Villa von Vilamoura

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Vilamoura (Faro)
Vilamoura (Faro)
Vilamoura
Lokalisierung von Faro in Portugal
Lage des Cerro da Vila in Portugal

Der Cerro da Vila ( Hugel der Villa/Hugel des alten Dorfes ) ist eine archaologische Fundstelle in Vilamoura , Gemeinde Quarteira an der sudportugiesischen Algarvekuste , etwa 15 km nordwestlich von Faro . Vornehmlich bekannt ist sie fur ihre reichen architektonischen Zeugnisse einer landlichen Siedlung der romischen Kaiserzeit , welche sich primar auf die maritime Wirtschaft (Fischfang, Garum - und Purpurproduktion ) fokussierte. Unter anderem weist sie aber auch Bau- und Grab befunde westgotischer sowie islamischer Zeitstellung auf. Die als IIP klassifizierten Ruinen sind teils musealisiert und als Freilichtmuseum der Offentlichkeit zuganglich (s. u., Musealisierung und Schutzbemuhungen ).

Heute liegt Cerro da Vila auf einer etwa sechs Meter hohen Anhohe. Im Norden und Osten ist der Hugel durch die moderne Bebauung der Stadt begrenzt. Im Suden der Anlage befindet sich der heutige Hafen. Westlich grenzt die Fundstelle an einen etwa 400 Meter breiten Schilfgurtel und an den fur diese Region beliebten Badestrand. In den letzten 25 ? 30 Jahren wurde das Areal um Cerro da Vila im Zuge der Vorbereitungen zum Bau einer geplanten Hotelanlage zusatzlich durch Bauschutt und Aufschlammung erhoht. [1]

Historisch gesehen liegt die Fundstelle am sudostlichen Ende einer wahrend der letzten 6000 Jahre verlandeten Lagune. Der Verlandungsprozess ging durch erhohte Bodenerosion und dadurch erzeugtes Sediment spatestens seit dem 1. Jahrtausend v. Chr. beschleunigt vonstatten, allerdings waren bis in die romische Zeit wohl noch einige an das offene Meer fuhrende Fahrrinnen schiffbar. [2] Auf Grund von 14C-Datierungen und Funden von Resten romischer Ruinen ca. 600 m vor der rezenten Kustenlinie ist davon auszugehen, dass der Meeresspiegel zu romischer Zeit ca. acht Meter unter dem heutigen Niveau lag.

Historischer Kontext

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Spate Republik bis fruhe Kaiserzeit

Erste Siedlungsnachweise (Siedlungsphase A [3] ) lassen sich bereits in der spatrepublikanischen Zeit mit Ende des zweiten punischen Krieges in der Grundungsphase von Hispania ulterior greifen. Im Zuge der Provinzeinrichtungen auf der iberischen Halbinsel konnte im Bereich des Cerro da Vila ein Kleingehoft mit Kernbau (?kompakte Gehoftanlage“ [4] ) und eine zugehorige Zisterne bereits unter Kaiser Augustus im Zuge seiner Neuordnung des Territoriums nachgewiesen werden.

Mittlere Kaiserzeit

Ausbauphase der Siedlung wahrend der mittleren Kaiserzeit

Fur die spatflavische Zeit bis in die Spatantike hineinreichend, konnte ein kontinuierlicher Ausbau der zunachst sehr kompakten Anlage zu einer Siedlung nachgewiesen werden. [5] Rege Handelsbeziehungen der Hafensiedlung ist durch zahlreiche Importkeramik aus Italien und Gallien belegt. [6] Mit Anstieg der Bevolkerungszahl wurden neben dem Ausbau der Wasserversorgung und einer Thermenanlage auch Gewerbebauten angelegt, die sog. fabricae . Diese dienten zur Verarbeitung von maritimen Erzeugnissen und der Herstellung von Purpur .

Die ?Krise“ der romischen Wirtschaft

Auch wahrend der Zeit der sog. Reichskrise des 3. Jahrhunderts , welche durch innerpolitische Probleme, diverse Konflikte mit Fremdvolkern und der Pest wirtschaftliche Schwierigkeiten fur das gesamte romische Imperium mit sich zog und damit die Produktion und den Handel von Garum an der lusitanischen Westkuste beeintrachtigte, blieb Cerro da Vila offensichtlich dank seines Spezialgewerbes, der Gewinnung von Farbstoff aus Meeresschnecken, weitestgehend verschont. Zwar sind fur diesen Zeithorizont einige Umstrukturierungen auf dem Cerro da Vila identifizierbar, doch deuten diese eher auf einen Aufschwung durch eine Steigerung der Produktionskapazitaten hin. Dies steht allgemein im Einklang mit den Entwicklungstendenzen der Wirtschaft im lusitanischen Westen. [7]

Spatromische Zeit

In den darauffolgenden Jahrhunderten, der Zeit der Tetrarchie bis in die 1. Halfte des 5. Jahrhunderts, war die Entwicklung von Cerro da Vila von großeren Um- und Ausbauten gepragt. Auf Grund der Verwaltungsreform Diokletians , der den Aufstieg der einstigen Provinzhauptstadt Emerita Augusta zur Metropole der dioecesis Hispaniarum zur Folge hatte und der starken Verbindung in den nordafrikanischen Raum, florierten die Hafenstadte des lusitanischen Westens und entwickelten sich fortlaufend zu immer großer werdenden Siedlungen. Auch auf dem Cerro da Vila wurde das Siedlungsareal immer weiter ausgebaut, besondere Beachtung lag hier auf dem Ausbau der Wohnareale A (Teichner Phase III a?c). [8]

Westgotische wie Islamische Zeit

In den folgenden Jahrhunderten nahm der christliche Einfluss im romischen Reich immer mehr zu. Vor allem nach Erhebung des Christentums zur Staatsreligion im Anschluss an die Konstantinische Wende unter Konstantin I. und Licinius machte sich dieser Einfluss allmahlich auch in Cerro da Vila bemerkbar, wie ein mehrschiffiger, vermutlicher Kultbau im Bereich der fabrica J andeutet. Dieser wird anhand der Keramik in die westgotische Zeit des 6. ? 7. Jahrhunderts datiert. [9] Auch nach der islamischen Expansion und dem damit einhergehenden Beginn des al-Andalus , belegen die Funde ein weiteres Fortbestehen der Siedlungsaktivitaten auf dem Cerro da Vila. Spuren dieser islamischen Ansiedlung zeigen sich durch die Funde von lokal hergestellter und hochwertiger Tonware, welche sich der ?emiralen und kalifalen Phase der arabischen Herrschaft“ zuordnen lassen. [10] Nach durchgefuhrten Gelandeforschungen, ließ sich ebenfalls der Nachweis eines islamischen Wohnviertels erbringen. Das Cerro da Vila weiterhin als wichtiger Siedlungsplatz genutzt wurde, lasst sich nicht nur auf Grund seiner, trotz fortschreitender Verlandung der Lagune, naturraumlich begunstigten Lage erahnen. So weist ein reicher Munzschatz aus Dirhem -Munzen des 9. Jahrhunderts auf den vor Ort konzentrierten Reichtum hin. [11] Islamische Feinkeramikfunde aus dem 10. und 11. Jahrhundert waren mitunter die letzten Zeugnisse einer Besiedlung auf dem Cerro da Villa, bis der Hugel wohl noch vor der christlichen Ruckeroberung in 1249 vollends aufgegeben wurde. [12]

Forschungsgeschichte

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Ein erster Hinweis auf die Fundstelle erfolgte bereits durch Estacio da Veiga in dessen 1910 posthum erschienenem Werk Antiguidades Monumentaes do Algarve V . [13]

Durch Erschließungsmaßnahmen im Jahr 1963, im Zuge der Erweiterung von Vilamoura, kam die Fundstelle in moderner Zeit zuruck in das Blickfeld der Archaologie. Leider verliefen die ersten Arbeiten archaologisch unbegleitet, so dass wesentliche Teile der Ruinen undokumentiert zerstort wurden [14] , bevor eine Baubegleitung durch Jose Farrajota gewahrleistet werden konnte. Noch im selben Jahr, am 11. Oktober 1963, begannen schließlich die ersten Ausgrabungen unter der Leitung des Archaologen Afonso do Paco , der diese bis 1968 leitete. Wahrend dieser ersten Grabungskampagne wurden neben zahlreichen antiken Fundstucken auch ein Mosaikfußboden in situ in dem Bereich des zentralen villenartigen Komplexes gefunden. Ferner fand man in mittelbarer Nahe zwei, mit opus signinum ausgekleidete, rechteckige Becken und ca. zwei km nordostlich der Fundstelle, im Vale de Tesnado , die Reste einer Staumauer und einer Frischwasserleitung. Bereits hier ging man von einer Ausdehnung der Anlage von uber drei Hektar aus. [15]

Der Lissabonner Archaologe Fernando de Almeida ubernahm die Grabungen Afonso do Pacos im Jahre 1969 und setzte diese bis 1971 fort, bis Jose Luis Martins de Matos ubernahm und die Grabungen fur die folgenden 20 Jahre leitete. Bereits zu dieser Zeit ließ sich anhand der Keramikfunde eine zeitliche Tiefe der Fundstelle zeigen, welche romische, westgotische und islamische Zeithorizonte abdeckte. Dies ließ zum einen eine andauernde Siedlungskontinuitat annehmen, erschwerte aber zugleich die Interpretation der einzelnen Baustrukturen, die so nicht nur funktional, sondern auch chronologisch klar voneinander zu trennen waren.

Im Zuge seiner 20-jahrigen Grabungskampagne hielt de Matos sein Hauptaugenmerk auf die Baueinheiten A , C , D , E , F , H , J , K und O , sowie sudlich des heutigen Museums gelegene, vermutlich in der islamischen Epoche errichtete Brennofen, spate technische Einrichtungen der Baueinheiten A und H . Hinzu kam, in Zusammenarbeit mit Ana Luisa Santos der Universitat von Coimbra , die Untersuchung der Nekropole N , dem romischen Graberfeld.

Von 1999 bis in 2003 erhielt das Frankfurter Forschungsprojekt ("Archaologische Untersuchungen von vier romischen Landvillen und ihrer Territorien in Sudportugal (Algarve)"), finanziell unterstutzt von der Fritz Thyssen Stiftung , eine Grabungsgenehmigung in Cerro da Vila. Ziel des Projektes war primar, die bislang unterbliebene feinchronologische Abfolge der einzelnen Baustrukturen zu klaren. Aufgrund der nicht den derzeitigen Standards entsprechenden fruheren Ausgrabungen sind jedoch viele Detailfragen im Hinblick auf die Siedlungsentwicklung nicht mehr zu beantworten gewesen. So sind Untersuchungen der Stratigraphie der einzelnen Baustrukturen bzw. des Gesamtareals bis zum Beginn des Frankfurter Forschungsprojektes nur unzureichend vorgenommen worden, was die unwiederbringliche, da undokumentierte, Zerstorung (archaologische Methode) wichtiger Schichtfolgen zum Resultat hatte. Des Weiteren zielte das Projekt auf eine Analyse der antiken Gewerbebauten in ausgewahlten Statten der Algarve hin, die naheren Aufschluss uber die hergestellten Guter, das Leben und den Handel geben sollten. Durch archaometrische Untersuchungen bestatigt, wurde in der Gewerbeanlage ( fabrica ) J , welche in der Antike an einem als Ankerplatz genutzten Lagunenarm lag, die Herstellung des in der antike teuren und kostbaren Farbstoffes Purpur nachgewiesen. [16] Umfassend konnte auf Basis der Frankfurter Forschungen die Entwicklung der Siedlung vom Ende der romischen Republik (Anfang 1. Jahrhundert v. Chr.) bis hin zur Ankunft der arabischen Berber Anfang des 8. Jahrhunderts festgestellt, sowie die Siedlungskontinuitat in den einzelnen Baustrukturen nachgewiesen werden.

Unterstutzend zur traditionellen Ausgrabung kam zudem in weiten Teilen des Frankfurter Forschungsprojekts die Geophysikalische Prospektion zum Einsatz, mit deren Hilfe weitere Baustrukturen nachgewiesen werden konnte. Der Gewerbebau fabrica J beispielsweise ist zunachst komplett mit Hilfe der Geomagnetik und anschließend in Teilen diagnostisch untersucht worden.

Die Genese der Topographie im unmittelbaren Umland der Lagune, vom Neolithikum bis heute, konnte zwischen 2006 und 2011 im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geforderten Projekts ?Geoarchaologische Rekonstruktion der jungholozanen Landschaftsgeschichte an der Algarve (Sudportugal)“ geklart werden. [17]

Architektonische Zeugnisse

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Ausbauphase der Siedlung wahrend der spaten Kaiserzeit

In der romischen Kaiserzeit weist die kustennahe Besiedelung auf dem Cerro da Vila ein reiches Architekturspektrum auf, welches auch aus klassischem Villenkontext bekannt ist. Ein villenartiger Komplex (Baueinheit A ) mit reicher Ausstattung mit polychromen Mosaikboden und eigenem balneum bildete den Kern der Anlage. Nordlich davon befand sich zusatzlich eine große Thermenanlage (Baueinheit C ). Mit der mittleren Kaiserzeit entstehen ausladende, klar strukturierte fabricae im Osten des Gelandes (Baueinheiten H , J und I ), in denen hochkomplexe Produkte wie Farbstoffe hergestellt, sowie Meeresfruchte verarbeitet wurden. Dieses deutlich auf Uberschuss ausgerichtete Wirtschaftswesen stellte die wirtschaftliche Grundlage der Siedlung dar. Anders als in anderen Villen Lusitaniens, etwa Milreu , weisen dabei die vermutlichen Wohnquartiere der Arbeiter (Baueinheiten G , E , F ) allerdings durch ihre Bauformen und die Ausstattung mit Mosaikboden einen hohen Grad an Luxus und Individualitat auf. An den ostlichen Rand der Siedlungsflache gliederte sich eine weitlaufige Nekropole mit großzugig angelegten Mausoleen und anderer Sepulkralarchitektur an.

Der wirtschaftliche Bezug zum Meer, nun war die garum -Produktion vorherrschend, blieb in westgotischer Zeit erhalten. Zudem erhielten sich aus dieser Zeit Zeugnisse einer weitlaufigen Korpergrabnekropole sowie von christlichen Sakralbauten.

Aus islamischer Zeit sind indes nur wenige kleinteilige Baustrukturen erhalten. Diese orientierten sich nicht mehr an den vormaligen romischen Gebauden. Auch scheint sich die wirtschaftliche Grundlage der Siedlungsstelle geandert zu haben, wie Befunde von Keramikofen und Funde von glasierter Keramik andeuten.

Phasen II und III des Hauptgebaudes A der Anlage.

Baueinheit A bezeichnet den Kern der Anlage. Uber seine gesamte Laufzeit hinweg sind zahlreiche An- und Umbauten fassbar, welche von Teichner in sieben Phasen eingeteilt wurden. Diese konnen grob in die folgenden vier Schritte destilliert werden:

kompakte Gehoftanlage (Teichner Phase I) Am sudwestlichen Rand der Siedlungsflache gelegen, bildete eine ?kompakte Gehoftanlage“ [18] nach derzeitigem Forschungsstand den Ausgangspunkt der romischen Besiedelung des Areals. Dieser nur teilweise archaologisch erfasste Bau besaß wohl eine rechteckige Grundform und maß etwa 18 m × 20 m. Damit kann er vermutlich der großeren Gruppe der Wehrgehofte der ersten Kolonistengeneration in der spatrepublikanisch-fruhkaiserzeitlichen Zeit zugeordnet werden.

Peristylhaus (Teichner Phase II) In spatflavischer Zeit erfahrt die Anlage eine wesentliche Erweiterung im Nordosten, wo ein symmetrisches Peristylhaus entsteht, dessen Raume sich um einen Innenhof samt piscina gruppieren. Charakteristisch fur die sich in das Peristyl hin offnenden Wohnraume zeigt sich eine Zweiteilung in einen schmalen Vorraum und einen dahinterliegenden Schlaf- oder Arbeitsraum. Der Nordteil wird dominiert von einem 7,8 m × 7,85 m großen, reprasentativem Speisesaal ( biclinium ) mit reicher Mosaikausstattung . Der zentrale Innenhof mit der piscina , einem knapp 80 cm tiefen, 1,1 m breiten und 3,2 m langen Wasserbecken, diente, ausgestattet mit Garten- und Mosaikflachen, als reprasentativer Verteilerraum. Der Zugang in den Komplex wurde durch ein in der Ostflanke installiertes quadratisches vestibulum mit polychromem Mosaik gewahrt. Nach den Ausgrabern ist fur Teile des Baus Zweigeschossigkeit anzunehmen.

Risalitanlage mit balneum (Teichner Phase III a?c)

Frigidarium des balneums des Hauptbaus, Romische Ruinen von Cerro da Vila, Oktober 2016

Fur den Verlauf des 3.?4. Jahrhunderts lasst sich eine weitere Vergroßerung der Anlage fassen. Charakteristisch sind an der Sudfront nun ein vorgesetzter langgestreckter Korridor mit Eckabschlussen im Westen und Osten. Wahrend im Osten ein hexagonaler, weit vorgezogener Risalitbau angebracht ist, ist die Situation im Westen aufgrund der Storung des Befundes unklar: Rekonstruiert werden entweder ein Risalitbau wie im Osten oder ein polygonaler Bau. Eine weitere große Veranderung bildet die Integration eines eigenen balneums in den Westflugel. Neben zahlreichen weiteren kleineren Veranderungen ist nun auch erstmals ein Untergeschoss im Bereich des balneums sicher zu fassen.

Funktionale Umstrukturierung zu Produktionsstatte (Teichner Phasen IV-V) Zum Ende der Nutzung des Baus, auf den ?Ubergang von der Spatantike zum fruhen Mittelalter“ [19] datiert, unterlief dieser einen grundsatzlichen Wechsel in der Art seiner Verwendung: War in spatantiker Zeit bereits die Anlage in ihrer Große reduziert sowie befestigt worden, werden nun in den zuvor rein fur Wohn- und Reprasentationszwecke genutzten Bau Becken sowie Vorratsgruben integriert. Zudem fanden sich nordlich von A kleinere Einraumbauten in Trockenbauweise , welche sich in ihrer Anlage nicht auf die vorhergehende Bebauung bezogen und in ihrer Mauertechnik deutlich von den fruheren romischen Bauten abzugrenzen sind.

Weitere kleine Wohnbebauung Nordlich der großen Thermen ( C ) schlossen sich einzelnstehende Gebaudegruppen ( E, F und G ) an. Diese zum Teil mit einem atrium testudinatum (Uberdecktes Atrium) versehenen Hauser stellten wohl Wohnhauser abseits der großen reprasentativen Wohnraume im Haupthaus A dar. In ihrer eigenstandigen Struktur und Ausstattung heben sie sich von separaten Wohnraumen wie in Abicada oder Milreu ab und boten ihren Bewohnern gehobenen Wohnkomfort. [20]

Phasen I-III der großen Thermen C

Ein großer Thermenkomplex ( Baueinheit C ) befand sich nordwestlich des Hauptgebaudes A. Seiner Form nach entspricht dieser dem Reihentypus romischer Badeanlagen, mit den gangigen Raumformen apodyterium , frigidarium , tepidarium und caldarium . Praefurnia fur die ausgedehnte hypocaustum -Anlage befanden sich dabei im nordlichen und westlichen Gebaudeteil.

Der als kompakte Thermenanlage in der mittleren Kaiserzeit begrundete Baukomplex erfuhr bald einen großzugigen Ausbau, in welchem unter anderem der Eingangsbereich um eine palaestra erweitert, eine natatio angebaut, sowie der gestiegene Wasserbedarf mittels eines großen Wasserspeichers gestillt werden sollte. Zudem erhielt die Anlage im Sudteil ein weiteres reprasentatives caldarium . Im Verlauf der spaten Kaiserzeit indes wurde die genutzte Grundflache wieder reduziert, insbesondere am Sudflugel nahm man zahlreiche Umbauten vor. In dieser Zeit wird auch das Hauptgebaude (A) mit den bis dahin freistehenden Thermen uber einen ausgebauten Gang architektonisch verbunden.

Gewerbebauten ( fabricae )

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Ostliche große fabrica ? Baueinheit J

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Auf dem Hangareal am nordostlichen Ende der Museumsflache befand sich in romischer Zeit ein großer Gewerbekomplex. Dieser unterlief zahlreiche Um- und Ausbauten, welche von Teichner in sechs Phasen, von der zweiten Halfte des 1. Jahrhunderts bis in das 11. Jahrhundert, unterteilt werden. Aufgrund der vormaligen intensiven landwirtschaftlichen Nutzung des Areals herrschen zum Teil nur sehr schlechte Erhaltungsbedingungen vor.

Vorbebauung (Teichner Phase I)
Fur die flavische Zeit [21] ist eine Bebauung uber spatere Planierschichten nachgewiesen. Konkrete Baubefunde fanden sich bislang allerdings nicht.
Erster Gewerbebau (Teichner Phase II)
Nach der Einplanierung der fruheren Bebauung kann die Anlage eines kleinen Gewerbebaus nachgewiesen werden. Zwar ist dieser nur in kleinen Fragmenten erfasst, doch deuten einzelne Ofen und Becken auf handwerkliche Tatigkeit hin. Auch eine separate Wasserversorgung ist uber Kanalbauten gesichert gewesen. Nach Teichner sind diese Bauten bis Mitte des 2. Jahrhunderts entstanden. [22]
Großer Gewerbebau (Teichner Phase III a?b)
Eine erneute Planierung des Areals in der zweiten Halfte des 2. Jahrhunderts markiert den Beginn der Bauten eines großen zu Produktionszwecken genutzten Baus. Dieser stellt sich als eine etwa 120 m lange, lineare Struktur dar, dessen langrechteckige Raume gestaffelt entlang einer zentralen, etwa 4,5 m breiten gepflasterten Straße liegen. Der Zugang zu selbiger konnte uber Toranlagen an beiden Enden des Gebaudes geregelt werden. Neben zum Teil mehrschiffigen Lagerhallen unterschiedlicher Große zeigt sich fur die restlichen Produktionsraume eine mittlere Lange von etwa 6,20 m. Wahrend die Mauern einheitlich aus opus caementitium (rom. Gußmauerwerk) gefertigt und grob verputzt waren, fiel die Bodengestaltung, abhangig von der angedachten Nutzung, variabel aus. So konnte opus signinum , Stampflehmboden , Plattenboden nachgewiesen werden. Zudem fanden sich in den einzelnen Raumen regelmaßig technische Einbauten wie Produktionsbecken aus opus signinum sowie Fundamentbasen fur Pressen.
In der fortgeschrittenen Nutzungszeit (4.?5. Jahrhundert) erfolgten zahlreiche Umbauten und Ausbesserungen an den Baukorpern. Charakteristisch ist, dass diese in minderer Qualitat (z. B. Bruchsteinmauerwerk statt opus caementitum ) ausgefuhrt worden waren. Zugleich deutet der Einbau weiterer Becken auf eine angestrebte Steigerung des Produktionsvolumens hin. Selbige durfte allerdings jah unterbrochen worden sein, wie marine Sedimente zeigen, welche als Spuren eines Sturm- oder gar Tsunamiereignisses gedeutet werden. [23]
Heterogene Nutzung des Areals (Teichner Phase IV)
Im Anschluss stellen sich tiefgreifende Veranderungen der Nutzung ein. Zum einen andert sich die Gewerbetatigkeit: Weg von der fischereibasierten Produktion hin zur Verarbeitung von Buntmetallen, wie durch die Verfullung der Becken und der Einrichtung von Ofen zur Metallverarbeitung nachgewiesen werden konnte. Zum anderen werden einzelne Raume so umgebaut, so dass diese, etwa uber den Einbau von Kochnischen, als Wohnraum genutzt werden konnten. Im Sudwesten reichen nun Teile einer Korpergrabnekropole westgotischer Zeitstellung in die ehemalige fabrica hinein.
Spate Wohnbebauung (Teichner Phase V)
Wohl in islamischer Zeit erfolgt die Uberpragung mit Trockenmauerwerk. Dieses wird unter Verwendung von spolia und sonstigem Bauschutt der fabrica errichtet. In einer der Vorratsgruben dieser Zeitstellung fand sich zudem ein in das beginnende 10. Jahrhundert datierter Silbermunzschatz aus Dirhem -Munzen.

Westliche große fabrica ? Baueinheit H

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Zwischen dem Hauptbau A und der großen fabrica J gelegen, fanden sich Spuren einer weiteren großflachigen Gewerbeanlage. L-formig deckt diese eine Grundflache von uber 1000 m² ab und setzte sich aus mehreren zum Teil mehrschiffigen Hallen zusammen.

Ausgehend von einer einfachen, im 1. Jahrhundert planierten Zisternenanlage (Phase I) konnen zwei weitere Bauphasen unterschieden werden:

In Phase II entsteht bereits genannte L-formige Grundform, welche sich aus drei großen Gewerbehallen zusammensetzte. Becken legen die Verarbeitung von Meeresfruchten nahe.

Neben einigen kleineren Umbauten ist fur eine nachfolgende Phase III, aufgrund der Funde in die Spatantike datiert, das Segmentieren großerer Raumeinheiten in kleinere Abteile charakteristisch. Zusatzlich zu den weiterverarbeitenden marinen Erzeugnissen finden sich nun die Zeugnisse von Buntmetallverarbeitung im Fundspektrum. [24]

Nordliche kleine fabrica ? Baueinheit I

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Im Norden des Gelandes sind Teile einer moglichen Gewerbeanlage gefunden worden. Hinweise auf deren Nutzung liefern der Nachweis einer von Ziegelplatten abgegrenzten Arbeitsflache, sowie in den Boden eingelassene dolia und Amphoren zur Speicherung des produzierten flussigen Erzeugnisses. Dem Fundmaterial nach Bestand der Bau vom 1.?3. Jahrhundert und wurde im 4. Jahrhundert abgerissen. [25]

Westlich des Hauptgebaudes ( A ) fanden sich, neben uber Antike und Mittelalter hinaus nicht verlandeten Seitenarmen der Ribeira de Quarteira, das Fundament einer aus opus caementitium , einem romischen hydraulischen Gusszement, gefertigten 40 m langen Steinstruktur. Dieses war auf in den Boden getriebene Holzpfahle gegrundet und wird von den Ausgrabern als Teil einer zweiphasigen Hafenanlage angesprochen, welche von flavischer Zeit bis in die Spatantike Bestand hatte. [26]

Wasserversorgung

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Als Zeichen eines gewissen Lebensstandards konnen die Anstrengungen zur Erlangung einer geregelten Wasserversorgung gelten. Fur die Versorgung der Anlage auf dem Cerro da vila ist im benachbarten Vale Tesnado ein seit dem 2. Jh. n. Chr. bestehender (und heute in einen Golfplatz integrierter) Staudamm samt zur Fundstelle fuhrendem Aquadukt nachgewiesen. [27] Das so gewonnene Wasser wurde sowohl fur den Bedarf innerhalb der Wohnbauten und thermae , als auch in den fabricae gebraucht und uber zahlreiche lokale Ton- und Bleileitungen verteilt.

Romische Korpergraber und Grabbauten

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Reste der romischen Nekropole ( K, N und O auf dem Gesamtplan) fanden sich sudostlich des von Villa und den fabricae eingenommenen Areals. Das westliche Ende markiert dabei das mausoleum K , ein aus der Kaiserzeit stammender Grabbau, das ostliche Ende wird durch den Grabturm O definiert. Vornehmlich in dessen Umgebung fanden sich zahlreiche Korpergraber des 2.?4. Jahrhunderts. Beide großeren Grabbauten befinden sich in einem schlechten Erhaltungszustand, so dass diese weder sehr genau datiert, noch im Detail rekonstruiert werden konnen. [28]

Spatantike ?westgotische‘ Korpergraber und Kultbau

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Reste einer spatantiken, bzw. westgotischen Nekropole fanden sich in Form von einzelnen Korpergrabern im Bereich zwischen der fabrica J und des mausoleum K . Einzelne spate Mauerfluchten im Westteil der fabrica konnen nach Teichner als Reste eines christlichen Sakralbaus, einer Kirche, gedeutet werden. [29]

Kontext: Marmeleiros, Quarteira

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Dem Cerro da Vila am anderen Ufer der Lagune gegenuberliegend ist eine weitere romische Fundstelle zu verorten. Diese villa rustica war vermutlich primar auf Fischerei ausgerichtet und bestand in zwei Bauphasen vom Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. bis mindestens zum Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. (keramikbasierter terminus post quem ). [30] Mit bislang nur vier archaologisch erfassten an einem Hof anschließenden Raumen, kann sie als eines der fruhkaiserzeitlichen Beispiele landlicher Hofanlagen in Lusitanien gelten [31] und ahnelt einzelnen fruhen baulichen Teilstrukturen auf dem Cerro da Vila sehr (vgl. Ubersichtsplan, M ). Benachteiligt durch die Lage am Ende der Lagune litt die Anlage allerdings deutlich starker unter der zunehmenden Verlandung, weshalb ihr mittelfristig die wirtschaftliche Grundlage abhanden ging.

Musealisierung und Schutzbemuhungen

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Das gemeindefreie Gebiet Vilamoura organisierte auf 550 m² im Westteil des ehemaligen besiedelten Gelandes ein vom Instituto de Gestao do Patrimonio Arquitectonico e Arqueologico (IGESPAR) betriebenes Freilichtmuseum. [32] Die einzelnen Bauglieder wurden hierzu teilweise wieder um einige Steinlagen aufgemauert, bzw. mit modernem Beton gesichert. Ein Rundweg mit erklarender Beschilderung fuhrt den Besucher durch die Anlage. Nordlich und ostlich anschließende Flachen außerhalb des archaologischen Parks sind zwar aus der landwirtschaftlichen Nutzung ausgenommen, allerdings nicht zu besichtigen. Einblicke in das Fundspektrum und die archaologischen wie historischen Hintergrunde bietet eine Ausstellung in einem kleinen Museumsbau im Suden des Museumsgelandes.

Die derzeitigen (06/2017) Offnungszeiten sind: taglich, 09:30?12:30 Uhr und 14:00?18:00 Uhr. Der Eintritt kostet € 3,-

Die Ruinen sind als Bodendenkmal registriert (sog. Imovel de Interesse Publico (antiga) (IIP)) und damit ihre Schutzwurdigkeit gesetzlich gesichert.

Commons : Villa von Vilamoura  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. F. Teichner . Zwischen Land und Meer ? Entre tierra y mar. Studien zur Architektur und Wirtschaftsweise landlicher Siedlungen im Suden der romischen Provinz Lusitanien. Stvdia Lvsitana 3 (Merida 2008). ISBN 978-84-612-7893-0 (online) , 271?416.
  2. C. Hilbich, I. Mugler, G. Daut, P. Frenzel, F. Teichner, R. Mausbacher. Geophysikalische, sedimentologische und mikrofaunistische Methoden zur Rekonstruktion der Palaogeographie einer Romischen Hafensiedlung: Die Landschaftsgenese der Lagune von Vilamoura (Portugal) wahrend der letzten 6000 Jahre. In: N. Beck (Hrsg.), Neue Ergebnisse der Meeres- und Kustenforschung. Beitr. 23. Jahrestagung des Arbeitskreises Geographie der Meere und Kusten ? Koblenz 2005. Schr. Arbeitskreis Landes- und Volkskunde 4, 2005, 51?71. https://www.researchgate.net/publication/255979251 .
  3. F. Teichner 2008, 284
  4. F. Teichner 2008, 287.
  5. F. Teichner 2008, 584
  6. F. Teichner 2008, 607
  7. F. Teichner 2008, 586?588
  8. F. Teichner 2008, 590?595
  9. F. Teichner 2008, 596
  10. F. Teichner 2008, 601
  11. F. Teichner 2008, 601
  12. F. Teichner 2008, 595?601
  13. F. Teichner 2008, 274.
  14. Jorge de Alarcao. Roman Portugal. (Warminster 1988) 207.
  15. F. Teichner 2008, 274.
  16. F. Teichner, Purpur, Olivenol und Fischsaucen als Exportartikel. Forschung Frankfurt, 1/2004, 2004, 60?63.
  17. http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/15273496 Forderungsubersicht der DFG (online)
  18. F. Teichner 2008, 287.
  19. F. Teichner 2008, 318.
  20. F. Teichner 2008, 483.
  21. F. Teichner 2008, 384.
  22. F. Teichner 2008, 384.
  23. F. Teichner 2008, 383.
  24. F. Teichner 2008, 368?371.
  25. F. Teichner 2008, 376.
  26. F. Teichner, Mensch, Umwelt, Wirtschaft: zum Landschaftsbezug wirtschaftlichen Handelns im antiken Hispanien. In: F. Kemmers (Hrsg.) Lege Artis: Festschrift fur Hans-Markus von Kaenel (Bonn 2014) 61?78, 69.
  27. F. Teichner 2008, 486.
  28. F. Teichner 2008, 403, 406.
  29. F. Teichner 2008, 399.
  30. F. Teichner 2008, 414?416.
  31. F. Teichner 2008, 458.
  32. http://www.ezportugal.com/vilamoura-portugal/things-to-do-vilamoura/vilamoura-historic-sites ( online ) 26. Juni 2017

Koordinaten: 37° 4′ 49,5″  N , 8° 7′ 13″  W