Als
Waffensystemoffizier (WSO)
(
englisch
Weapon Systems Officer
) (Abk.:
Wizzo
) wird das zweite
Besatzungsmitglied
in
zweisitzigen
Kampfflugzeugen
oder
Kampfhubschraubern
bezeichnet. Bis zum Ende des
Zweiten Weltkriegs
war in Deutschland die Bezeichnung
Beobachter
gebrauchlich.
Bei der
deutschen Luftwaffe
werden Waffensystemoffiziere auf dem Waffensystem
Panavia Tornado
eingesetzt. Weitere bekannte zweisitzige Flugzeugmuster mit WSO sind die Kampfflugzeuge
F-4 F Phantom
,
Suchoi Su-24
,
F-14 Tomcat
,
General Dynamics F-111
,
McDonnell Douglas F-15
E Strike Eagle und
F/A-18 B/D/F (Super) Hornet
.
Das Tatigkeitsbild der WSO ist facettenreich und beinhaltet eine Reihe von Aufgaben und Tatigkeiten, die im konkreten Einzelfall abhangig sind vom Luftfahrzeugtyp und der jeweiligen Einsatzrolle:
Als nicht steuerfuhrendes Mitglied der Cockpitcrew ubt der WSO immer die uberwachende und unterstutzende Funktion eines
Pilot
Non Flying (PNF)
aus (Checkliste, Bedienen von Kommunikations- und
Navigationsanlagen
und Uberwachen des Einhaltens von Flugparametern). Im taktischen Einsatz bedienen WSO die Bordelektronik fur den Waffeneinsatz und die
elektronische Kampffuhrung
, uberwachen den Luftraum, planen den Waffeneinsatz etc. Pilot und WSO arbeiten im Team. Bei der Flugvorbereitung plant ein WSO die taktischen Anteile des Fluges, bei der Vorflugkontrolle uberpruft er die Bewaffnung, wahrend der Pilot das Flugzeug ubernimmt. Grundsatzlich tragt der verantwortliche Luftfahrzeugfuhrer, der Pilot, die Gesamtverantwortung fur die sichere und regelkonforme Fuhrung des Luftfahrzeuges. Die Verantwortung des WSO ist abhangig von den auf dem Luftfahrzeugtyp zur Verfugung stehenden Funktionen, der Einsatzrolle (Kampfbomber, Luftkampf, Luftaufklarung etc.) und dem Ausbildungsstand.
Ein Beispiel fur ein Kampfflugzeug mit einer noch weiter aufgegliederteren Aufgabenverteilung ist der strategische Bomber
B-1 Lancer
mit vier Besatzungsmitgliedern. Hier bedient der
Offensive System Officer (OSO)
unter anderem die Bewaffnung und der
Defensive System Officer (DSO)
die Selbstschutzsysteme.
Mit der Einfuhrung leistungsfahigerer
Avionik
(zum Beispiel verbesserter Navigationssysteme) zur Unterstutzung des Piloten geht derzeit die Entwicklung bei Kampfflugzeugen hin zu einsitzigen Maschinen. Auch fur das
Mehrzweckkampfflugzeug
Eurofighter Typhoon
werden keine Waffensystemoffiziere mehr benotigt.
Eine kurze, griffige Beschreibung des Aufgabenspektrums ist schwierig. Dies erklart auch die unterschiedlichen Bezeichnungen fur die Tatigkeit: Seit dem
Ersten Weltkrieg
wurden mitfliegende Begleitoffiziere bei den
deutschen Fliegern
Flugbeobachter
genannt.
[1]
Die Bezeichnung der bundesdeutschen
Luftwaffe
lautete zunachst bis in die 1970er Jahre
Kampfbeobachtungsoffizier (KBO)
,
[2]
erst danach anderte sich die Bezeichnung in WSO. Die auf der
FGR-2
eingesetzten WSO der
Royal Air Force
wurden einfach als
Navigator
bezeichnet.
[3]
Mit Einfuhrung des Tornado wandelte sich die Tatigkeitsbezeichnung in WSO.
[4]
Der im vorderen Cockpit sitzende
Mil Mi-24
-Bordschutze (Kopilot) trug in den
NVA-Luftstreitkraften
die Bezeichnung
Operator
. In den US-Streitkraften ist in der Luftwaffe die Bezeichnung WSO im Gebrauch, wahrend die entsprechende Tatigkeit in der
F-14 Tomcat
der
US Navy
als
Radar Intercept Officer (RIO)
, bzw. allgemein als
Naval Flight Officer
[5]
bezeichnet wird. Im Deutschen wird der RIO gelegentlich, wenn auch unprazise, als ?Radaroffizier“ ubersetzt. Umgangssprachlich wird ein WSO auch oft einfach ?Backseater“ genannt, eine Anspielung auf den ublicherweise im hinteren Cockpit angeordneten Arbeitsplatz.
WSO der Luftwaffe durchlaufen nach der vorgeschalteten Offizierausbildung die nachfolgende Fachausbildung:
[6]
Die fliegerische Vorausbildung wird an der
Universitat der Bundeswehr
in
Munchen
[7]
und bei der 3. Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel USA in
Goodyear
,
Arizona
,
USA
durchgefuhrt. Danach folgt der WSO-Lehrgang bei der US Navy in
Pensacola
,
Florida
, USA. Die anschließende Waffensystemausbildung auf der F-4F Phantom erfolgte bis zu deren Außerdienststellung beim
Jagdgeschwader 71
in
Wittmund
, die fur den Tornado erfolgte bis 2017 beim Fliegerischen Ausbildungszentrum der Luftwaffe auf der
Holloman Air Force Base
,
New Mexico
, USA. Derzeit wird die Ausbildung fur das Waffensystem Tornado im
Taktischen Luftwaffengeschwader 51
in
Jagel
durchgefuhrt.
[8]
Die Ausbildung wird mit Zuerkennung der Einsatzreife im spateren Einsatzverband abgeschlossen.
[9]
- ↑
Filip Gaspar:
Was deutsche Flieger uber den Pyramiden trieben.
In:
Die Welt
, 18. Februar 2011, abgerufen am 1. Februar 2024.
- ↑
BVerwG 2 WD 50.02, Urteil vom 18. Juni 2003 (2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts), Ziffer I der Urteilsgrunde.
- ↑
Phantoms der RAF auf der offiziellen RAF-Homepage
(
Memento
vom 13. November 2008 im
Internet Archive
)
- ↑
Beschreibung der Einstellungsvoraussetzungen und des Tatigkeitsbilds von WSO in der RAF; eingesehen am 25. Januar 2009
- ↑
Beschreibung der Ausbildung und des Tatigkeitsbilds von Naval Flight Officers der US Navy
(
Memento
vom 2. Juni 2009 im
Internet Archive
). Abgerufen am 25. Januar 2009.
- ↑
Beschreibung der Ausbildung von fliegendem Personal der Luftwaffe
auf der offiziellen Luftwaffen-Homepage; eingesehen am 25. Januar 2009.
- ↑
Fliegerische Ausbildung Flachenflugzeuge
[1]
; eingesehen am 19. September 2020
- ↑
NDR:
Kampfpilot werden - Tornado-Ausbildung in Jagel.
Abgerufen am 1. Dezember 2021
.
- ↑
Das Fliegerische Ausbildungszentrum der Luftwaffe auf der offiziellen Luftwaffen-Homepage; eingesehen am 25. Januar 2009