Beim
visuellen Neglect
handelt es sich um eine Aufmerksamkeitsstorung in Form der Vernachlassigung einer Raum- bzw. Korperhalfte (egozentrisch) und/oder Objekthalften (allozentrisch). Es handelt sich um eine auf das Sehen bezogene besondere Form des
Neglects
.
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Das Wort Neglect entstammt dem lateinischen ?neglegere“, was ?nicht wissen“ oder ?vernachlassigen“ bedeutet. Tatsachlich vernachlassigen Betroffene eine Seite ihres Korpers und ihrer Umgebung, und zwar immer jene, die der geschadigten Gehirnhalfte gegenuber liegt.
Patienten mit einem visuellen Neglect vernachlassigen eine Halfte ihres Wahrnehmungsfeldes, die ? abhangig von der
Lasionsseite
? entweder links oder rechts vom Fixationspunkt liegt.
[2]
Ein sehr wichtiges Merkmal dieser Storung ist, dass der Patient diese Einschrankung
nicht wahrnimmt
.
[2]
Er kann nicht realisieren, dass er eine Raumhalfte vernachlassigt, auch wenn man ihm wiederholt experimentelle Beweise seiner Fahigkeiten vorfuhrt. Dies ist ein wichtiges Unterscheidungskriterium zu Gesichtsfeldstorungen (siehe Hemianopsie, Skotom): In diesen Fallen ist der Patient in Teilen seines
Gesichtsfeldes
blind, er nimmt diese Einschrankung aber wahr. Gesichtsfeldausfalle gehen zudem auf andere Ursachen als der Neglect zuruck.
Einige exemplarische egozentrische (auf die eigene Korperachse) und allozentrische (auf die generelle Objektseite) Manifestationen des visuellen Neglects:
- Beim Essen isst der Patient nur von derjenigen Tellerseite, die er nicht vernachlassigt.
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Diese andere Seite lasst er ganzlich unbeachtet. Dreht man nun den Teller um 180°, sodass die ausgelassene Seite sich im Wahrnehmungsfeld befindet, isst der Patient diese Halfte der Mahlzeit. Trotzdem kann er seine Storung nicht wahrnehmen. Setzt man dem Patienten mit linksseitigem Neglect beispielsweise einen Teller vor, auf dessen linker Seite sich nur Kartoffeln und rechts nur Gemuse und Fleisch befinden, so beschwert sich der Patient, dass er keine Kartoffeln zur Mahlzeit erhalt.
- Patienten waschen und rasieren nur eine Korperhalfte.
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- Zeigt man Patienten Bilder von Gesichtern, welche aus zwei unterschiedlichen Gesichtshalften bestehen (z. B. linke Halfte Bill Clinton und rechte Halfte Elvis Presley) so geben die Patienten an, dass vollstandige Gesicht derjenigen Person zu sehen, deren Gesicht sich auf ihrer wahrgenommenen Seite befindet.
- Man legt dem Patienten ein Blatt Papier mit vielen waagerechten Strichen vor und bittet ihn, jeden der Striche durch einen senkrechten Strich genau in der Mitte zu teilen. Zum einen bearbeitet der Patient nur all jene waagerechten Striche, die sich in seinem Wahrnehmungsfeld befinden (und gibt trotzdem an, die Aufgabe vollstandig erfullt zu haben). Zum anderen tendiert er dazu, die vertikalen Striche bei jedem waagerechten Strich leicht in Richtung seines Wahrnehmungsfeldes zu verschieben, anstatt sie mittig einzuzeichnen.
- Soll der Patient ein Bild oder Foto abzeichnen, zeichnet er nur die wahrgenommene Halfte.
- Soll der Patient ein Uhrenblatt zeichnen, malt er in der Regel zwar einen vollstandigen Kreis, zeichnet aber alle 12 Stundenmarkierungen nur auf seiner wahrgenommenen Objektseite ein.
- Dem Patienten wird das skizzierte Bild einer Blume gezeigt. Die Blume hat einen dicken Stangel, von dem nach links und rechts je eine große Blute abzweigen. Soll der Patient diese zweiblutige Pflanze abzeichnen, so skizziert er nur eine der beiden Bluten und vernachlassigt die zweite. Wenn der Experimentator jedoch den dicken Stangel der Blume verdeckt, und somit der gemeinsame Ursprung der beiden Bluten verdeckt wird, so nimmt der Patient beide Bluten wahr ? zeichnet jedoch von jeder Blute nur die wahrgenommene Halfte ab. Die daraus resultierenden Einschrankungen im taglichen Leben konnen erheblich sein und samtliche anderen Therapien wie z. B. die krankengymnastische
Rehabilitation
anderer Storungen (Lahmungen etc.) stark beeintrachtigen oder sogar unmoglich machen. Als besonders problematisch erweist sich haufig das gleichzeitige Vorliegen eines visuellen oder multimodalen Neglects und eines Gesichtsfeldausfalls.
Hirnschaden, die zu einem Neglect-Syndrom fuhren konnen, sind ortliche/einseitige Hirnschaden etwa nach Schlaganfallen oder Kopfverletzungen, fokale Epilepsien, oder auch schnell wachsende Tumore. Diffuse Hirnschadigungen wie bei Vergiftungen kommen eher nicht als Ursache in Frage.
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Der visuelle Neglect geht nicht ? wie vielleicht vermutbar ? auf eine Schadigung des primaren Sehsystems zuruck. Bei Neglectpatienten ohne Sehfeldverlust sind sowohl die
optischen Bahnen
, als auch der
visuelle Cortex
im
Okzipitallappen
nicht geschadigt. Zu einem visuellen Neglect kommt es vielmehr durch eine Lasion im
Parietallappen
des
Cortex
. In diesem Bereich des Gehirns lokalisiert man die Aufmerksamkeitssteuerung. Mit Hilfe
bildgebender Verfahren
hat man gefunden, dass bei den meisten Menschen vor allem die rechte parietale Hemisphare fur die Aufmerksamkeitskontrolle zustandig ist. Darauf fuhrt man zuruck, dass die meisten Neglectpatienten einen linksseitigen Neglect haben:
Das linke Wahrnehmungsfeld wird von der rechten Hemisphare kontrolliert. Bei Schadigung des rechten Parietallappens fallt dieses wichtige Steuerungssystem aus. Bei Schadigung des linken Parietalcortex (welcher das rechte Wahrnehmungsfeld kontrolliert), beobachtet man hingegen nur einen leichten Neglect auf der rechten Gesichtshalfte. Dies wird darauf zuruckgefuhrt, dass die Aufmerksamkeitssteuerung hauptsachlich durch die intakte rechte Hemisphare erfolgt und diese somit die linksseitige Lasion teilweise kompensieren kann.
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Formen von Gesichtsfeldausfallen sind:
Eine weitere zentrale Sehstorung ist:
Es gibt im Bereich der
klinischen Neuropsychologie
verschiedene Behandlungsansatze des visuellen Neglects. Neben dem Explorationstraining werden eine Stimulation der Nackenmuskeln, optokinetische Stimulationtherapie und eine Prismentherapie erfolgreich angewandt.
[1]
- ↑
a
b
Neglect
bei flexikon.doccheck.com, abgerufen am 14. Mai 2016.
- ↑
a
b
c
d
Roth:
Aus Sicht des Gehirns
. 2009,
S.
36
.
- ↑
Anthony H. V. Schapira:
Neurology and Clinical Neuroscience E-Book
. Elsevier Health Sciences, 2006,
ISBN 978-0-323-07053-9
,
S.
79
(
google.com
).
- ↑
Ursachen
(
Memento
des
Originals
vom 21. April 2017 im
Internet Archive
)
Info:
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@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/neuronales-netzwerk.org
bei neuronales-netzwerk.org, abgerufen am 14. Mai 2016.
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