Weltraummull
, auch
Weltraumschrott
, besteht aus
anthropogenen
Weltraumgegenstanden
ohne Gebrauchswert, welche sich in
Umlaufbahnen
um die Erde
[1]
befinden und nicht nur eine Gefahr fur die
bemannte
und
unbemannte Raumfahrt
darstellen, sondern auch auf der
Erdoberflache
aufschlagen, wenn sie nicht in der Atmosphare vergluhen. Anfang 2021 befanden sich ungefahr 6250 Satelliten im
Erdorbit
, wovon etwa 2350 außer Betrieb waren.
[2]
Seitdem kamen mehrere tausend neue Satelliten hinzu.
Laut Modellen des Space Debris Office der
ESA
befanden sich im Dezember 2023 rund 36.500 Objekte großer als 10 cm, eine Million Objekte in der Große von 1 cm bis 10 cm und 130 Millionen Objekte in der Große von 1 mm bis 1 cm im
Erdorbit
.
[3]
Objekte ab 5 cm werden mithilfe des US-amerikanischen
Space Surveillance Systems
kontinuierlich beobachtet.
Die Teilchenzahl variiert mit der Hohe. Unterhalb 400 km vergluhen sie innerhalb weniger Jahre. In den von Satelliten bevorzugt genutzten Umlaufbahnen von 600 km bis 1500 km (
sonnensynchroner Orbit
) und 36.000 km (geostationarer Orbit) reichern sie sich an.
Der Teilchenfluss (Anzahl von Teilchen, die eine Flache von einem Quadratmeter pro Jahr passieren) variiert mit der Große. Uber mehrere Großenordnungen folgt die gemessene Verteilung (rote Kurve im Diagramm) einem
Potenzgesetz
mit Exponent 4 (blaue Gerade). Diese Teilchen sind
Meteoroide
naturlichen Ursprungs. Die Abweichung fur Teilchen kleiner als 0,1 mm verursacht der Sonnenwind. Oberhalb von 10 mm dominiert der Weltraummull.
Eine weitere Quelle fur Informationen uber die Verteilung von Weltraummull sind zuruckgefuhrte Satellitenoberflachen. Dazu zahlen unter anderem die Solarzellen des
Hubble-Weltraumteleskops
. Auf letzteren wurde eine Vielzahl an Einschlagkratern erfasst und ausgewertet.
Spektroskopische
Analysen ermoglichten Ruckschlusse auf die Zusammensetzung und somit mogliche Quellen der eingeschlagenen Objekte.
Im Rahmen von Messkampagnen, zur Erfassung der Mengen, werden mit
Radaranlagen
und
Teleskopen
sporadische Messungen durchgefuhrt, um kleinere Objekte wenigstens statistisch zu erfassen und Weltraummullmodelle wie MASTER zu validieren. Das gelingt per
bistatischem Radar
mit dem
Goldstone-Radioteleskop
bis zu 2 mm Durchmesser fur Objekte im
erdnahen Orbit
(LEO). Fur den
geostationaren Orbit
(GEO) haben optische Teleskope die geringere Grenzgroße: 10 cm erreicht das ESA Space Debris Telescope am
Teide-Observatorium
auf Teneriffa.
Bis zum Fruhjahr 2010 erfolgten in 50 Jahren Raumfahrt etwa 4700 Raketenstarts mit gut 6100 Satelliten. Davon verblieben 15.000 Bruchteile von Raketen und Satelliten, bis zu kompletten Oberstufen. Nach dem USA-Katalog sind das 15.000 Objekte von mindestens zehn Zentimeter Große, vermutlich kommen noch 7000 geheimgehaltene Objekte hinzu. Wird die Mindestgroße auf einen Zentimeter gesenkt, werden 600.000 Objekte geschatzt, zu denen noch etwa eine Million kleinere Teilchen hinzukommen. Daraus ergibt sich die Gesamtmasse an Weltraummull von etwa 6300 Tonnen,
[4]
wovon 73 % der Objekte sich im erdnahen Orbit (LEO) befinden, allerdings sind dies von der Gesamtmasse nur 40 %, also etwa 2700 Tonnen.
[5]
Besonders betroffen ist die Hohe von 800 Kilometern, die bevorzugte Flugbahn der Aufklarungssatelliten. Die ISS fliegt zwischen 350 und 400 Kilometern; sie musste bislang mehrmals
[6]
[7]
[8]
Objekten ausweichen, die großer als ein Zentimeter sind. Im geostationaren Orbit (GEO) in 36.000 Kilometer Hohe um die Erde befinden sich zwar nur 8 % der Bruchstucke, aber hier kreisen die großen tonnenschweren Telekommunikationssatelliten mit einem geschatzten Gesamtgewicht von 33 %, also etwa 2000 Tonnen. Die restlichen 19 % der Objekte mit 27 % der Masse befinden sich auf anderen Bahnen.
[9]
?Selbst wenn man heute mit der Raumfahrt aufhorte, wurde die derzeitige Trummermasse im Orbit ausreichen, [auf Grund des Kaskadeneffektes …] um immer neue Trummer entstehen zu lassen. […] Die Zunahme des Weltraummulls kann langfristig dazu fuhren, dass bestimmte Orbits fur die Raumfahrt sonst nicht mehr genutzt werden konnen.“
?
Heiner Klinkrad (Leiter des Space Debris Office der ESA in Darmstadt.)
Die Relativgeschwindigkeit zwischen Weltraummull und einem erdnahen Satelliten mit hoher Inklination der Bahn betragt großenordnungsmaßig zehn Kilometer pro Sekunde. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit besitzt ein Teilchen mit 1 g Masse eine Energie von 50 kJ, was der Sprengkraft von etwa 12 g
TNT
entspricht, sodass sowohl das Teilchen als auch das unmittelbar getroffene Material explodieren.
Die bemannten Module der
Internationalen Raumstation
(ISS) sind mit doppelwandigen Meteoroitenschutzschilden (
Whipple-Schild
) ausgestattet und konnen aufgrund der durch den Einschlag in die erste Wand erzeugten Streuwirkung Einschlagen von Weltraummull von mehreren Zentimeter Durchmesser widerstehen.
Bereits jetzt ist auf einigen Umlaufbahnen die durch Einschlage von Weltraummull hervorgerufene Ausfallwahrscheinlichkeit operationeller Satelliten nicht mehr vernachlassigbar. Selbst Einschlage kleinerer Partikel bis in den Submillimeterbereich konnen empfindliche Nutzlasten beschadigen oder Raumanzuge perforieren.
Im Jahr 2007 schoss die Volksrepublik China vom Boden aus bewusst ihren Wettersatelliten
Fengyun-1C
ab, um ihre Fahigkeit von
Anti-Satellitenraketen
zu demonstrieren. Allerdings fuhrte dies zu einer Wolke von mindestens 40.000 Trummerteilen im All.
[10]
Die bislang großte zufallige Kollision im All war die
Satellitenkollision am 10. Februar 2009
. Ein deaktivierter russischer Kommunikationssatellit und ein
Iridium
-Satellit kollidierten in 789 km Hohe uber Nordsibirien. Beide Satelliten wurden dabei zerstort. Die Kollision setzte eine erhebliche Menge weiteren Weltraummulls frei.
[11]
Die Kollisionsrate von Objekten der Großenordnung 10 cm mit einem der vielen Satelliten wird auf ein Ereignis alle 10 Jahre geschatzt.
[12]
Die bemannte Internationale Raumstation, aber auch viele der Satelliten sind in der Lage, Ausweichmanover durchzufuhren, um eine als nicht unwahrscheinlich eingestufte Kollision (Wahrscheinlichkeit p = 1/10.000) mit einem der etwa 13.000 Objekte, deren Bahnen kontinuierlich verfolgt werden, zu vermeiden. Bereits im Jahr 2004 fuhrte der Erdbeobachtungssatellit
Envisat
zwei solcher Manover durch.
Raumfahren
wie zum Beispiel die
Discovery
mussten insgesamt sechs Ausweichmanover fliegen. Die ISS hat bis 2009 acht Ausweichmanover erfolgreich durchgefuhrt.
(Beleg fehlt)
In der Raumfahrt gehen die Risiken durch Weltraummull insbesondere mit Wiederbeschaffungskosten fur zerstorte technische Einrichtungen einher, sowie Zeitverlusten und erhohten Kosten fur Personal und Technik, um Kollisionen praventiv zu verhindern. Von den jahrlich auf der Erde aufschlagenden 100 Tonnen Weltraumschrott landet der Hauptteil in den Weltmeeren und tragt dort zur
Verschmutzung der Ozeane
bei.
[14]
Bisher wird nur ein sehr kleiner Teil des Materials geborgen und wiederverwertet oder fachgerecht entsorgt. Oft wird ein gezielter Absturz uber dem
Raumschifffriedhof
im
Sudpazifik
praktiziert. Er befindet sich zwischen
Chile
und
Neuseeland
, am sogenannten
Point Nemo
und gilt, aufgrund seiner abgelegenen Lage, als geeigneter Ort fur das Versenken von ausgedienter Raumfahrttechnik.
[15]
Hunderte von Raketen und anderen großeren Objekten brachten Raumfahrtbehorden der ganzen Welt hier gezielt zum Absturz, darunter auch die riesige russische Raumstation
MIR
, die im Marz 2001 hier versank.
[13]
Prognosen gehen davon aus, dass gezielte Versenkungen in Zukunft zunehmen werden, auch um ungeplante Einschlage an von Menschen besiedelten Orten praventiv zu verhindern.
[16]
Neben nicht mehr gebrauchten Satelliten gibt es eine Vielzahl an Ereignissen und Mechanismen, die zur Entstehung von Weltraummull fuhren.
Im Rahmen von Raumfahrtmissisonen konnen planmaßig Objekte freigesetzt werden (engl.
mission-related objects
, MRO), wie zum Beispiel Sprengbolzen und Abdeckungen. Auch ganze Raketenoberstufen,
Doppelstartvorrichtungen
oder Nutzlastadapter, die mit Satelliten oder Raumsonden in Umlaufbahnen gelangen, konnen dort verbleiben.
Einen ungewohnlichen Fall stellt die obere Raketenstufe der Raumsondenmission
Surveyor 2
dar: Sie kehrte im Jahr 2020 vorubergehend in eine Erdumlaufbahn zuruck und machte Schlagzeilen, weil sie zunachst fur einen ?eingefangenen“ Hauptgurtel-Asteroiden gehalten wurde.
[17]
Feststofftriebwerke
erzeugen wahrend des Abbrandes mikrometergroße
Aluminiumoxid
-Partikel.
[18]
Am Ende des Abbrandes konnen auch großere Schlackeobjekte austreten, deren Durchmesser mehrere Zentimeter erreichen kann. Feststofftriebwerke werden heute nur noch selten fur Raketenoberstufen verwendet, weil Flussigkeitstriebwerke eine genauere Steuerung ermoglichen.
In den 1960er bis 1980er Jahren startete die Sowjetunion die im Westen als
RORSAT
bekannt gewordenen Spionagesatelliten, die von Buk-Kernreaktoren mit Energie versorgt wurden. Bei sechzehn dieser Satelliten wurde nach Beendigung der Mission eine Abstoßung des Reaktorkerns durchgefuhrt; dabei wurde das Kuhlmittel des primaren Kuhlkreislaufs
NaK
-78 freigesetzt (jeweils ca. 8 kg). Das NaK verteilte sich dabei in Tropfen verschiedener Große auf den Umlaufbahnen der RORSAT-Satelliten. Durch verschiedene Bahnstorungen und die Drehung der Knotenlinie verteilt sich das NaK jedoch auch zunehmend auf anderen Bahnen.
Das
ESA Space Debris Teleskop
fand ofter helle Objekte, deren schnelles Absinken in der Hochatmosphare auf ein sehr hohes Flachen- zu Massenverhaltnis hindeutet, bis zu 30 m²/kg. Es konnte sich um Warmeschutzfolie von Satelliten handeln.
Es kommt vor, dass sich die verdampften Treibstoffreste im Tank einer Raketenoberstufe oder eines Satelliten entzunden, was zur Explosion fuhrt und zahlreiche Trummerteile erzeugt. Auch Entladungen von Batterien konnen Explosion auslosen. Es wird angenommen, dass sich vom Beginn der Raumfahrt bis zum Jahr 2005 etwa 200 Explosionen im Orbit ereigneten.
Hierbei handelt es um zufallige Zusammentreffen mit hoher Relativgeschwindigkeit, in
geostationaren Umlaufbahnen
meist mit 100 bis 1000 m/s, aber moglicherweise auch mit 1,5 km/s (Satellit gegen
Hohmann-Transfer
-Stufe), im
LEO
mit typisch 10 km/s, was beide Flugkorper typischerweise vollstandig zerstort. Beispiele sind die Abtrennung des Stabilisierungsmastes des
Cerise
-Satelliten (ausfahrbarer Mast) durch eine altere
Ariane
-Raketenoberstufe
[19]
und die
Satellitenkollision am 10. Februar 2009
, bei der uber 2000 katalogisierte Trummerteile und grob geschatzt eine halbe Million Partikel von mehr als 1 mm Lange entstanden.
Der NASA-Berater Donald Kessler prognostizierte 1978 das als
Kessler-Syndrom
bekannt gewordene Szenario, nach dem bei Einschlagen kleiner Fragmente und
Meteoroide
jeweils viele großere Fragmente entstehen wurden und so das Mullproblem beschleunigt wachsen wurde, selbst wenn keine weiteren Satelliten mehr gestartet wurden.
[20]
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Satelliten, die wahrend des Kalten Krieges ? wahrscheinlich auch noch heute ? eigens zur Neutralisierung von
Spionagesatelliten
des Gegners eingesetzt werden. Die meisten fuhren selbstzerstorerisch eine beabsichtigte Kollision mit dem Ziel herbei, mitunter einhergehend mit einer Explosion. Weder ihre Zahl noch die ihrer Opfer sind offentlich bekannt, da sowohl sie selbst als auch ihre Ziele unter strengster militarischer Geheimhaltung stehen.
Der Einsatz dieser Waffen kann die Trummer, die bei der Zerstorung der Satelliten entstehen, auf sehr viele verschiedene Bahnen schleudern ? auch solche, die große Hohen erreichen.
[22]
Der Erste Abschuss, der zugleich fur viele Trummer sorgte, war der des chinesischen Satelliten
Fengyun-1C
im Jahr 2007. Im Februar 2008 wurde durch die US-Marine der außer Kontrolle geratene Spionagesatellit
USA-193
in ca. 240 km Hohe abgeschossen. Die Trummer vergluhten innerhalb eines Jahres beim Eintritt in die Erdatmosphare.
[23]
Das indische Militar schoss am 27. Marz 2019 den Aufklarungssatelliten
Microsat-R
in einer Hohe von etwa 300 km ab.
[24]
Im November 2021 wurde der sowjetische Satellit
Kosmos 1408
von der russischen ASAT
A-235 PL-19 Nudol
abgeschossen. Dadurch entstanden hunderttausende Trummerteile,
[25]
von denen mindestens 1500 eine Gefahrdung fur die
ISS
darstellten.
[26]
Zu Beginn der 1960er Jahre sollte eine diffuse Sphare aus vielen Millionen feiner Drahtchen (18 mm × 0,018 mm) einen Reflektor fur den Funkverkehr bilden. Die Vereinzelung bei der Freisetzung gelang nur teilweise; es bildeten sich Flocken, von denen noch eine uberschaubare Zahl in uber 2500 km Hohe vagabundiert.
[27]
[28]
Die Teile in niedrigen Umlaufbahnen werden durch einen Rest an Luftwiderstand abgebremst und vergluhen irgendwann in der
Atmosphare
. In großeren Hohen wird die Luftreibung immer geringer, so dass großere Objekte aus einer Hohe von 800 km Jahrzehnte, aus einer Hohe von 1500 km aber einige tausend Jahre brauchen, um zu vergluhen. Die feinen Drahtchen des
West-Ford-Projekts
sind allerdings, soweit sie unverklumpt unterwegs waren, wie berechnet mit Unterstutzung des Strahlungsdrucks der Sonne innerhalb weniger Jahre aus uber 3500 km Hohe zuruckgekehrt.
[27]
Da die Hohen von 800 km und 1500 km als Umlaufbahnen bevorzugt genutzt werden, wachst die Bedrohung fur die kommerzielle und wissenschaftliche Raumfahrt. Konzepte, wie dieses Problem zu losen ist, scheitern zurzeit an den damit verbundenen Kosten.
- Beispiele fur teilweises Vergluhen
Bei sehr großen Satelliten und besonders bei hitzebestandigen Bestandteilen kann es vorkommen, dass diese den Wiedereintritt teilweise uberstehen und einige mitunter sehr schwere Bruchstucke die Erde erreichen. Als Beispiele konnen hier
ROSAT
mit hitzebestandigen Spiegeln aus Glaskeramik oder der 5,9 Tonnen schwere
Upper Atmosphere Research Satellite
gelten.
Zur Vermeidung von Kollisionen mit Teilen des Weltraummulls werden von zustandigen Observatorien der NASA und des Militars samtliche großere Teilchen (ab 1 cm Große) permanent verfolgt. Wird ein Kollisionskurs mit der ISS oder einem anderen manovrierbaren Raumfahrzeug erkannt, so erfolgt das typischerweise fruh genug (mehrere Tage im Voraus), dass dieses Raumfahrzeug ein Ausweichmanover einleiten kann. Da die ISS ohnehin immer wieder auf eine etwas hohere Umlaufbahn zuruckgebracht werden muss, kostet das keinen zusatzlichen Treibstoff.
Zur Vermeidung von Weltraummull werden bei allen modernen Raketen die in die Umlaufbahn gelangenden Stufen mit Hilfe einer zusatzlichen Triebwerkzundung wieder abgebremst, um sie uber kurz oder lang in der Atmosphare vergluhen zu lassen. Die
ESA
schlagt vor, die Dauer bis zum Wiedereintritt missionsbedingter Objekte (MROs, siehe
oben
) in Abhangigkeit von der Querschnittsflache zu beschranken:
- A
? Querschnittsflache
- t
? Einsatzdauer
Bei Oberstufen, die in hohe Umlaufbahnen gelangen und keinen ausreichenden Bremsimpuls erzeugen konnen, werden zumindest die Reste des Treibstoffs verbraucht oder abgelassen, um eine mogliche Explosion zu verhindern. Im Februar 2021 wurde dies von der
Internationalen Organisation fur Normung
nach fast achtjahrigen Verhandlungen in der Norm ISO 20893 verbindlich geregelt.
[29]
[30]
Geostationare Satelliten
selbst werden inzwischen nicht mehr bis zum vollstandigen Erschopfen der Treibstoffvorrate genutzt, sondern mit einem gewissen Rest in einen
Friedhofsorbit
gebracht.
Um den erwarteten lawinenartigen Anstieg der Zahl kleiner Objekte durch Kollisionen mit großeren zu bremsen, wurde vorgeschlagen, wenigstens großere inaktive Objekte zu beseitigen.
[31]
Verschiedene Ideen wurden vorgeschlagen, wie man in einer einzigen, langeren Mission mehrere Objekte entsorgen konnte. Problematische Aspekte sind die Interaktion mit unkontrolliert rotierenden Objekten und der große Bedarf an Stutzmasse fur zahlreiche Bahnwechsel.
Es gibt seit den 2010er Jahren mehrere Initiativen mit dem Ziel, das Beseitigen von Weltraumschrott mittels
Raumschleppern
zu erproben. So beauftragte die
ESA
das Schweizer
Start-up-Unternehmen
Clearspace
damit, den Nutzlastadapter eines Raketenstarts von 2013 aus dem Erdorbit zu entfernen. Fur diese Mission namens
Clearspace-1
wird ein Raumfahrzeug gebaut, welches das Schrottteil mit Greifarmen festhalten und in die Erdatmosphare bringen soll, wo beide zusammen
vergluhen
.
[32]
Einen ahnlichen Ansatz verfolgt das japanische Raumfahrtunternehmen
Astroscale
. Anders als Clearspace verwendet es Magnete, um das Zielobjekt festzuhalten. Seit 2021 lauft die Probemission
ELSA-d
, deren Raumschlepper an ein Mullobjekt andocken und mit diesem zum Vergluhen zuruck in die Atmosphare fliegen soll.
[33]
Nach Beobachtungen verbrachte am 19. Januar 2022 der chinesische Satellit Shijian 21 den ausgefallenen chinesischen Satellit Beidou-2 G2 aus einem
geostationaren Orbit
in einen
Friedhofsorbit
. Das genaue Verfahren ist allerdings unbekannt, da die Aktion stattfand, als die Satelliten vor der Sonne standen, und so die irdischen Beobachter geblendet waren. Es wird vermutet, dass dieses Manover nicht nur Weltraummull beseitigen kann, sondern auch als
Antisatellitenwaffe
benutzt werden kann, um unbequeme fremde Satelliten zu ?entfuhren“.
[34]
[35]
2023 wurde erstmals ein Bußgeld fur das Hinterlassen fur Weltraummull verhangt. Das US-Unternehmen
Dish Network
muss 150.000 US-Dollar an die Aufsichtsbehorde
Federal Communications Commission
zahlen, da es einen Satelliten nicht wie 2012 vereinbart in einen Friedhofsorbit verbracht hatte.
[36]
[37]
Am 2. Oktober 2023 verhangte die US-amerikanische
Federal Communications Commission
eine Strafe gegen ein Unternehmen, das seine vertraglichen Verpflichtungen zur Beseitigung von Weltraummull nicht erfullt hatte. Das Unternehmen
Dish Network
hatte 2003 den Satelliten
EchoStar 7
in einen geostationaren Orbit gebracht. Am Ende der Lebensdauer des Satelliten war vorgesehen, dass dieser 300 Kilometer weiter von der Erde entfernt werden sollte. Jedoch reichte der verbliebene Treibstoff des Satelliten im Jahr 2022 nur fur 122 Kilometer. Dem Unternehmen wurde daraufhin eine Geldbuße in Hohe von 150.000 US$ auferlegt. Es war die erste verhangte Geldbuße aufgrund von Weltraummull.
[38]
[39]
Die Detektion von Weltraummull kann vom Erdboden aus mittels optischer Teleskope, Radar oder
Lidar
erfolgen.
[40]
Einige Radare konnen dabei in niedrigen Umlaufbahnen Partikel im Millimeterbereich nachweisen. Die genaue Messung der Bahnparameter und das kontinuierliche Verfolgen der Objekte ist jedoch nur bei Durchmessern ab 5 cm in LEO und 50 cm in GEO moglich. Die Bahnen dieser Objekte werden durch das amerikanische Space Surveillance System kontinuierlich verfolgt und ihre Bahnelemente in einem Objektkatalog veroffentlicht. Derzeit enthalt dieser Katalog ca. 13.000 Objekte, allerdings sind lediglich die Bahndaten fur etwa 9600 Objekte der Offentlichkeit zuganglich. Als einzige Moglichkeit, Population und Bahnparameter von kleineren Partikeln zu ermitteln, bleiben damit in-situ-Messungen. Zu diesem Zweck wurden bereits mehrere Detektorkonzepte erprobt. Die bekanntesten europaischen Detektorkonzepte sind der DEBIE-Detektor und der GORID-Detektor (identisch mit Galileo- und Ulysses-Detektoren). Beide Detektoren bestimmen die Einschlagsenergie eines Hochgeschwindigkeitspartikels uber die Zusammensetzung des durch den Einschlag entstehenden Plasmas. Mit elektrischen Feldern werden die Elektronen und Ionen im Plasma voneinander getrennt und mit geladenen Gittern die jeweilige Spannung gemessen. Aus der Form und dem zeitlichen Verlauf der Spannungspulse lassen sich uber am Erdboden aufgenommene Kalibrierungskurven Masse und Geschwindigkeit des eingeschlagenen Partikels bestimmen. Zur reinen Plasmamessung kommt beim DEBIE-Sensor die Messung des Einschlagsimpulses uber Piezoelemente hinzu, so dass es ein Vergleichssignal zur Plasmamessung gibt. Ein Plan, mit dem
Large Area Debris Collector
(LAD-C) an der ISS Weltraummull einzufangen und zu analysieren, wurde 2007 aufgegeben.
[41]
Das
Deutsche Zentrum fur Luft- und Raumfahrt
(DLR) hat das Weltraumuberwachungsradar
GESTRA
entwickeln lassen, um Weltraumobjekte im erdnahen Orbit zu uberwachen. Die gewonnenen Messdaten werden im gemeinsam vom DLR Raumfahrtmanagement und der Luftwaffe in Uedem (Niederrhein) betriebenen
Weltraumlagezentrum
verarbeitet. Das System soll Anfang 2021 den operativen Betrieb aufnehmen.
[42]
Bei dem
LDEF-Satelliten
handelte es sich um ein Experiment, bei dem die Langzeitauswirkungen einer Weltraumumgebung erforscht werden sollten. Obwohl wesentlich kurzer geplant, blieb der Satellit fast sechs Jahre im Orbit, bevor er von Mission
STS-32
geborgen und zuruck zur Erde gebracht werden konnte. Abgesehen von vielen nur mikroskopisch sichtbaren Beschadigungen war auch eine mit bloßem Auge erkennbare vorhanden. Die Untersuchung des Satelliten brachte sehr viel Informationen uber Weltraummull und
Mikrometeoriten
.
[43]
Die Kataloge uber kunstliche Satelliten, beispielsweise
NORAD
, beschranken sich auf intakte Objekte. Die Trummer, die bei einem Auseinanderbrechen entstehen, werden in gesonderten Datenbanken fur Weltraummull erfasst. Eine wird, wie NORAD, von
USSTRATCOM
gepflegt.
[44]
Sie ist auch die Grundlage fur die Sammlung
DISCOS
(
Database and Information System Characterizing Objects in Space
) der
ESA
.
[45]
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Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß
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