Ein
Spannungsmessgerat
(auch als
Spannungsmesser
oder umgangssprachlich als
Voltmeter
[1]
bezeichnet) dient zur
Messung
elektrischer
Spannungen
.
Bei der Messung wird die
Messgroße
in eine
Anzeige
ihres Vielfachen der
Einheit
Volt
umgeformt. Das Spannungsmessgerat besteht aus dem eigentlichen Messwerk bzw. der Messelektronik, einer Anzeige und gegebenenfalls einem
Vorwiderstand
oder
Spannungsteiler
zur Anpassung des
Messbereiches
. Fur Laboranwendungen gibt es umschaltbare Vielfachmessgerate mit mehreren Messbereichen und fur weitere Messgroßen, die als
Multimeter
bezeichnet werden.
Fur industrielle Anwendungen gibt es anzeigelose
Messeinrichtungen
.
Schaltzeichen
eines Spannungsmessers. Der Buchstabe V im Innern des Kreises ist an die Einheit der Spannung Volt angelehnt.
Digitales Vielfachmessgerat
Bei den heute ublichen
digitalen
Spannungsmessgeraten wird die Spannung direkt
in Ziffernform
angezeigt. Die zu messende analoge Spannung wird
hochohmig
abgegriffen (Parallelschaltung) und mittels
Analog-Digital-Umsetzer
in ein digitales Signal umgesetzt, welches die numerische Anzeige steuert.
Der Vorteil der digitalen Spannungsmessgerate liegt in deren mechanischen Unempfindlichkeit, leichten Ablesbarkeit der Anzeige, Betriebmoglichkeit in allen raumlichen Lagen, hoheren Messgenauigkeit, wesentlich hoheren Eingangswiderstanden, insbesondere bei kleinen Spannungs-Messbereichen, und geringeren Herstellungskosten. Weiter bieten viele digitale Multimeter eine automatische Bereichswahl, und sie konnen neben Gleichspannung auch Wechselspannung oder
Mischspannung
? haufig mit einer
Effektivwerterfassung
? messen.
Der Nachteil numerisch anzeigender Messgerate liegt darin, dass zeitliche Verlaufe nicht so gut verfolgt werden konnen. Daher bieten manche digitale Spannungsmessgerate auch eine
Skalenanzeige
in Form eines
Bargraphs
oder eines grafisch dargestellten Zeigers im Anzeigefeld (schwach zu erkennen im Bild des Vielfachmessgerats unter dem Ziffernfeld). Die
Auflosung
der numerischen Anzeige ist auf 1
Digit
beschrankt; siehe hierzu
Digitale Messtechnik
und
Digitalmultimeter
.
Strom- und Spannungsmesser an einem Netzgerat
Historische Spannungs- und Strommessgerate (um 1920)
Bei einem
elektrostatischen Spannungsmessgerat
fuhrt die Spannung ohne Stromfluss zu einem
Zeigerausschlag
. Die mechanische Kraft entsteht durch die Abstoßung gleichnamiger oder Anziehung ungleichnamiger Ladungen. Der einfachste elektrostatische Spannungsmesser ist das
Elektroskop
und wurde vor allem zur Messung von hoheren Gleichspannungen eingesetzt. Genauere Messgerate besaßen drei Elektroden, von denen eine ein beweglich gelagertes Blech zwischen den beiden anderen Elektroden war. Die Spannung wurde je an beide feststehenden Elektroden sowie mit einem Pol an die bewegliche angeschlossen.
[2]
Die Gerate besitzen oft einen Lichtzeiger (Anzeigeprinzip des
Spiegelgalvanometers
, das aber nicht zu den elektrostatischen Messgeraten zahlt). Sie sind auch fur
Wechselspannung
geeignet.
Hierbei erfolgt die Spannungsmessung uber den Umweg der Messung eines
Stromes
(siehe
Strommessgerat
), der durch den Widerstand der Antriebsspule, eventuell erganzt um einen Vorwiderstand, proportional zur Spannung ist. Das Gerat misst also mit seinem Zeigerausschlag eigentlich einen Strom, aber die
Skale
ist mit den entsprechenden Spannungswerten beschriftet. Beim
Drehspulmesswerk
erzeugt die
Lorentzkraft
den Zeigerausschlag. Beim
Dreheisenmesswerk
ist es die magnetische Abstoßung von Eisenteilen, die sich im Inneren einer feststehenden Spule befinden. Drehspulmessgerate besitzen immer einen Vorwiderstand, Dreheisenmesswerke oft nicht ? bei diesen kann die Spule ausreichend hochohmig ausgefuhrt werden. Drehspulmessgerate messen den polaritatsrichtigen Mittelwert; um Wechselspannung zu messen, mussen sie einen Messgleichrichter besitzen. Dreheisenmesswerke messen den
Effektivwert
; sie benotigen keinen Gleichrichter. Messgerate mit diesen Messwerken werden in der Regel auf der Skale mit einer
Genauigkeitsklasse
gekennzeichnet.
Jedes Drehspul- oder Dreheisenmesswerk hat einen maximalen Ausschlag (Vollausschlag) bei einer maximalen Stromstarke
I
max
. Zugleich besitzt es einen Eigenwiderstand (Innenwiderstand
R
i
), das heißt, bei Vollausschlag liegt am Messwerk eine Maximal-
Spannung
an (
U
max
=
R
i
?
I
max
). Fur weitere Messbereiche wird es uber zuschaltbare Vorwiderstande betrieben, siehe unter
Analogmultimeter
. Bei Uberschreiten der maximalen Spannung konnen das Messwerk oder die Vorwiderstande uberlastet werden. Fur Messgerate mit einem
Klassenzeichen
ist eine zulassige
Uberlastbarkeit
durch Normung festgelegt.
Zur beruhrungslosen Messung eignen sich
Elektrofeldmeter
, die primar zur Messung der
elektrischen Feldstarke
dienen. Bei definierter Messentfernung zu einem Objekt konnen sie als Spannungsmessgerate verwendet werden.
[3]
[4]
Rohrenvoltmeter sind Spannungsmessgerate, welche mit
Elektronenrohren
ausgestattet sind und einen wesentlich hoheren Eingangswiderstand haben, als zu ihrer Zeit sonst moglich gewesen ist (ublich waren 10 oder 20 MΩ). Sie sind in den 1970er und 1980er Jahren vollstandig durch digitale Messgerate ersetzt worden, die mit einem
Elektrometerverstarker
(Operationsverstarker mit JFET- oder MOS-Eingang) ausgestattet sind.
In der industriellen
Messtechnik
bzw.
Automatisierungstechnik
verwendet man keine anzeigenden Messgerate, sondern
Messumformer
, die ein normiertes elektrisches Signal zur zentralen Verarbeitung liefern. Dieses kann analog-technisch ein
Einheitssignal
sein, etwa als 4 … 20 mA. Es kann auch ein digitales Ausgangssignal zur Ubermittlung uber eine Datensammelleitung sein, die
Bus
, in diesem Zusammenhang
Feldbus
genannt wird. Diese Messgerate mit digitalem
Messsignal
am Ausgang heißen dann auch
Messumsetzer
.
Als Messumformer zur Messbereichsanpassung und zur Potentialtrennung bei hohen Wechselspannungen sind
Spannungswandler
(spezielle Messtransformatoren) im Einsatz. Der Nennwert der Ausgangsspannung liegt bevorzugt bei 100 V.
Zu Prazisionsmessungen und zur Messung ohne jegliche Strombelastung des Messobjektes (jedenfalls bei Abgleich) eignen sich
Spannungs-Kompensatoren
(siehe auch
Kompensationsprinzip
). Sie werden allerdings durch elektronische Gerate mit vergleichbarer Qualifikation verdrangt.
Der Spannungsmesser wird mit den zwei Punkten einer Schaltung verbunden, zwischen denen die Spannung gemessen werden soll. Wenn man die Spannung messen will, die uber einem Bauteil oder Messobjekt abfallt, wird der Spannungsmesser dazu parallel geschaltet. Dieses kann fur kurze Tests mit
Prufspitzen
geschehen, ohne dass dazu in die Schaltung eingegriffen werden muss. Daher ist die Spannungsmessung die haufigste Form der elektrischen Kontrolle. Strom
messwerte
konnen oft indirekt aus einer Spannungsmessung gewonnen werden, wenn der Wert des
Widerstandes
R
bekannt ist, uber dem gemessen wird (Stromstarke
I
=
U/R
mit
U
= gemessene Spannung).
Bei digitalen Spannungsmessgeraten ist der Innenwiderstand sehr hoch und es wird generell nur sehr wenig Leistung im Messgerat thermisch umgesetzt. Bei Uberschreitung des
Messbereichsendwertes
wird je nach Ausfuhrung automatisch uber einen mehrstufigen Spannungsteiler in den nachsthoheren Messbereich umgeschaltet oder die Uberschreitung in der Anzeige sichtbar gemacht.
Eine aus Grunden der Sicherheit maximal zulassige Spannung liegt meist im Bereich 700 V bis 1000 V und ist teilweise auf dem Messgerat aufgedruckt, teilweise in der Gebrauchsanweisung angegeben.
Ersatzschaltbild fur das reale Spannungsmessgerat
Ein ideales Messgerat hat keinen Eigenverbrauch aus dem Messobjekt; das bedeutet, dass beim Spannungsmessgerat der Innenwiderstand unendlich groß sein muss. Real nimmt es jedoch einen Strom auf wie ein ohmscher Widerstand. Dieses kennzeichnet man im
Ersatzschaltbild
durch eine Parallelschaltung des idealen Messgerates mit seinem Innenwiderstand. Historisch gewachsen ? bedingt durch das lange Zeit ubliche Drehspulmesswerk ? wird noch teilweise eine Reihenschaltung gezeichnet. Dann muss ? wenn das Schaltzeichen fur ein ideal verlustloses Messgerat stehen soll ? dessen Widerstand den Wert Null haben, was aber mit einer Kennzeichnung als Spannungsmessgerat nicht vereinbar ist.
Messbereichserweiterung fur Spannungen bei Drehspul-Messwerk
Um ein Drehspul-Spannungsmessgerat an den gewunschten
Messbereich
anzupassen, wird es mit einem geeigneten
Vorwiderstand
R
v
in
Reihe
geschaltet. Von der bei Messbereichsendwert messbaren Spannung
U
MBE
entfallt dann ein Teil
U
max
auf das Messwerk, der Rest
U
v
=
U
MBE
-
U
max
auf den Vorwiderstand.
- Beispiel
- Das Messwerk habe einen Widerstand
R
m
= 750 Ω und schlage beim Maximalstrom
I
max
= 200 μA bis zum Endwert der
Skale
aus. Es soll in einem Spannungsmessgerat fur den Messbereich
U
MBE
= 10 V verwendet werden. Uber dem Messwerk liegt bei Vollausschlag die Spannung
U
max
=
R
m
·
I
max
= 750 Ω
·
0,200 mA = 150 mV. Es muss also
U
v
= 10,00 V ? 0,15 V = 9,85 V am Vorwiderstand liegen. Da auch durch ihn der Strom von 200 μA fließt, berechnet sich hieraus
R
v
=
U
v
/
I
max
= 9,85 V/0,2 mA = 49,25 kΩ. Der Gesamtwiderstand der Reihenschaltung (Innenwiderstand
R
U
des Messgerates) betragt dann
R
U
=
R
v
+
R
m
= 50,00 kΩ.
Bei Multimetern auf Drehspul-Basis ist
I
max
meistens eine fur alle Messbereiche gultige Konstante, oder andersherum ist der Innenwiderstand in jedem Bereich ein anderer, ? umso großer, je großer der Messbereich. Zur leichten Berechnung des Innenwiderstandes wird bei Spannungsmessern ein spannungsbezogener Widerstand
ρ
= 1/
I
max
angegeben und zwar in Ω/V (Ohm pro Volt), ebenfalls als Konstante fur alle Messbereiche. Diese Angabe ist mit dem jeweiligen
Messbereichsendwert
zu multiplizieren, um den tatsachlichen Innenwiderstand zu erhalten.
- Beispiel
- Das oben berechnete Messgerat hat einen Messwerkwiderstand von 750 Ω bei einem Messbereich von 150 mV. Daraus folgt
ρ
= 750 Ω/150 mV = 5,00 kΩ/V. Wenn man es fur einen Messbereich von 10 V einsetzt, hat es demnach den Widerstand
R
U
=
ρ
·
U
MBE
= 5 kΩ/V
·
10 V = 50 kΩ, wie oben auf anderem Wege berechnet.
Spannungsmessung in einer Schaltung
Ersatzspannungsquelle
dazu
Der Umstand, dass durch das Spannungsmessgerat der fur die Messung bestimmende Strom fließt, fuhrt dazu, dass jede Messung die ursprunglichen Verhaltnisse am Messobjekt verfalscht, da zur Messung ein (zusatzlicher) Strom entnommen wird. Daher sollte dieser moglichst klein gehalten werden, d. h. der Widerstand des Spannungsmessers
R
U
sollte moglichst hoch sein.
Soll im gezeigten Bild in der oberen Schaltung die an
R
1
abfallende Spannung
U
1
gemessen werden, so ist zu beachten, dass die Quelle dieser Spannung einen Quellenwiderstand
R
q
=
R
1
||
R
2
aufweist. (Hinweis: Die Quelle von
U
0
hat als ideale
Spannungsquelle
den Quellenwiderstand null.) Die im Bild untere Schaltung ist elektrisch gleichwertig zur oberen. Wird daran das Messgerat angeschlossen, so erhalt man statt
U
1
einen kleineren
Messwert
U
m
, weil
R
q
und
R
U
einen
Spannungsteiler
bilden. Die dadurch entstehende
Ruckwirkungsabweichung
betragt, angegeben als
relative
Messabweichung
f
,
![{\displaystyle f={\frac {U_{m}-U_{1}}{U_{1}}}={\frac {R_{U}}{R_{q}+R_{U}}}-1={\frac {-R_{q}}{R_{q}+R_{U}}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a175dc295acb33fc21863abf706a9540ad99ac66)
- Beispiel
- Mit
R
q
= 5 kΩ und
R
U
= 50 kΩ: fallt durch die Stromaufnahme des Spannungsmessers im Inneren der Spannungsquelle an
R
q
eine Teilspannung ab im Verhaltnis der Widerstande 5 kΩ/(5 kΩ + 50 kΩ) = 9 %; der Messwert wird mit einer relativen Messabweichung von ? 9 % bestimmt.
Messbereichserweiterung bei digital-elektronischem Messgerat
Bei digitalen Spannungsmessgeraten ist die Bereichserweiterung mit einem Vorwiderstand nicht ublich; der Innenwiderstand bei diesen Messgeraten liegt typisch bei 1 bis 20 MΩ in allen Bereichen; Standard ist 10 MΩ. Vielmehr verwendet man hier
Spannungsteiler
; bei Multimetern ist dieser intern eingebaut. Durch den hohen Innenwiderstand tritt auch das Problem der
Ruckwirkungsabweichung
(Schaltungseinflussfehler) nicht in demselben Umfang auf wie bei Drehspul-Spannungsmessern.
Der Nachteil eines solch hohen Innenwiderstandes ist, dass die Spannungsanzeige bei Messungen an nicht angeschlossenen Schaltungsteilen nicht eindeutig ist; sie wird dann von Feldern der Umgebung beeinflusst, die den Schaltungsteil (zum Beispiel eine abgeschaltete oder unterbrochene Leitung oder auch nur die nicht angeschlossene Messleitung) durch Influenz oder Induktion umladen.
- Beispiel
- Wenn das Messgerat einen Innenwiderstand von 10 MΩ hat und die Quelle 5 kΩ, geht von der zu messenden Spannung der Anteil 5 kΩ/(5 kΩ + 10 MΩ) = 0,5 ‰ am Quellenwiderstand verloren. Diese systematische Messabweichung von ? 0,5 ‰ liegt im Bereich der oder unterhalb der Messgerate-Fehlergrenzen und kann meist vernachlassigt werden.
- Messkategorien
im Hinblick auf den zulassigen Anwendungsbereiche von Mess- und Prufgeraten fur elektrische Betriebsmittel und Anlagen.
- ↑
Der Begriff Voltmeter ist in der Normung ersetzt worden, da mit Volt die Einheit bezeichnet wird und nicht die
physikalische Große
, die tatsachlich gemessen wird.
- ↑
A. Varduhn, W. Nell:
Handbuch der Elektrotechnik Band II
. Fachbuchverlag, Leipzig 1951, Seite 159.
- ↑
Manfred Beyer, Wolfram Boeck, Klaus Moller, Walter Zaengl:
Hochspannungstechnik.
Springer, 1986, Berichtigter Nachdruck 1992, S. 289.
- ↑
[1]
Geratebeschreibung.