Willi Schroder
(*
27. Dezember
1928
in
Berlin
; †
20. Oktober
1999
in
Bremen
)
[1]
war ein deutscher
Fußballspieler
. Von 1951 bis 1957 absolvierte der Offensivspieler in der
deutschen Fußballnationalmannschaft
zwolf Landerspiele und erzielte dabei drei Tore. Mit der
Amateurnationalmannschaft
des DFB nahm er an den
Olympischen Spielen 1952
in Helsinki teil. In der Saison
1960/61
gewann der brillante Techniker mit Spielmacher- und Abschlussqualitaten mit
Werder Bremen
den
DFB-Pokal
und bestritt von 1954 bis 1963 in der
Fußball-Oberliga Nord
213 Spiele und erzielte 129 Tore.
Aufgewachsen in Berlin, fußballerisch entwickelt bei
Blau-Weiß 90 Berlin
, folgte der 17-Jahrige im Fruhjahr 1946 seinem ehemaligen Blau-Weiß Trainer nach Norddeutschland und schloss sich dem
ATSV Bremen 1860
an. Im Bremer Stadtteil Findorff wurde er bei Pflegeeltern untergebracht und es wurde ihm eine Ausbildungsstelle zum Drogisten besorgt.
[2]
Mit den Weinroten stieg Schroder 1949 in die Amateurliga Bremen auf, holte sich mit seinen Mannschaftskameraden von 1950 bis 1952 drei Mal in Folge die Vizemeisterschaft, ehe er 1953 mit dem Torverhaltnis von 129:16 Toren bei 50:2 Punkten uberlegen die Meisterschaft mit Bremen 1860 gewann. Nach Siegen uber VfL Nord Berlin (4:1) und den Heider SV (3:0) war der Sturmerstar 1951 mit seiner Elf in der erstmals ausgetragenen
deutschen Amateurmeisterschaft
in das Finale am
30. Juni
im Berliner Olympiastadion gegen den Altmeister
Karlsruher FV
eingezogen. Der wegen seiner Statur ? 1,69 m groß und 70 kg schwer ? ?Krumel“ gerufene Ballvirtuose war mit zwei Treffern der entscheidende Mann beim 3:2-Sieg der Bremer.
Seine herausragenden spielerischen Leistungen hatten den Bremer Amateurfußballer bereits am 14. Mai 1950 in die Auswahl von Norddeutschland beim Reprasentativspiel in Koln gegen Westdeutschland gefuhrt. Zum 4:3-Erfolg des Nordens steuerte er wie sein Sturmkollege
Gerhard Ihns
vom Eimsbutteler TV zwei Tore gegen die mit
Fritz Herkenrath
,
Paul Matzkowski
,
Hennes Weisweiler
,
Max Michallek
,
Paul Koschmieder
und
Jupp Rohrig
prominent bestuckte Defensive der West-Auswahl bei. Da er auch am 18. Marz 1951 bei der 2:4-Niederlage des Nordens gegen Suddeutschland uberzeugen konnte, wurde er von Bundestrainer
Sepp Herberger
am 4. April dieses Jahres bei einem inoffiziellen Landerspiel in Essen gegen das Saarland erstmals in einem DFB-Team eingesetzt. Der Bundestrainer unterzog die Bremer Offensivhoffnung im September und November weiteren Tests in zwei B-Landerspielen gegen Osterreich und der Schweiz ? der Freistoßspezialist erzielte in beiden Spielen je einen Treffer ? und brachte ihn am 23. Dezember 1951 beim Landerspiel in Essen gegen Luxemburg als Amateurspieler des ATSV Bremen 1860 zum Debut in der Nationalmannschaft. Der Bremer spielte Mittelsturmer und wurde von den Flugeln
Helmut Rahn
/
Georg Stollenwerk
rechts und
Fritz Walter
/
Bernhard Termath
links beim 4:1-Erfolg flankiert. Am 20. April 1952 absolvierte Schroder sein zweites A-Landerspiel. Herberger gab dem von ihm geplanten Angriff der neu installierten Amateurnationalmannschaft des DFB die Chance, sich international bei einem A-Landerspiel gegen Luxemburg zu bewahren. Das Spiel endete mit einem 3:0-Sieg und die Offensivformation mit
Bernhard Klodt
(er sprang fur den kurzfristig verletzten
Matthias Mauritz
ein), Georg Stollenwerk,
Johann Zeitler
, Willi Schroder und
Kurt Ehrmann
empfahl sich dabei fur das neue Auswahlteam der Amateure.
Der herausragende Spieler der Bremer Amateurliga bestritt am 14. und 18. Mai 1952 die ersten zwei Landerspiele in der Geschichte der Amateurnationalmannschaft des DFB. Sie war von Bundestrainer Sepp Herberger zusammengestellt und trainiert worden und bereitete sich auf die Olympischen Spiele im Juli/August 1952 in Helsinki vor. Mit Vertrag ausgestattete Spieler der damals erstklassigen Fußball-Oberligen waren wegen der geltenden Amateurdefinition nicht zugelassen. Im olympischen Turnier uberzeugte Schroder bei den Spielen gegen Agypten (3:1), Brasilien (4:2 n. V.), Jugoslawien (1:3) und im Spiel um die Bronzemedaille gegen Schweden (0:2) auch die internationalen Fachleute. Nach dem Turnier war Schroder zusammen mit
Ferenc Puskas
,
Stjepan Bobek
und Barbosa-Tozzi (Brasilien) zum besten linken Halbsturmer gewahlt worden.
[3]
Zur Begrundung wurde im ?Kicker“ angefuhrt, dass er ?wohl das meiste Lob der internationalen Fachleute holte“ und er in seinem Duell mit
Zlatko ?ajkovski
seine ?hohe spieltechnische Klasse demonstrierte und sich nicht einmal von den ?Kollegen’ Bobek und Mitic uberschatten ließ“.
Aus dem olympischen Turnier zuruck, wieder aktiv im Bremer Amateuroberhaus bei Bremen 1860, bestatigte Schroder seine guten Kritiken beim 2:0-Erfolg am 9. November 1952 in Basel beim B-Landerspiel gegen die Schweiz. Er agierte auf der Mittelsturmerposition neben den Oberligaakteuren
Felix Gerritzen
,
Alfred Preißler
,
Franz Islacker
und
Bernhard Termath
und erzielte beide Treffer. Das Fruhjahr 1953 brachte im Marz sein viertes B-Landerspiel, am 29. April sein siebtes und letztes Landerspiel mit der Amateurnationalelf ? 3:1-Sieg gegen Osterreich in Linz mit einem Schroder-Tor ? und mit Bremen 1860 die Meisterschaft in Bremen zustande. In der Aufstiegsrunde zur Fußball-Oberliga Nord scheiterte er aber mit 1860 mit einem Punkt Ruckstand an Victoria Hamburg. Im Mai wurde er noch vom Bundestrainer in zwei Testspielen mit einer DFB-Auswahl gegen Bolton Wanderers und am 4. Juni in Augsburg gegen eine suddeutsche Auswahl eingesetzt.
Der viel umworbene Techniker unterschrieb am 13. Juni 1953 ? zwei Tage vor dem Wechselstichtag im deutschen Vertragsspielerfußball ? beim
Hamburger SV
einen Vertrag, kassierte dafur verbotenes
Handgeld
? auch Werder Bremen, Eintracht Braunschweig und Hannover 96 hatten ebenfalls ein Handgeld geboten ? und kam damit in die Muhlen der Fußball-Justiz.
[2]
Der Verdacht auf die Annahme von Handgeld war aufgekommen, als ein Bremer Autohandler eine
Borgward Isabella
im Schaufenster mit dem Satz bewarb: ?Dieses Auto kaufte Willi Schroder.“
[4]
? ein Auto einer Preisklasse, das die Frage aufkommen ließ, wie ein junger Amateurfußballer mit einem Drogistengehalt sich dergleichen leisten konne. Nach den Ermittlungen des NFV-Sportgerichts musste der HSV der Annullierung des Vertrages zustimmen und Schroder wurde bis Jahresende 1953 gesperrt. Die Sperre machte internationale Vereine auf den Bremer aufmerksam und nach einem Testspiel am 18. Oktober 1953 unter falschem Namen fur
Racing Strasbourg
? die Elsasser hatten mit 80.000 DM Handgeld gelockt ?, bekam der Umworbene die drakonische Strenge der Sportgerichtsbarkeit zu spuren: Seine Sperre wurde um ein halbes Jahr bis 30. Juni 1954 verlangert. Schroder wird mit folgenden Worten zitiert:
[5]
?
Mich hat das anderthalb Jahre meiner guten Zeit gekostet und auch die WM-Teilnahme 1954 in der Schweiz.
“
Nach Ablauf der Sperre wechselte er zu Werder Bremen, fur das er am 9. Januar 1955 erstmals gegen
Altona 93
im Einsatz war und beim 2:1-Sieg gleich ein Tor schoss. Im August 1955 wurde der beidfußige Torjager und Vorbereiter wieder in einer Auswahl eingesetzt. Norddeutschland gewann am 7. mit 4:3 Toren in Hamburg ein Spiel gegen Suddeutschland und am 14. in Hannover mit 5:3 gegen Sudwestdeutschland. In beiden Auswahlbegegnungen zeichnete sich der Bremer als Ballverteiler und Torschutze aus. Komplette zwei Jahre hatte Schroder damit als Auswahlspieler verloren, und das im besten Leistungsalter zwischen 25 und 27 Jahren.
Werder Bremen und weitere Auswahlberufungen, 1954 bis 1963
[
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]
Acht Tage nach dem NFV-Spiel gegen Sudwest, am 21. August 1955 in Moskau, feierte Schroder unter Bundestrainer Herberger beim Landerspiel gegen die Sowjetunion nach drei Jahren seine Ruckkehr in die Fußballnationalmannschaft.
[6]
Er hatte in seiner ersten Oberligarunde bei Werder, 1954/55, mit Beginn der Ruckrunde alle 15 Spiele absolviert und dabei acht Tore erzielt. Die Oberliga startete zur Runde 1955/56 am 28. Mai 1955, eine Woche nach dem Landerspiel in Moskau. Schroder absolvierte alle 30 Punktspiele und schoss sich mit 27 Treffern auf den zweiten Platz in der Torjagerrangliste im Norden. Er verkorperte beide Eigenschaften in einer Person: er war ein glanzender Vorbereiter, aber auch ein Spieler der den Torabschluss beherrschte.
Die Runde 1956/57 brachte mit Werder (5. Platz; zehn Punkte Ruckstand zum Hamburger SV) keine Steigerung und auch die personliche Quote ging bei Schroder zuruck (29 Spiele, 18 Tore). In der Nationalmannschaft lief unter Bundestrainer Herberger aber schon alles auf die Vorbereitung des WM-Turniers 1958 in Schweden als Titelverteidiger hinaus. Der Bremer Spielmacher absolvierte zwischen dem 13. Juni 1956 (gegen Norwegen in Oslo) und dem 20. November 1957 (gegen Schweden in Hamburg) seine A-Landerspiele funf bis zwolf, war zusatzlich in mehr als zehn Testspielen der DFB-Auswahl sowie auch in der norddeutschen Auswahl im Einsatz, nahm an den Lehrgangen des DFB vom 18. Februar bis 2. Marz und 22. bis 28. Juli 1957 teil und gehorte auch Mitte April 1958 dem an die FIFA gemeldeten 40er-Aufgebot fur die WM 1958 an. Als der Bundestrainer dann zum WM-Lehrgang in die Sportschule Munchen-Grunwald vom 12. bis 24. Mai 1958 25 Spieler einlud, gehorte Willi Schroder uberraschend diesem Kader nicht an.
Herberger hatte seinen Lieblingsspieler, den Spielmacher der erfolgreichen WM-Tage in der Schweiz 1954, Fritz Walter, zum Comeback uberreden konnen und der 37-Jahrige kehrte nach einer zweijahrigen Pause am 19. Marz 1958 in Frankfurt gegen Spanien (2:0) wieder in die Nationalmannschaft zuruck. Damit war die Losung der Nachfolgeregelung fur den ?Alten Fritz“ auf der Spielmacherposition in der Nationalmannschaft entschieden: Fritz Walter ersetzte Fritz Walter. Bei
Jurgen Leinemann
kann man in seiner Herberger-Biografie nachlesen, ?dass sich der Bundestrainer auf der Suche nach einem Spielmacher sich vor allen Dingen mit dem Bremer Willi Schroder beschaftigte, mit dem er allerdings nie so recht zufrieden war, der wohl auch keine Chance hatte, weil der Schatten des großen Fritz auf ihm lag.“
[7]
Am 6. Dezember 1957 hatte Herberger in seinen Unterlagen nach dem Landerspiel gegen Schweden eine Art ?Entlassungsprotokoll“ zu Schroder notiert:
[8]
?
Ganze Einstellung von Gefallsucht diktiert, die ihre Befriedigung in technischen Kunststuckchen hat. Weder Geist noch Sinn auf Mannschaftsspiel und Kameradschaft eingestellt.
“
Schroder gehorte nach dem Weltmeisterschaftsjahr 1958 von 1959 bis 1963 den Vizemeisterteams von Werder Bremen in der Oberliga Nord an, trat in der Endrunde um die deutsche Meisterschaft mit den Grun-Weißen in 18 Spielen an und erzielte dabei von 1959 bis 1962 zwolf Tore. Zum DFB-Pokalgewinn am 13. September 1961 in Gelsenkirchen durch den 2:0-Erfolg gegen den 1. FC Kaiserslautern unter Trainer
Georg Knopfle
steuerte der knapp 33-Jahrige in der 10. Spielminute den 1:0-Fuhrungstreffer bei. Im Finalbericht wird festgehalten, dass ?Schroder im Mittelfeld der uberragende Mann gewesen ware, elegant die Faden zog ? und zudem torgefahrlich war.“
[9]
In der Runde
1961/62
nahm der Routinier mit Werder im
Europapokal der Pokalsieger
teil und scheiterte mit Bremen am spateren Cupsieger
Atletico Madrid
am 28. Februar 1962 in Madrid nach einer 1:3-Niederlage. Er hatte in der 36. Minute den 1:2-Anschlusstreffer gegen die Mannschaft von Trainer
Jose Villalonga
erzielt.
Mit dem Oberligaspiel am 6. Oktober 1962 gegen
Bremerhaven 93
beendete er nach 213 Ligaeinsatzen mit 129 Toren seine Spielerkarriere bei Werder Bremen. Auf internationaler Ebene (Nationalmannschaft; keine WM-Teilnahme) blieb ihm zwar der ganz große Durchbruch verwehrt, doch fur Werder war er jahrelang als uberragender Spielgestalter, Ideengeber und Torschutze unersetzlich.
Mit Beginn der
Fußball-Bundesliga
1963 wechselte er fur zwei Jahre in die
Regionalliga Nord
zu Bremerhaven 93. In der Saison 1963/64 wurde er noch neunzehnmal eingesetzt und schoss dabei drei Tore. Zum Ausklang seiner Laufbahn war er anschließend als Trainer bei verschiedenen Bremer Amateurklubs tatig. Sein Tabakladen am Hauptbahnhof in Bremen war ein beliebter Treffpunkt der Bremer Sportszene.
- Lorenz Knieriem,
Hardy Grune
:
Spielerlexikon 1890?1963
. In:
Enzyklopadie des deutschen Ligafußballs
.
Band
8
. AGON, Kassel 2006,
ISBN 3-89784-148-7
.
- Jens Reimer Pruß
(Hrsg.):
Spundflasche mit Flachpaßkorken: Die Geschichte der Oberliga Nord 1947?1963
. 1. Auflage. Klartext Verlag, Essen 1991,
ISBN 3-88474-463-1
.
- Kropp/Schweer:
Deutschlands große Fußballmannschaften.
Teil 6:
Werder Bremen.
Agon, Kassel 1994,
ISBN 3-928562-52-5
.
- ↑
Fritz Tauber: Deutsche Fußballnationalspieler. Agon Sportverlag. Kassel 2012.
ISBN 978-3-89784-397-4
. S. 114
- ↑
a
b
Jurgen Bitter
:
Deutschlands Fußball-Nationalspieler : das Lexikon
. SVB Sportverlag, Berlin 1997,
ISBN 3-328-00749-0
,
S.
437
.
- ↑
Kicker, Nr. 32, Munchen, 11. August 1952, S. 13/14.
- ↑
Harald Klingebiel:
Die Vereinsgeschichte 1899?1987
. In: Norbert Kuntze:
Werder Bremen. Eine Karriere im kuhlen Norden
. Verlag Die Werkstatt, Gottingen, 3. Aufl. 1997,
ISBN 3-89533-109-0
, S. 245?302, hier S. 291.
- ↑
Jens Reimer Pruß
(Hrsg.):
Spundflasche mit Flachpaßkorken: Die Geschichte der Oberliga Nord 1947?1963
. 1. Auflage. Klartext Verlag, Essen 1991,
ISBN 3-88474-463-1
,
S.
175
.
- ↑
Matthias Arnhold:
Willi Schroder - International Appearances.
RSSSF.org
, 18. Marz 2021,
abgerufen am 19. Marz 2021
.
- ↑
Jurgen Leinemann:
Sepp Herberger. Ein Leben, eine Legende.
Rowohlt-Verlag, Berlin 1997,
ISBN 3-87134-285-8
, S. 364.
- ↑
Jurgen Leinemann:
Sepp Herberger. Ein Leben, eine Legende.
S. 365.
- ↑
Matthias Weinrich,
Hardy Grune
:
Enzyklopadie des deutschen Ligafußballs.
Band 6:
Deutsche Pokalgeschichte seit 1935. Bilder, Statistiken, Geschichten, Aufstellungen.
Agon-Sportverlag, Kassel 2000,
ISBN 3-89784-146-0
, S. 173?174.