Wolfger von Erla
(auch
Wolfger von Passau
, voller Name
Wolfger von Ellenbrechtskirchen
; * um 1140 bei
Erla
an der
Enns
; †
23. Januar
1218
in
Aquileia
) war Bischof von
Passau
und
Patriarch von Aquileia
.
Wolfger entstammte der Familie von Erla bei Erla an der Enns. 1183 war er
Propst
von
Pfaffmunster
, 1184 von
Zell am See
. Im Jahr 1191 wurde er Bischof von Passau (bis 1204). Die Priester- und Bischofsweihe erhielt er jedoch erst nach der Bischofswahl. Er war verheiratet und hatte einen Sohn, der in seinen Reiserechnungen mehrfach erwahnt wird. Ob Wolfger zum Zeitpunkt der Priesterweihe verwitwet war oder seine Gattin in ein Kloster eintrat, wissen wir nicht, da es uber eine Gattin Wolfgers gar keine Nachrichten gibt. Eine unveranderte Weiterfuhrung einer Ehe ware jedoch um 1200 fur einen Bischof kaum mehr moglich gewesen.
Er fuhrte sein Bistum papsttreu und im Einklang mit dem
staufischen
Konigtum und den
osterreichischen
Herzogen, mit einer umfassenden bischoflichen Rechtsprechung auf Diozesan- und Reichsebene. 1199 bestellte Papst
Innozenz III.
Wolfger von Erla zum alleinigen Oberrichter.
Wolfger von Erla war 1195 in die Konfliktlosung nach der
Geiselnahme
Konig
Richards I. Lowenherz
eingeschaltet. Danach nahm er selbst am
Kreuzzug 1197/98
teil. Nach seiner Ruckkehr holte er die papstliche Zustimmung zur 1190 erfolgten Grundung des
Deutschen Ordens
ein. Er bemuhte sich um die Errichtung eines weiteren Bistums auf dem Gebiet der
Passauer Diozese
. Das
Schloss Wolfstein
entstand wahrend seiner Herrschaft.
Wolfger von Erla strebte energisch seiner Erhebung auf den Patriarchenstuhl von Aquileia zu. 1204 wurde er zum Patriarchen von Aquileia gewahlt, wo er die weltliche Gewalt festigte und 1209
Istrien
und
Krain
zuruckgewann. Ihm wurde das Amt des Reichslegaten in Italien unter
Philipp von Schwaben
und
Otto IV.
zuteil, jedoch zog er sich nach der Teilnahme am
IV. Laterankonzil
1215 aus der Reichspolitik zuruck.
Wolfger ist auch fur die
deutsche Literaturgeschichte
eine wichtige Figur. Aus seinem Reiserechnungsbuch lasst sich das einzige außerliterarische Lebenszeugnis
Walthers von der Vogelweide
ablesen, denn Wolfger von Passau schenkte ihm am 12. November 1203 eine stattliche Summe fur einen Pelzmantel. Neben Walther von der Vogelweide gehorten auch andere osterreichische und bayerische Dichter, darunter wahrscheinlich auch der Autor des
Nibelungenliedes
, zum literarischen Kreis des Bischofs, der sein Bistum zum literarischen Zentrum ersten Ranges machte. An seinem Hofe in Aquileia war mit
Thomasin von Zerclaere
ein weiterer Literat der mittelhochdeutschen Sprache tatig.
- Helmut Birkhan
(Hrsg.):
Der achthundertjahrige Pelzrock. Walther von der Vogelweide ? Wolfger von Erla ? Zeiselmauer. Vortrage gehalten am Walther-Symposion der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften vom 24. bis 27. September 2003 in Zeiselmauer (Niederosterreich)
(=
Osterreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Sitzungsberichte.
Bd. 721). Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2005,
ISBN 3-7001-3467-3
.
- Egon Boshof
:
Wolfger von Erla ? Bischof von Passau, Patriarch von Aquileja.
In:
Ostbairische Lebensbilder
(=
Neue Veroffentlichung des Instituts fur Ostbairische Heimatforschung.
Bd. 54). Band 1. Klinger, Passau 2004,
ISBN 3-932949-41-2
, S. 22?39.
- Egon Boshof,
Fritz Peter Knapp
(Hrsg.):
Wolfger von Erla. Bischof von Passau (1191?1204) und Patriarch von Aquileja (1204?1218) als Kirchenfurst und Literaturmazen
(=
Germanische Bibliothek.
Reihe 3:
Untersuchungen.
NF Bd. 20). Winter, Heidelberg 1994,
ISBN 3-8253-0202-4
.
- Christoph Gufler:
Wolfger von Erla und Tirol
. In:
Der Schlern.
Bd. 98 (2024), Nr. 4, S. 54?57.
- Hedwig Heger:
Das Lebenszeugnis Walthers von der Vogelweide. Die Reiserechnungen des Passauer Bischofs Wolfger von Erla.
Schendl, Wien 1970 (Zugleich: Wien, Univ., Philos. Fak., Habil.-Schr.).
- Franz von Krones
:
Wolfger von Ellenbrechtskirchen
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 44, Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 124 f.
- Anette Zurstraßen:
Wolfger von Erla.
In:
Lexikon des Mittelalters
. Band 9:
Werla bis Zypresse. Anhang. Register
, Studienausgabe. Metzler, Stuttgart 1999,
ISBN 3-476-01742-7
, Sp. 308.