmenden Aufgaben der Zentralbanken erstrecken sich meist auf
Diese Aufgaben dienen zur (mittelbaren) Erfullung der
Staatsziele
der
Preisniveaustabilitat
,
Vollbeschaftigung
und dem
außenwirtschaftlichen Gleichgewicht
(
Magisches Viereck
).
Unter Geldpolitik wird eine Politik verstanden, welche die allgemeine
Wirtschaftspolitik
unterstutzt, indem sie das
Geldangebot
und indirekt die
Geldnachfrage
sowie die
Kreditnachfrage
steuert. Das Geldangebot kann gesteuert werden, indem gegen
Sicherheiten
Zentralbankgeld verliehen wird. Dazu stehen verschiedene Instrumente, etwa
Wertpapierpensionsgeschafte
,
Lombardpolitik
oder
Spitzenrefinanzierung
zur Verfugung. Daruber hinaus gibt es noch weitere Instrumente, wie die Mindestreserve- oder Offenmarktpolitik, die Einfluss auf das Geldangebot nehmen. Die Geld- und Kreditnachfrage wird in erster Linie durch die Zinspolitik gesteuert.
Die
Zinspolitik
beinhaltet alle Maßnahmen der Zentralbank, mit denen das allgemeine
Zinsniveau
beeinflusst werden soll. Zinsen stellen fur Kreditnehmer
Kapitalkosten
dar und uber die Veranderung von Zinssatzen, die zwischen Zentralbank und Geschaftsbanken berechnet werden, will die Zentralbank deshalb die Kreditnachfrage nach
Investitionskrediten
der Unternehmen oder
Konsumkrediten
der Privathaushalte sowie die Kreditnachfrage des Staates beeinflussen. Erhoht die Zentralbank z. B. ihre Zinsen, um im
Boom
Preissteigerungen zu verringern, werden die Geschaftsbanken die Zinsen, die sie ihren Kunden in Rechnung stellen, ebenfalls erhohen. Hohere Zinsen bewirken dabei eine geringere Nachfrage nach Krediten etwa fur Investitionen, da die Gewinnaussichten der Unternehmen sinken. Die Folge ist eine verringerte Kreditnachfrage, und das Preisniveau stabilisiert sich. Eine ahnliche Wirkung haben Zinserhohungen auf die Konsumguternachfrage der privaten Haushalte. Sinkende Zinsen haben dann die gegenteilige Wirkung und fuhren zu einem hoheren
Kreditangebot
.
[24]
- Mit der
Lombardpolitik
gewahrt die Zentralbank einen
Lombardkredit
gegen
Verpfandung
von
notenbankfahigen Sicherheiten
(
Staatsanleihen
und andere
borsenfahige Wertpapiere
) seitens der Kreditinstitute und gegen Zahlung eines Darlehenszinses (des
Lombardsatzes
).
[25]
- standige Fazilitaten
- Die
standigen Fazilitaten
dienen dazu, Ubernachtliquiditat herzustellen (
Spitzenrefinanzierungsfazilitat
) oder diese zu entziehen (
Einlagefazilitat
). Sie werden in unbegrenzter Hohe angeboten und setzen Signale hinsichtlich des allgemeinen Kurses der Geldpolitik einer Zentralbank. Da sie den Banken dauerhaft zur Verfugung stehen, stecken sie die Grenzen der Geldmarktsatze fur Tagesgelder ab. Die Spitzenrefinanzierungsfazilitat dient daruber hinaus dazu, die Liquiditat der Geschaftsbanken sicherzustellen.
[26]
- Die
Offenmarktgeschafte
sind geldpolitische Instrumente der Zentralbanken und ermoglichen diesen, sowohl eine expansive als auch eine restriktive Geldpolitik zu betreiben. Bei der restriktiven Geldpolitik entzieht die Zentralbank den Markten
Zentralbankgeld
, indem sie Wertpapiere am offenen Markt verkauft. Die expansive Geldpolitik ist das Gegenteil. Hierbei fuhrt die Zentralbank durch den Kauf von Wertpapieren Zentralbankgeld an den Markt zuruck. Die Offenmarktgeschafte gehoren zu den Refinanzierungsinstrumenten der Zentralbanken. Offenmarktgeschafte werden oft als
Wertpapierpensionsgeschaft
getatigt.
[27]
- Die
Mindestreservepolitik
ist, im Gegensatz zu z. B. Offenmarktgeschaften, kein Refinanzierungsinstrument. Ihre Aufgabe ist das genaue Gegenteil. Mindestreserve bedeutet, dass die Geschaftsbanken ein Zwangsguthaben in
Zentralbankgeld
in Hohe des Mindestreservesatzes, welcher das Verhaltnis zwischen Einlagen und Mindestreserven bestimmt, bei der Zentralbank anzulegen haben.
[28]
Die Hohe der zu entrichtenden Mindestreserve richtet sich nach den
Einlagen
. Wenn jemand ? ob nun eine private Person oder eine Firma ? Geld auf die Bank bringt, um dieses Geld sparwirksam anzulegen, ist die Bank verpflichtet, einen Teil dieses Geldes bei der Zentralbank zu hinterlegen.
Gegenstand der
Wahrungspolitik
ist die Regelung der Beziehungen zwischen der eigenen Wahrung der
Volkswirtschaft
und den Wahrungen anderer Wahrungsgebiete.
[29]
Die Wahl der Wahrungspolitik hangt mit dem
Wechselkurssystem
zusammen, in das die Wahrung eingebunden ist. In einem System
fester Wechselkurse
sind regelmaßige Interventionen erforderlich. Wenn ein
Currency Board
installiert wurde, hat die Zentralbank keine Freiheiten in ihrer Geldpolitik mehr.
- Instrumente
- Devisenmarktintervention
- Bei
Devisenmarktintervention
tritt die Zentralbank als Nachfrager oder Anbieter von Devisen auf, um den von ihr angestrebten
Wechselkurs
zu erreichen. Die Fahigkeit zu Devisenmarktinterventionen hangt von der Existenz hinreichender Wahrungsreserven ab. In einem Wahrungssystem mit vereinbarungsgemaß
festen Wechselkursen
hat die Notenbank eine Interventionspflicht. Das bedeutet, dass sie, sobald der Wechselkurs an der Devisenborse einen bestimmten
Interventionspunkt
erreicht hat, eingreifen muss. Dieses System ist bei festen Wechselkursen zwingend vorgesehen, bei freien Wechselkursen jedoch nicht.
[30]
- Zinspolitik
- Der Wechselkurs kann auch uber die
Zinspolitik
beeinflusst werden. Durch einen hoheren Zins wird die Wahrung auf den internationalen Kapitalmarkten attraktiver und fuhrt zu einer
Aufwertung
, niedrigere Zinsen entsprechend zu
Abwertungen
.
- Verbale Markteingriffe
- Da Zentralbanken meistens in der Lage sind, fundamentalen Einfluss auf die Wechselkurse zu nehmen, reicht oft eine offentliche Erklarung aus, um die Kurse in die gewunschte Richtung zu bewegen. Am Markt wird dann die Wahrscheinlichkeit fur den Einsatz anderer Instrumente hoher eingeschatzt und entsprechend eingepreist.
Eine Zentralbank halt die
Wahrungsreserven
eines
Wahrungsraumes
, sie reguliert die
Geldmenge
, beeinflusst die
Geldschopfung
durch
Kreditvergabe
der Geschaftsbanken und
refinanziert
diese und den Staat. Zur Erfullung ihrer Ziele und Aufgaben steht der Notenbank eine Reihe von Instrumentarien zur Verfugung, welche die verschiedenen Zentralbanken in unterschiedlichen Intensitaten einsetzen. Eine Abstimmung mehrerer Zentralbanken uber eine synchrone Geld- und Wahrungspolitik wie etwa zwischen der EZB und dem Federal Reserve System befindet sich erst in den Anfangen.
Der Abhangigkeitsgrad der Notenbanken von anderen staatlichen Institutionen richtet sich nach den wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen des jeweiligen Landes. Da es nationale und supranationale
Wahrungsraume
gibt, sind Zentralbanken entsprechend auf nationaler Ebene (
Federal Reserve System
,
Schweizerische Nationalbank
,
Bank of England
etc.) und supranational (z. B.
Europaische Zentralbank
oder
BIZ
) vorzufinden.
Instrumentenabhangigkeit (
englisch
instrument dependence
) meint, in welchem Maße die Regierung die Zentralbank bei der Zielerreichung beeinflusst. Ist die Zentralbank bei der Wahl ihres geldpolitischen Instrumentariums weisungsabhangig, also es entscheidet die Regierung, welche Instrumente bei der Erreichung der Geldwertstabilitat eingesetzt werden, ist dies Instrumentenabhangigkeit. Kann die Zentralbank ihre geldpolitischen Instrumente unbeeinflusst wahlen, handelt sie instrumentenunabhangig.
[31]
Im Rahmen der Geld- und Wahrungspolitik verfolgt das Eurosystem als Zusammenschluss aller nationalen Zentralbanken der EU-Mitgliedstaaten vorrangig das Ziel der Preisniveaustabilitat (
Art. 127
Abs. 2
AEUV
). Um diese mittelfristig sicherzustellen, wird ein ?Zwei-Saulen-Konzept“ verfolgt.
[32]
Da die
Inflation
durch ein ? am Wachstum der Produktion gemessenes ? uberhohtes Wachstum der Geldmenge
verursacht wird, veroffentlicht die EZB einen jahrlichen Referenzwert als Orientierungsgroße fur alle
Wirtschaftssubjekte
. Die zweite Saule besteht in der zweimal jahrlich veroffentlichten Inflationsprognose.
In den Statuten vieler Staaten ist als Hauptziel der Geldpolitik festgelegt, die
Preisniveau-
und
Geldwertstabilitat
zu wahren. Daneben (oder etwa im Fall der EZB
nachgeordnet
) sollen zudem weitere gesamtwirtschaftliche Ziele wie
Wirtschaftswachstum
,
Konjunktur
- oder
Wechselkursstabilitat
, verfolgt werden.
[33]
[34]
Oftmals werden in den jeweiligen Notenbankstatuten weitere gesamtwirtschaftliche Ziele der
Geldpolitik
wie
Wirtschaftswachstum
,
Konjunktur
- oder
Wechselkursstabilitat
, umschrieben.
[35]
In Staaten mit
gebundener Wahrung
sind die Zentralbanken dazu verpflichtet, den Kurs zum Wahrungsmedium durch Kaufe und Verkaufe desselben stabil zu halten.
[36]
Die nachfolgende Tabelle zeigt die gesetzlich festgelegten Ziele einiger großer Zentralbanken beispielhaft:
[37]
|
Europaische Zentralbank
|
Bank of England
|
Federal Reserve System
(USA)
|
Bank of Japan
|
Ziele
|
- Preisstabilitat
- Unterstutzung allgemeiner Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft ohne Beeintrachtigung der Preisstabilitat
|
- Preisstabilitat (quantifiziert durch das
Schatzamt
)
- Unterstutzung der Wirtschaftspolitik der Regierung einschließlich Wachstums- und Beschaftigungsziele (vorbehaltlich der Preisstabilitat)
|
- stabile Preise
- Hochstgrad an Beschaftigung
- moderate Langfristzinsen
|
- Preisstabilitat und damit der Beitrag zur gesunden Entwicklung der Gesamtwirtschaft
|
Vorrangiges Ziel
|
- Gewahrleistung der Preisstabilitat
|
- Gewahrleistung der Preisstabilitat
|
keine Prioritatensetzung
|
- Gewahrleistung der Preisstabilitat
|
- Debatte um die Ziele der Zentralbanken
Welche Ziele eine Zentralbank verfolgen soll, war lange Zeit ein Streitpunkt innerhalb der okonomischen Debatte. Im Zentrum stand dabei die Frage, ob es eine
Austauschbeziehung
zwischen Beschaftigung und Inflation geben kann wie er in der
Phillips-Kurve
dargestellt wird.
Keynesianer
vertraten die Ansicht, dass die Geldpolitik auch langfristig Wachstum und Beschaftigung beeinflussen kann, wahrend
Monetaristen
annehmen, dass die Geldpolitik keine solchen Effekte haben kann und sich daher darauf beschranken sollte, die Preisstabilitat zu gewahrleisten. Durch die Erfahrungen mit
Stagflation
in den 1970er Jahren hat sich die monetaristische Sichtweise weitestgehend durchgesetzt, auch wenn keynesianische Stimmen nie ganz verstummt sind. Unstrittig ist hingegen, dass eine expansive Geldpolitik kurzfristig zu hoherem
Output
und großerer
Beschaftigung
fuhrt.
Zielabhangigkeit (
englisch
goal dependence
) bedeutet, dass die Regierung die Ziele der Zentralbank beeinflussen kann. Ist beispielsweise die Preisstabilitat als oberes Ziel der Zentralbank gesetzlich vorgegeben, liegt eine Zielabhangigkeit vor. Kann die Zentralbank hingegen ihre Aufgaben und Ziele selbst festlegen, handelt die Zentralbank zielunabhangig.
[31]
Die Unabhangigkeit einer Zentralbank wird haufig von den vielfaltigen wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen eines
Wirtschaftssystems
beeintrachtigt. Eine Zentralbank kann von den Weisungen der Regierung unabhangig sein (wie die Deutsche Bundesbank oder das amerikanische Federal Reserve System), sie kann aber auch von der Staatsregierung weisungsgebunden sein (wie die Banque de France, die Banca d’Italia oder die People’s Bank of China). Ist eine Zentralbank von Weisungen der Regierung abhangig, so ist der Staat der eigentlich Verantwortliche fur die Geld- und Wahrungspolitik.
Die Unabhangigkeit der Zentralbank dient dazu, zu vermeiden, dass die Regierung eine zu expansive Geldpolitik betreibt. Regierungen neigen zu expansiver Geldpolitik, weil sie so kurzfristig bessere
Wirtschaftsdaten
erzielen und so mehr Zustimmung erhalten konnen. Die negativen Folgen einer expansiven Geldpolitik werden in der Regel nicht der Regierung angelastet. Einige monetare Effekte unterschiedlicher institutioneller Ausgestaltungen der Zentralbanken, insbesondere im Bezug auf die
Inflation
, sind empirisch nachvollziehbar.
[38]
Soll der Zentralbankgewinn im nennenswerten Umfang zur Finanzierung des Staates beitragen, ist es hilfreich, die Zentralbank unmittelbar der Regierung zu unterstellen.
[39]
Hinsichtlich des Grades der (Un-)Abhangigkeit einer Zentralbank gegenuber der Regierung ist international ein breites Gestaltungsspektrum zu beobachten. Grunde hierfur sind zum einen die unterschiedlichen Definitionen von
Unabhangigkeit
, zum anderen aber auch die geschichtlichen Erfahrungen der jeweiligen Lander mit ihren Zentralbanken.
[40]
Die supranationale EZB nimmt dabei eine Sonderrolle ein: Ihr vorrangiges Ziel ist die Preisniveaustabilitat. Da ihr diese Aufgabe durch den
Vertrag von Maastricht
vorgeschrieben ist, befindet sich die EZB in einer Zielabhangigkeit. In Bezug auf die Realisierung dieses Ziels durch den Einsatz verschiedener geldpolitischer Instrumentarien ist sie jedoch weisungsunabhangig, d. h., sie besitzt Instrumentenunabhangigkeit.
[31]
In Deutschland ist das Wort ?Zentralbank“ ein
Rechtsbegriff
. Die
Deutsche Bundesbank
ist gemaß
§ 2
BBankG
eine bundesunmittelbare
juristische Person des offentlichen Rechts
, deren
Grundkapital
sich in Handen der
Bundesrepublik Deutschland
befindet. Sie ist eine
oberste Bundesbehorde
(
§ 29
BBankG), die nicht als Kreditinstitut gilt (
§ 2
Abs. 1 Nr. 1
KWG
) und von
Weisungen
der
Bundesregierung
unabhangig ist (
§ 12
BBankG). Sie gilt als staatsunabhangige
Anstalt des offentlichen Rechts
, denn sie hat keine
Zwangsmitgliedschaft
,
[41]
und ist deshalb keine
Korperschaft des offentlichen Rechts
.
Nach
§ 2
BBankG ist sie als Zentralbank der Bundesrepublik integraler Bestandteil des
Europaischen Systems der Zentralbanken
(
Eurosystem
). Sie wirkt an der Erfullung seiner Aufgaben mit dem vorrangigen Ziel der Preisstabilitat mit, halt und verwaltet die
Wahrungsreserven
der Bundesrepublik, sorgt fur die bankmaßige Abwicklung des
Inlands-
und
Auslandszahlungsverkehrs
und tragt zur Stabilitat der
Zahlungs-
und
Verrechnungssysteme
bei. Sie nimmt daruber hinaus die ihr nach BBankG oder anderen Rechtsvorschriften ubertragenen Aufgaben wahr. Ihr einziges
Organ
ist der
Vorstand
(
§ 7
BBankG), nachdem im April 2002 der
Zentralbankrat
abgeschafft wurde.
Die international bedeutendsten Zentralbanken außer der deutschen Bundesbank sind:
Aktiengesellschaften
befinden sich im
Mehrheitsbesitz
des Staates, Behorden sind meist dem
Finanzministerium
unterstellt.
In
Zentralverwaltungswirtschaften
ubernahm ublicherweise das Monobankensystem die Funktionen einer Zentralbank. Gemaß
sozialistischen
Programmen wurde das Geld- und Kreditwesen weitgehend monopolisiert. Ein Monobankensystem besteht aus einer Zentralbank, die
Staatsbank
genannt wird und in der Regel dem Finanzministerium und den obersten Planungsbehorden direkt unterstellt ist und einigen wenigen ihr direkt untergeordneten Geschaftsbanken. Durch das Monobanksystem wurden die
Staatsunternehmen
mit Verrechnungsgeld und die Haushalte mit Bargeld versorgt. Das Monopolbankensystem ubernahm auch Aufgaben, die uber die einer Zentralbank hinausgehen. Es war dafur zustandig, die durch den Zentralplan vorgesehenen Kreditmittel an die Unternehmen zu verteilen, den
internationalen Zahlungsverkehr
samt
Außenhandelsfinanzierung
und
Devisengeschaften
abzuwickeln und die Ersparnisse der Bevolkerung zu sammeln und an das Finanzministerium weiterzuleiten.
Ihre Ziele der Geld- und Wahrungspolitik setzen die Zentralbanken unmittelbar um, indem sie mit den Geschaftsbanken Geschafte auf dem Geld-, Kapital-, Kredit- oder Devisenmarkt abschließen. Diese Geschafte werden ?Instrumente“, ?Instrumentarium“ oder ?Maßnahmen“ genannt und sind uberwiegend ? bis auf die
Mindestreservepolitik
? ohne
Kontrahierungszwang
fur die Geschaftsbanken versehen. Mittelbar dienen
moralische Appelle
? auch an alle anderen Wirtschaftssubjekte ? zur Umsetzung der Ziele. Das Instrumentarium muss drei Eigenschaften aufweisen:
Maßnahmen, die auf freiwilliger
Kontrahierung
der Geschaftsbanken mit ihrer Zentralbank beruhen, wirken eher bei restriktiver Geld- und Wahrungspolitik als bei expansiver. Die einzige auf Kontrahierungszwang aufbauende Maßnahme der Mindestreservepolitik wirkt sofort sowohl restriktiv als auch expansiv.
Nach
Ulrich Bindseil
ist das ubliche Verstandnis der Zentralbanken zu uberprufen, denn der Begriff gelte als schwer definierbar, die Schwedische Reichsbank und die Bank of England gelten ihm zufolge als erste richtige Zentralbanken, fruhe Zentralbanken hatten kein gesamtgesellschaftliches Mandat und keine offentliche Funktion, den fruhen Banken fehlte das Zentralbank-Verstandnis, sie hatten sich langsam aus den Geschaftsbanken entwickelt, das heutige Hauptmerkmal der Zentralbanken,
Lender of Last Resort
zu sein, habe sich erst spat entwickelt. Im Unterschied dazu sieht Bindseil drei charakteristische Eigenschaften aller Zentralbanken: Ausgabe von Geld, staatliches Monopol, gesamtgesellschaftliche Ziele (
englisch
public policy
).
[42]
- Kritik am Zentralbankkonzept
Kritiker meinen, das geltende Mischgeld-Bankensystem, an dem Geschaftsbanken und eine Zentralbank beteiligt sind, fuhre zu schlechteren Ergebnissen hinsichtlich Geldwertstabilitat und Inflationsrate als ein Modell marktformiger
Geldschopfung
. Nach dem
marktwirtschaftlichen
Modell des Mehrbankensystems ohne Zentralbank finde hingegen eine systembedingte Kontrolle der Geldschopfung statt. Die gegenwartigen Beschrankungen durch
- Barreserven
der Geschaftsbank, die mit einer Auszahlung der gewahrten Kredite rechnen muss und diese Auszahlung in Form des gesetzlichen Zahlungsmittels vornehmen muss, da andere Wahrungen nach dem
Greshamschen Gesetz
vom Markt verdrangt werden, und
- Mindestreserve
, also die Menge an Zentralbankgeld, die die Zentralbank den Geschaftsbanken abhangig von deren Kreditvergabe vorschreibt,
fuhrten zu geldmengeninduzierten
Finanzkrisen
, weil die Zentralbank durch
planwirtschaftliche
Geldmengensteuerung in den Wettbewerb eingreife.
[43]
Der Wirtschaftswissenschaftler Kevin Dowd
[44]
vertrat 1994 die Ansicht, dass das Finanzsystem ohne staatliche Eingriffe stabiler sei als es in seiner jetzigen Form ist. Es sei entgegen verbreiteter Annahmen in sich stabil und benotige weder einen
Kreditgeber letzter Instanz
noch ein staatliches
Einlagensicherungs
system.
[45]
Eine Quelle der Instabilitat im gegenwartigen System sei, dass die Zentralbanken nicht genugend Signale erhalten, um eine funktionierende Politik etablieren zu konnen und somit die Politik, die tatsachlich umgesetzt wird, schadliche Auswirkungen nach sich zieht. Als Beispiel nennt er das
Federal Reserve System
, das in den 1930er Jahren seiner Rolle als Kreditgeber letzter Instanz nicht nachkam.
[46]
In seinem Werk
Human Action
vertrat
Ludwig von Mises
1949 die Auffassung, dass die zyklischen Auf- und Abschwunge der Wirtschaft und damit auch die Entstehung von
Depressionen
, das Ergebnis der Senkung des Zinssatzes durch die Expansion von Krediten seitens der Banken ist.
[47]
Dies wird als
Uberinvestitionstheorie
bezeichnet. Durch die damit zusatzlich zur Verfugung stehenden Kredite werde versucht, die Konjunktur kunstlich zu beleben. Von Mises sieht die Gefahr, dass dadurch Kredite in Wirtschaftszweige und Geschafte fließen, die vor der Senkung des Zinssatzes als unrentabel erschienen. Er vertritt die Ansicht, dass die so angekurbelte Wirtschaft fruher oder spater zusammenbrechen musse. Die Krediterweiterungspolitik von Banken sei somit eine
Fehlleitung
der Unternehmenstatigkeit. Von Mises kommt zu dem Ergebnis, dass periodisch wiederkehrende
Wirtschaftskrisen
nur zu verhindern seien, wenn man auf die Ankurbelung der Wirtschaft durch die Bankpolitik verzichten wurde. Vielmehr sollte der Zinsfuß durch den Marktmechanismus geregelt werden.
[48]
Friedrich August von Hayek
, wie Mises ein Vertreter der
Osterreichischen Schule
, sah 1976 den Grund fur die Instabilitat der Wirtschaft darin, dass eine expansive Geldpolitik zu Investitionen in an sich unrentable Projekte fuhrt, die fruher oder spater bereinigt werden mussen. In einer spateren Schaffensperiode machte er als Ursache fur die expansive Geldpolitik aus, dass die Verfugbarkeit des Geldes nicht durch die
Marktentwicklung
bestimmt, sondern durch die Zentralbanken reguliert wird.
[49]
Hayek fordert, die Aufgaben der Zentralbanken in private Hande zu geben und zu dezentralisieren.
[50]
Ein solches System wird als
Free Banking
bezeichnet. Der Zinssatz wurde dann wie jeder andere Preis durch die Nachfrage und das Angebot nach Geld auf dem Markt bestimmt werden.
[51]
Selbst unter den
Laissez-faire
-Befurwortern ist nur eine Minderheit fur die Realisierung eines Free Banking.
[52]
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