Wolfgang Kubicki
[
ku?b?ki
] (*
3. Marz
1952
in
Braunschweig
) ist ein
deutscher
Politiker
(
FDP
),
Volkswirt
und
Rechtsanwalt
. Er war von 1990 bis 1992
Mitglied des Deutschen Bundestages
und anschließend bis 2017
Abgeordneter
im
Landtag Schleswig-Holstein
. Er ist stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP und seit der
Bundestagswahl 2017
erneut Mitglied des Deutschen Bundestages. Am 24. Oktober 2017 wurde er
Bundestagsvizeprasident
.
Kubicki wurde 1952 im Braunschweiger Stadtteil
Lehndorf
als jungstes von drei Kindern eines Angestellten und einer Verkauferin
[1]
in eine evangelisch gepragte
Mittelschichtfamilie
geboren.
[2]
Nach dem
Abitur
1970 an der
Hoffmann-von-Fallersleben-Schule in Braunschweig
studierte Kubicki
Volkswirtschaftslehre
an der
Christian-Albrechts-Universitat zu Kiel
, wo
Peer Steinbruck
zu seinen Kommilitonen gehorte.
[3]
Das Studium schloss er 1975 als
Diplom
-Volkswirt ab. Anschließend war er zuerst fur eine Unternehmensberatung und dann bis 1981 fur ein Steuerberatungsburo tatig. Von 1981 bis 1983 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter fur die FDP-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag.
Neben seiner beruflichen Tatigkeit absolvierte Kubicki ab 1975 ein Studium der
Rechtswissenschaft
an der
Universitat zu Kiel
, das er 1983 mit dem ersten juristischen
Staatsexamen
abschloss. Von 1983 bis 1985 war Kubicki
Rechtsreferendar
und schloss 1985 das zweite juristische Staatsexamen ab. Seitdem ist er als Rechtsanwalt zugelassen und ubt diesen Beruf als Steuerstrafverteidiger neben seinem Abgeordnetenmandat weiter aus. In den
1980er
Jahren betrieb Kubicki nebenberuflich eine
Kneipe
in Kiel.
[4]
Kubicki ist seit 1997 in dritter Ehe mit der Strafverteidigerin Annette Marberth-Kubicki
[5]
[6]
verheiratet.
[7]
Er ist Vater erwachsener Zwillingstochter aus seiner zweiten Ehe
[8]
und wohnt in
Strande
bei Kiel.
[9]
[10]
In
Santa Ponca
auf
Mallorca
unterhalt er eine
Nebenwohnung
,
[11]
daheim an der
Kieler Forde
eine
Motoryacht
.
[12]
Jorn Kubicki
(1965?2020), der verstorbene Lebenspartner von
Klaus Wowereit
, war ein Cousin zweiten Grades von Wolfgang Kubicki.
[13]
[14]
Kubicki trat 1971 als 19-jahriger VWL-Student in die FDP ein. 1972/73 war er stellvertretender Bundesvorsitzender des
Liberalen Hochschulverbandes
und 1975/76 Landesvorsitzender der
Jungdemokraten
in
Schleswig-Holstein
. Anschließend wurde Kubicki erstmals 1976 in den Landesvorstand der
FDP Schleswig-Holstein
gewahlt, dem er bis 1988 angehorte, zuletzt als stellvertretender Landesvorsitzender.
Von 1987 bis 1989 war er Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes
Rendsburg-Eckernforde
. Dieses Amt gab er nach seiner Wahl zum Landesvorsitzenden im September 1989 auf. Im September 1993 trat Kubicki im Zuge der Affare um die
Deponie Schonberg
als Landesvorsitzender zuruck. Als Landesvorsitzender war Kubicki auch im Bundesvorstand der Liberalen. Seit 1997 ist er dies erneut. Zudem war er
Spitzenkandidat
seiner Partei bei der
Landtagswahl in Schleswig-Holstein 1992
,
2000
,
2005
,
2009
,
2012
und 2017. Er galt nach der langjahrigen Ministerprasidentin
Heide Simonis
als der bekannteste Politiker des nordlichsten Bundeslandes. Kubicki war ein offentlich bekennender Freund
Jurgen W. Mollemanns
, der 2003 bei einem Fallschirmsprung verstarb. Beide waren auch die geistigen Urheber der damaligen Strategie der FDP, der Strategie
Projekt 18
.
[15]
[16]
Kubicki setzte sich seit dem Jahre 2000 dafur ein, dass
Guido Westerwelle
von der FDP zum Bundesvorsitzenden der FDP gewahlt wurde und
Fraktionsvorsitzender
der FDP-Bundestagsfraktion wurde.
[17]
[18]
[19]
Westerwelle drangte seinerzeit damit
Wolfgang Gerhardt
aus beiden Positionen. Mitte Dezember 2010 sprach sich Kubicki offentlich fur die Ablosung Westerwelles als Parteivorsitzender der FDP im Mai 2011 aus. Er verglich die Situation der FDP mit der Spatphase der DDR und gab der Parteispitze die Schuld an den Umfrageergebnissen unter 5 %.
[20]
Bei der Landtagswahl 2012 erhielt die FDP mit Kubicki als Spitzenkandidat ein Ergebnis von 8,2 Prozent der Zweitstimmen.
[21]
Dies war zwar ein deutlicher Verlust gegenuber der Landtagswahl 2009, als 14,9 Prozent erreicht wurden, aber dennoch das zweitbeste in Schleswig-Holstein erzielte Wahlergebnis. Zuvor war die FDP aus sechs Landesparlamenten ausgeschieden.
[22]
Daher galt das Ergebnis als außerordentlicher Erfolg, den man vor allem Kubicki zuschrieb (?Kubicki-Effekt“).
[23]
In Umfragen erreichte er 54 Prozent Zuspruch der Wahlbevolkerung Schleswig-Holsteins (im Vergleich zu 18 Prozent fur
Philipp Rosler
) und 63 Prozent sahen große Unterschiede zwischen Landes- und Bundes-FDP.
[24]
Obwohl Kubicki nie mit Kritik an der Bundespolitik seiner eigenen Partei gespart hatte, betonte er bereits in der Wahlsendung des ZDF, dass dieses als Wahlsieg empfundene Ergebnis gerade auch ein Erfolg fur die Bundespartei sei. Damit trat er zuvor offentlich aufgekommenen Putschgeruchten gegen den Vorsitzenden der Bundes-FDP Philipp Rosler noch vor Ablauf des Wahlabends klar entgegen. Im August 2012 kundigte Kubicki an, bei der
Bundestagswahl 2013
als Spitzenkandidat der FDP Schleswig-Holstein antreten zu wollen.
[25]
Auf dem
FDP-Bundesparteitag 2013
wurde Kubicki als Beisitzer im Bundesprasidium Nachfolger des damaligen Entwicklungsministers
Dirk Niebel
, der bereits im ersten Wahlgang ausschied. Kubicki gewann dann in einer Kampfabstimmung gegen Gesundheitsminister
Daniel Bahr
.
[26]
Der
Außerordentliche Parteitag der FDP im Dezember 2013
wahlte Kubicki mit 89,87 % der Stimmen zum 1. Stellvertreter des neuen Parteivorsitzenden
Christian Lindner
.
[27]
Der
FDP-Bundesparteitag 2015
bestatigte Kubicki in diesem Amt mit 94,2 % der Stimmen
[28]
und der
FDP-Bundesparteitag 2017
mit 92,29 %.
[29]
Kubicki ist Mitglied des Beirats der
Deutsch-Arabischen Gesellschaft
.
[30]
Von
1992
bis 2017 war Kubicki Mitglied des
Landtags von Schleswig-Holstein
. Dabei zog er stets uber die Landesliste in den Landtag ein. Er wurde 1992 sogleich Vorsitzender der FDP-Landtags
fraktion
. 1993 legte er das Amt wahrend der Affare um die ?Deponie Schonberg“ nieder. Nach der
Landtagswahl 1996
loste er seinen Nachfolger
Ekkehard Klug
wieder ab und wurde erneut Fraktionsvorsitzender. Nach Bildung der großen Koalition unter Ministerprasident
Peter Harry Carstensen
am 27. April 2005 wurde Kubicki
Oppositionsfuhrer
in Schleswig-Holstein. Mit dem Bruch der großen Koalition und der Entlassung der SPD-Minister aus dem
Kabinett Carstensen I
am 21. Juli 2009 ging diese Funktion an den SPD-Fraktionsvorsitzenden
Ralf Stegner
uber. Zwischen 2004 und 2009 war Kubicki als Vertreter des Schleswig-Holsteinischen Landtags Mitglied im Beirat der
HSH Nordbank
. Nach dem Bruch der großen Koalition von
CDU
-Ministerprasident Carstensen im Juli 2009 sprach sich Kubicki fur eine schwarz-gelbe Koalition nach der fur den 27. September 2009 anvisierten Neuwahl des Landtages aus. Nach der
Landtagswahl Schleswig-Holstein 2009
wurde Kubicki nicht Mitglied der bis 2012 CDU-FDP-gefuhrten Landesregierung, sondern blieb Fraktionsvorsitzender. Als Mitglied der Regierung hatte er seinen Beruf als Anwalt ruhen lassen mussen.
[31]
In einem Interview mit der Zeitung
Die Welt
außerte Kubicki im Zusammenhang mit den Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft Hannover
gegen
Christian Wulff
, dass ein Prozess in einer Blamage fur die Justiz enden werde,
[32]
und bezeichnete das Angebot der Staatsanwaltschaft an Wulff, das Verfahren gegen eine Zahlung von 20.000 Euro einzustellen, als ?Verzweiflungstat“.
[33]
Kubicki war von Dezember 1990 bis zur Niederlegung seines Mandates im August 1992 und kurzzeitig im Herbst 2002
Mitglied des Deutschen Bundestages
. Er zog stets uber die
Landesliste
Schleswig-Holstein in den Bundestag ein. 2017 wurde Wolfgang Kubicki zum Spitzenkandidaten auf der schleswig-holsteinischen Landesliste der FDP zur
Bundestagswahl 2017
gewahlt. Im September 2017 zog er in den
19. Deutschen Bundestag
ein. Im 19. Bundestag war Kubicki Vizeprasident des
Altestenrates
.
Am 24. Oktober 2017 wahlte ihn der 19. Deutsche Bundestag zu einem von funf Vizeprasidenten; in diesem Amt wurde er in der konstituierenden Sitzung des 20. Deutschen Bundestags am 26. Oktober 2021 bestatigt.
[34]
Kubicki ist neben seiner Tatigkeit als Politiker als Rechtsanwalt respektive
Strafverteidiger
aktiv. Er ist in einer
Sozietat
mit Hendrik Scholer tatig.
[35]
Zeitweilig betrieb Kubicki auch zusammen mit dem ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten
Trutz Graf Kerssenbrock
eine Kanzlei.
[15]
In der medialen Offentlichkeit wurde er unter anderem mit folgenden
Mandaten
bekannt:
- Er war der Strafverteidiger von Klaus-Joachim Gebauer in der sogenannten
VW-Korruptionsaffare
.
[36]
- Im Zusammenhang mit dem
Steuerflucht
-Streit der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten soll Kubicki die
Regierung des Furstentums Liechtenstein
uber neue Wege beim Umgang mit dem
deutschen Steuerrecht
beraten haben.
[37]
Hierzu soll er unter anderem eine ?gutachterliche Stellungnahme“ dazu vorgelegt haben, wie verhindert werden kann, dass Treuhander oder Bankmitarbeiter
Liechtensteins
in deutschen Steuerstrafverfahren als Gehilfen behandelt werden. In diesem Zusammenhang soll er auch fur seine gutachterlichen Schlussfolgerungen bei der
Bundesregierung
geworben haben.
[37]
Daruber hinaus soll Kubicki laut einigen Presseveroffentlichungen auch Mandate in Liechtenstein ubernommen haben, u. a. Banken und Unternehmen.
[37]
- Er vertrat 2001 den Hamburger Dirigenten und Pianisten
Justus Frantz
, gegen den wegen des Verdachts auf
Untreue
und
Insolvenzverschleppung
ermittelt wurde.
[38]
Der Hauptvorwurf lautete
Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt
: Sein inzwischen verkauftes Unternehmen
Philharmonie der Nationen Konzert-Management GmbH
habe keine
Sozialversicherungsbeitrage
fur engagierte Musiker abgefuhrt.
- 1997 verteidigte er Hans-Peter Daimler im Fall
Lucona
am Landgericht Kiel. Hinweise auf etwaige Verstrickungen verschiedener
Geheimdienste
wurden vom Gericht nicht weiter verfolgt.
- Beim Revisionsverfahren im
Polizistenprozess um Robert S.
(
Aussetzung
mit Todesfolge) verteidigte Kubicki 2008 mit seiner Ehefrau die beiden angeklagten Polizeibeamten.
[39]
[40]
- Aktuell betreut er anwaltschaftlich
Hanno Berger
, der wegen mittaterschaftlicher schwerer Steuerhinterziehung in dreistelliger Millionenhohe im Rahmen sogenannter ?
Cum-Ex-Geschafte
“ (
Dividendenstripping
) angeklagt ist. Dies galt nach der
Bundestagswahl 2017
als Hindernis fur das moglicherweise angestrebte Amt des
Finanzministers
.
[41]
Noch 2013 bewertete Kubicki die Cum-Ex-Geschafte als Steuerhinterziehung.
[41]
Der fruhere Finanzbeamte Berger gilt als der fuhrende Berater und Initiator von Dividendenstripping-Transaktionen, die laut einem Bericht der ZEIT einen Steuerschaden von uber 55 Milliarden Euro verursacht haben.
- Ebenso betreute er anwaltschaftlich die FDP-Politikerin
Christel Augenstein
, die wegen Geschaften mit
derivativen Finanzinstrumenten
, wodurch der
Stadt Pforzheim
hoher Schaden entstanden war, vor dem
Landgericht Mannheim
angeklagt wurde. Das Verfahren wurde nach § 153a
StPO
eingestellt
.
- 2021 betreut er anwaltlich den Mediziner
Winfried Stocker
, der einen
COVID-19-Impfstoff
entwickelt hat. Wegen Verabreichung und Testung des dem Impfstoff zugrunde liegenden Antigens an sich selbst sowie an Mitarbeitern und Bekannten nahm die Lubecker Staatsanwaltschaft Ermittlung wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das
Arzneimittelgesetz
auf. Kubicki argumentiert laut
MDR Sachsen
, ?sein Mandant habe keine klinische Prufung durchgefuhrt. Er habe vielmehr das Antigen im Rahmen individueller Heilversuche gespritzt. Daher habe er auch keine Genehmigung benotigt“.
[42]
Im Jahr 2010 gab Kubicki der
Zeit
ein
Interview
, wo er den
Politikeralltag
in
Berlin-Mitte
beschrieb:
?Ich wurde in Berlin zum
Trinker
werden, vielleicht auch zum
Hurenbock
. Ich bin inzwischen zum dritten Mal verheiratet, und ich will auf keinen Fall auch diese Ehe ruinieren. Das politische Leben in Berlin sieht doch so aus: Sie sind den ganzen Tag unter Druck, abends wartet Ihr Apartment auf Sie, sonst niemand. Es gibt einen enormen Frauenuberschuss, denn wenn Sie den gesamten Politikbetrieb nehmen, kommen Sie auf schatzungsweise 100.000 Leute, (…) davon 60 Prozent Frauen. (…) Da sind dann diese Abende, an denen Sie nur abschalten wollen, Stressabbau. Da sitzt Ihnen plotzlich eine Frau gegenuber, die Ihnen einfach nur zuhort. Und dann geht die Geschichte irgendwann im Bett weiter. Dazu der Alkohol: Sie konnten, weil Sie standig in Terminen sind, den ganzen Tag trinken. Eine Flasche Wein ist da gar nichts, leicht zu verteilen auf funf Termine. Und abends geht es richtig los. (…) Ich bin jetzt 58, ich will meine politische Karriere uberleben.“
[43]
2016 relativierte Kubicki gegenuber der
Tageszeitung
seine Berlin-Ansichten: Er fuhle sich ?mittlerweile (…) sittlich und moralisch gefestigt“.
[44]
Nach der
Bundestagswahl 2017
sorgten ein angedeuteter Handkuss sowie darauf bezogene Außerungen Kubickis uber
Katrin Goring-Eckardt
fur ein Medienecho: ?Wer es ubrigens zuverlassig schafft mich innerhalb von 30 Sekunden rasend zu machen, ist Katrin Goring-Eckardt.“ Die notorische moralische Attitude der Grunen-Politikerin treibe seinen Blutdruck in die Hohe. Grunen-Politiker warfen Kubicki danach Frauendiskriminierung vor, und
Anne Will
griff das Thema
in ihrer Talkshow
auf, in der beide als Gaste auftraten, nachdem das Wahlergebnis zu
Sondierungsgesprachen
uber eine
Jamaika-Koalition
gefuhrt hatte.
[45]
Umgang mit Russland und Haltung zum Krieg in der Ukraine
[
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Im Mai 2018 unterlag er auf dem Parteitag der FDP mit seiner Forderung, die
Wirtschaftssanktionen gegen Russland
zu lockern.
[46]
Nach der Vergiftung von
Alexei Anatoljewitsch Nawalny
unterstutzte er den Vorschlag der FDP-Bundestagsfraktion nach einem zeitlich begrenzten Moratorium beim Bau der Gaspipeline
Nord Stream 2
. Er erklarte, er halte es grundsatzlich nicht fur ?zielfuhrend“, ein milliardenschweres Infrastrukturprojekt nicht voranzutreiben, regte aber an, daruber nachzudenken, ?ob man einen Gas-Importstopp fur eine gewisse Zeit fordert.“
[47]
Im August 2022, wahrend des
Russischen Uberfalls auf die Ukraine 2022
sprach er sich fur die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 aus und erklarte, es gebe ?keinen vernunftigen Grund, Nord Stream 2 nicht zu offnen“. Daraufhin widersprachen ihm zahlreiche FDP-Politiker offentlich und wiesen die Forderung zuruck.
[48]
Im Marz 2024 erklarte Kubicki, er wurde fur die Lieferung von
Taurus-Marschflugkorpern
an die Ukraine stimmen.
[49]
Im August 2018 kommentierte Kubicki die gewalttatigen
Ausschreitungen bei einer Kundgebung rechter und rechtsextremer Gruppierungen
: ?Die Wurzeln fur die Ausschreitungen liegen im ?
Wir schaffen das
‘ von Kanzlerin
Angela Merkel
.“ Kritisiert wurde er dafur von Parteifreunden wie
Marie-Agnes Strack-Zimmermann
(FDP-Parteivizechefin) oder
Ria Schroder
, der Vorsitzenden der
Jungen Liberalen
. FDP-Chef
Christian Lindner
sagte, Merkels Migrationspolitik habe ?unsere politische Kultur verandert. Zum Schlechteren.“ Eine Erklarung fur Hetze,
Rassismus
und Gewalt sei dies jedoch nicht. Die Ereignisse sollten ?die Demokraten vereinen und nicht spalten“. FDP-Generalsekretarin
Nicola Beer
nahm Kubicki in Schutz. Kubicki selbst schrieb spater auf
Facebook
, die Burger hatten ?das Gefuhl, dass sich der Staat vorfuhren lasst ? von rechts und links. ?Deutschland ist Scheiße‘ zu brullen und Pflastersteine auf Polizisten zu werfen, ist mindestens genauso zu verurteilen wie Hetzjagden von Rechten gegen vermeintliche Migranten.“
[50]
Am 5. Februar 2020 konstatierte Kubicki zur Wahl von
Thomas Kemmerich
(FDP) mit den Stimmen der FDP, AfD und CDU zum thuringischen Ministerprasidenten: ?Es ist ein großartiger Erfolg fur Thomas Kemmerich. Ein Kandidat der demokratischen Mitte hat gesiegt. Offensichtlich war fur die Mehrheit der Abgeordneten im Thuringer Landtag die Aussicht auf funf weitere Jahre
(Bodo) Ramelow
nicht verlockend.“ Kubicki sagte weiter: ?Jetzt geht es darum, eine vernunftige Politik fur Thuringen voranzutreiben. Daran sollten alle demokratischen Krafte des Landtages mitwirken.“ Offenbar mit Blick auf die Wahl Kemmerichs auch durch die AfD sagte Kubicki: ?Was die Verfassung vorsieht, sollte nicht diskreditiert werden.“
[51]
Am 28. April 2020 kritisierte Kubicki das
Robert Koch-Institut
(RKI) und dessen Prasidenten
Lothar Wieler
wahrend der
COVID-19-Pandemie in Deutschland
. Deren Corona-Zahlen ?vermitteln eher den Eindruck, politisch motivierte Zahlen zu sein als wissenschaftlich fundiert“. Das RKI gab Ende April 2020 trotz sinkender Infektionszahlen einen
R-Wert
von 1,0 an.
[52]
Im Mai 2021 zeigte sich Kubicki erstaunt, dass nach ?mehr als 70 Jahren Demokratie […] viele Burger lieber auf die Gestaltungsmacht der Regierung als auf ihre eigene Vernunft vertrauen“. Er kritisierte die Bundesregierung fur ein schlechtes Management bei der Impfstoffbeschaffung und bei der Einfuhrung der
Corona-Warn-App
sowie fur die Verhangung von
Ausgangssperren
.
[53]
Die
Grundrechte
seien beschrankt worden, ?ohne genau zu klaren, ob diese Beschrankungen uberhaupt ihren Zweck erfullen konnen“.
[54]
Im Juni 2021 forderte Kubicki die Aufhebung ?alle[r] grundrechtsbeschrankenden Maßnahmen“, da die Rechtsgrundlage aufgrund anhaltender
7-Tage-Inzidenzen
unter 35 entfallen sei.
[55]
[56]
Nachdem
Karl Lauterbach
im September 2021 vor einem schwierigen Herbst gewarnt hatte, sagte Kubicki gegenuber
Bild TV
, im Norden in seiner Stammkneipe wurde man jemanden wie Lauterbach ?Spacken oder Dumpfbacke“ nennen.
[57]
Er erklarte auch, dass er wahrend des von der Großen Koalition beschlossenen
Lockdowns
?selbstverstandlich“ in Kneipen gewesen sei, die trotz Verbots illegal weiterbetrieben wurden. An den dortigen Stammtischen hatten sich Menschen getroffen, ?weil sie gesagt haben: Hier ist nichts“. Er habe deswegen auch kein schlechtes Gewissen, sondern vielmehr von seinem ?Recht auf autonomes Handeln Gebrauch gemacht“.
[58]
Im November 2021 nannte Kubicki den Vorsitzenden des
Weltarztebundes
,
Frank Ulrich Montgomery
, den ?
Saddam Hussein
der Arzteschaft“. Montgomery hatte zuvor die Corona-Politik der FDP scharf kritisiert. Nach starker Kritik entschuldigte sich Kubicki bei Montgomery. In der Rede, in der er Montgomery angriff, kritisierte er auch das Corona-Management in Teilen Suddeutschlands. Er behauptete,
Markus Soder
stelle eigene Karriereambitionen vor den Schutz der Bevolkerung, und sagte: ?Das ist charakterlos und menschlich erbarmlich“.
[59]
[60]
Im Dezember 2021 positionierte er sich gegen eine allgemeine
Impfpflicht
gegen COVID-19 und formulierte mit weiteren FDP-Abgeordneten einen Antrag gegen diese. Kubicki sieht die allgemeine Impfpflicht als verfassungswidrig an und bezeichnete sie als ?schwere[n] Vertrauensbruch“. Zudem erklarte er, ?vielen Impfpflicht-Befurwortern“ scheine es vor allem ?um Rache und Vergeltung“ an Ungeimpften zu gehen.
[61]
Daraufhin wurde er auch parteiintern kritisiert. So schrieb z. B.
Gerhart Baum
, Kubicki begebe sich mit solchen Aussagen auf das ?Gebiet der Demagogie“ und richte sich mit ?solchen demagogischen Formulierungen“ an ein Publikum, ?das uber die Impfgegnerschaft hinaus ganz anderes im Sinne hat“.
[62]
[63]
Anfang 2022 forderte Kubicki den bayerischen Ministerprasidenten
Markus Soder
zum Rucktritt auf und warf ihm vor, die Offentlichkeit hinsichtlich der Rolle der Ungeimpften im Infektionsgeschehen getauscht zu haben. Soder hatte zuvor von einer ?Pandemie der Ungeimpften“ gesprochen und Mitte November 2021 auf Zahlen verwiesen, nach denen die Inzidenz unter Geimpften bei 110, die unter Ungeimpften aber bei 1469 lag. Spater wurde bekannt, dass bei dieser Berechnung Menschen mit unbekanntem Impfstatus der Gruppe der Ungeimpften zugeschlagen werden, wodurch die Rolle von Ungeimpften potentiell uberschatzt werden kann.
[64]
Im September 2022 stimmte er als einer von sieben Abgeordneten der FDP-Fraktion im Bundestag gegen eine Neufassung des
Infektionsschutzgesetzes
der Ampel-Koalition.
[65]
Kubicki kritisiert unter anderem in seinem 2020 erschienenen Buch
Meinungs(un)freiheit. Das gefahrliche Spiel mit der Demokratie
die Debattenkultur in Deutschland.
[66]
Kubicki vermutet, dass es eine erhohte Verbreitung des Gefuhls gebe, aufgrund einer Meinungsaußerung personliche oder existenzielle Probleme bekommen zu konnen. Er beklagte, dass nach seiner Beobachtung Diskussionen nicht mehr argumentativ, sondern entlang moralischer Haltungen gefuhrt wurden.
[67]
Aufgrund der zunehmenden medialen Verwendung von
geschlechtergerechter Sprache
befurchtet Kubicki ein wachsendes Akzeptanzproblem der
offentlich-rechtlichen Medien
.
[68]
Die Mulldeponie Schonberg (heute
Deponie Ihlenberg
) in
Mecklenburg-Vorpommern
entstand aus dem ehemaligen ?
VEB
Deponie Schonberg“. Seit 1991 beriet Kubicki das Land Mecklenburg-Vorpommern bei deren Privatisierung fur ein Honorar von 850.000 DM. Bald warf man ihm vor, er habe das Land schlecht beraten und uberhohte Honorare abgerechnet. Vor allem sei die landeseigene Betreibergesellschaft auf den Risiken und Umweltauflagen sitzen geblieben und nahezu in die Insolvenz getrieben worden, wahrend ein Geschaftspartner Kubickis, der
Lubecker
Mullunternehmer Adolf Hilmer, als Pachter ?allein in den ersten drei Jahren 52 Millionen Mark Gewinn abgeschopft“ habe.
[69]
Den Kontakt zu Hilmer soll Kubicki jedoch verschwiegen haben.
[70]
Der
Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern
monierte Anfang 1993 eine ?miserabele Verhandlungsfuhrung“ des mecklenburgischen Umweltministeriums und bezifferte einen dem Land durch ?Knebelvertrage“ entstandenen Schaden von 100 Millionen
Mark
.
[71]
Der
Landtag Mecklenburg-Vorpommern
berief zur Klarung der Vorwurfe einen
Untersuchungsausschuss
ein und verklagte Kubicki spater auf
Schadensersatz
. Dieser trat noch 1993 vom Landesvorsitz der FDP sowie dem Fraktionsvorsitz im Kieler Landtag zuruck. Den jahrelangen Rechtsstreit entschied der
Bundesgerichtshof
jedoch zu seinen Gunsten.
[72]
Etwa 2005 erhielt Kubicki von Sibylle Schmid-Sindram, der Ehefrau des
Mobilcom
-Grunders und langjahrigen Unternehmenschefs
Gerhard Schmid
, ein Paket von 800.000 Mobilcom-
Aktien
.
[69]
Diese lagerten in einem Wertpapierdepot der
VP Bank
in
Liechtenstein
und hatten einen Wert von rund 13 Millionen
Euro
.
[73]
Nach Kubicki dienten sie dem Zweck, alle kunftigen Anwaltshonorare und Prozesskosten seiner Mandantin abzusichern. Uber die
Stimmrechte
verfuge jedoch Schmid-Sindram.
[69]
Gerhard Schmids
Insolvenzverwalter
klagte gegen die
France Telecom
auf Schadenersatz. Da Schmid jedoch
zahlungsunfahig
war, trug Sibylle Schmid-Sindram die
Prozesskosten
. Bei der Zahlungsabwicklung half ihr Kubicki: Schmid-Sindram soll rund 900.000 Euro auf ein Liechtensteiner Konto Kubickis uberwiesen haben, woraufhin Kubicki sodann zumindest einen Teil des Geldes an den Insolvenzverwalter weitergeleitet haben soll.
[73]
Spater wurde offentlich, dass Kubicki kurzzeitig an der ?Waterkant Immobilien GmbH“ beteiligt war. Zusammen mit der ?Waterkant Immobilien GmbH & Co KG“, deren Geschaftsfuhrerin Sibylle Schmid-Sindram war, wurde der begonnene Bau fertiggestellt. Anfang 2005 erhielt jene Gesellschaft den Zuschlag in Hohe von 13 Millionen Euro bei der
Zwangsversteigerung
des Gebaudes.
[74]
Kubicki gilt seit Jahren als Interessenvertreter der Glucksspielbranche. So nahm er im Fruhjahr 2011 an einer von der Sport-Wirtschaftszeitschrift
Sponsor’s
ausgerichteten Konferenz auf Sylt teil, deren Ziel die Vorbereitungen ?fur die Zeit eines politisch liberalisierten Marktes fur Sportwetten und Online-Poker“ waren. Der Veranstalter trug dabei auch die Hotelkosten.
[75]
Unter seiner Beteiligung legalisierte die Landesregierung von Schleswig-Holstein als erste im Bundesgebiet die Nutzung von
Online-Casinos
. Kubicki wird als ?prominentester politischer Befurworter“ der im ganzen Bundesgebiet ab dem 1. Juli 2021 geltende Erlaubnis im Rahmen des neugefassten
Glucksspielstaatsvertrages
betrachtet.
[76]
Er trat außerdem 2014 in einem Werbevideo des Deutschen Sportwettenverbandes auf.
[77]
Kubicki bezeichnete
Recep Tayyip Erdo?an
auf einer Wahlkampfveranstaltung hinsichtlich seiner Fluchtlingspolitik als ?kleine Kanalratte“. Wegen dieser Außerung Kubickis bestellte die turkische Regierung den deutschen Botschafter ein. Ein Kolner Rechtsanwalt erstattete im Namen des turkischen Prasidenten eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Hildesheim wegen Beleidigung und Verleumdung. Nach Aussage Kubickis hat Erdo?an seit Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2014 rund 200.000 solcher Verfahren einleiten lassen.
[78]
[79]
Die
Legal Tribune Online
bezeichnete die Außerung als eine ?klar strafbare Beleidigung“, wobei eine Bestrafung allerdings nur moglich sei, wenn der Bundestag Kubickis
Immunitat
aufhebe.
[80]
- Sagen, was Sache ist!: Uber Machtspiele, Hinterzimmer und den Mut zum Urteil
. Econ, Berlin 2019,
ISBN 978-3-430-21016-4
.
- Meinungs(un)freiheit. Das gefahrliche Spiel mit der Demokratie
. Westend Verlag, Frankfurt / Main 2020,
ISBN 978-3-86489-293-6
.
- Die erdruckte Freiheit. Wie ein Virus unseren Rechtsstaat aushebelt
. Westend Verlag, Frankfurt / Main 2021,
ISBN 978-3-86489-346-9
.
- ↑
Wolfgang Kubicki
im
Munzinger-Archiv
, abgerufen am 23. Marz 2024 (Artikelanfang frei abrufbar)
- ↑
Gregor Gysi & Wolfgang Kubicki.
Abgerufen am 27. Mai 2022
.
- ↑
Kubicki will mit Steinbruck regieren.
In:
n-tv
.
24. September 2012,
abgerufen am 24. September 2012
.
- ↑
Kubicki uber Sondierungen, Entlastung und die Paradise Papers
- ↑
Strafverteidigerin Annette Marberth-Kubicki
- ↑
Marberth-Kubicki ubernimmt FDP-Vorsitz
- ↑
?Wir lassen uns unsere Freiraume“
- ↑
FDP-Vize: ?Unsere Ehe ist ein standiges Machtgerangel“
- ↑
Christian Hiersemenzel:
Alles, nur nicht langweilig.
In:
Kieler Nachrichten
.
15. April 2017,
abgerufen am 14. November 2017
.
- ↑
Wolfgang Kubicki.
?Fragebogen“. In:
Focus
.
23. Juni 2003,
abgerufen am 14. November 2017
.
- ↑
Ulrich Exner
:
Kubicki, Deutschlands letzter Luxuspolitiker.
In:
Die Welt.
1. Dezember 2013,
abgerufen am 18. November 2017
.
- ↑
Lutz Kinkel:
Freie Fahrt fur Kubicki und Lindner.
In:
Stern.
2. August 2012,
abgerufen am 19. November 2017
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