Willem Einthoven

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Willem Einthoven, 1906
Originalton Willem Einthovens (1921)
Das Grab von Willem Einthoven und seiner Ehefrau Frederique Jeanne Louise de Vogel im Familiengrab auf dem reformierten Friedhof von Oegstgeest

Willem Einthoven (* 21. Mai 1860 in Semarang auf Java , Niederlandisch-Indien ; † 29. September 1927 in Leiden ) [1] war ein niederlandischer Mediziner , Neurophysiologe und Nobelpreistrager .

Familie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Willem Einthoven wurde als drittes von sechs Kindern geboren. Sein Vater Jacob Einthoven war Militararzt und offentlicher Gesundheitsbeamter, die Mutter (Louise de Vogel) war die Tochter eines fur die Kolonien zustandigen Finanzbeamten. Nach dem Tod des Vaters (1866) kehrte die Mutter mit ihren funf Kindern nach Utrecht in die Niederlande zuruck.

1885 heiratete er seine Cousine Frederique Jeanne Louise de Vogel. Aus der Ehe gingen drei Tochter und ein Sohn hervor.

Sein Grab liegt auf dem Friedhof der reformierten Kirche in Oegstgeest in der Provinz Sudholland . Seit 1960 ist er Namensgeber fur den Einthoven Hill , einen Hugel auf der Brabant-Insel in der Antarktis.

Ausbildung und Beruf [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einthoven schloss die Gymnasialzeit 1879 ab und immatrikulierte sich an der Universitat Utrecht im Fach Medizin. Pragenden Einfluss hatte der Anatom Willem Koster (1834?1907), der dort die Mechanik der Gelenke lehrte. In den spateren Studienjahren beeinflussten hauptsachlich der Physiologe Frans Cornelis Donders und der Ophthalmologe Herman Snellen (1834?1908), als dessen Assistent er kurze Zeit arbeitete, Einthovens wissenschaftliche Interessen. Als Thema seiner Doktorarbeit wahlte er das Problem der ?Farben stereoskopie “, deren Phanomene er aus den unterschiedlichen Wellenlangen des roten und blauen Lichts erklarte. 1885 wurde er bei Frans C. Donders cum laude promoviert (Ph.D.). Von 1886 bis zu seinem Tod war er Professor fur Physiologie an der Universitat Leiden . 1905/06 amtierte er als Rektor der Universitat .

Leistung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Als junger akademischer Lehrer beschaftigte er sich zunachst mit der Physiologie der Atmung (1885?1894) und formulierte ein neues, revolutionares Konzept der Mechanismen des Asthma bronchiale . Die Richtigkeit des Einthoven-Konzepts wurde erst nach 1950 experimentell bestatigt.

Einthoven begann ab 1894 mit dem Lippmann- Kapillar-Elektrometer zu arbeiten. Obwohl er mit der Empfindlichkeit und der Handhabung des Instruments sehr unzufrieden war, gelang ihm der Nachweis unterschiedlicher Potentialkurven bei Normalpersonen und Patienten mit Herzerkrankungen (1900). Ein weiterer Erfolg war die Registrierung der Herztone mit dem Kapillar-Elektrograph sowie des Karotispulses und des Herzspitzenstoßes als Referenzmethoden 1894.

Er entdeckte, dass die Messempfindlichkeit ( Tragerkohlen -Windungen) gesteigert werden konnte, und berichtete 1901 uber die Ergebnisse und Erfahrungen mit dem neuen Saiten galvanometer . Die erste elektrographische Aufzeichnung damit erfolgte 1903. Diese Arbeit fand ebenso wenig Beachtung wie die klassische Arbeit uber Signalfernubertragung, in der die EKG -Standardableitungen (I ? Verbindung beider Arme, II ? Verbindung rechter Arm/linker Fuß, III ? Verbindung linker Arm/rechter Fuß) beschrieben wurden. Klinische EKGs wurden zuerst 1906 mittels einer Kabelverbindung zwischen Einthovens Labor und dem Leidener Universitatsklinikum abgeleitet. [2] Norman J. Holter griff diesen Gedanken spater wieder auf und entwickelte seine Methode der Telemetrie . Erst ab 1908 verbreitete sich der Ruf von Einthovens Neuentwicklung in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Wissenschaftler und Mediziner aus aller Welt kamen nach Leiden.

1913 legte er die mathematisch-theoretischen Grundlagen der Interpretation kardialer Oberflachenpotentialkurven fest, was zur Beschreibung des ?Einthoven-Dreiecks“ als Berechnungsgrundlage des EKGs fuhrte.

Einthoven beschrieb zahlreiche EKG-Veranderungen: Herzkammervergroßerung links- bzw. rechts, zahlreiche Arrhythmien , Herzfrequenz bei Ein- und Ausatmung, QRS-Morphologie in Ableitung III, Einfluss der Herzlage auf das EKG.

Insgesamt publizierte er 127 Beitrage, vorwiegend zum EKG. Fur seine Entwicklung des zur EKG-Registrierung verwendeten Saitengalvanometers [3] [4] und die Beschreibung des Elektrokardiogramms erhielt er 1924 den Nobelpreis fur Medizin . 1923 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Gottinger Akademie der Wissenschaften , [5] 1925 zum Mitglied der Leopoldina [6] und 1927 in die American Academy of Arts and Sciences gewahlt.

1970 wurde der Mondkrater Einthoven nach ihm benannt. [7]

Schriften [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Quelques remarques sur le mecanisme de l’articulation du coude . 1882.
  • Stereoscopie dependant d’une difference de couleur . 1886.
  • Uber die Wirkung der Bronchialmuskeln, nach einer neuen Methode untersucht, und uber Asthma nervosum . In: Archiv fur die gesamte Physiologie des Menschen und der Thiere , Band 51 (1892), S. 367.
  • Uber die Form des menschlichen Electrocardiogramms . In: Archiv fur die gesamte Physiologie des Menschen und der Thiere , Band 60 (1895), S. 101?123.
  • Un nouveau galvanometre . Arch Sci Exp Nat 2 (1901) 40; auch in: Archives Neerlandais des Sciences exactes et naturelles , Band 6 (1902), S. 625?633.
  • Le Telecardiogramme . In: Archives internationales de physiologie et de biochimie , Band 4 (1906), S. 132.
  • Die Registrierung der menschlichen Herztone mittels des Saitengalvanometers. In: Archiv fur die gesamte Physiologie des Menschen und der Thiere , Band 117 (1907), S. 461?472.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Eberhard J. Wormer : Syndrome der Kardiologie und ihre Schopfer . Munchen 1989, S. 97?104
  • R. Porter (ed.): Dizionario Biografico della Storia della Medicina e delle Scienze Naturali (Liber Amicorum) . Milano 1 (1985) 273
  • H. A. Snellen: History of cardiology . Rotterdam 1984
  • H. Denolin: Willem Einthoven 50th commemorative anniversary . Europ J Cardiol 8 (1978) 303
  • G. E. Burch, N. P. DePasquale: A history of Electrocardiography . Chicago 1964
  • A. de Waardt: Het Levenswerk von Willem Einthoven (1860?1927) . Haarlem 1957
  • S. L. Barron: The development of the electrocardiograph . London 1952
  • L. Hill : Willem Einthoven. Br Med J 2 (1927) 665
  • Barbara I. Tshisuaka: Einthoven, Willem. In: Werner E. Gerabek , Bernhard D. Haage, Gundolf Keil , Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopadie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4 , S. 339.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Willem Einthoven  ? Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Willem Einthoven Biographical. In: nobelprize.org. The Nobel Foundation, abgerufen am 21. Mai 2019 (englisch).
  2. Ralf Broer: Willem Einthoven. In: Wolfgang U. Eckart , Christoph Gradmann (Hrsg.): Arztelexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert. 1. Auflage. 1995 C. H. Beck, Munchen, Arztelexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart , S. 121; 2. Aufl. 2001, S. 101 und 102; 3. Aufl. 2006 Springer Verlag Heidelberg, Berlin, New York. doi:10.1007/978-3-540-29585-3 .
  3. Saitengalvanometer Historische Instrumentensammlung am Johannes-Muller-Institut fur Physiologie
  4. Großes Saitengalvanometer Historische Instrumentensammlung am Johannes-Muller-Institut fur Physiologie
  5. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen 1751?2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2001, ISBN 3-525-82516-1 , S. 75.
  6. Mitgliedseintrag von Willem Einthoven (mit Bild und CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina , abgerufen am 10. Marz 2017.
  7. Willem Einthoven im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS