Dieser Artikel behandelt das Tier. Zum Schweizer Verein siehe
Wildtier Schweiz
.
Ein
Wildtier
oder
wildes Tier
ist ein in der
Wildnis
lebendes
Tier
, das dem
Menschen
nicht als
Haus-
,
Nutz-
oder
Zuchttier
dient und somit auch nicht
domestiziert
ist. In
Siedlungsgebieten
lebende, in Gebauden
eingenistete
oder auch
parasitare
Tiere sind Wildtiere, obwohl sie nicht in der eigentlichen Wildnis leben, jedoch den Lebensstil eines Wildtieres beibehalten. Im Grunde kann jedes Tier, abgesehen vom Mensch ein Wildtier sein. Das gleiche Prinzip fur Pflanzen stellen die
Wildpflanzen
dar.
Laut einem Bericht des
WWF
aus dem Jahr 2016 sind die weltweiten Wildtier-Populationen seit den 1970er-Jahren um durchschnittlich 68 Prozent
geschrumpft
.
[1]
Allgemein dient der Begriff Wildtier zur Charakterisierung von
Tieren
, die nicht
zahm
sind. Rechtlich sind ?wilde“ Tiere
herrenlos
(niemand hat
Eigentum
an ihnen), ?solange sie sich in der Freiheit befinden“
[2]
(?in freier
Wildbahn
“).
Oft wird im Sprachgebrauch eine
Wildtierart
den domestizierten
Haustierarten
gegenubergestellt, so etwa die Wildganse, zu denen in Europa nicht nur die
Grauganse
, sondern auch die
Kanadaganse
gezahlt werden, oder die Wildenten, zu denen nicht nur die
Stockenten
gerechnet werden.
Als echte Wildpferde kann man heute nur die
Przewalski-Pferde
bezeichnen, im weiteren Sinne wird der Begriff auch fur
verwilderte
Hauspferde (z. B.
Mustangs
) benutzt ? Przewalski-Pferde als Wildtiere gibt es in Europa nicht mehr: Als Wildtiere leben seit einiger Zeit nur einige wenige
ausgewilderte
Exemplare in der Mongolei.
Der Begriff des Wildtieres schließt zwar das
Wild
mit ein, ist aber viel umfassender. Unter Wild versteht man ausschließlich Wildtiere, die dem
Jagdrecht
unterliegen.
Fast uberall auf der Erde gibt es Wildtiere, dabei leben heute die wenigsten Wildtiere in der
Wildnis
, also in einer vom Menschen unberuhrten Natur. Tiere haben jeweils bestimmte Anspruche an ihren
Lebensraum
(Nahrung, Moglichkeit der Fortpflanzung, Schutz vor Feinden usw.), die oft auch die von Menschen gepragte
Kulturlandschaft
in ausreichendem Maß erfullt. Einige Wildtiere haben sich sogar zu
Kulturfolgern
[3]
entwickelt, z. B.
Weißstorch
,
Mauersegler
,
Turmfalke
und
Hausmaus
. Andererseits sind durch menschliche Aktivitaten (Landwirtschafts- und Siedlungsflachen) viele Lebensraume zerstort oder zumindest in ihrer Flache stark reduziert worden. Die Zahl der Wildtiere, die auf Grund ihrer besonderen Bedurfnisse nicht ausweichen konnen, wird sich in gleichem Maße verkleinern.
Viele Wildtiere bereichern allein durch ihr Vorhandensein die Umgebung der Menschen
(Naturerlebnis),
z. B.
Singvogel
durch ihren Gesang.
Trotzdem gestaltet sich die Beziehung zwischen Mensch und Wildtier nicht immer unproblematisch:
- Einige Wildtiere verursachen Schaden, meist beim Nahrungserwerb (z. B.
Ratten
,
Mause
,
Rotfuchs
,
Rotwild
,
Habicht
,
Graureiher
,
Borkenkafer
). Wildtiere werden deshalb zum Teil nicht geduldet, sondern
vergramt
oder getotet.
- Es kommt immer wieder zu Verkehrsunfallen im Zusammenhang mit Wildtieren (
Wildunfall
).
- Großere
Raubtiere
stellen eine Gefahr fur Menschen und ihre Haustiere dar.
- Einige Tiere ubertragen Krankheiten (
Fuchsbandwurm
,
Tollwut
,
Malaria
).
- Landwirtschaftliche
und
forstwirtschaftliche
Nutzung der Landschaft sind heute vielfach durch
Monokulturen
gepragt. Diese
ausgeraumte Landschaft
bietet die gewunschten Komponenten nur unzureichend und nur fur sehr wenige
Arten
. Manche Arten profitieren allerdings davon, z. B.
Wildschweine
. Gunstiger fur viele Tierarten waren reich strukturierte Landschaften.
- In der modernen Landwirtschaft werden chemische Hilfsmittel (
Dunger
,
Pestizide
,
Herbizide
) verwendet, die sich uber die
Nahrungskette
in Wildtieren anreichern und diese schadigen. Hinzu kommen noch
Umweltgifte
aus Industrie und
Abfallentsorgung
(
Gewasserverschmutzung
).
- Der Lebensraum vieler Wildtiere wird zu
Freizeitaktivitaten
genutzt. Storungsempfindliche Tiere ziehen sich von dort zuruck.
- Viele Tiere werden auf Verkehrswegen, an Hochspannungsleitungen, Windanlagen und verspiegelten Fassaden, die quer zu ihren Lebensraumen verlaufen, getotet.
- Kulturlandschaften verandern sich oft sehr rasch; nicht alle Arten konnen sich darauf einstellen. Andere werden zu
Kulturfolgern
.
- Wildtiere sind traditionell Nahrungs- und Rohstofflieferanten (
Jagd
und
Fischerei
).
Das Wildtiermanagement umfasst alle Maßnahmen, die Konflikte rund um
Wildtiere
losen sollen. Wildtiermanager werden vor allem tatig bei Wiederansiedlungen von verschwundenen Arten (
Braunbar
,
Wolf
,
Luchs
,
Biber
). Durch Aufklarungsarbeit soll die Akzeptanzbereitschaft der lokalen Bevolkerung, aber auch der Politik geschaffen werden. Bei aufgetretenen Schaden wird in bestimmten Fallen Ersatz geleistet. Die jeweilige
Tierpopulation
wird wissenschaftlich beobachtet und der Lebensraum wird eventuell den Bedurfnissen der Tiere angepasst. Als letzte Maßnahme bei nicht anders losbaren Konflikten konnen Wildtiere auch umgesiedelt oder getotet werden.
[4]
Viele Wildtiere sind in ihrem Bestand gefahrdet, im Siedlungsgebiet des Menschen sind viele Arten bereits ausgestorben oder verschwunden. Da vom Menschen unberuhrte Flachen stark abgenommen haben und wohl weiter abnehmen werden, sind Arten, die auf sie angewiesen sind (
Kulturfluchter
) grundsatzlich bedroht.
In Deutschland gibt es die ?Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten“ (
Bundesartenschutzverordnung
), die den Schutz der Wildtiere regelt.
Der 1961 als
World Wildlife Fund
gegrundete
WWF
(World Wide Fund for Nature) war eine der ersten Organisationen, die auf diese Gefahrdung aufmerksam machten. Durch die Grundung von besonderen
Schutzgebieten
, anfangs ohne gesetzliche Ruckendeckung, spater durch Naturschutzgesetze geregelt, wurde es moglich, Ruckzugsgebiete fur die Wildtiere zu schaffen. Laut einem Bericht des WWF aus dem Jahr 2016 sind die weltweiten Wildtier-Populationen seit den 1970er-Jahren um durchschnittlich 68 Prozent geschrumpft.
[1]
Gemaß dem deutschen § 1
TierSchG
gilt der Grundsatz, ?aus der Verantwortung des Menschen fur das Tier als Mitgeschopf dessen Leben und Wohlbefinden zu schutzen. Niemand darf einem Tier ohne vernunftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schaden zufugen.“
Der Umgang mit Wildtieren ist unter tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten oft problematisch. Dazu zahlt z. B. die
Haltung
von Wildtieren im
Zoo
oder
Zirkus
. Eine Uberbeanspruchung der Tiere sowie eine unsachgemaße Haltung kann bei den Tieren
Stress
auslosen und ist deshalb unter Tierschutzaspekten kritisch zu sehen. Zunehmend werden Wildtiere auch zu
Therapiezwecken
eingesetzt (zum Beispiel
Delfine
), wobei hier neben den erwahnten tierschutzrechtlichen Maßgaben ebenfalls an sicherheitstechnische Aspekte im Rahmen einer moglichen Unfallgefahr gedacht werden muss.
Nach dem deutschen
Zivilrecht
sind Tiere zwar keine Sachen mehr,
[5]
dennoch ist das
Sachenrecht
auf sie anwendbar, wenn nichts anderes bestimmt ist.
[6]
Wilde Tiere sind demnach solche, die sich ihrer Art nach der Beherrschung durch den Menschen entziehen.
[7]
Wenn sie sich in Freiheit befinden, sind wilde Tiere grundsatzlich herrenlos.
[8]
Sofern sie keinem besonderen Aneignungsrecht (z. B.
Jagdrecht
) oder anderen Schutzvorschriften unterliegen, kann sie sich jedermann
[9]
aneignen, sofern sie nicht nach
Anlage 1 zur Bundesartenschutzverordnung
geschutzt sind. Auch ein gefangenes wildes Tier wird wieder herrenlos, sobald es die Freiheit wiedererlangt und vom Eigentumer nicht unverzuglich verfolgt wird.
[10]
Ein
gezahmtes
Tier ist in Abgrenzung zum Haustier ein wildes Tier, das durch psychischen Druck vom Menschen derart gezahmt wurde, dass es die Gewohnheit angenommen hat, an einen vom Menschen bestimmten Ort immer wieder zuruckzukehren.
[11]
Gem. § 960 Abs. 3 BGB wird ein gezahmtes Tier herrenlos, wenn es diese Gewohnheit ablegt. Auch hier kann der Eigentumer den Eigentumsverlust abwenden, wenn er das Tier unverzuglich verfolgt.
[11]
Das Jagdrecht regelt die
Jagd
und den Besitz von sowie den Handel mit
Wild
und daraus gewonnenen Produkten, z. B.
Wildbret
.
Vom Tierschutz ist der
Artenschutz
zu unterscheiden. Wahrend der
Tierschutz
die Bewahrung des einzelnen Individuums vor schadigenden Einflussen beschreibt, ist der Artenschutz die Gesamtheit der Maßnahmen zum Schutz von Pflanzen- und Tierarten.
- ↑
a
b
W. W. F. International:
Living Planet Report 2020 | Official Site | WWF.
Abgerufen am 17. Mai 2021
(britisches Englisch).
- ↑
so § 960 im
Burgerlichen Gesetzbuch
- ↑
vgl. Bernhard Kegel
- ↑
Ganse werden vergast.
In:
Wochenblatt
, vom 10. Juni 2015. Abgerufen am 16. Juni 2017.
- ↑
(§ 90a Satz 1 BGB)
- ↑
(§90a Satz 3 BGB)
- ↑
Baur/Sturner:
Sachenrecht.
18. Auflage. Munchen 2009, § 53 Rn. 68 (S. 733).
- ↑
(§ 960 Abs. 1 Satz 1 BGB)
- ↑
gem. § 958 Abs. 1 BGB
- ↑
(§ 960 Abs. 2 BGB)
- ↑
a
b
Prutting, Kommentierung zu § 960 BGB, Rn. 3, in: Prutting/Wegen/Weinreich (Hrsg.):
BGB-Kommentar.
3. Auflage. Koln 2008.