Mit
Wyandot / Wyandotte
(in den USA) oder
Wyandot / Wendat
bzw.
Huronn(e)
(in Kanada) bezeichnet man heute eine sich nach den
Biberkriegen
(zwischen 1640 und 1701) neu formierende indianische Stammesgruppe aus versprengten, uberwiegend
irokesisch-sprachigen
sowie einigen kleineren
Algonkin
-Stammen. Zuerst waren diese verbundeten Stamme als
Huron Petun Nation
bekannt, ab 1700 wurden die heutigen Bezeichnungen in den Vereinigten Staaten und Kanada ublich.
Unter der (historischen) Bezeichnung
Huronn(e), Hurons, Huron People
oder
Huronen
versteht man die ?Wendat/Huronen-Konfoderation“ (ca. 1420 bis ca. 1650) aus vier verbundeten Stammen, die seitens der Franzosen auch als ?Nationen“ bezeichnet wurden, was bedeutet, dass sie getrennte politische und territoriale Einheiten waren, mit ahnlichen Kulturen, einem gemeinsamen Ursprung in der fernen Vergangenheit und ahnlichen, aber nicht identischen Sprachen. Die ?Wendat/Huronen-Konfoderation“ entwickelte sich aus einem losen Verteidigungsbundnis gegen ihren gemeinsamen Feind, die funf Haudenosaunee-Nationen oder
Irokesen-Liga
sudlich des
Ontariosee
(
Ontariio’
? ?Der See ist groß, schon, prachtig“). Sie sprachen eine der
irokesischen Sprachen
.
Um eine moglichst klare Trennung zwischen der historischen ?Wendat/Huronen-Konfoderation“ und den aus dieser teilweise hervorgegangen heutigen ?Wyandot/Wendat“-Stammen bzw. First Nations zu machen, wird im Artikel die Bezeichnung
Huronn(e), Hurons, Huron People
oder
Huronen
fur die ?Konfoderation“ vor ihrer Vernichtung und Zerschlagung durch die Irokesen gebraucht (bis 1650) und die Bezeichnung
Wyandot, Wyandotte
nach der Neuorganisation (
Ethnogenese
) der einzelnen versprengten Stamme (ab 1700).
Die sprachlich-kulturell und politisch eng verbundeten Huronen,
Petun (Tionontate)
(im Sudwesten),
Neutrale (Attiwandaronon)
(im Westen) und
Wenro
(ostlichster Stamm der Neutrale, im Suden) nannten sich alle stammesubergreifend
Wyandot
oder
Wendat
(?die Inselbewohner“) ? wahrscheinlich hatten die dort lebenden Stamme den Eindruck, sie wohnten auf ?Inseln“, da sie inmitten einer fluss- und seenreichen Landschaft fast stets von Wasser umgeben waren. Um sich innerhalb dieses Gebiets bewegen zu konnen, benutzten sie Birkenkanus.
Ihr Stammesgebiet nannten sie
Wendake
, dieses erstreckte sich (von Ost nach West) uber ca. 880 km² im Suden Ontarios entlang der Sudkuste des
Lake Simcoe
(
Ouentironk
? ?schones Wasser“)
[1]
, der
Georgian Bay
, der
Nottawasaga Bay
(Algonkin: ?Irokesen an der Flussmundung“) und des nach ihnen benannten
Lake Huron
(
Karegnondi
? ?Frischwasser-See“, ?großer See“). Manchmal werden die Huronen und Petun daher als eine Stammesgruppe betrachtet und als
Wendat-Tionontate
oder
Huron-Petun
bezeichnet. Ebenso wird eine starke sprachliche Ahnlichkeit zwischen den
Erie (Erieronon)
und den ?Wendat“-Volkern berichtet.
Die Fremdbezeichnung
?Huronen“
geht vermutlich auf die franzosische Bezeichnung ?La Hure“ fur den Kopf des
Wildschweins
und ubertragen einen großen, struppigen Menschenkopf zuruck,
[2]
an den der Irokesenschnitt der Huronen die franzosischen Neuankommlinge erinnerte.
Ursprunglich gab es schatzungsweise ca. 30.000 bis 40.000 Huronen (eventuell sind hierbei jedoch die Petun mit eingerechnet), doch durch Kontakt mit europaischen Handlern brachen verheerende
Pocken
- und
Masernepidemien
unter den Stammen aus und vernichteten ganze Dorfer, Clans und Familien. Dies fuhrte zur Destabilisierung der Gesellschaft der Huronen ? zumal durch den Kontakt mit den
Jesuiten
die Huronen in zwei politisch-religiose Fraktionen geteilt waren: Die sog. ?Progressiven“ oder ?Christliche Fraktion“ hatten das
Christentum
ubernommen und sich in der Nahe der franzosischen Handelsposten angesiedelt; die sog. ?Traditionalisten“ hielten an ihrer ethnischen
Religion
und Gebrauchen fest und versuchten sich dem Einfluss der Europaer zu entziehen. In außerst verlustreichen Kampfen gegen die Irokesen in den sog.
Biberkriegen
(1640?1701) um die Kontrolle des Pelzhandels wurden mehrere Dorfer der Huronen zerstort, die mannliche Bevolkerung entweder umgebracht oder zusammen mit Frauen und Kindern verschleppt und adoptiert. Bald kampften gefangene und zwischenzeitlich adoptierte ehemalige Huronen-Krieger in den Reihen der Irokesen gegen ihr eigenes Volk. Durch diese brutalen Kriegszuge brach die Bevolkerungszahl der Huronen schnell zusammen; ein Großteil der Huronen (die sog. ?Traditionalisten“) schlossen sich den siegreichen
Irokesen
? Verbundeten der Briten ? an, wurden adoptiert und siedelten unter den
Westlichen Seneca
(Verbundeten der Franzosen); nur eine Minderheit (die sog. ?Progressiven/Christliche Fraktion“) floh zusammen mit den Jesuiten nach
Neu-Frankreich
. Ihre einstigen europaischen Verbundeten, die Franzosen, konnten schwer nachvollziehen, dass die Huronen es vorzogen, unter ihren indigenen Erzfeinden zu siedeln statt unter ihren weißen ?Freunden“ ? jedoch war dies ein Versuch der Huronen, trotz der vernichtenden Niederlage an ihrer Kultur und Religion festhalten zu konnen. Eine dritte ?Anti-Irokesen“-Gruppe schloss sich den Petun an und floh westwarts nach
Fort Michilimackinac
an der
Strait of Mackinac
.
Die modernen Wyandot entstanden im spaten 17. Jahrhundert aus dem Zusammenschluss der Uberlebenden zweier ehemals bedeutender irokesischer Konfoderationen ? der ?Wendat/Huronen-Konfoderation“ sowie der ?Tionontati/Petun-Konfoderation“. Andere ebenfalls durch die Irokesen-Liga vertriebene und versprengte Gruppen schlossen sich dem sich neu organisierenden Stammesverband an; hierunter Mitglieder der einstigen ?Neutrale-Konfoderation“, der Wenro, der Erie, der Susquehannock sowie einiger kleinerer Algonkin- und Irokesen-Stamme. Unter der nun allgemein als ?Wyandot/Wyandotte“ bekannten Ethnie bilden die Petun mit Abstand den großten Stamm und ihre Nachkommen bilden bis heute die Mehrheit der Wyandot, so dass heute die Kultur sowie die Wyandot-Sprache wahrscheinlich den Petun ahnlicher als den Huronen ist.
Die sudlichen Wyandot-Gruppen mussten innerhalb der
USA
westwarts ziehen und wurden in
Oklahoma
angesiedelt, die nordlichen Gruppen ließen sich am
Sankt-Lorenz-Strom
in Kanada nieder. Heute gibt es drei anerkannte Stamme der Wyandot in den USA sowie eine First Nation der Wyandot in Kanada, die zusammen etwa 8000 Stammesmitglieder zahlen.
1999 kam es zu einer Erneuerung der Wyandot-Konfoderation, als sich in
Midland
,
Ontario
, die Fuhrer der
Wyandot Nation of Kansas
, der
Wyandotte Nation of Oklahoma
, der
Wyandot Nation of Anderdon
und der
Huronne Wendat
von
Wendake
zusammenschlossen.
Melodie des
Huron Carol
ⓘ
/
?
Jesuiten
errichteten im 17. Jahrhundert Missionsstationen wie
Sainte-Marie-au-pays-des-Hurons
und LaJeune Lorette
[3]
im Huronengebiet. Die Sprache der Huronen wurde durch den Jesuiten
Pierre Potier
Mitte des 18. Jahrhunderts untersucht. In seinen
Elementa Grammaticæ Huronicæ
aus dem Jahre 1745 gibt er fur die Namensbildung zwei Anhaltspunkte: zum einen das Wort
ahouenda
, das sich auf ein Stuck moglicherweise isolierten Landes bezieht, moglicherweise eine Insel, und zum anderen
aouenda
, das Stimme, Befehl, Sprache oder Versprechen bedeutet. Potier stellte fest, dass sich mit der Anfugung der Vorsilbe
sk
aouendat eine Bedeutung im Sinne ?die eine Stimme“ und gleichzeitig ?die eine Insel“ ergibt. Diese Doppelbedeutung war seiner Meinung nach eine mogliche Erklarung fur die Entstehung des Eigennamens.
Beispiele fur andere durch jesuitische Schriften uberlieferte, zentrale Begriffe sind
Ondinnonk
, ein unterbewusstes
Verlangen
, das sich durch einen entsprechenden
Traum
außert, sowie
Saokata
fur den
Schamanen
.
[4]
Weitere Beschreibungen gehen auf den Jesuiten
Jean de Brebeuf
zuruck, so der erste Beleg fur die bis heute stereotyp fur Indianersprachen verwendete Interjektion
Howgh
. Brebeuf verfasste das alteste und bis heute verwendete kanadische Weihnachtslied
Jesous Ahatonhia
(Jesus, he is born)
in huronischer Sprache. Dabei sind die
Weisen aus dem Morgenland
Hauptlinge von Nachbargebieten, die ihm als Geschenke
Fuchsfelle
und
Biberpelze
darbringen.
[5]
David Graeber
und
David Wengrow
sahen im Zusammenleben der Wendat-Huronen den Ausgangspunkt fur die europaische
Aufklarung
.
[6]
Akademische Repliken bezweifeln dagegen, die Sprache die Formulierung eines individuellen Freiheitsbegriffs ermoglichte.
[7]
Die Sprache der Wyandot ist seit den 1960er Jahren fast erloschen (→ siehe
Irokesensprachen
).
Die Wendat/Huronen-Konfoderation vor der Ankunft der Europaer
[
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Ursprunglich waren die Huronen und die anderen Wendat-Volker Teil des
irokesischen
Volkes, trennten sich aber von diesem und verbundeten sich mit
Algonkin
-Volkern. Wie die Irokesen lebten sie in
Langhausern
und betrieben Landwirtschaft.
Die Konfoderation bestand aus folgenden vier ?Nationen“ bzw. Stammen:
[8]
- Attinniaoenten
oder
Bear People
(auch:
Attignawantan, Attignaouentan, Attignousntan
? ?Volk des Baren“): Mit fast der Halfte der Huronen-Bevolkerung waren sie der mit Abstand großte und machtigste Stamm und lebten zwischen der
Georgian Bay
und dem
Wye River
; gegen 1640 bewohnten sie dreizehn Dorfer:
- Southern Bear People/Sudliche Attinniaoenten
- Northern Bear People/Nordliche Attinniaoenten
- Hatingeennonniahak
oder
Cord People
(auch:
Attigneenongnahac, Attiguenongha
? ?Jene die Schnure fur Fischnetze fertigen“): zweitgroßter Stamm, lebten entlang der Mount St. Louis Ridge zwischen dem Sturgeon und dem Coldwater River, bewohnten drei Hauptdorfer.
[9]
- Arendaenronnon
oder
Rock People
(auch:
Arendahronon
? ?Volk des liegenden Felsens“): ostlichster Stamm, lebten an den Ufern des
Lake Couchiching
westwarts bis zum Coldwater River, bewohnten vier Dorfer, ihr Hauptdorf war
Cahiague
.
- Atahontaenrat
oder
Deer People
(auch:
Tahontaenrat, Scanonaerat, Scahentoarrhonon
? ?zwei weiße Ohren“, d. h. ?Volk des Hirsches“): kleinster Stamm, lebten sudostlich der ?Bear People“ in einem einzigen großen Dorf im Gebiet nordlich des Orr Lakes.
- Ataronchronon
oder
People of the Bog
(?Volk des Moores, des Sumpfes“): wurden politisch nicht als vollwertiges Mitglied anerkannt und hatten somit kein eigenes Stimmrecht im Rat. Sie wurden wahrend der Ratssitzung durch die ?Bear People“ vertreten. Vermutlich handelt es sich hierbei um Clan-Mitglieder der ?Northern Bear People“; spater schlossen sich durch die Haudenosaunee versprengte fluchtende
Wenrohronon
(ab 1638) und Bands der
Algonkin
(ab 1644) an.
Im spater als ?Wendake“ oder ?Huronia“ (heutiges
Georgian Triangle
im Suden Ontarios) bezeichneten Stammesgebiet der
Wendat-Tionontate (Huron-Petun)
siedelten zuerst (ca. 1300 bis 1420 n. Chr.) die Vorfahren der ?Tionontate/Petun“ und die ?Southern Bear People“ sowie die ?Cord People“; die beiden Letzteren formten in dieser Zeit eine politische Allianz, die den Beginn der Wendat/Huronen-Konfoderation bildete. Als
Hauptstadt
und Sitz des Ratsfeuers wurde
Ossossane
am Ufer der Nottawasaga Bay gewahlt. Mit ca. 40 Langhausern und 1.500 Bewohnern war es die großte Siedlung der ?Bear People“ und uberwiegend von Angehorigen der ?Southern Bear People“ bewohnt. Ossossane lag entlang eines wichtigen Wegenetzes, das die Territorien der Wendat/Huronen und Tionontati/Petun verband.
Spater (1420 bis 1550 n. Chr.) wanderten die ?Northern Bear People“ vermutlich auf Grund Bevolkerungswachstums und hierdurch verursachter Krankheiten sowie Konflikten uber die begrenzten Ressourcen zu und schlossen sich dort den ?Southern Bear People“ an. Die beiden bildeten fortan eine politische Einheit und waren daher der großte und bedeutendste Stamm innerhalb der Konfoderation. Sie verloren jedoch nie ihr Bewusstsein fur ihre eigene Identitat und sprachen stark voneinander abweichende Dialekte.
[10]
Wahrend des Erstkontakts bis zur Zerstorung der Wendat/Huronen-Konfoderation (ca. 1550 bis 1650 n. Chr.) wurden die
Sankt-Lorenz-Irokesen
aus dem ostlichen
Ontario
vertrieben und sudliche Gebiete der Vorfahren der Petun und Huronen verlassen. Offensichtlich migrierten Angehorige der ?Rock People“ und ?Deer People“, da die Jesuiten deren Ankunft im historischen ?Wendake/Huronia“ ca. 50 Jahre vor der Ankunft der Missionare in der Georgian Bay registrierten. Es ist anzunehmen, dass die sprachlich verwandten ?People of the Bog“ die Migration teilten ? moglicherweise sogar die Vorhut waren, die sich zuerst den ?Bear People“ und ?Cord People“ anschloss. Die ?Rock People“ traten ca. 1560?1590 der Konfoderation bei, die ?Deer People“ ca. 1570?1610. Eine weitere Entwicklung zu dieser Zeit war das starke Bevolkerungswachstum der Petun. Dies ist wahrscheinlich in irgendeiner Weise auf die ?grausamen Kriege“ zwischen Huronen und Petun zuruckzufuhren, von denen den Jesuiten erzahlt wurde, dass sie irgendwann in dieser Zeit stattgefunden haben. Es ist jedoch nicht klar, ob zuerst die Kampfe stattfanden oder aber die Migration ganzer Stamme nach Norden diese ausloste.
[11]
Jedoch konnte die Unterteilung der ?Tionontati/Petun“ in zwei ?Nationen“ (manchmal auch als Clans, Phratries oder Moieties gedeutet) ? ?Wolf People“ und ?Deer People“ ? andeuten, dass ein bedeutender Teil der zugewanderten ?Deer People“ sich den ?Tionontati/Petun“ und nicht den Huronen anschloss.
Jeder Stamm sandte Reprasentanten zum gemeinsamen Rat in Ossossane, in dem uber Krieg und Frieden, Bundnisse sowie Handel und Jagd beraten wurde. Auf dem Hohepunkt ihrer Macht gehorten dem Rat der Huronen etwa 52 Mitglieder an.
Zu ihren Handels- sowie Bundnispartnern gehorten benachbarte, ebenfalls irokesisch-sprachige Volker, die politisch auch in ?Konfoderationen“ organisiert waren: die
Petun (Tionontati)
(?Volk in den Hugeln/Bergen, d. h. der Blue Mountains“, zwei Nationen), die
Neutral (Attiwandaronon)
(?Jene, die ein bisschen anders sprechen“, mindestens funf Nationen), die
Wenrohronon
(?Volk am Ort des schwimmenden Sumpfes/vom nassen Moos“, ostlichster Stamm der Neutralen), die
Erie (Erieronon oder Yenreshronon)
(?Volk mit langem Schwanz“, vier/funf Nationen) und die
Susquehannock
(Andastoerrhonon) (?Volk des schwarzen Dachfirsts“, neun fuhrende Nationen) im Suden.
Zudem unterhielten sie enge Handelskontakte sowie politische und soziale Beziehungen zu den Algonkin-Volkern der Anishinabe, Odawa, Nipissing und weiteren algonkin-sprachigen Stammen wie den Innu (damals Montagnais genannt) der Georgian Bay und des Ottawa River Valley. Mit diesen Nationen tauschten sie uberschussigen
Mais
,
Bohnen
und ?
indischen Hanf
“ (aus dessen festen Bastfasern, die aus der inneren Rinde gewonnen werden, Kleidung, Stricke und Fischernetze hergestellt wurde) gegen
Tabak
und exotische Gegenstande wie einheimisches
Kupfer
,
Catlinit
und
Muscheln
(siehe:
Muschelgeld
) und
Wampum
[12]
.
Damit hatten sie von Westen, Norden und Suden die
Irokesen
-Liga eingekreist und setzten diese okonomisch und militarisch stark unter Druck.
Bald nach Ankunft der Franzosen, ihrer langjahrigen Verbundeten, erlangten sie eine beherrschende Stellung im Fellhandel. 1609 schlossen sie sich dem Militar- und Handelsbundnis an, das die Innu und Algonquin mit den Franzosen geschlossen hatten, indem sie an einer Razzia gegen den Mohikaner, ein Mitglied der Haudenosaunee-Konfoderation, teilnahmen. Doch die Franzosen hatten sich hierdurch die machtige
Irokesen-Liga
zum Feind gemacht, die sich im
Covenant Chain
zuerst mit den Niederlandern und spater mit den Briten verbundete und von den Europaern mit Waffen versorgt wurde. Dies gab den zahlenmaßig schwacheren Irokesen eine enorme militarische Schlagkraft gegenuber den sie umgebenden Stammen.
Auf Grund der Konkurrenz unter den Stammen im
Pelzhandel
hatten die Haudenosaunee/Irokesen-Liga sowie die Stamme im Gebiet der Großen Seen und des Ohio-Tales (einschließlich der Wendat) ihre Gebiete uberjagt und waren gezwungen, die gefragten Pelze per Handel oder Krieg zu erlangen. Da die Irokesen-Liga aber nur von feindlichen Stammen umgeben war, musste sie diese entweder unterwerfen oder damit rechnen, selbst zerstort zu werden. Dies fuhrte angesichts schwindender Ressourcen Mitte des 17. Jahrhunderts zum Konflikt zwischen der Irokesen-Liga und den Briten einerseits sowie den Huronen, ihren indigenen Verbundeten und den Franzosen andererseits und eskalierte in den sog.
Biberkriegen
(Franzosen- und Irokesenkriegen) (1640 und 1701). Die Irokesen versuchten ihr Territorium auf das Gebiet der benachbarten Stamme, hauptsachlich Algonkin, auszudehnen, um so als Mittler im Fellhandel zwischen den Franzosen und den westlichen Stammen auftreten zu konnen. Die Kriege waren auf beiden Seiten von extremer Brutalitat gepragt und werden als eine der blutigsten Auseinandersetzungen in der Geschichte Nordamerikas betrachtet. Die Expansion der Haudenosaunee/Irokesen-Liga unter der Fuhrung der Mohawk (?Huter des ostlichen Tores“) und Seneca (?Huter des westlichen Tores“) und die Vertreibung der unterlegenen Stamme veranderte die Stammesgeographie im gesamten ostlichen Nordamerika.
Erste Auseinandersetzungen hatte es bereits um den kulturell sowie materiell bedeutsamen
Wampumhandel
zwischen Mohawk und der machtigen
Mahican
-Konfoderation (funf Stammen entlang des
Hudson River
und dessen Nebenflussen, des
Mohawk
und
Hoosic River
) gegeben. Als kurzfristig die
Neuengland
-
Algonkin
entlang der Atlantik-Kuste militarisch gegenuber den nicht mit niederlandischen Gewehren und stahlernen
Tomahawks
ausgestatteten Irokesen die Oberhand gewannen, war Letzteren klar, dass sie direkte Handelskontakte mit den Hollandern etablieren mussten, um waffentechnisch gleichzuziehen.
Um 1610 erreichten niederlandische Handler das Tal des Hudson River (eine wichtige Handelsroute zu den Stammen im Gebiet der Great Lakes sowie im Landesinnern), belieferten die Irokesen mit den gewunschten Waffen, um gemeinsam die Susquehannock im Suden zu bekampfen, und vermittelten 1618 zwischen den verfeindeten Mohawk und Mahican einen Frieden. 1624 errichteten die
Niederlander
ihren ersten Handelsposten, das
Fort Oranije
(sudlich des heutigen Albany, New York) in der Nahe der Mahican-Hauptstadt ?Schodack/Shodac“ und begannen entlang des Flusslaufs ab 1626 ihre Kolonie
Nieuw Nederland
zu errichten. Zudem versuchten die Niederlander mittels Mahican-Mittelsmannern mit den im Norden und Nordwesten lebenden Algonkin-Stammen ebenfalls Pelzhandel zu betreiben. Nun sahen sich die Irokesen von beiden Seiten durch gut bewaffnete Algonkin bedroht.
Allerdings hatten die Niederlander die durch das neu errichtete Fort Oranije leichter zu erreichenden Mohawk ebenfalls mit Gewehren bewaffnet, so dass die Auseinandersetzungen bald eskalierten. Die Irokesen-Liga bekampfte (1624 bis 1628) die machtige Mahican-Konfoderation, um Zugang zum Handel mit den Niederlandern zu bekommen. Nachdem die Mahican besiegt und ostwarts uber den Hudson River vertrieben worden waren, stiegen die Mohawk zum wichtigsten Handelspartner der Niederlander (und spater Briten) im Hudson Valley empor.
Etwa gleichzeitig (ca. 1626 bis 1630) begannen die Susquehannock die zahlreichen
Lenni Lenape
zu attackieren und vertrieben diese sudwarts nach Delaware und New Jersey. Als
Neuschweden
(Nya Sverige) 1638 seine erste Siedlung am Delaware River errichtete, benotigten die Lenni Lenape von den Susquehannock die Erlaubnis, Vertrage abzuschließen, da sie als Tributpflichtige nicht als souveranes Volk betrachtet wurden.
Die Huronen wurden (1635 bis 1640) durch mehrere Epidemien (
Grippe
,
Masern
und
Pocken
) stark dezimiert (manche Schatzungen reichen
bis um die Halfte
) und vieler ihrer Anfuhrer beraubt. Die Huronen ließen sich daher ? nachdem die Englander kurzfristig Quebec erobert hatten (1629 bis 1632) ? durch
Jean Nicolet
fur einen Boykott der Englander gewinnen. Wahrenddessen nutzten die Mohawk und Oneida ihre militarisch gestarkte Position, um vermehrt Attacken gegen die sudlichen Verbundeten der Huronen, die Susquehannock, zu unternehmen, so dass Letztere immer mehr aufgerieben und geschwacht wurden.
Die zahlenmaßig unterlegenen Irokesen konnten erfolgreich die Huronen isolieren, indem sie zuerst deren indigene Verbundeten attackierten. Nach mehreren irokesischen Angriffen und Uberfallen (1636 bis 1637) fluchteten verschiedene Algonkin-Stamme (1642 bis 1646) ins Upper Ottawa River Valley (einen der Haupthandelswege fur den Absatz von Pelzen), und die Innu/Montagnais zogen sich ostwarts nach Quebec zuruck. Die Wenro und ihr Stammesgebiet wurden als erste von den Irokesen ? unter Fuhrung der Seneca ? uberrannt, gaben ihre Dorfer auf und flohen nordwarts uber den Niagara River nach Ontario, wo ca. 600 Stammesmitglieder unter den Huronen Schutz fanden. Warum ihre indianischen Alliierten ? die Neutrale und Erie ? plotzlich die Wenro im Kampf gegen den gemeinsamen Feind im Stich gelassen hatten, ist nicht geklart. Eventuell erhofften sich diese eine Schonung seitens der Irokesen.
Zu einer weiteren Eskalation an Gewalt trug bei, dass die Englander das niederlandische Handelsmonopol mit den Mohawk brechen wollten, indem sie Letzteren Feuerwaffen anboten. Im Gegenzug begannen die Niederlander nun die Irokesen in unbegrenzten Mengen mit Waffen und Munition zu versorgen. Die Franzosen gaben ihren Verbundeten mehr Waffen, aber diese waren im Allgemeinen minderwertig gegenuber niederlandischen Waffen und wurden zunachst nur christlichen
Konvertierten
gegeben. Plotzlich waren die Irokesen viel besser bewaffnet als jeder andere Stamm (einschließlich der Franzosen).
Nun (ab 1640) konzentrierten die Irokesen ihre Attacken gegen die ostlichen Dorfer der Huronen (da diese Wenro-Fluchtlinge beherbergten); bereits im Fruhjahr 1635 hatten die Seneca den Huronen eine große Niederlage zugefugt. Die Algonkin und Innu/Montagnais wurden 1641 komplett von den Mohawk und Oneida aus dem Upper St. Lawrence Valley vertrieben, wahrend im Westen die Seneca, Cayuga und Onondaga ihre Attacken insbesondere gegen die Huronen richteten. 1645 versuchten die Franzosen, mittels eines Friedensvertrags mit den Irokesen der Gewalt Einhalt zu gebieten ? ohne jedoch die eigentliche Ursache, den Wunsch der Irokesen, direkt mit Huronen und Franzosen Felle zu handeln, losen zu konnen. Sie verhielten sich beim Ausbruch erneuter Konflikte gegenuber den Irokesen und ihren einstigen indianischen Verbundeten neutral.
Nach zwei Jahren vergeblicher Verhandlungen organisierten 1647 die Irokesen massive Attacken ins Land der Huronen und zerstorten die Dorfer der
Arendaenronnon (?Rock People“)
. 1648 kampfte sich eine 250 Mann starke Huronen-Kanuflotte uber die Irokesenblockade nach Quebec. Wahrend ihrer Abwesenheit drangen die Irokesen im Juli tief in Wendake ein, zerstorten das Missionsdorf St. Joseph und toteten den Jesuitenpriester. In koordinierten Winterangriffen im Marz 1649 griffen 2.000 Mohawk und Seneca-Krieger in zwei Stunden die Missionsorte St. Ignace und St. Louis an. Hunderte von Huronen wurden getotet oder gefangen genommen, wahrend zwei weitere Jesuiten zu Tode gefoltert wurden. Zuvor hatten plotzlich und uberraschend die Huronen jegliche Hilfe seitens der verbundeten Susquehannock abgelehnt, die wahrend der Kriege stets den Huronen beigestanden hatten. Im Winter 1648/1649 wurden die Huronen von den Irokesen vollig uberrannt, und in der Folgezeit brach ihr Widerstand abrupt zusammen. Als die Huronen ihre Hauptstadt
Ossossane
aufgaben, flohen die meisten von ihnen zu benachbarten Stammen, viele hierunter zu den Erie.
Die Irokesen verlangten daraufhin, dass die Erie die Huronen an sie ausliefern sollten, was die Erie ablehnten. Daraufhin herrschte eine zweijahrige extreme Spannung zwischen den beiden Volkern.
Andere Huronen hatten sich sofort ergeben und den siegreichen Irokesen angeschlossen, von diesen wurden sie alsbald ? wie zuvor bereits gefangene Huronen ?
adoptiert
und als vollwertige Mitglieder der Liga akzeptiert.
Den Petun erging es nicht besser, vor allem, als die Irokesen 1.000 gefangene Krieger inkorporierten. Als 1650 die westlichen Irokesen (
Seneca
,
Cayuga
und
Onondaga
) die Neutrale (Attiwandaronon) angriffen, traten die Susquehannock dem Krieg gegen die Irokesen bei.
Als jedoch die Mohawk zusammen mit den Oneida die Susquehannock 1651 angriffen, konnten diese den Neutralen (Attiwandaronon) nicht beistehen. Zudem versagten die Erie trotz der Auseinandersetzungen mit den Irokesen wegen der Aufnahme der Huronen-Fluchtlinge ihre Unterstutzung. So dauerte es nicht lange, bis eine weitere, ehemals verbundete Nation der Huronen, die Attiwandaronon, besiegt und gegen 1655 fast vernichtet waren. Der sich abzeichnende Krieg der Erie gegen die westlichen Irokesen brach aus, nachdem alle 30 Botschafter der Erie wahrend einer Friedenskonferenz von den Irokesen umgebracht worden waren.
Da die Franzosen nach den vernichtenden Siegen der Irokesen uber die Huronen und Attiwandaronon machtlos waren und die Erie von 1653 bis 1656 nun allein gegen die westlichen Irokesen kampfen mussten, waren die Susquehannock auf sich allein gestellt. Der Krieg gegen die Mohawk und Oneida dauerte noch bis 1656, bis die Susquehannock langsam den ostlichen Nebenarm des
Susquehanna River
hinab ziehen mussten.
Die Erie konnten den Irokesen schwere Verluste zufugen, aber ohne
Feuerwaffen
waren sie dem Untergang geweiht. 1679 verschwanden die letzten großen eigenstandigen Gruppen der Erie, 1680 hatten sie endgultig aufgehort zu bestehen. Sie hatten sich entweder den Huronen angeschlossen oder waren als versklavte Hilfstruppen der Irokesen in diesen aufgegangen.
Die durch die Franzosen und Briten wahrend des
Pelzhandels
und der
Missionierung
eingeschleppten Krankheiten (wie
Masern
und
Pocken
) hatten die Bevolkerungen der Huronen und ihrer Verbundeten (Wendat und Algonkin) schatzungsweise um
ein Drittel bis um die Halfte
reduziert, die außerst brutal gefuhrten Biberkriege der
Irokesen-Liga
fuhrten zudem zur Vernichtung ganzer Siedlungen, Flucht und Vertreibung innerhalb von ?Wendake“ und Ernteausfallen, was wiederum zum Ausbruch von
Seuchen
unter der geschwachten Bevolkerung fuhrte. Dieser außere und innere Stress in den indigenen Gemeinschaften ? die stark unter dem Einfluss der Jesuiten standen ? fuhrte bei den Huronen und ihren indigenen Alliierten zudem zu einer religiosen Identitatskrise. Die sog. ?Traditionalisten“ unter den Huronen sprachen sich im Rat fur eine Abkehr von den Franzosen und den Jesuiten aus, die ?Progressiven/Christliche Fraktion“ argumentierte jedoch, dass nur die Feuerkraft und Unterstutzung der Franzosen sowie des Christengottes den Huronen das Uberleben sichern konnten.
Der großte Teil der sog. ?Traditionalisten“, mindestens 3.000 Huronen, hatte sich wahrend und nach ihrer Niederlage den Haudenosaunee angeschlossen. Diese ?Traditionalisten“ (Großteil der ?Rock People“ sowie die ?Deer People“) errichteten ein separates Dorf unter den
Westlichen Seneca
(Verbundete Frankreichs, die ?Ostlichen Seneca“ waren Alliierte der Briten) und konnten lange ihre eigenstandige Identitat bewahren. Die ca. 1.000 Stammesangehorige der ?Christlichen Fraktion“ (Großteil der ?Bear People“, die ?Cord People“ und einige ?Rock People“) verließen 1649 die
Missionsstation
Sainte-Marie-au-pays-des-Hurons
zusammen mit den Jesuiten und flohen nach
Gahoendoe
bzw.
Christian Island
in der Georgian Bay. Andauernde Uberfalle der Irokesen und eine schlechte Nahrungsmittelversorgung fuhrten jedoch dazu, dass den kommenden Winter wegen Hungers und Kalte nur noch ca. 300 Stammesangehorige uberlebten. Die Mehrheit floh nach Norden und siedelte auf der
Ile d’Orleans
im Mundungsbereich des
Sankt-Lorenz-Stroms
, etwa funf km nordostlich der Provinzhauptstadt Quebec. Spater schlossen sich ihnen weitere 300 Fluchtlinge an.
Den ubrigen Huronen hatten sich zwischenzeitlich einige Uberlebende der Petun angeschlossen. Zusammen verließen sie 1651 ebenfalls die Insel.
Um die seit 1653 andauernden Friedensverhandlungen mit den Irokesen erfolgreich zu beenden, uberzeugten die Franzosen die Huronen der Ile d’Orleans, sich ihren Feinden anzuschließen (die Auslieferung von gefluchteten Huronen hatten die Irokesen vehement als Grundlage des Friedensschlusses verlangt). Wahrend der Jahre 1656?1657 zogen daher die ?Rock People“ zu den
Onondaga
und einige der ?Bear People“ zu den
Mohawk
, der Großteil der ?Bear People“ und alle ?Cord People“ weigerten sich jedoch und zogen zuerst nach Sillery (heute Teil von Quebec City) und spater nach
Jeune-Lorette/New Lorette
(dem heutigen
Wendake
), wo sie heute noch leben.
Eine dritte Gruppe ? meist als ?anti-irokesisch“ bezeichnet (mehrheitlich ?Traditionalisten“) ? schloss sich den Petun an und floh westwarts nach
Fort Michilimackinac
an der
Straits of Mackinac
, dem Sitz des Ratsfeuers des
Council of Three Fires
(?Rat der drei Feuer“). Diese Gruppe ? uberwiegend Petun ? siedelte gegen 1650 entlang der
Green Bay
. Hier schloss sich ihnen ein Dorf der Odawa an. Bald zogen sie weiter bis zum Oberlauf des Mississippi, wurden jedoch von Dakota Sioux attackiert und mussten erneut fliehen: zuerst zur Chequamegon Bay, einer Bucht des
Lake Superior
, und 1671 zuruck nach Michilimackinac. Im Jahr 1704 siedelten die Wyandot und Odawa im Gebiet von
Detroit
-
Windsor
nahe dem 1701 neu errichteten
Fort Pontchartrain du Detroit
.
Seit dieser Zeit (um ca. 1700) wurden die neu formierten Bands versprengter Volker (Uberlebende der Petun, Neutrale, Wenro, Erie, Susquehannock sowie einiger kleinerer
- namentlich nicht mehr identifizierbarer -
Algonkin- und Irokesen-Stamme) von den Europaern nicht mehr
Huronn(e), Hurons
bzw.
Huronen
, sondern (insbesondere in den spateren USA) als
Wyandot, Wyandotte
oder
Wendat
bezeichnet, wodurch zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass dieser Stamm nicht mehr identisch war mit der ursprunglichen ?Wendat/Huronen-Konfoderation“ und ?Tionontati/Petun-Konfoderation“.
Die verschiedenen Wyandot-Gruppen waren ab dieser Zeit wahrend der
Franzosen- und Indianerkriege
(1689 bis 1763) treue Verbundete
Neu-Frankreichs
, danach kampften sie meist auf der Seite der
Briten
im Kampf gegen die vorruckende amerikanische
Frontier
.
Die Wyandot waren in diesen Kampfen jeweils ein militarisch und politisch bedeutsamer Teil der verschiedenen pan-indianischen Bundnisse oder Konfoderationen im Kampf gegen die Siedler. Diese Bundnisse waren jedoch zu dieser Zeit meist nicht mehr auf Stammesebene organisiert, sondern es schlossen sich
einzelne
Dorfer verschiedener Stamme zusammen, um etwa fur die Franzosen oder Briten, spater fur die Briten oder Amerikaner zu kampfen. Zudem war es nicht ungewohnlich, dass sich die Territorien und Mitgliedschaften der jeweiligen ?Konfoderationen“ uberlappten, da die einzelnen Dorfgemeinschaften oftmals zwei (manchmal sogar drei) Bundnissen angehorten.
Die Wyandot waren allgemein als kriegerisch und wortgewandt bekannt und traten daher gegenuber den Europaern als eine der fuhrenden Nationen (neben Lenni Lenape, Shawnee und Miami) der Stamme hervor.
Durch ihre Flucht nach Neu-Frankreich hatten sich die Wyandot von
Jeune-Lorette/New Lorette
den sog.
Seven Nations of Canada
(
Mohawk
:
Tsiata Nihononwentsiake
? ?die Sieben Ratsfeuer“ oder ?die Sieben Dorfer“)
[13]
angeschlossen, einer seitens der
Nordlichen Mohawk
dominierten indianischen Allianz von sieben Dorfern entlang des Sankt-Lorenz-Stroms (von West nach Ost):
Onondaga
von
Sawekatsi (Oswegatchie)
(
Ogdensburg
in New York State), Mohawk von
Akwesasne (St. Regis)
, Mohawk von
Kahnawake
, Mohawk und Anishinaabeg (Algonquin und
Nipissing
) von
Kanesatake
(
Oka
),
Westliche Abenaki
von
Odanak
(Saint Francis),
Ostliche Abenaki
von
Wolinak
(Teil von
Becancour
) und Wyandot von ?Jeune-Lorette (Wendake)“.
[14]
Diese ?Seven Nations of Canada“ oder ?Sieben Dorfer“ hatten ihre Hauptstadt und ihr gemeinsames Ratsfeuer in Kahnawake und waren stark vom
Katholizismus
gepragt.
Zwischenzeitlich spalteten sich 1738 die Wyandot (Petun, Huron u. a.) von Detroit-Windsor erneut in zwei Fraktionen, da diese unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf Handelskontakte und Preise fur die eingebrachten Pelze hatten und dies zu Konflikten mit den Franzosen und Odawa fuhrte (Letztere waren als Mittelsmanner und Handler unter den Stammen bekannt). Eine Fraktion ubersiedelte ans andere Flussufer von Detroit, die zweite Fraktion zog in den Nordwesten Ohios und errichtete am
Sandusky River
mehrere Dorfer, neben ?Lower Sandusky“ auch ?
Upper Sandusky
“ bzw. ?Half-King's Town“ (benannt nach
Dunquat
, dem ?Half-King“ der Wyandot
[15]
; im Wyandot County, Ohio), sowie 1748 manche weiter ins
Ohio Country
(spater Teil des
Nordwestterritorium
). ?Upper Sandusky“ war die bedeutendste Stadt der Wyandot wahrend des 18./19. Jahrhunderts, sie und die umliegenden Siedlungen wie ?
Captain Pipe
's Town“ des Lenni-Lenape-Hauptlings
Hobocan
(
Spitzname
: ?Tabakpfeife“, *ca. 1740; † 1818) und die ?Detroit-Wyandot“ waren enge Verbundete der Briten von Fort Detroit. Sowohl die ?Ohio-Wyandot“ als auch die ?Detroit-Wyandot“ waren zudem Mitglied des
Council of Three Fires
(
Anishinabe
(g),
Odawa
und
Potawatomi
), einer machtigen Koalition von algonkin-sprachigen Volkern, die wiederum mit der
Wabanaki-Konfoderation
(
Abenaki
,
Penobscot
,
Mi’kmaq
,
Passamaquoddy
und
Maliseet
) verbundet war. Die Wyandot waren unter den ?Council of Three Fires“ auch als
Nii'inaawi-Naadawe/Nii'inaa-Naadowe
bekannt (?Naadawe/Nadowe (Irokesen) innerhalb unseres Stammesgebiets“), da viele Wyandot-Familien oder ganze Dorfer oft unter ihnen siedelten.
Im
Siebenjahriger Krieg in Nordamerika
(1754 bis 1763) kampften die drei Wyandot-Gruppen ? die ?Wyandot von Jeune-Lorette (Wendake)“, die ?Detroit Wyandot“ und die ?Ohio Wyandot“ ? zuerst fur die Franzosen, schlossen sich nach dem Krieg dem
Pontiac-Aufstand
(1763 bis 1766) unter Fuhrung des Odawa-Hauptlings
Pontiac
an, um die britische Vorherrschaft zu brechen, spater kampften sie im
Amerikanischen Unabhangigkeitskrieg
(1775 bis 1783) und im
Britisch-Amerikanischen Krieg
von 1812 an Seite der Briten gegen die Amerikaner. Ihre Nachkommen, die heute akkulturiert sind, leben in der Gegend von Windsor.
Im
Vertrag von Greenville
von 1795 traten die Wyandot unter ihren Hauptlingen Tarhe (1742?1818) und Leatherlips (1732?1810) als Teil der unterlegenen pan-indianischen ?Western Confederacy“ ihre Landanspruche an die Vereinigten Staaten ab.
Daruber hinaus bestand die Gruppe in Ontario um 1760 nur noch aus etwa hundert Mitgliedern. Bis 1850 wuchs sie wieder auf rund 300 an.
[16]
Diese Neufindung oder Neuidentifikation von Stammen und Volksgruppen oder die Entstehung neuer Stamme war an der vorruckenden
Frontier
nichts Ungewohnliches. Neben den Wyandot kann man auch die
Seminolen
sowie die Delawaren (
Lenni Lenape
) nennen.
Heute gibt es vier Gruppen der Wyandot, eine First Nation in Ontario, Kanada, sowie drei Gruppen in den Vereinigten Staaten, von denen jedoch nur zwei auf Bundesebene als Stamme anerkannt sind:
- Nation Huronne-Wendat
(vormals
Huron of Jeune-Lorette
, ihre Siedlung sowie das gleichnamige Reservat
Wendake
befindet sich innerhalb der Stadt
Quebec
, etwa 3.000 Stammesmitglieder, einst Mitglied der
Seven Nations of Canada
oder
Seven Nations of The Iroquois Confederacy
, waren die sog. ?Progressiven“ (Christen) und sind Nachfahren des Großteils der ?Bear People“ und aller ?Cord People“.)
- Wyandot Nation of Kansas
(ein
federally recognized
Stamm, Verwaltungssitz ist
Kansas City
, etwa 400 Stammesmitglieder)
- Wyandotte Nation
(vormals
Wyandotte Nation of Oklahoma
, ein
federally recognized
Stamm, Verwaltungssitz ist Wyandotte, Oklahoma, etwa 4.300 Stammesmitglieder)
- Wyandot Nation of Anderdon
(Verwaltungssitz ist
Trenton
, Michigan, etwa 1.200 Stammesmitglieder)
Die Huronen sind durch die
Lederstrumpf
-Erzahlungen von
James Fenimore Cooper
in die Literatur eingegangen. Dort werden sie als furchterregende, talentierte Krieger geschildert. Jedoch spielen diese Erzahlungen im
18. Jahrhundert
, wahrend die militarische Macht und Bedeutung der Huronen schon im 17. Jahrhundert endete. Maßgeblich fur Cooper war wohl, dass die Huronen als
fidele de France
, also als den Franzosen gegenuber freundlich gesinnt galten.
Johann Gottfried Seume
beschreibt romantisierend in seinem Gedicht ?Die Gastfreundschaft des Huronen“ die um den
Huronsee
lebenden Wyandot und ihre Lebensweise.
[17]
Bekannt wurde der huronische Friedhof in
Kansas City
, heute als Denkmal eingetragen. Sein Erhalt trotz eines innerindianischen Konflikts um Verkauf und Neubebauung geht auf die indianischstammige Juristin
Lyda Conley
und ihre Schwestern zuruck, die 1909 seine Rettung unter landesweitem Aufsehen durchsetzten.
In Kanada wird zu touristischen Zwecken der Begriff ?Huronia“ fur das ehemalige Siedlungsgebiet der heutigen Wyandot verwendet. Neben der wiederaufgebauten jesuitischen Missionsstation
Sainte Marie aux pays des Hurons
, die von 1639 bis 1649 bestand, kann im Reservat
Wendake
bei Quebec eine nachgebaute historische Siedlung besichtigt werden.
[18]
- Kathryn Magee Labelle:
Dispersed but not Destroyed. A History of the Seventeenth-Century Wendat People
, University of British Columbia Press, Vancouver 2013.
- Sirinya Pakditawan:
Die stereotypisierende Indianerdarstellung und deren Modifizierung im Werk James Fenimore Coopers.
Diss., Hamburg 2008.
- John Steckley (Hrsg.):
De religione. Telling the seventeenth-century Jesuit story in Huron to the Iroquois.
University of Oklahoma Press, Norman OK 2004,
ISBN 0-8061-3617-0
.
- Elisabeth Tooker:
An Ethnography of the Huron Indians. 1615?1649
(=
Smithsonian Institution, Bureau of American Ethnology.
Bulletin 190,
ZDB
-ID
799398-5
=
Congress 88
, Session 1.
House Document.
31).
United States Government Printing Office
, Washington 1964 (Reprint. Syracuse University Press, Syracuse 1991,
ISBN 0-8156-2516-2
).
- Gary Warrick:
A Population History of the Huron-Petun, A.D. 500?1650
(=
Studies in North American Indian History
). Cambridge University Press, New York u. a. 2008,
ISBN 978-0-521-44030-1
.
- ↑
? Lake Simcoe Region Conservation Authority
- ↑
Hure
im Worterbuch der
Academie Francaise
.
- ↑
Eine altere Darstellung zu diesem Missionsort bietet Lionel Lindsay:
Notre-Dame de la Jeune-Lorette en la Nouvelle France: etude historique
aus dem Jahr 1900
- ↑
The Jesuit Relations and Allied Documents: Travels and Explorations of the Jesuit Missionaries in New France, 1610-1791; the Original French, Latin, and Italian Texts, with English Translations and Notes. (1898). United States: Burrows Bros. Company. Zitiert nach
David Gross auf Less Wrong
.
- ↑
Pierre Potier:
Elementa Grammaticæ Huronicæ
. 1745.
- ↑
David Graeber, David Wengrow:
Anfange: eine neue Geschichte der Menschheit
. 4. Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2022,
ISBN 978-3-608-98508-5
.
- ↑
Kerstin Decker:
Anfange der Zivilisation: Freiheit und Risiko
. In:
Der Tagesspiegel Online
.
ISSN
1865-2263
(
tagesspiegel.de
[abgerufen am 7. Juli 2023]).
- ↑
The Life of the Huron Wendat
- ↑
The Wendat (Huron) at Contact
(
Memento
vom 27. August 2012 im
Internet Archive
)
- ↑
Die Dialekte der ?Southern Bear People“ und ?Cord People“ standen den Dialekten der ?Petun“ naher und unterschieden sich merklich von denen der drei weiteren zugewanderten Stamme
- ↑
Wendat Dialects and the Development of the Huron Alliance
- ↑
Wampumgurtel hatten neben dem geldartigen Charakter immer Eigenschaften des individuell Wertvollen oder sogar Heiligen. Das Uberreichen eines Wampums bekraftigte Versprechen, Vertrage oder Eheschließungen. Wampumgurtel mit einem besonderen Muster, die zur sogenannten Gegenstandsschrift gehoren, dienten zur Nachrichtenubermittlung und wurden fur die Uberlieferung wichtiger Ereignisse (wie zum Beispiel von Friedensvertragen oder Freundschaftsbundnissen) gegenseitig untereinander ausgetauscht.
- ↑
The Seven Nations of Canada ? The Other Iroquois Confederacy
(
Memento
des
Originals
vom 13. Dezember 2004 im
Internet Archive
)
Info:
Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß
Anleitung
und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.wampumchronicles.com
- ↑
Mit dem Beitritt der spater errichteten Mohawk-Siedlung in
Akwesasne (St. Regis)
wuchsen die ?Sieben Nationen“ kurz auf ?Acht Nationen“ an, jedoch zerstorten 1806 die Truppen der siegreichen Vereinigten Staaten die Siedlung
Sawekatsi (Oswegatchie)
und die
Oswegatchie
genannten Indianer mussten als ehemalige Verbundete der Briten ihre Siedlung verlassen. Die meisten suchten Zuflucht in
Akwesasne (St. Regis)
und anderen Mohawk-Gemeinden im heutigen Kanada
- ↑
weitere Namensvarianten: Petawontakas, Dunquad, Daunghquat; Lenni Lenape-Name: Pomoacan, unter den Europaern jedoch als ?Half-King“ bezeichnet; nicht zu verwechseln mit
Tanaghrisson
, einem Fuhrer von Seneca im Ohio County und Vertreter der Ohio-Stamme gegenuber Franzosen und Briten, der ebenfalls seitens der Briten als ?Half-King“ bezeichnet wurde. Diese Bezeichnung verwies auf seinen Status als offizieller Sprecher, der Vertrage abschließen durfte (was ihm jedoch die Sprecher (?Kings“) der
Irokesen-Liga
untersagt hatten)
- ↑
Huron, in: Canadian Encyclopedia
(
Memento
vom 13. Marz 2010 im
Internet Archive
)
- ↑
Johann Gottfried Seume
:
Die Gastfreundschaft des Huronen
im
Projekt Gutenberg-DE
- ↑
Welcome !
(
Memento
vom 10. Mai 2010 im
Internet Archive
)