Wilhelm Kurt Waldstein
(*
9. November
1897
in
Wiener Neustadt
; †
22. Juli
1974
in
Altaussee
) war ein
osterreichischer
Schriftsteller, Komponist und Padagoge.
Wilhelm von Waldstein wurde am 9. November 1897 als Sohn des Ehepaars Wilhelm und Katharina von Waldstein im Hause Pockgasse 4 in Wiener Neustadt geboren. Kurat der rom.-kath. Stadtpfarre Josef Bauer taufte ihn auf den Namen Wilhelm Kurt. Vater Wilhelm Anton Waldstein Edler von Heilwehr war
k.k. Staatsanwalt-Substitut
am
Kreisgericht Wiener Neustadt
. Mutter Katharina war die Tochter des k.k. Ministerialrates und Baurates
Wilhelm Rollig
, nach dessen Planen von 1890 bis 1893 das Kreisgericht und die
Justizanstalt Wiener Neustadt
erbaut wurde. Wilhelm Kurts alterer Bruder wurde 1894 in
Neunkirchen
geboren.
Ab 1903 besuchte Wilhelm Kurt Waldstein die sechsklassige, offentliche, allgemeine Volksschule in der Herzog-Leopold-Straße 4. Er erhielt im Abschlusszeugnis der 1. Klasse in allen Fachern die beste Note ?Eins“, nur in Gesang einen ?Dreier“. Sehr wahrscheinlich ein Konflikt, weil sein Vater als Dirigent den
Wiener Neustadter Singverein
zu hervorragenden Leistungen fuhrte und auch als Opernkomponist (1904 wurde die Oper
Tonietta
im
Landschaftlichen Theater
in
Linz
aufgefuhrt) wirkte. Wilhelm Kurt wechselte die Schule und besuchte nun die vierklassige Ubungsschule des
Niederosterreichischen Landeslehrerseminars zu Wiener Neustadt
. 1908 wechselte er an das
K.k. Staats-Gymnasium zu Wiener Neustadt
, wo er vorzugliche Zeugnisse erhielt. Gesang war hier Freifach, welches er nicht besuchte. Wegen einer krankheitsbedingten Verkrummung der Wirbelsaule war er ab 1912 vom Turnunterricht befreit. 1915 wurde Waldstein im
Ersten Weltkrieg
gemustert, aber infolge der nicht mehr zu heilenden
Skoliose
fur
nicht geeignet
fur den Kriegsdienst erklart. 1916 maturierte er ? auf dem Maturafoto tragen zwei Schulkameraden bereits eine militarische Uniform. Waldheim studierte ab 1916 an der
Universitat Wien
Deutsche Philologie
,
Geschichte
und
Geographie
. Er horte Vorlesungen bei der Germanisten
Eduard Castle
,
Walter Brecht
und
Josef Seemuller
, der Historiker
Alphons Dopsch
,
Oswald Redlich
und
August Fournier
und des Padagogen
Alois Hofler
. Er dissertierte zum Thema
Die Entwicklung der kunstlerischen Reformplane
Richard Wagners
in der entscheidenden Epoche zwischen
Lohengrin
und der
Ringdichtung
, was mit Auszeichnung approbiert und fur die Drucklegung empfohlen wurde. Die Dissertation erschien 1922 in Berlin als Heft 17 in den
Germanischen Studien
. Am 21. Juli 1920 wurde Wilhelm Kurt Waldstein an der Universitat Wien zum Doktor der Philosophie promoviert. Danach studierte er weiter, strebte das Lehramt an und erhielt am 16. Juni 1921 die volle Lehrbefahigung.
Ab Herbst 1921 arbeitete Wilhelm Kurt Waldstein als
widerruflicher Lehrer
fur Geographie, Geschichte und deutsche Sprache am
Krupp Privat-Realgymnasium
in
Berndorf
in
Niederosterreich
. Nach Ablauf des Probejahres wurde ihm ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt und seine
Gewahltheit, Klarheit und nachdruckliche Hervorhebung der stets wesentlichen Momente
gelobt, sowie seine Volksbildungstatigkeit im Ort wie auch seine Verwaltung der geographisch-historischen Lehrmittelsammlung und seine Verwaltung der Lehrerbucherei angemerkt. Insgesamt verblieb Waldstein neun Jahre am Berndorfer Gymnasium. 1930 wurde Waldstein dem
Madchen-Realgymnasium Wiener Neustadt
in Wiener Neustadt und auch dem Bundesrealgymnasium
zur Dienstleistung
zugewiesen. Seine Tatigkeit am Madchenrealgymannasium war nur kurz. Mit Erlass des Bundesministeriums fur Unterricht wurde er mit 21. Oktober 1930 dem Bundesgymnasium Wiener Neustadt zugewiesen, wo er bis 1938 Deutsch und Geschichte unterrichtete.
Beim
Anschluss Osterreichs
an Hitler-Deutschland wurde er am 15. September 1938 aus
rassischen Grunden
seines Dienstpostens enthoben. Der von den Nationalsozialisten eingesetzte neue Leiter
Otto Aull
bedauerte in einer mutigen Geste die
Beurlaubung
und verwies auf die langjahrige, wertvolle Mitarbeit, auf die Unterstutzung der Direktion und des Lehrkorpers und auf das noch unerledigt gebliebene Gesuch um Verbleiben im Staatsdienst. Fur Waldstein setzte sich auch der vormalige Direktor
Gustav Lassmann
ein, welcher im Marz 1938 Direktor der
Nationalpolitischen Erziehungsanstalt
Napola Traiskirchen
geworden war. Mit Schreiben vom 16. Marz 1939 wurde vom
Reichsstatthalter
das Gesuch
um ausnahmsweise Belassung im Dienst
abgelehnt. Waldstein wurde auch 1939 von den Prasidenten aus der
Reichsmusikkammer
und 1940 aus der
Reichsschrifttumskammer
ausgeschlossen. Waldstein musste mit seiner erzwungenen Pensionierung von einer bescheidenen Rente von 133 RM 30 Reichspfennig leben, versuchte mit Privatunterricht seine Situation etwas aufzubessern und lebte vollkommen zuruckgezogen in der Pockgasse. Mutter und Sohn lebten in standiger Angst um Mann und Vater, den Kreisgerichts-Vizeprasidenten a. D. Wilhelm Anton Waldstein, welcher die Bedrohung aus rassischen Grunden nicht wahrhaben wollte. Er starb am 27. Dezember 1940 in Wiener Neustadt im Beisein seiner Angehorigen vor seiner Verschleppung. Die letzten Wochen des
Zweiten Weltkriegs
verbrachten Waldstein und seine Mutter als Fluchtlinge in
Pernitz
. Im Fruhsommer 1945 kehrten beide in die inzwischen geplunderte Wohnung in Wiener Neustadt zuruck.
Am 30. August 1945 beschloss der Stadtsenat der Stadt Wiener Neustadt, Wilhelm Kurt Waldstein provisorisch mit der Leitung der Musikschule der Stadt zu betrauen. Weiters leitete er den Aufbau der Mittelschulen der Stadt und war Mitarbeiter der Vorbereitungen fur die 750-Jahr-Feier der Stadt. All dies geschah
ehrenamtlich
. Finanzielle Sicherheit erlangte Waldstein erst mit seiner Wiedereinstellung als Lehrer im Herbst 1945. Am 8. Oktober 1945 teilte der Landesschulrat fur Niederosterreich ihm die Ubernahme in den aktiven Dienst am
Bundesgymnasium Babenbergerring
mit. Im Juni 1946 wurde Waldstein zur Probedienstleistung in das
Bundesministerium fur Unterricht
in
Wien
unter Bundesminister
Felix Hurdes
berufen. Ebendort erfolgte 1950 die Ernennung zum Sektionsrat. Bis zum Tode seiner Mutter 1952 lebte Waldstein weiterhin in Wiener Neustadt und ubersiedelte erst im Dezember 1952 nach Wien.
- Pole der Menschheit. Dichtungen aus den Jahren 1938 bis 1945.
Humboldt-Verlag, Wien 1949.
- Kunst und Ethos. Deutungen und Zeitkritik.
Otto Muller, Salzburg 1954.
- Hans Gal.
Elisabeth Lafite, Osterreichischer Bundesverlag (= Osterreichische Komponisten des XX. Jahrhunderts, 5), Wien 1965.
- Brennspiegel. Buch der Epigramme.
Universitatsverlag Wagner, Innsbruck 1967.
- Zwischenreich. Geschehnis und Gestalt.
Roman, Osterreichische Verlagsanstalt, Wien 1968.
- Das gerettete Erbe. Aus einer Jugend im alten Osterreich.
Erweiterte Neuausgabe von
Fruhe Schatten.
Stifterbibliothek, Salzburg 1970.
- Bild und Widerbild.
Erzahlungen, Stifterbibliothek, Salzburg 1972.
- Gertrud Buttlar
:
Sektionschef i. R. Dr. Wilhelm Waldstein (1897?1974) Schriftsteller, Komponist und Padagoge. Sonderausstellung des
Stadtmuseums Wiener Neustadt
15. Juni bis 31. Oktober 1988.
Katalog, Wiener Neustadt 1988.