Walter Luthi

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Walter Luthi (* 5. Januar 1901 in Gunsberg , Kanton Solothurn ; † 3. September 1982 in Adelboden ) war ein Schweizer evangelischer Pfarrer und Prediger.

Herkunft [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Walter Luthi, heimatberechtigt im bernischen Lutzelfluh , wurde in Gunsberg im Kanton Solothurn geboren. In Luthis Geburtsjahr zog die Familie von Gunsberg nach Bettlach . [1] Er hatte vier altere Geschwister und einen jungeren Bruder. Sein Vater Jakob Luthi war Dorfkaser und starb 39-jahrig am 9. Januar 1905. Danach musste die Mutter Lina Luthi, geborene Liechti, die Familie alleine mit ihrer Arbeit als Putzfrau durchbringen. Spater war sie wie auch einige ihrer Kinder in der regionalen Uhrenindustrie beschaftigt. Die Familie lebte in dieser Zeit vor allem in Bettlach, einem Nachbarort von Grenchen . Vier Geschwister von Luthi wanderten nach 1920 in die USA aus.

Vinelz und Basel [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach seinem 1921 begonnenen Theologiestudium an der Universitat Bern , der Universitat Tubingen , der Universitat Zurich und der theologischen Fakultat der Waldenserkirche in Rom war Luthi von 1925 bis 1931 Pfarrer in Vinelz am Bielersee . 1928 heiratete er die Lehrerin Viola Jolanda Brunnich; sie wurden Eltern von sechs Sohnen und einer Tochter. Von 1931 bis zum Fruhjahr 1946 war Luthi Pfarrer an der Oekolampad-Kirche in Basel . Von seiner Familiengeschichte her bewegten ihn schon immer soziale Probleme, die Lage der Arbeiterschaft und die Sorge um den Frieden. Ab 1938 erinnerte er zudem an die schweizerische Mitverantwortung fur das Schicksal judischer Fluchtlinge.

Landsgemeinde der Jungen Kirche [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Am 30. August 1942 fuhrte die reformierte Jugendorganisation Junge Kirche in Zurich-Oerlikon eine schweizerische Landsgemeinde durch. Am Nachmittag hielt Bundesrat Eduard von Steiger vor den rund 8000 anwesenden Jugendlichen eine Rede, in der er die restriktive Politik der Schweiz gegenuber den judischen Fluchtlingen im Zweiten Weltkrieg mit dem beruhmt gewordenen Bild des ?kleinen Rettungsbootes“ zu rechtfertigen suchte.

Am Vormittag hatte Walter Luthi seine Antwort an den Bundesrat bereits vorweggenommen. In seiner Ansprache sagte er u. a.: Allein in der Stadt Basel werden laut amtlicher Statistik uber dreitausend noch wohlgenahrte Hunde gefuttert. Ich mag ihnen ihr Essen wohl gonnen. Aber solange wir in der Schweiz noch bereit sind, unser Brot und unsere Suppe und unsere Fleischration mit vielleicht hunderttausend Hunden zu teilen, und haben gleichzeitig Sorge, einige zehntausend oder auch hunderttausend Fluchtlinge wurden fur uns nicht mehr tragbar sein, ist das eine Einstellung von hochgradiger Lieblosigkeit .

Bern: Munsterpfarramt und Kirchenkampf [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1946 wurde Luthi als einer von drei Pfarrern an das Berner Munster berufen.

Wahrend des Kalten Krieges kam es 1950 im sogenannten Berner Kirchenstreit zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen einer Gruppe von Pfarrern um den Theologen Karl Barth , zu der als prominentes Mitglied Walter Luthi gehorte, und dem spateren Bundesrat Markus Feldmann .

Luthi war ein beliebter Redner an evangelischen Kirchentagen in Deutschland , z. B. hielt er 1956 in Frankfurt am Main eine Bibelarbeit zum Thema Die Heimkehr zum Fest und 1959 in Munchen eine weitere zum Thema Gottes Volklein . Er war Mitglied der Redaktionskommission der evangelischen Zeitschrift Leben und Glauben und zusammen mit Eduard Thurneysen Mitherausgeber der Basler Predigten .

Am 15. September 1968 hielt Luthi vor zweitausend Menschen im Berner Munster seine Abschiedspredigt.

Ehrungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Luthi erhielt fur seine Predigttatigkeit Ehrenpromotionen der Universitat Basel und der Universitat Edinburgh .

Erwahnung bei Durrenmatt [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In seinem Kriminalroman Der Richter und sein Henker , der im November 1948 in Bern spielt, erwahnt Friedrich Durrenmatt auch Luthi, wahrend er beschreibt, wie der junge Polizist Tschanz vor dem Berner Munster auf Anna, die Braut seines ermordeten Kollegen wartet, die gerade am Gottesdienst im Munster teilnimmt: Immer strahlender wurde der Morgen, ein leuchtender Schild uber dem Verhallen der Glocken. Tschanz wartete, bleich im Licht, das an den Mauern prallte, eine Stunde lang. Er ging unruhig in den Lauben vor der Kathedrale auf und ab, sah auch zu den Wasserspeiern hinauf, wilde Fratzen, die auf das Pflaster starrten, das im Sonnenlicht lag. Endlich offneten sich die Portale. Der Strom der Menschen war gewaltig, Luthi hatte gepredigt ...

Zitate [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • "Weil Christus fur alle gestorben ist, die Menschenantlitz tragen, darum sollen alle Menschen Bruder sein." [2]
  • "Macht es uns keinen Eindruck, daß in eben diesem christlichen Abendland der Antisemitismus Orgien feierte wie auf der ganzen Welt nirgends sonst? Hier mochte man am liebsten als Schweizer kein Gedachtnis haben - sind es doch noch nicht 20 Jahre her, daß in unserem Nachbarland 6 Millionen Juden geschlachtet wurden, und die christliche Schweiz hat vor den zu Tode geangsteten Fluchtlingen die Grenzen zugetan." [3]

Publizierte Predigten [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Luthi publizierte zahlreiche Predigtbande, die meistens mehrere Auflagen erlebten und zum Teil ins Franzosische , Englische , Danische , Niederlandische , Ungarische , Tschechische , Slowakische , Japanische , Afrikaans und Hindi ubersetzt wurden, u. a.:

  • Das ewige Jahr. Werktagspredigten. 1937
  • Die kommende Kirche. Die Botschaft des Propheten Daniel. 1937
  • Das ist's was der Prophet Amos gesehen hat , 1939
  • Habakuk rechtet mit Gott , 1940
  • Andachten fur alle Tage des Jahres , 1941
  • Johannes. Das vierte Evangelium, Predigten ≪am Rande des Kraters≫, 1942
  • Die Bauleute Gottes. Nehemia, der Prophet im Kampf um den Bau der Stadt, 1945
  • Maleachi antwortet den Verzagten , 1948
  • Die Zehn Gebote Gottes , 1950
  • Der Prediger Salomo lebt das Leben , 1952
  • Der Romerbrief , 1955
  • Was die Welt zusammenhalt. Zeitbilder und Ausblicke, 1957
  • Die Apostelgeschichte , 1958
  • Der Apostel . Der zweite Korintherbrief, 1960
  • Die Seligpreisungen , 1961
  • Das Lukasevangelium (Kapitel 1 bis 10), 1962
  • Das Unservater , 1963
  • Das erste Buch Samuel , 1964
  • Adam. Die Schopfungsgeschichte (1. Mose 1,1 bis 11,9), 1965
  • Abraham (1. Mose 12?24), 1967
  • Jakob (1. Mose 25?50), 1968
  • Wort zum Werktag. Radiobetrachtungen, 1970

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. H.A.: Er nahm die Nachstenliebe ernst. Zum Rucktritt des Berner Munsterpfarrers Walter Luthi . In: Solothurner Zeitung . Nr.   243 , 17. Oktober 1968.
  2. Luthi, Walter: Die Apostelgeschichte ausgelegt fur die Gemeinde. Basel 1958, S. 246.
  3. Luthi, Walter: Die Apostelgeschichte ausgelegt fur die Gemeinde. Basel 1958, S. 254.