Zahlungsunfahigkeit
(
englisch
insolvency, illiquidity
) liegt in der
Wirtschaft
vor, wenn ein
Schuldner
seine
falligen
Zahlungspflichten
nicht
erfullen
kann. Gegensatz ist die
Solvenz
.
Voraussetzungen sind mithin, dass die Zahlungspflichten fallig sind und dass der Schuldner nicht in der Lage ist, sie zu erfullen. Ist er jedoch in der Lage, sie zu erfullen und
will
sie aber nicht erfullen, liegt
Zahlungsunwilligkeit
vor. Dem Schuldner fehlt es bei seiner Zahlungsunfahigkeit an
liquiden Mitteln
oder an ungenutzten
Kreditlinien
,
[1]
um die falligen
Schulden
begleichen zu konnen. Eine Zahlungsunfahigkeit kann dann nur noch durch den
Glaubiger
verhindert werden, indem dieser
Zahlungsaufschub
durch
Prolongation
,
Stundung
oder
Umschuldung
gewahrt oder sogar einen
Schuldenerlass
ausspricht.
Zahlungsunfahigkeit ist im
Insolvenzrecht
ein in
§ 17
Abs. 2
InsO
geregelter
Rechtsbegriff
, wonach der Schuldner ? unabhangig von seiner
Rechtsform
? als zahlungsunfahig gilt, wenn er nicht in der Lage ist, die falligen Zahlungspflichten zu erfullen. Dabei ist in der Regel Zahlungsunfahigkeit anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Ein Schuldner droht gemaß
§ 18
Abs. 2 InsO zahlungsunfahig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Falligkeit zu erfullen. Die Zahlungsunfahigkeit und die
drohende Zahlungsunfahigkeit
sind neben der
Uberschuldung
(
§ 19
Abs. 2 InsO) die
Insolvenzgrunde
, von denen mindestens einer vorliegen muss, damit ein Insolvenzantrag gestellt werden kann (
§ 15a
InsO,
§ 17
InsO).
Zahlungsunfahigkeit liegt insolvenzrechtlich vor, wenn dem Schuldner die notigen
Zahlungsmittel
fehlen und er deshalb andauernd ? und nicht nur vorubergehend ? außerstande ist, seine wesentlichen falligen
Verbindlichkeiten
noch zu erfullen.
[2]
Keine
Zahlungsunfahigkeit im insolvenzrechtlichen Sinne ist ein temporarer
Liquiditatsmangel
, welcher binnen 21 Tagen zu beheben ist. Der
Bundesgerichtshof
(BGH) fuhrt dazu aus: ?Von der Zahlungsunfahigkeit abzugrenzen ist die bloße Zahlungsstockung, d. h. der kurzfristig behebbare Mangel an flussigen Mitteln. Dieser muss in einem Zeitraum von maximal drei Wochen zu beseitigen sein.“
[3]
Die
Bugwellentheorie
wird vom BGH deshalb nicht geteilt.
[4]
Danach liegt keine Zahlungsunfahigkeit vor, wenn der Schuldner zwar eine ?Bugwelle“ von Verbindlichkeiten vor sich herschiebe, diese aber ausnahmslos in drei Wochen erfullen konne.
Kann mithin eine Zahlungsstockung innerhalb von drei Wochen behoben werden, indem der Schuldner innerhalb dieser Frist neue Liquiditatsquellen findet, wird eine Zahlungsunfahigkeit abgewendet. Grundlage fur die Ermittlung der Zahlungsfahigkeit ist ein
Liquiditatsplan
, aus dem die
Einzahlungen
und
Auszahlungen
hervorgehen. Zur Ermittlung der Zahlungsunfahigkeit werden alle falligen Zahlungsverpflichtungen herangezogen. Darunter fallen auch jene Geldschulden, die vom
Glaubiger
bislang nicht angemahnt, eingeklagt oder vollstreckt wurden, sowie
Uberziehungen
von
Kontokorrentkreditlinien
.
Ubersteigen die Einzahlungen die Auszahlungen oder sind beide gleich hoch, liegt Zahlungsfahigkeit vor. Entsprechend handelt es sich um Zahlungsunfahigkeit, wenn die Auszahlungen die Einzahlungen ubersteigen:
- .
Diese
statische Liquiditat
kann mit Hilfe der kunftigen Falligkeiten zu einem dynamischen Liquiditatsplan erweitert werden, so dass ermittelt werden kann, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt
Illiquiditat
vorliegt. Diesem
Liquiditatsrisiko
muss durch vorausplanendes
Cash Management
begegnet werden.
Fur Glaubiger gilt es im
Forderungsmanagement
,
Debitoren
mit mangelnder
Zahlungsmoral
fruhzeitig zu identifizieren,
[5]
um das
Zahlungsrisiko
eines kunftigen
Forderungsausfalls
zu vermeiden.
- ↑
Friedrich Wilhelm Christians
/
Rolf-Ernst Breuer
,
Finanzierungs-Handbuch
, 1980, S. 387
- ↑
Arndt Moser,
Die drohende Zahlungsunfahigkeit des Schuldners als neuer Eroffnungsgrund
, 2006, S. 49
- ↑
BGH, Beschluss vom 21. August 2013, Az.: 1 StR 665/12 =
NJW 2014, 164
- ↑
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017, Az.: II ZR 88/16 =
BGHZ 217, 130
Rz. 51
- ↑
Wolfgang Breuer/Thilo Schweizer/Claudia Breuer (Hrsg.),
Gabler Lexikon Corporate Finance
, 2003, S. 119