Wenzel II.
(
tschechisch
Vaclav II.
,
polnisch
Wacław II
; *
27. September
1271
; †
21. Juni
1305
in
Prag
) war ab 1278 Konig von
Bohmen
und ab 1300 als
Wenzel I.
Konig von
Polen
. Er war der vorletzte Herrscher aus der Dynastie der
P?emysliden
.
Als Kind lebte Wenzel von 1279 bis 1283 unter strenger Aufsicht seines Vormunds
Otto V.
in
Brandenburg
. Nach seiner Ruckkehr stand der jugendliche Konig in Prag bis 1288 unter dem Einfluss des
Witigonen
Zawisch von Falkenstein
. Als regierender Konig erwarb er zur bohmischen 1300 die polnische und von 1301 bis 1303 fur seinen Sohn
Wenzel III.
die
ungarische
Krone.
Im Gegensatz zu seinem Vater
P?emysl Ottokar II.
war Wenzel II. kein Eroberer, sondern vor allem Diplomat. Deshalb galt er der Nachwelt bis in das 20. Jahrhundert als schwacher Herrscher, der seine Erfolge vor allem dem Geld verdankte und ansonsten von seinen Ratgebern abhangig war.
[1]
Als Herrscher uber die bohmischen
Silberminen
verfugte er uber genugend Mittel, um sich in der europaischen Politik zu behaupten und Bohmen trotz seines fruhen Todes eine langjahrige Friedenszeit zu sichern.
Wenzel wurde 1271 als lang erwarteter Thronfolger des Konigs
Ottokar II. P?emysl
auf der
Prager Burg
geboren. Sein Vater war seit 1253 Konig von Bohmen und hatte zudem ab 1251 die Macht in den Herzogtumern
Osterreich
,
Steiermark
,
Karnten
und
Krain
verwoben. Dessen erste Ehe mit
Margarete von Babenberg
blieb kinderlos. Von den Kindern, die dessen zweite Frau
Kunigunde von Halitsch
zur Welt gebracht hatte, lebten 1271 nur noch zwei Madchen:
Kunigunde
und
Agnes
. Wenzel war bei seiner Geburt der einzige legitime Sohn und Erbe eines Territoriums, das vom
Riesengebirge
bis zur
Adria
reichte.
Das Reich P?emysl Ottokars II. zerbrach jedoch am Konflikt mit dem
Romisch-deutschen Konig
Rudolf I. von Habsburg
. Bereits dessen Wahl 1273 hatte der bohmische Konig abgelehnt, und er widersetzte sich auch der Forderung, sich seine Lander als
Reichslehen
bestatigen zu lassen. 1275 verhangte Rudolf I. uber ihn die
Reichsacht
. Die Feindschaft eskalierte 1276 in einen bewaffneten Zusammenstoß, in dem P?emysl unterlag. Dieser verlor bis auf seine Erblander alle Territorien und musste Rudolf zwei Kinder versprechen: Kunigunde wurde zur Ehefrau fur Rudolfs Sohn
Hartmann
bestimmt, Wenzel sollte eine Tochter des Habsburgers heiraten. Die Beziehung beider Herrscher verschlechterte sich dennoch weiter und endete 1278 mit der
Schlacht auf dem Marchfeld
, in der P?emysl Ottokar II. fiel. Der siebenjahrige Wenzel war nun Konig von Bohmen.
Zum Vormund hatte P?emysl Ottokar II. vor der Schlacht auf dem Marchfeld seinen Neffen Markgraf
Otto V. von Brandenburg
bestimmt, der im Spatsommer 1278 dem Ruf der Koniginwitwe
Kunigunde von Halitsch
folgte und mit einem mehrere hundert Mann starken Heer in
Bohmen
einruckte. Die Regentschaft Ottos entwickelte sich rasch zur Schreckensherrschaft. Die Brandenburger Truppen plunderten das Land. Markgraf Otto V. hatte nach kurzer Zeit den Adel, die Kirche und die Koniginwitwe gegen sich. Kunigunde bat zwar bereits im Oktober 1278 Rudolf von Habsburg um Vermittlung, doch die Verhandlungskommission bestatigte Otto als Vormund und Herrscher uber Bohmen.
Mahren
behielt Rudolf I. fur die Dauer von funf Jahren in seiner Gewalt. Um seine Macht abzusichern, ließ Otto von Brandenburg sein Mundel im Januar 1279 aus Kunigundes Residenz in der Stadt in die Prager Burg bringen. Doch reichte dies nicht: Am 4. Februar wurde Wenzel mit seiner Mutter auf die
Burg Bezd?z
uberfuhrt. Von diesem Zeitpunkt an war der junge Konig Geisel des Regenten.
Die Konigin wurde offenbar nicht gefangen gehalten. Sie verließ die Burg nach etwa zwei bis drei Monaten in Richtung
Troppau
, wo ihre Witwenguter lagen. Wenzel blieb in Ottos Gewalt. Im Spatsommer 1279 brachte der Markgraf den Konig außer Landes: Die Reise fuhrte uber
Zittau
und
Berlin
in die Askanierburg
Spandau
, wo der Gefangene Ende Dezember eintraf und bis 1282 blieb. Das Bild der Brandenburger Gefangenschaft Wenzels war lange von der zeitgenossischen Schilderung der
Konigssaaler Chronik
gepragt, nach der er hungrig und zerlumpt in Elend gehalten worden sei ? ein
hagiographisches Element
, das so nicht aufrechterhalten werden kann. Tatsachlich blieben Wenzel II. und Otto V. auch spater in engem Kontakt, und es scheint, als habe der Konig gerade in jener Zeit die Grundlagen seiner Bildung erworben. Er sprach spater fließend Deutsch und Latein, besaß Kenntnisse der Theologie, des Rechts und der Medizin und verfasste Verse. Lesen und Schreiben lernte er jedoch nicht.
Ins Elend sturzte wahrend der Brandenburger Herrschaft dagegen das Land. In den Jahren 1281?1282 ereignete sich in Bohmen, verursacht durch andauernde Kampfe und zwei Missernten, eine der schlimmsten
Hungersnote
des Mittelalters. Das Land wurde von
Soldnern
und Rauberbanden heimgesucht und drohte im Chaos zu versinken. Vertreter des Adels, der Geistlichkeit und einiger Stadte nahmen Verhandlungen mit Otto auf, um den Konig wieder ins Land zu holen und die bedrohliche Situation abzuwenden. Diese Verhandlungen weisen auf eine grundlegende Veranderung der staatlichen Ordnung hin. Der
Adel
trat ? in Abwesenheit einer zentralen Macht ? erstmals geschlossen als Reprasentant des Landes auf und ubernahm Verantwortung fur dessen Schicksal. Die ersten Einigungsversuche im Fruhjahr 1282 scheiterten an der Hohe des
Losegeldes
. Otto brachte seine Geisel nach Prag, verlangte aber statt der ursprunglichen 15.000 zusatzliche 20.000
Pfund
Silber. Wenzel wurde erneut fortgefuhrt und verbrachte ein weiteres Jahr in
Dresden
am Hof des
Markgrafen von Meißen
. Erst als die Verhandlungsfuhrer dem Markgrafen einen Teil Nordbohmens als Pfand versprachen, ließ Otto den Gefangenen frei. Am 24. Mai 1283 kehrte Wenzel nach Prag zuruck.
Prag feierte begeistert die Ruckkehr des Konigs im Mai 1283; selbststandig regieren konnte der knapp Zwolfjahrige aber noch nicht. Die adlige Gruppe, die sich fur seine Freilassung eingesetzt hatte, teilte die hochsten Hofamter unter sich auf.
Hofmeister
und damit Erzieher und Vertreter des Konigs wurde ihr Anfuhrer
Purkart von Janowitz
. Die Konstellation hatte nur wenige Monate Bestand. Noch im Verlauf des Jahres 1283 rief Wenzel seine Mutter Kunigunde nach Prag zuruck, und mit ihr kam
Zawisch von Falkenstein
an den Hof. Die Karriere des Burggrafen aus dem einflussreichen sudbohmischen Geschlecht der
Witigonen
hatte zum damaligen Zeitpunkt bereits einige außergewohnliche Wendungen durchlaufen: 1276 hatte er eine Rebellion gegen P?emysl Ottokar II. angefuhrt. 1280 trat er in
Oppeln
in den Dienst der Koniginwitwe und beteiligte sich am Widerstand gegen die brandenburgische Regentschaft. Nach Prag kam er 1283 als Kunigundes Ehemann und Vater ihres jungsten Sohnes Jan. Die ungleiche Ehe, noch dazu heimlich, ohne Wissen der Familien eingegangen, war ein Skandal, doch da vollzogen, war sie nach damaligem Recht gultig. Der junge Konig akzeptierte die Verbindung, und Kunigunde uberließ Zawisch Wenzels Erziehung. Der Wittigone war damit faktisch zum Herrscher des Landes aufgestiegen. Er ubernahm selbst kein Amt, doch noch im Winter 1283/1284 besetzte er alle wichtigen Hofposten mit seinen Verwandten und Parteigangern. Die entmachtete Adelsgruppe ging zum bewaffneten Widerstand uber, musste aber im Mai 1284 einen vierjahrigen Waffenstillstand akzeptieren. Die offizielle
Eheschließung
holten Zawisch und Kunigunde zu einem nicht naher bekannten Zeitpunkt zwischen 1283 und 1285 nach.
Auch wenn die Macht Zawischs in Bohmen unangreifbar schien, fur den Hof des Romisch-deutschen Konigs blieb der Aufsteiger inakzeptabel. Dies zeigte sich deutlich im Verlauf von Wenzels eigener Eheschließung mit
Guta von Habsburg
. Die beiden wurden bereits 1278/1279 verlobt, moglicherweise auch schon
verheiratet
. Vollzogen werden konnte die Ehe aber erst im Januar 1285 bei einem Treffen der Familien in
Eger
, als Braut und Brautigam 13 Jahre und damit so gut wie volljahrig waren. Wenzel leistete bei dieser Gelegenheit dem Schwiegervater auch den
Lehnseid
fur seine Erblander. Zawisch war bei der Zeremonie nicht anwesend, und als Rudolf I. Eger verließ, nahm er seine Tochter wieder mit. Erst im Sommer 1287 gab der Habsburger dem Drangen der bohmischen Seite nach, und die Konigin zog mit ihrem Gefolge auf der Prager Burg ein. Ein Jahr spater ubernahm Wenzel II. die Regierungsgeschafte. Eine seiner ersten selbstandigen Amtshandlungen war im Jahr 1288 eine
Verschworung
gegen seinen Stiefvater, der gerade, drei Jahre nach Kunigundes Tod eine neue Ehe eingegangen war und dessen freiwilliger Verzicht auf die Macht im Land nicht zu erwarten war. Wenzel ließ Zawisch unter einem Vorwand in die Burg rufen und nahm ihn gefangen. Nach zweijahriger
Kerkerhaft
starb Zawisch von Falkenstein 1290 vor der
Burg Hluboka
durch das Schwert. Der tiefglaubige Konig soll schwer an seiner Entscheidung getragen haben. Das Zisterzienserkloster
Zbraslav
grundete er nach Aussage zeitgenossischer Quellen als
Suhne
fur seinen Verrat.
Sowohl der Vergleich mit seinem charismatischen Vater P?emysl Ottokar II., als auch die spektakularen und skandaltrachtigen Ereignisse in der Jugend Wenzels II. haben das Urteil uber den Konig jahrhundertelang gepragt. Er galt als ein schwacher Herrscher, seine Personlichkeit wurde als neurotisch bis krankhaft beschrieben, das Interesse an seiner Regierungszeit war gering. So urteilte bereits sein Zeitgenosse
Dante Alighieri
uber Vater und Sohn:
Hieß Ott’kar, der, mit Windeln noch umkleidet,
Besser als Wenzeslaus, sein Sohn, erschien,
Der Bart’ge, der an Uppigkeit sich weidet.
[2]
Politisch und okonomisch erlebte Mitteleuropa in den Jahren 1290?1305, in der Zeit Wenzels II. selbstandiger Regierung eine Phase der Ruhe und Stabilitat. Im Gegensatz zu seinen Vorgangern pflegte der Konig einen Regierungsstil, der auf fachkundige Berater und
Diplomatie
statt auf Krieg und Eroberung setzte. Den Besitz seines Vaters in den Alpenlandern konnte er nicht wiedererlangen. Das Hauptaugenmerk bohmischer Außenpolitik richtete er nach Norden: Auf die
Markgrafschaft Meißen
, das
Pleißenland
und besonders nach
Polen
. Als
Kurfurst
war er auch einer der Hauptakteure in der Politik des
Heiligen Romischen Reiches
. Die Romisch-deutschen Konige
Rudolf I.
,
Adolf von Nassau
und
Albrecht I.
waren seine
Lehensherren
. Der Reichtum und die Macht der
Krone Bohmen
ließ sie zu Wenzels Verhandlungspartnern und oft auch zu Gegnern werden.
Wenzel II. ubernahm von seinem Stiefvater Zawisch eine relativ gefestigte Herrschaft. Um das Land endgultig zu befrieden und den erstarkten Adelsstand in Schach zu halten, stutzte sich der Konig auf seinen Hof und hier vor allem auf geistliche Ratgeber. Die Außenpolitik legte er in die Hande erfahrener Diplomaten: Zunachst verpflichtete er Bischof
Arnold von Bamberg
(1290?92), dann
Bernhard von Kamenz
(1292?1296) und schließlich
Peter von Aspelt
(1296?1304).
Wirtschaftlich hatte sich die Lage nach dem Niedergang wahrend der Brandenburger Zeit um 1290 wieder stabilisiert. Der Landesausbau wahrend der
Binnenkolonisation
im 13. Jahrhundert und vor allem die neuerschlossenen ergiebigen Silbervorkommen in
Kutna Hora
schufen Voraussetzungen fur wirtschaftlichen Aufschwung. Bereits vor 1300 wurden hier 41 % des europaischen und 90 % des bohmischen Silbers gefordert. Um die Arbeit in den Bergwerken und damit seine wichtigste Einnahmequelle zu regeln, setzte Wenzel II. zwischen 1300 und 1305 das
Bergrecht
Ius regale montanorum
ein, das zumindest in Teilen bis 1854 gultig blieb. Um die Qualitat der Wahrung zu heben fuhrte er im Jahre 1300 eine
Munzreform
durch. Der neue
Prager Groschen
setzte sich wegen seines stabilen Wertes auch im benachbarten Ausland durch. Der Prager Hof blieb unter Konig Wenzel II. wie schon unter seinem Vater ein kulturelles Zentrum, besonders der zeitgenossischen deutschen Literatur.
Ulrich von Etzenbach
widmete Wenzel II. einen
Alexanderroman
in 30.000 Versen, und vom Konig selbst sind in der
Manessischen Liederhandschrift
drei
Minnelieder
erhalten.
Zum glanzvollen Hohepunkt und Machtdemonstration des koniglichen Paares sollte die
Kronung
werden. Sie musste mehrfach verschoben werden und fand daher erst im Jahr 1297 statt. Das Fest endete tragisch: Am siebzehnten Tag nach der Kronung starb Konigin Guta an Erschopfung bei der Geburt ihres zehnten Kindes. Der Fortbestand der Dynastie war trotz der hohen Kinderzahl nicht ausreichend gesichert. Funf Kinder starben als Sauglinge. Drei Tochter konnte Wenzel II. zum Knupfen diplomatischer Bundnisse einspannen: Agnes wurde mit
Ruprecht von Nassau
,
Anna
mit
Heinrich von Karnten
und Margarethe mit
Boleslaw von Liegnitz
vermahlt.
Elisabeth
, ursprunglich wohl fur den geistlichen Stand bestimmt, blieb zu Lebzeiten ihres Vaters ledig. Nur ein Sohn, der kunftige Konig
Wenzel III.
, erreichte das Erwachsenenalter.
Kurz nach seiner Regierungsubernahme schaltete sich Wenzel II. in die Machtkampfe in
Polen
ein. Das in Herzogtumer zersplitterte Konigreich erlag ab dem 12. Jahrhundert sukzessive dem feudalen
Partikularismus
. Wenzel begann, systematisch Verbundete zu suchen und die Teilherrschaften unter seine Kontrolle zu bringen. Als erster Herzog unterstellte
Kasimir von Beuthen
sein Herzogtum schon zu Beginn seiner Regentschaft am 10. Januar 1289 in Prag freiwillig dem bohmischen Konig Wenzel II. Gleichzeitig ubernahm er mit Zustimmung seiner Sohne sein Land als ein Lehen der
Krone Bohmen
.
1291 gewann Wenzel II. die Oberhoheit uber einen Großteil des Herzogtums
Oppeln
und
Krakau
und ging ein Bundnis mit Herzog Bolesław III. von
Masowien
ein, dem er seine Schwester
Kunigunde
zur Frau gab. 1292 eroberte er das von Herzog
Władysław Ellenlang
von
Kujawien
, seinem machtigsten polnischen Widersacher, gehaltene
Sandomir
, und war nun die starkste Kraft in der Provinz
Kleinpolen
.
Einen Ruckschlag erlitt die Politik Wenzels II. 1295, als Herzog
Przemysław II.
von
Großpolen
und
Pommerellen
, uberraschend zum polnischen Konig gekront wurde. Dieser fiel jedoch bereits ein Jahr spater einem Mordanschlag zum Opfer. Als sein Nachfolger setzte sich Władysław Ellenlang in seiner Eigenschaft als Herzog von Großpolen und Pommerellen zunachst durch. 1299 schloss der verschuldete Herzog einen Vertrag mit Wenzel II., in dem er sich gegen eine Geldzahlung verpflichtete, dem bohmischen Konig den Lehnseid zu leisten. Er hielt die Vereinbarung nicht ein, daraufhin zwang ihn der Bohme 1300 ins Exil. Wenzel II. setzte sich damit, neben dem Besitz von Kleinpolen, auch als Herrscher in den Provinzen
Großpolen
, Pommerellen,
Kujawien
und Mittelpolen mit den Hauptburgen
Sieradz
und
Ł?czyca
durch. Nur einzelne polnische Territorien lagen ab da noch außerhalb seiner unmittelbaren Macht, zum Beispiel das mit ihm verbundete
Masowien
. Vorsichtshalber holte Wenzel II. noch die Zustimmung seines eigenen Lehnsherrn, des Romisch-deutschen Konigs
Albrecht I.
ein, und er hielt um die Hand
Rixas
an, der einzigen Tochter des ermordeten Konigs
Przemysł II.
Als beides positiv ausfiel, marschierte Wenzel II. erneut mit einem Heer in Polen ein. Die bewaffnete Begleitung diente nur der Machtdemonstration, denn ernsthaften Widerstand gab es nicht mehr. Gekront wurde Wenzel II. im August 1300 in
Gnesen
durch Erzbischof
Jakub ?winka
. Seine Herrschaft sicherte er mit einer Reihe von Verwaltungsreformen. Unter anderem fuhrte er das Amt eines
Starosten
als koniglichem Vertreter ein, das auch nach seinem Tod in Gebrauch blieb. Bis Ende 1300 blieb der neue polnische Konig in seinem Konigreich, dann zog er zuruck nach Prag. Er betrat Polen nie wieder.
Die zweite Frau des Konigs,
Richza
, Tochter des verstorbenen polnischen Konigs, war im Jahr 1300 zwolf Jahre alt. Trotz dieses bereits ausreichenden Alters gab es zunachst keine Eheschließung, sondern nur eine Verlobung. Anschließend schickte Wenzel das Madchen zu seiner Tante Griffina auf die
Burg Budyn?
. Erst 1303 wurde die Ehe vollzogen, und Richza, die nach der Heirat den Namen Elisabeth annahm, wurde Mutter von Wenzels jungster Tochter Agnes. Warum Wenzel II. nach Gutas Tod sechs Jahre Witwer geblieben war, anstatt sich um weitere legitime Sohne zu sorgen, ist unklar. Glaubt man dem Verfasser der Osterreichischen Reimchronik, so herrschten in diesen Jahren lockere Sitten am Prager Hof, wilde Feste wurden gefeiert und eine Geliebte Wenzels namens Agnes gab den Ton an. Einen Thronfolger fur die beiden Konigreiche gab es bereits.
Kurz vor dem Tod Wenzels II. kam mit
Ungarn
noch ein drittes Kronland in den Besitz der P?emysliden. Thronfolger Wenzel III. war bereits 1298 mit der ungarischen Prinzessin Elisabeth verlobt worden. Als deren Vater
Andreas III.
1301 starb, erhob unter anderem auch Karl Robert von
Anjou
Anspruche auf den Thron. Die
Magnaten
entschieden sich aber fur die P?emysliden und trugen dem bohmischen Konig die
Stephanskrone
an. Wenzel II. zogerte, die finanzielle Belastung und das Risiko waren groß. Doch schließlich sagte er zu und sandte seinen Sohn nach Ungarn. Im Mai 1301 fand in
Buda
die Wahl und im August in
Szekesfehervar
die Kronung statt. Um seine Abstammung von den
Arpaden
zu verdeutlichen, nahm Wenzel III. den Namen Ladislaus V. an.
Die ungarische Herrschaft scheiterte nach zwei Jahren am Veto des Papstes
Bonifatius VIII.
und an Albrecht von Habsburg, die beide die Machtfulle der P?emysliden zu vermindern suchten. Der Papst verhielt sich zunachst neutral, doch am 31. Mai 1303 erklarte er Karl von Anjou zum rechtmaßigen Konig von Ungarn. Bonifatius VIII. starb zwar im September 1303, an der Situation fur die bohmischen Konige anderte sich jedoch auch unter seinem Nachfolger
Benedikt XI.
nichts. Wenzel II. sah sich gezwungen, mit dem romisch-deutschen Konig in Verhandlungen zu treten. Dessen Bedingungen waren unannehmbar: Albrecht verlangte den Verzicht auf die ungarische und polnische Krone, der territorialen Anspruche auf
Eger
,
Meißen
und die
Oberpfalz
sowie eine Beteiligung an den Silberbergwerken in Kutna Hora. Als Wenzel II. einen solchen Ausgleich ablehnte, wurde Ende Juni 1304 uber ihn die Reichsacht ausgesprochen, und ein Kampf der beiden Machte stand bevor. Im Fruhjahr 1304 zog Wenzel II. zunachst nach Ungarn, seinem Sohn zur Hilfe. Dessen wichtigster Berater hatte das Land verlassen mussen, der junge Konig war faktisch ein Gefangener im eigenen Land. Der bewaffnete Zusammenstoß blieb zwar aus, doch die Magnaten wechselten die Seiten und versagten dem gewahlten Konig ihre Unterstutzung. Nach zwei Monaten zog sich Wenzel II. mit seinem Sohn nach Prag zuruck und gab Ungarn auf. Bei seiner Ruckkehr erkrankte der Konig infolge der Anstrengungen des Feldzuges an
Tuberkulose
.
Die letzte Auseinandersetzung musste Wenzel II. wenige Monate spater bestehen. Im August 1304 fielen Albrecht von Habsburg und seine Verbundeten,
kumanische
Reitertrupps, in Mahren ein. Der bohmische und mahrische Adel stand geschlossen auf Seiten seines Konigs, doch Wenzel II. ließ sich auch diesmal nicht zum Kampf provozieren. Das Heer des Habsburgers wurde dennoch aufgerieben: Zunachst vergifteten die Bergleute in Kutna Hora das Trinkwasser der Feinde mit Silberstaub, und als Albrecht wegen des beginnenden Winters zum Abzug rustete, griffen die bohmischen Truppen die Heimkehrer an. Die Friedensverhandlungen im Jahr 1305 bereitete Wenzel noch vor, den Friedensschluss erlebte er aber nicht mehr.
Der Konig lag ein halbes Jahr im Sterben. Da seine Residenz in der Prager Burg 1303 ausgebrannt war, lag der Kranke im Haus des Goldschmieds Konrad in der
Prager Altstadt
. Die
Konigsaaler Chronik
schildert ausfuhrlich, wie der Sterbende seine Angelegenheiten ordnete: Er bezahlte seine Schulden, versorgte seine Witwe und gab einen Teil seines Vermogens der Kirche und den Armen. Dann tat er
Buße
. Nach seinem Tod am 21. Juni 1305 wurde sein Leib mit dem Schiff in das
Kloster Konigsaal
gebracht und in vollem koniglichen Ornat in der Klosterkirche beigesetzt. Der Bericht uber den Tod des Konigs konnte als Argumentationsgrundlage fur seine spatere
Heiligsprechung
verfasst worden sein. Zu diesem Schritt kam es jedoch nicht.
Bei der Zerstorung des Klosters Konigsaal durch die
Taboriten
unter
Vaclav Koranda
wurden die Sarge in der koniglichen Gruft aufgebrochen und ausgeraubt, die Gebeine der letzten P?emysliden Wenzel II. in der Kirche verstreut. Spater wurden die aufgesammelten Gebeine der P?emysliden in einem Schrein in der Sakristei aufbewahrt. Nachdem durch
Maximilian Millauer
[3]
in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Echtheit samtlicher Knochen in dem Schrein angezweifelt worden war, konnte der
Palaoanthropologe
Emanuel Vl?ek
in der zweiten Halfte des 20. Jahrhunderts jedoch bestatigen, dass die Konig Wenzel II. und seiner Tochter Elisabeth von Bohmen zugeschriebenen Knochen tatsachlich von diesen Personen stammen. Die Gebeine der P?emysliden wurden am 23. Juni 1991 feierlich in die Zbraslaver Pfarrkirche mit dem Patrozinium
Jakobus d. A.
uberfuhrt und dort im Boden des
Chors
beigesetzt.
Wenzel II. war der vorletzte P?emyslidenkonig. Mit seinem Sohn und Nachfolger Wenzel III., der bereits 1306 einem Mordanschlag zum Opfer fiel, starb die Dynastie nach uber 400-jahriger Herrschaft uber Bohmen in der koniglichen Linie aus.
Erste Ehe: 1278 bzw. 1285
Guta von Habsburg
(1271?1297):
- P?emysl Ottokar (
P?emysl Otakar
, 6. Mai 1288 ? 19. November 1288)
- Wenzel III.
(
Vaclav III.
, 6. Oktober 1289 ? 4. August 1306, Zwillingsbruder von Agnes), bohmischer, polnischer und ungarischer Konig, ? 1305
Viola Elisabeth von Teschen
- Agnes von Bohmen (
Ane?ka P?emyslovna
, 6. Oktober 1289 ? 1296, Zwillingsschwester von Wenzel) ? 1296
Ruprecht VI. von Nassau
- Anna von Bohmen
(
Anna P?emyslovna
, 15. Oktober 1290 ? 3. September 1313), bohmische Konigin, ? 1306
Heinrich von Karnten
, Herzog von Karnten und Krain, Graf von Tirol, 1307?1310 Konig von Bohmen
- Elisabeth von Bohmen
(
Eli?ka P?emyslovna
, 20. Januar 1292 ? 28. September 1330), bohmische Konigin, ? 1310
Johann von Bohmen (Johann von Luxemburg)
, 1311?1346 Konig von Bohmen, Markgraf von Mahren, Graf von Luxemburg
- Guta (31. Marz 1293 ? 3. August 1294)
- Johann (
Jan
, 26. Februar 1294 ? 1. Marz 1294)
- Johann (
Jan
, 21. Februar 1295 ? 6. Dezember 1296)
- Margarete von Bohmen (
Marketa P?emyslovna
, 21. Februar 1296 ? 8. April 1322), Herzogin von Breslau und Liegnitz-Brieg, ? 1308
Bolesław III.
, Herzog von Breslau und von Liegnitz-Brieg
Zweite Ehe: 1300 bzw. 1303
Elisabeth Richza von Polen
(1286?1335):
Mehrere illegitime Kinder: darunter
Johann Wolek
(† 27. September 1351), bohmischer Kanzler und Bischof von Olmutz.
- Verwendete Literatur
:
- Kate?ina Charvatova:
Vaclav II. Kral ?esky a polsky.
Praha : Vy?ehrad, 2007.
ISBN 978-80-7021-841-9
.
- Josef ?emli?ka, U. Schulze:
Wenzel II.
in: Lexikon des Mittelalters 8 (1977), sp. 2188?2190
- Weiterfuhrende Literatur
:
- Quellen
:
- Chronicon Aulae Regiae
(1311?1339): Die Konigsaaler Geschichtsquellen. Mit den Zusatzen und der Fortsetzung des Domherrn
Franz von Prag
. Hrsg.
Johann Loserth
, Wien 1875, Nachdruck in der Schriftenreihe Fontes rerum Austriacarum : Abt. 1, Scriptores ; 8, Graz 1970
- Ottokars Osterreichische Reimchronik
:
Monumenta Germaniae Historica
: [Scriptores. 8], Deutsche Chroniken = (Scriptores qui vernacula lingua usi sunt) ; 5,1
- ↑
Kate?ina Charvatova:
Vaclav II. Kral ?esky a polsky
, S. 9?11.
- ↑
Dante Aligihieri: Gottliche Komodie, Siebenter Gesang, in der Ubersetzung von Carl Streckfuß, Leipzig 1876
- ↑
Franz Xaver Maximilian Millauer:
Die Grabstatten und Grabmaler der Landesfursten Bohmens
Gottlieb Haase
Sohne 1830