Walter Gerhard Friedrich Kremser
(*
16. Oktober
1909
in
Tartu
,
Estland
; †
7. November
2000
in
Iserlohn
) war ein
deutscher
Forstpraktiker
und
Forstwissenschaftler
. Bekannt wurde er vor allem mit
forsthistorischen
Arbeiten. Mit seiner umfassenden Darstellung
Niedersachsische
Forstgeschichte. Eine integrierte Kulturgeschichte des
nordwestdeutschen
Forstwesens
(1990) setzte er Maßstabe in der forstlichen Geschichtsschreibung.
Der
Deutsch-Balte
Walter Kremser, Sohn eines
Oberforstmeisters
, arbeitete in den Jahren 1934 bis 1938 zunachst als Forster, studierte in dieser Zeit jedoch auch Forstwissenschaft und Landeskultur an der
Universitat seiner Geburtsstadt Dorpat (Tartu)
. Nach seinem Abschluss 1937 hat er von 1938 bis 1941 als
Forstmeister
der
Forstamter
Permiskula und spater Roela gewirkt, einem riesigen
Amtsbezirk
fernab aller Zivilisation nahe an der russischen Grenze. Nach der sowjetischen Annexion des
Baltikums
im
Zweiten Weltkrieg
gelangte er 1941 als
Umsiedler
nach
Hannover
. Dort arbeitete er zunachst als Revierassistent in einem hannoverschen
Klosterforstamt
, das er dann auch leitete. Doch bereits 1942 endete diese Tatigkeit, als er die Einberufung zum Kriegsdienst erhielt.
Erst im Jahr 1949 konnte er schließlich wieder nach Deutschland zuruckkehren und seine Laufbahn in der
Niedersachsischen Landesforstverwaltung
fortsetzen. Von 1950 bis 1966 war er im Niedersachsischen Forsteinrichtungs- und Vermessungsamt in
Braunschweig
tatig, zunachst als
Forsteinrichter
und seit 1958 als Inspektionsbeamter einer Gruppe von Forsteinrichtern. Durch diese Tatigkeit lernte er nicht nur samtliche Waldgebiete Niedersachsens kennen, sondern war auch an der Gestaltung von deren zukunftiger Bewirtschaftung an entscheidender Stelle beteiligt. Sein Spezialgebiet waren forstlich-wasserwirtschaftliche Probleme.
[1]
Dann wurde Kremser an das
Ministerium fur Ernahrung, Landwirtschaft und Forsten
des Landes Niedersachsen berufen, wo er als
Landforstmeister
und spater
Oberlandforstmeister
von 1966 bis 1974 als Referent fur
Waldbau
, Forsteinrichtung und
Waldschutz
wirkte. Zu dem Zustandigkeitsbereich des Referats gehorten aber auch
Offentlichkeitsarbeit
,
Landschaftspflege
,
Betriebswirtschaft
,
Fortbildung
und
Jugendwaldheime
. Er verfasste zahlreiche Grundsatzerlasse und formulierte erstmals Richtlinien fur die Berucksichtigung der Interessen der
Landespflege
in den niedersachsischen Landesforsten. Diese fuhrten zur Aufstellung forstlicher
Landschaftsplane
. Weiter veranlasste er die Einrichtung von
Naturwaldreservaten
fur Lehre und Forschung sowie eine Kartierung der
Waldfunktionen
fur den gesamten Wald in Niedersachsen.
Unter seiner Oberleitung wurde zudem die
Standortkartierung
in den niedersachsischen Landesforsten weitgehend abgeschlossen. Die Auswertungen wurden in umfassende Richtlinien fur eine langfristige regionale Waldbauplanung umgesetzt, deren Ziel laut Kremser ?die Begrundung, Pflege und Erhaltung in sich gesunder, gegen außere Einflusse und Belastungen moglichst widerstandsfahiger Walder ist, die nachhaltig sowohl dem Menschen vielfaltigen Schutz und Erholung bieten als auch wertvolles Holz produzieren konnen“.
[2]
Dies stellte die Weichen fur einen okologisch fundierten Waldbau. Auch an der Bewaltigung der
Orkankatastrophe vom 13. November 1973
hatte Kremser großen Anteil. Nach der Pensionierung 1974 betreute er als Herausgeber und Schriftleiter von 1977 bis 1980 die funf Bande umfassende Dokumentation dieser Sturmkatastrophe.
Zudem betatigte sich im Ruhestand als Lehrbeauftragter fur Forstgeschichte an der Fachhochschule Hildesheim-Holzminden. Die Forstliche Fakultat der
Georg-August-Universitat Gottingen
verlieh ihm am 15. Dezember 1992 die
Ehrendoktorwurde
. Kremser war zudem langjahriger
Chefredakteur
der von der niedersachsischen Forstverwaltung herausgegebenen Schriftreihe
Aus dem Walde
. Durch seine Veroffentlichungen und Vortrage weit uber den forstlichen Bereich hinaus bekannt und geachtet, zahlte Kremser zu den profiliertesten deutschen Forstleuten seiner Zeit.
[3]
Kremser verfugte nicht nur uber eine hohe klassisch-humanistische Bildung, sondern schopfte sein tiefgrundiges Wissen auch aus seiner mehr als 4000 Bande umfassenden Privatbibliothek, die viele wertvolle alte
Folianten
mit Themenschwerpunkten zu
Forstwirtschaft
,
Botanik
,
Pharmakologie
, Geschichte und
Philosophie
enthielt. Daneben war der Musikliebhaber auch kunstlerisch tatig, schnitzte, zeichnete und malte in Holz. Er war ein passionierter
Waidmann
und galt als ausgezeichneter Kenner der
Flechten-
und
Moosflora
.
[1]
Kremser, dessen Bibliografie mehr als 150 Titel umfasst (Bucher und Fachartikel), ist vor allem mit forstgeschichtlichen Arbeiten hervorgetreten, so der umfassenden Darstellung
Niedersachsische Forstgeschichte
(1990). In diesem 965 Seiten starken Werk spannte Kremser den Bogen weit uber das Bundesland Niedersachsen und den engeren Bereich der Forstwirtschaft hinaus. Auch der Untersuchung der Forstgeschichte seiner estnischen Heimat hat er sich intensiv gewidmet. Daraus entstand das Standardwerk
Epochen der Forstgeschichte Estlands
(1998). Die Akademische Forstgesellschaft Estlands hatte ihm bereits wahrend ihrer Hauptversammlung am 13. Mai 1994 die Ehrenmitgliedschaft verliehen. In seiner Geburtsstadt Tartu wird die Erinnerung an Kremser ebenfalls wachgehalten, unter anderem durch die dortige ?Akademische Gesellschaft fur deutsch-baltische Kultur“.
Daneben gehorte Kremser zu den Grundungsmitgliedern des
Bundes Deutscher Forstleute
in Niedersachsen und blieb auch in seinem Ruhestand nach dem Umzug nach Iserlohn Mitglied der Regionalgruppe Hannover im Landesverband Niedersachsen.
Oberlandforstmeister a. D. Dr. h. c. Walter Kremser starb am 7. November 2000 in Iserlohn. Postum erschienen im Jahr 2003 seine zweisprachig abgefassten Lebenserinnerungen unter dem Titel
Metsale puhendatud elu
beziehungsweise
Ein Leben fur den Wald
.
- zusammen mit
Hans-Jurgen Otto
:
Grundlagen fur die langfristige, regionale waldbauliche Planung in den niedersachsischen Landesforsten
. Aus dem Walde (Heft 20), Hannover 1973.
- Spuren
Noe Meurers
(1527 ? 1583) und einiger suddeutscher Forstordnungen in der welfischen Forstpolitik des 16. und 17. Jahrhunderts
. Aus dem Walde (Heft 37), Hannover 1983.
- Die Fruhgeschichte des Eichenanbaus in Niedersachsen
. Rotenburger Schriften (Heft 61), Rotenburg (Wumme) 1984.
- Niedersachsische Forstgeschichte. Eine integrierte Kulturgeschichte des nordwestdeutschen Forstwesens
. Rotenburger Schriften (Sonderband 32), Rotenburg (Wumme) 1990.
- Ausgewahlte Schriften
. Aus dem Walde (Heft 49), Hannover 1996.
- Epochen der Forstgeschichte Estlands
. Tallinn 1998,
ISBN 9985-60-465-2
.
- Dokumentation der Sturmkatastrophe vom 13. November 1972
, (5. Teilbande), Hannover 1977?1980.
- Autorenkollektiv:
Wilhelm-Leopold-Pfeil-Preis 1980. An Oberlandforstmeister a.D. Walter Kremser, Hannover, und der Pfeil-Reisestipendien (…).
Schriftenreihe Wilhelm-Leopold-Pfeil-Preis, 1981, 30 S.
- R. S.:
Walter Kremser 60 Jahre
. In:
Allgemeine Forst Zeitschrift (AFZ)
. 24. Jahrgang, Heft 43/1969,
ISSN
1430-2713
, S. 852.
- Gerd Schmidt
:
Oberlandforstmeister Walter Kremser 65 Jahre
. In:
Der Forst- und Holzwirt
. 29. Jahrgang, Heft 19/1974,
ISSN
0932-9315
, S. 409?410.
- U. Bergfeld:
Zum Gedenken: Oberlandforstmeister a.D. Dr. h.c. Walter Kremser gestorben
. In:
BDF Aktuell. Zeitschrift des Bundes Deutscher Forstleute fur Forstpolitik, Forstwirtschaft, Natur und Umwelt
. 41. Jahrgang, Heft 4, 2001,
ISSN
0945-6538
, S. 21?22.
- ↑
a
b
R. S.:
Walter Kremser 60 Jahre
. In:
Allgemeine Forst Zeitschrift (AFZ)
. 24. Jahrgang, Heft 43/1969, S. 852.
- ↑
Gerd Schmidt:
Oberlandforstmeister Walter Kremser 65 Jahre
. In:
Der Forst- und Holzwirt
, 29. Jahrgang, Heft 19/1974, S. 410.
- ↑
Gerd Schmidt:
Oberlandforstmeister Walter Kremser 65 Jahre
. In:
Der Forst- und Holzwirt
, 29. Jahrgang, Heft 19/1974, S. 409.