Wettbewerbsklassen
wurden im
Segelflug
eingefuhrt, um die Entwicklung des Sports zu fordern. Sie dienen außerdem der Sportpolitik oder als Antwort auf Trends des Marktes bzw. die Entwicklung neuer Technologien.
Die Klassenpolitik soll die Gerechtigkeit im Wettbewerb fordern, die Kosten fur Einsteiger senken und fur ein stabiles Umfeld fur Investitionsentscheidungen der Hersteller sowie der Wettbewerbsteilnehmer sorgen.
Der Segelflugsport verfugt uber einen Institutionsrahmen auf internationalem Niveau, der sicherstellt, dass im Wesentlichen in allen Staaten die gleichen Klassen und Klassendefinitionen geflogen werden. Wahrend Segelfliegen von Natur aus flug- oder leistungsorientiert ist, entstanden Klassen bisher weniger zur Forderung technologischer Entwicklung, sondern wurden eher durch Marktdynamik oder durch Zusammenwirken von Forschung und Industrie angeregt.
Die
Federation Aeronautique Internationale
(FAI) ist die Institution, die den Luftsport auf internationalem Niveau kontrolliert. Sieben
Segelflugzeug
-Klassen werden zurzeit durch die FAI anerkannt und sind somit fur Europaische sowie
Weltmeisterschaften
zugelassen:
- Offene Klasse
, es gibt keine Beschrankungen außer einer Gewichtsbeschrankung auf 850 kg
max. Startmasse
, z. B.
eta
,
Nimbus-4
,
ASH 25
,
Concordia
und
EB 29
.
- Standardklasse
, maximale Spannweite von 15 m, Startmasse maximal 525 kg, aber keine
Wolbklappen
oder andere auftriebserhohende Vorrichtungen, beispielsweise
ASW 28
,
LS8
,
Discus-2
,
ASW 24
.
- 15-Meter-Klasse
, wie Standardklasse, jedoch sind auftriebserhohende Vorrichtungen erlaubt, beispielsweise
ASW 27
,
Ventus
,
ASG-29-15
- 18-Meter-Klasse
, wie die 15-Meter-Klasse, jedoch Startmasse 600 kg und Spannweite bis zu 18 Metern, beispielsweise
ASH 26
,
LS10
,
DG-808
,
LAK-19
und
ASG-29
- Doppelsitzerklasse
, beschrankt auf eine maximale Spannweite von 20 Metern, beispielsweise
Duo Discus
,
Arcus
,
DG Flugzeugbau DG-1000
,
ASG-32
- Clubklasse
, erlaubt viele altere Segelflugzeuge innerhalb eines bestimmten Leistungsbereichs, wobei die Leistungsunterschiede durch
Handicapfaktoren
ausgeglichen werden. Einrichtungen fur Wasserballast durfen vorhanden sein, jedoch nicht verwendet werden. Beispiele sind
Glasflugel Libelle
,
Standard Cirrus
,
LS1
,
Pilatus PC-11
,
Cobra 15
- 13,5-Meter-Klasse
, Einsteigerklasse, beschrankt auf eine maximale Spannweite von 13,5 m, beispielsweise
PZL PW-5
(ehemals Weltklasse, die nur den Typ PZL PW-5 erlaubte, jetzt fur weitere 13,5-m-Modelle geoffnet).
Weltrekorde
im Segelflug werden durch die FAI in
Unterklassen
eingestuft, die nicht eins-zu-eins mit den oben genannten Wettbewerbsklassen ubereinstimmen:
- DO ? Offene Klasse
, zugelassen sind Leistungen, die mit einem beliebigen Segelflugzeug erzielt werden. Leistungen von Flugzeugen der Offenen-, der 18-Meter- und der Doppelsitzerklasse werden in dieser Unterklasse gefuhrt.
- D15 ? 15-Meter-Klasse
, zugelassen sind Leistungen, die mit Segelflugzeugen erzielt werden, deren Spannweite kleiner oder gleich 15 Meter ist.
- DW ? Weltklasse
, zugelassen sind Leistungen in Segelflugzeugen der Weltklasse.
- DU ? Ultraleichtklasse
, zugelassen sind Leistungen mit Segelflugzeugen, die eine maximale Masse von 220 kg haben.
Eine Klasse fur noch leichtere Flugzeuge, mit einer Flachenbelastung von maximal 18 kg/m² ist in der Diskussion.
Wettbewerbsklassen, die nicht durch das FAI erkannt werden, gab es etwa in regionalen oder nationalen Wettbewerben. Die bedeutendsten sind:
- Sportklasse
, eine Klasse mit Handicapfaktor, die im Konzept der Clubklasse ahnelt, aber mehr Segelflugzeuge erlaubt, ublicherweise auch mit
Wolbklappe
und Spannweiten, die nicht auf 15 Meter begrenzt sind. Diese Kategorie wird haufig in Wettbewerben mit zu wenig Teilnehmern fur die ublichen Klassen verwendet.
- 1?26 Klasse
, eine Einheitsklasse mit dem Typ
Schweizer SGS 1-26
, die in den
USA
geflogen wird.
Die Offene Klasse ist die alteste Wettbewerbskategorie, die erst mit der Einfuhrung der Doppelsitzerklasse in den fruhen 1950er-Jahren entstand. Diese uneingeschrankte Kategorie ist ein Feld fur technologische Innovation. Viele Forschungsprototypen fallen unter diese Klassendefinition, beispielsweise die
D-30
von 1938, die Schwenkflugel hatte, die
SB 10
von 1972 mit damals enormer Spannweite von 26 m bzw. 29 m oder die
fs 29
von 1975 mit veranderlicher Spannweite.
Die Offene Klasse erzielt die hochsten Leistungen in den Wettbewerben, Tagesaufgaben von uber 1000 Kilometern sind heute bei sehr gutem Wetter moglich. Ein erfolgreiches Segelflugzeug der Offenen Klasse muss jedoch trotz hoher Gleitleistung auch praxistauglich sein. Extreme Designs neigen zu Ausfallen, wie beispielsweise bei der
Fieseler Osterreich
von 1931 oder der
Operation Sigma
von 1971.
Wettbewerbe der Offenen Klasse sind ? trotz des Namens ? eher exklusiv, da die Teilnehmerzahl in dieser Kategorie niedriger als in den anderen Klassen ist. Bis in die 1960er-Jahre war eine angemessene Anzahl von Segelflugzeugen wettbewerbsfahig, oftmals schlugen diejenigen mit kleinerer Spannweite die großeren Typen. Die Revolution durch
Faserverbundwerkstoffe
brachte die Klasse jedoch durcheinander. Mit Flugeln aus
kohlenstofffaserverstarktem Kunststoff
wurden 1981 Spannweiten des
Nimbus-3
und der
ASW 22
von 24 m und mehr moglich, wodurch die Offene Klasse zunachst die Domane zweier Hersteller wurde.
Nach zwei Dekaden mit schrittweisen Leistungsgewinnen brachte im Jahr 2000 das Auftreten der
eta
einen Sprung in der Leistung und in einer weiteren Preiseskalation. Dieses sehr kostspielige Flugzeug war bereits in Wettbewerben erfolgreich, und es wird sich unvermeidbar auf die Kosten auswirken, in dieser Klasse wettbewerbsfahig zu bleiben.
Die Standardklasse wurde in den spaten 1950er-Jahren als Alternative zu den in zunehmendem Maße schweren, schwierig zu fliegenden und teuren Flugzeugen der Offene Klasse dieser Zeit eingefuhrt. Ausgerichtet auf Erschwinglichkeit und Einfachheit, schrankten die ursprunglichen Standardklasserichtlinien die Spannweite auf 15 Meter ein und untersagten einziehbare
Fahrwerke
, auftriebserhohende Vorrichtungen wie Klappen und abwerfbaren Wasserballast. Die Verkorperung dieser Richtlinien ist die
Ka 6
.
Die technische Entwicklung beschleunigte sich jedoch in den folgenden Jahren. Der Ubergang zur
Glasfaserkonstruktion
stellte die vorhandenen Richtlinien in zunehmendem Maße als unzureichend dar. Die festeren Strukturen erlaubten hohere Flachenbelastungen, die Konkurrenten griffen daher auf festen Ballast zuruck, um diesen Wettbewerbsvorteil auszugleichen. Das fuhrte zu hohen Landegeschwindigkeiten, mit der Gefahr von Beschadigungen bei Außenlandungen. Die festen Fahrwerke verursachten den Hauptteil des Luftwiderstandes der glatten Glasfiberflugzeuge. Die Konstrukteure reagierten, indem sie die Rader in den Rumpf vertieften, was die Gefahr der Beschadigung am Boden erhohte. Die Hersteller argumentierten nun, dass ein
Einziehfahrwerk
die preiswerteste Art sei, die Leistung zu erhohen.
Angesichts dieser Argumente der Sicherheit und Kosten wurden die Regeln der Standardklasse aktualisiert, um Wasserballast sowie Einziehfahrwerke zu erlauben. Die Forderung nach großen Sturzflugbremsen wurde fallengelassen, und Bremsklappen am Flugelende wurden erlaubt. Dies brachte Schwierigkeiten, da eine Trennung zwischen Bremsklappen am Flugelende und auftriebserhohenden Klappen vage ist. Die Zogerlichkeit der IGC (siehe
Federation Aeronautique Internationale
), Letztere zu erlauben, fuhrte zu dem erfolglosen Versuch, zu regeln, was eine Landeklappe sei. Nachdem die
LS2
und die
Pik-20
diese Lucke zum Gewinn der Weltmeisterschaften 1974 und 1976 in der Standardklasse nutzten, verbot die IGC alle die Wolbung verandernden Vorrichtungen in dieser Klasse, und definierte die 15-Meter-Klasse, um diese Flugzeuge aufzunehmen. Diese Entscheidung war, obwohl es die zweite Richtlinienanderung in wenigen Jahren war, und auch einige Segelflugzeugtypen verwaisten, die nicht in die neuen Kategoriendefinitionen passten (besonders
Pik-20
und
Libelle
, die in großen Stuckzahlen hergestellt worden waren), im Nachhinein gerechtfertigt durch den großen Erfolg der neuen Standard- und der 15-Meter-Klasse.
Bedeutende Standardklasseflugzeuge waren
Ka 6
,
SZD-22
Mucha
(1958),
LS1
(1967),
Standardcirrus
(1969),
LS4
(1980),
Discus
(1984) und
LS8
(1994).
Diese Klasse wurde speziell definiert, um die Kontroverse uber die Luftbremsen an der Flugelendleiste in der Standardklasse zu beenden. Die Klasse war sehr erfolgreich und war seit der Grundung Bestandteil aller Welt- und europaischen Meisterschaften. Die technologische Entwicklung hat den einstmaligen Leistungsabstand zwischen Standard- und 15-Meter-Klasse jedoch stark verringert, so dass er heute nur in besonders gutem Segelflugwetter wahrnehmbar ist. Einige Beobachter argumentieren daher, dass der Unterschied nicht mehr groß genug sei, dass die 18-Meter-Klasse der naturliche Nachfolger der 15-Meter-Klasse sei und dass diese daher von den Weltmeisterschaften entfernt werden sollte, um den neuen Klassen Platz zu machen. Ungeachtet dessen hat die Kategorie noch Liebhaber und auch offizielle Unterstutzung in der naheren Zukunft.
Wichtige Vertreter der 15-Meter-Klasse sind
ASW 20
(1977) bzw. dessen Nachfolgemodell ASW 27,
Ventus
(1980),
LS6
(1983),
ASG-29-15
(2005),
Ventus-2
(1994) und die Diana 2 aus polnischer Herstellung.
Altere Vertreter (die ?erste Generation“) sind die
LS3
, Mosquito, DG 200,
PIK-20
, ASW 20, Mini Nimbus, Speed Astir und die ?Renn“-Libelle.
Die Einfuhrung der
Kohlenstofffaser
erlaubte 15 Meter ubersteigende Spannweiten zu erschwinglichen Preisen. Die Hersteller begannen, dieses Potential auszunutzen, indem sie Flugelverlangerungen fur ihre Segelflugzeuge mit Wolbklappen anboten. Die Spannweite erhohte sich stufenweise von 16,6 Metern in den ersten Versionen (
ASW 20L
und
Ventus b 16.6
) uber 17 Metern (
DG-200/17
,
LS3/17
,
Glaser-Dirks DG-600
,
Glasflugel 403
), 17,5 Meter (
LS6c
), schließlich einheitlich auf 18 Meter. Die Tendenz zu den Turbos und selbststartenden Segelflugzeugen forderte die 18-Meter-Spannweite, die groß genug ist, das zusatzliche Gewicht des Triebwerks zu tragen, ohne die Fahigkeit zu verlieren, in schwacher
Thermik
zu steigen. Nach einer Dekade von Wettbewerben auf regionalem Niveau (beispielsweise
Hahnweide
), das die Losung von Problemen wie die Mischung von reinen Segelflugzeugen und motorisierten Varianten ermoglichte, kam diese Klasse in den Weltmeisterschaften 2001 zum ersten Mal zum Tragen.
Die Doppelsitzerklasse erschien zum ersten Mal auf den Weltmeisterschaften 1952. Der Grund fur eine eigene Klasse war, dass der Widerstand des großeren Rumpfs der Doppelsitzer einen bedeutenden Nachteil gegenuber den Einsitzern darstellte. Diese Klasse wurde nach den Weltmeisterschaften 1956 jedoch eingestellt, obgleich Rekorde bis 1996 aufgezeichnet wurden. Die großen Spannweiten, ermoglicht durch moderne Materialien, haben mittlerweile in der Offenen Klasse den Leistungsabstand aufgehoben. Heute sind Doppelsitzer in der Offenen Klasse in zunehmendem Maße ublich und gewinnen haufig. Die IGC (siehe
Federation Aeronautique Internationale
) bestimmte daher 2005, eine Doppelsitzerklasse mit einer Spannweitenbeschrankung auf 20 Metern wieder einzufuhren. Diese Klasse ist nicht vergleichbar mit der alten Kategorie der Doppelsitzer, da sie auf Schulungsflugzeuge mit hoher Leistung zielt, die standig an Popularitat gewonnen haben. Ihre kleinere Große trennt sie von Doppelsitzern der Offenen Klasse, die sehr kostspielig sind und erfahrene Mannschaften erfordern. Die 20-Meter-Doppelsitzer fliegen sich ahnlich wie Einsitzer, aber kosten wenig mehr als halb so viel wie eine Orchidee der Offenen Klasse.
Die Gegner in dieser Klasse sind hauptsachlich
Duo Discus
,
DG Flugzeugbau DG-1000
,
Arcus
, die
ASG-32
sowie die alteren
Janus
und
Glaser-Dirks DG-500
.
Die
Clubklasse
erlaubte fruher
Segelflugzeuge
mit maximal 15 Metern
Flugelspannweite
, eine feste
Flachenbelastung
uber den Flug und ein unveranderliches
Flugelprofil
. Inzwischen wird die Zugehorigkeit zur Clubklasse allein uber die Leistungsfahigkeit des Segelflugzeuges definiert. Alle Flugzeuge mit einem Leistungsindex bis 106 (nach DAeC-Richtlinie) bzw. bis 107 (Richtlinie der IGC) gelten als Clubklasseflugzeuge. Mit dieser Definition sind sogar die Segelflugzeuge der ersten Generation der 15-m-FAI-Klasse, wie beispielsweise
LS3
, Mosquito, H301 oder
PIK-20D
als Clubklasseflugzeuge integriert.
Bei dieser Segelflugklasse werden
Turbulatoren
zur Optimierung der
aerodynamischen
Gute und zur Unterdruckung einer Abloseblase am
Rumpf-Flachenubergang
angebracht.
Die International Gliding Commission (IGC/CIVV, ein Teil der
FAI
), und die dazugehorige
Organisation Scientifique und avoile Technique du Vol
(
OSTIV
) rief 1989 einen Designwettbewerb ins Leben fur ein preiswertes Segelflugzeug mit mittleren Leistungen, einfach und sicher zusammenzubauen und zu betreiben, also auch von Piloten mit wenig Erfahrung zu fliegen. 1993 wurde als Gewinner die
PZL PW-5
verkundet. Die erste Weltkategorien-Weltmeisterschaft fand 1997 in
Inonu
,
Turkei
statt. Es gab weitere drei Weltmeisterschaften in dieser Klasse, aber Teilnahme und Interesse sanken.
Auf der FAI-Vollversammlung Marz 2010 wurde die Weltklasse in die 13,5-Meter-Klasse umgewandelt und die Beschrankung auf die PZL PW-5 als einziges Muster aufgehoben. Neben der PW-5 konnen jetzt alle Segelflugzeuge mit einer Spannweite von maximal 13,5 Metern in dieser Klasse starten. Hinzu kommen vor allem einige Ultraleichtsegelflugzeuge, aber auch Kunstflugzeuge wie beispielsweise die
PZL SZD-59
in der 13,2-m-Kunstflugspannweite.