Dieser Artikel beschreibt den Architekten. Fur den gleichnamigen Diplomaten siehe
Wang Shu (Diplomat)
.
Wang Shu
(
chinesisch
王澍
,
Pinyin
Wang Shu
, *
4. November
1963
in
Urumqi
,
Xinjiang
,
Volksrepublik China
) ist ein chinesischer
Architekt
und
Hochschullehrer
an der
China Academy of Art
in
Hangzhou
. Gemeinsam mit seiner Frau
Lu Wenyu
(
?文宇
)
[1]
verbindet Wang traditionelle chinesische Bautechniken und -materialien mit der
architektonischen Moderne
.
[2]
Wangs Architektur verwendet das lokale Baumaterial, nutzt die regionalen Handwerkskenntnisse, berucksichtigt die umgebende Landschaft
[3]
?und schopft daraus eine poetische und atmospharische Kraft.“
[4]
2012 wurde Wang als erster Chinese mit der angesehensten Auszeichnung in der Architektur ausgezeichnet, dem
Pritzker-Preis
.
[2]
Wang Shu ist der Sohn eines Musikers und Zimmermanns, seine Mutter arbeitete als Lehrerin und Bibliothekarin.
[2]
Ursprunglich wollte er Kunstler oder Autor werden, doch seine Eltern legten ihm ein Studium der Natur- oder
Ingenieurwissenschaften
nahe. Nach einem Kompromiss durfte er
Architektur
studieren und tat dies am
Nanjing Institute of Technology
(heute:
SEU South East University Nanjing
), an dem er als
Bachelor
und danach als
Master
abschloss.
[2]
Seine erste Anstellung erhielt er bei der
Zhejiang Academy of Fine Arts
, wo er hauptsachlich uber Architektur recherchierte. 1990 wurde sein erstes Gebaude gebaut, ein Jugendzentrum in
Haining
.
[2]
Ein Jahrzehnt lang hatte er in der Zusammenarbeit mit Handwerkern in verschiedenen Architekturburos Erfahrungen gesammelt.
[2]
?Auf der Baustelle mit den Bauarbeitern zusammen zu sein ? das war meine bisher glucklichste Zeit“.
[5]
1998
[1]
grundeten Wang und seine Frau Lu Wenyu ihr eigenes Architekturburo in
Hangzhou
, das
Amateur Architecture Studio
. Erst seit 1995 ist es in der Volksrepublik China erlaubt, private Architekturburos zu grunden.
[6]
Der Amateur-Begriff nimmt einen besonderen Bezug zu den Handwerkern auf, die fruher ihre Kenntnisse und Fertigkeiten nur durch mundliche und praktische Uberlieferung vermittelten.
[7]
Außerdem ist der Name in Absetzung zu den großen staatlichen Planungsburos gewahlt worden, den
Professional Architecture Studio
s, ?die oft uber tausend Mitarbeiter beschaftigen“.
[7]
Zum Namen gab das Ehepaar noch weitere Deutungen an.
[5]
[8]
2000 wurde er an der
Tongji-Universitat
in Shanghai in Architektur
promoviert
.
[9]
Seit dem Jahr 2000 lehrt Wang Shu Architektur an der
China Academy of Art
in
Hangzhou
und wurde dort auch zum
Dekan
an der Kunstakademie. 2011 hielt er Gastvorlesungen an der
Harvard University
,
[10]
der
University of Pennsylvania
[11]
und der
University of Texas at Austin
.
[12]
Am 11. Juli 2016 hielt er mit seiner Frau die jahrliche Architekturvorlesung (
Annual Architecture Lecture
)
[13]
an der britischen
Royal Academy of Arts
.
Das Buro trat von Beginn an mit ?spektakularen Neuinterpretationen einer traditionsbewussten Architektur“ auf.
[14]
Die ?Archaik ihrer Bauten“
[14]
weckt bei vielen Betrachtern Assoziationen zum reichen chinesischen Bauerbe. Zu den bisher bedeutendsten Bauwerken des Buros gehoren die Bibliothek vom Wenzheng College der
Universitat Suzhou
(1999?2000), ein großteils eingegrabener Gebaudekomplex mit der Nutzung regenerativer Energiequellen, der sich durch seine Einfugung in die Landschaft zwischen See und Bergen nach den Regeln
chinesischer Gartenkunst
auszeichnet.
[15]
Große Anerkennung fand Wang fur den Xiangshan-
Campus
der
China Academy of Art
in Hangzhou (2002?07). Fur das Dach wurden mehr als zwei Millionen Ziegel aus abgerissenen Gebauden wiederverwendet.
[16]
Das Gastehaus
Wa Shan
der
China Academy of Art
(2011?2013) wurde entlang dem Ufer eines kleinen Flusses teilweise aus
Stampflehm
errichtet und vermittelt durch einfache Versetzungen der Wande seit- und ruckwarts immer neue Raumerlebnisse.
[17]
Das vorwiegend geschichtlich orientierte
Ningbo-Museum
(2003?08) in der Hafenstadt Ningbo verblendete er vor allem an den Wanden mit alten, gereinigten Dach- und Wandziegeln, die teilweise Jahrhunderte alt sind. Den Entwurf fur das Ningbo-Museum habe er in einer schlaflosen Nacht aus der Vision eines massiven kubischen Steinquaders entwickelt: ?Er begann zu zeichnen, und wie von Geisterhand entstanden Strukturen, Platze, Eingange und Ausstellungsraume. Als alles fertig war, setzte er sich und trank Tee.“
[16]
Die Inspiration fur die Wiederverwendung alter Ziegel kam ihm bei einer Reise in den ostlichen Teil der Provinz
Zhejiang
in der Nahe des Meeres. Dort machen die Verwustungen durch
Taifune
den Menschen das Leben schwer. ?Sie haben nicht viel Zeit, um sie [die Hauser] wieder aufzubauen, also setzen sie die Steine zufallig wieder zusammen. Ich finde die sich daraus ergebende Architektur wunderschon.“
[18]
2006 wurde Wang zur Architektur-
Biennale in Venedig
eingeladen. Dort installierte er ?Tiled Garden“ (
Ziegelgarten
), ?ein sanft abfallendes Feld aus 66.000 Abbruch-Dachziegeln aus China, uber die ein schmaler Bambussteg fuhrte.“
[15]
Diese Installation in Venedig war sein erstes Werk außerhalb Chinas. 2010 wurde der ?Decay of a Dome“ (
Zerfall einer Kuppel
), eine Kuppel ?aus ubereinander balancierenden Holzlatten an den Grenzen des Nichts“,
[15]
bei der
Biennale di Venezia
mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet.
[19]
2012 begann er ein Pilotprojekt zur Dorferneuerung in Wencun, einem Dorf von etwa 1.800 Einwohnern in der Provinz
Zhejiang
, anderthalb Autostunden von Hangzhou gelegen.
[20]
Bei ersten Gesprachen mit den Einwohnern wurde zunachst der Wunsch nach Abriss und neuen, jedoch konventionellen Hausern geaußert. Wang und Lu konnten schließlich die Bewohner davon uberzeugen, einen anderen Weg einzuschlagen. 30 neue Hauser mit dem fruher ublichen Innenhof, davon 14 mit drei bis vier Etagen, ließ er mit traditionellem Baumaterial wie
Stampflehm
, behauenen Natursteinen und Bambus aufbauen. Hinzu kamen neue Brucken, eine
Uferboschung
mit geschichteten Natursteinen, Pavillons und eine Schule, um auch den ubrigen Teil Wencuns den neu-alten Baustil naher zu bringen.
[21]
Mittlerweile dient das Dorf als Vorzeige-Objekt fur andere Kommunen, die ebenfalls auf der Suche nach neuen Wegen in der Dorfsanierung sind.
[22]
Wang hat mit seinen Studenten vor, noch weitere Dorfer auf eine beispielgebende Weise zu erneuern.
[23]
2014 beteiligte sich Wang mit Lu Wenyu an dem Wettbewerb
Bus:Stop
in
Krumbach (Vorarlberg)
, bei dem sieben internationale Architekten jeweils eine Bushaltestelle entwarfen und die Durchfuhrung begleiteten.
[24]
Wangs Architektur wird durch eine ?Klarheit der Formen“
[14]
und eine nur scheinbare Einfachheit der Strukturen charakterisiert. Er gilt als ein ?begnadeter
Szenograf
“, da er stets auf einen Wechsel der Perspektiven in seinen Hausern und Gebauden achtet.
[17]
Zugleich steht sein Baustil fur einen bewussten Umgang mit dem regionalen Bauerbe und eine neue wie behutsame Verwendung der Ressourcen im Material und der Landschaft. Die Verwendung von Ziegeln aus den abgerissenen Wohnvierteln stellt die Kontinuitat zur Umgebung und Geschichte wieder her, die durch den großflachigen Abriss der chinesischen Stadte verloren gegangen war.
Seine Entwurfe sind gepragt durch eine intensive Beschaftigung mit dem Standort des Projektes. Wang lebt fur moglichst lange Zeit am Projektort und berat sich schon beim Entwurf mit den Handwerkern, die den Bau ausfuhren werden. In seinen Bauwerken nimmt er die ortlichen Traditionen und Materialien auf.
[19]
Seine Entwurfe entstehen zunachst manuell, als Handskizzen mit dem Bleistift, in einigen Fallen spontan.
[16]
Im weiteren Verlauf der Ausfuhrung kommen dann Computer zum Einsatz.
Zu seinen Vorbildern zahlt Wang die chinesischen Architekten Tong Jun und Yang Tingbao, welche die moderne Architektur mit chinesischen Formen vereinten.
[25]
Wangs grundlegendes und weitreichendes Verstandnis von Architektur demonstriert etwa diese architekturhistorische Ausfuhrung:
“In China we have a limited amount of building types we can put together to make a city. We’re in need of some alternatives, so we developed new prototypes ? like the courtyard building and the water building. They are templates for modern interpretations of the pagoda, the temple and the courtyard. Many of my buildings are similar to the Chinese garden: they have many entrances, and it’s not clear where the main entrance is.”
?In China gibt es eine begrenzte Anzahl von Gebaudetypen, die wir zu einer Stadt zusammensetzen konnen. Wir brauchen Alternativen, also haben wir neue Prototypen entwickelt ? wie das Innenhofhaus und das Wasserhaus. Sie sind Vorlagen fur moderne Interpretationen der
Pagode
, des Tempels und des Innenhofs. Viele meiner Gebaude ahneln dem
chinesischen Garten
: Sie haben viele Eingange und es ist nicht klar, wo sich der Haupteingang befindet.“
Fertiggestellt
- Jugendzentrum (1990),
Haining
bei Hangzhou
- Bibliothek des Wenzheng College an der
Universitat Suzhou
(1999?2000), Suzhou
- Kunstmuseum in Ningbo (2001?05)
- Xiangshan-Campus, China Academy of Art, Phasen I & II (2002?07), Hangzhou
- Vertikale Innenhof-Apartments (2002?07), Hangzhou
- Sanhe-Haus (2003), Nanjing
- Lehrgebaude der Musik- und Tanz-Fakultat (2003?05),
Dongguan
- Keramikhaus (Cafe) (2003?06),
Jinhua
- Funf verstreute Hauser (2003?06),
Ningbo
- Historisches Museum in Ningbo (2003?08)
- Ziegelgarten (
Tiled Garden
), Architektur-
Biennale in Venedig
(2006), Italien
- Altstadt-Erhaltung an der Zhongshan-Straße (2007?09), Hangzhou
- Ausstellungshalle der Kaiserlichen Straße der Sudlichen Song-Dynastie (2009), Hangzhou
- Ningbo Tengtou Pavillon,
Shanghai Expo
(2010)
- Wa Shan
, Gastehaus der China Academy of Art, Hangzhou (2011?2013)
- Dorferneuerung in Wencun, Provinz
Zhejiang
(2012?16)
- Bus:Stop
in
Krumbach
, Osterreich (2014)
[24]
Quelle:
[26]
In Bau- oder Entwurfsphase
- Heyun Culture and Leisure Centers (2009),
Kunming
- City Cultural Center (2010), Jinhua
- Shi Li Hong Zhuang Traditional Dowry Museum (2010),
Ninghai
- Contemporary Art Museum on the Dock (2010),
Zhoushan
- Buddhist Institute Library (2011), Hangzhou
- City of Expiration and Regeneration.
Shenzhen
& Hong Kong Bi-City Biennale of Urbanism/Architecture (UABB), 8. Dezember 2007 ? 9. Marz 2008, (Beteiligung).
[26]
- Garten der Genusse, Garten des fantastischen Wahnsinns.
(OT:
Jardins des delices, jardins des delires.
) Frankreich,
Schloss Chaumont
, Internationales Gartenfestival (OT:
Festival international des jardins ? Domaine de Chaumont-sur-Loire
), 25. April 2012 ? 21. Oktober 2012, (Beteiligung).
[9]
- Wang Shu ? Amateur Architecture Studio.
Danemark,
Louisiana Museum of Modern Art
, 9. Februar 2017 ? 30. April 2017.
[33]
- Wang Shu, Lu Wenyu. Amateur Architecture Studio.
Frankreich,
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, Arc en reve centre d'architecture, 31. Mai ? 28. Oktober 2018.
[34]
-- chronologisch --
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doi:10.1016/j.apcbee.2012.03.008
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Mit Beitragen von
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, Yiping Dong, Aric Chen,
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Dokumentarfilm, Deutschland, 2018, 26:11 Min., Buch und Regie: Ralf Breier und Claudia Kuhland, Produktion: DreamTeam Medienproduktion,
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, Reihe:
Nachhaltige Architektur
, Erstsendung: 18. November 2018 bei arte,
Inhaltsangabe
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ARD
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online-Video
aufrufbar bis zum 24. Dezember 2018.
- The possibility of co-existence of the urban and rural areas.
Vorlesung mit Diaschau, Großbritannien, 2016, 59:16 Min., Vortrag: Wang Shu, Produktion:
Royal Academy
, Reihe:
Annual Architecture Lecture
, Internetpublikation: 11. Juli 2016,
online-Video
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RA
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Cite de l’architecture et du patrimoine
, Reihe:
Baukunst
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Architectures
), Erstsendung: 18. Oktober 2015 bei arte,
Inhaltsangabe
von
ARD
,
online-Video
. Wa Shan heißt ?Berg aus Ziegeln“ und meint die Ziegel, die von den abgerissenen traditionellen Hausern in der Provinz gesammelt und fur das Gastehaus der Universitat
China Academy of Art
in Hangzhou wiederverwendet wurden.
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Ausstellung:
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Ausstellung:
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, 31. Mai 2018 ? 28. Oktober 2018 (frz., engl.), mit 2 Videos.
Anmerkung:
Bei diesem Artikel wird der Familienname vor den Vornamen der Person gesetzt. Das ist die ubliche Reihenfolge im Chinesischen.
Wang
ist hier somit der Familienname,
Shu
ist der Vorname.