Vijayanagar

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Maximale Ausdehnung des Vijayanagara-Reiches (ca. 1520)

Vijayanagar (oder Vijayanagara ) war ein hinduistisches Konigreich in Sudindien , das von 1336/46 bis 1565 bestand. Es war nach einer gleichnamigen Stadt (deutsch: ?Stadt des Sieges“) benannt. Unter ihrem heutigen Namen Hampi gehort sie zu den Statten des UNESCO-Weltkulturerbes . [1]

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Grundlagen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Kernland von Vijayanagara war ein extrem trockenes Gebiet und im hochsten Maße von der Wasserspeicherung und Bewasserungsarbeit abhangig. Angesichts dunner Besiedlung war es zunachst ein Einwanderungsland. Erst allmahlich entwickelte es sich im Mittelalter von einer Zone der Viehzucht und marginalen Ackerwirtschaft zu einem robusten Wirtschaftsgebiet, das eine wachsende Bevolkerung ernahren konnte. Eine bedeutende Rolle bei der Erschließung spielte die Tempelwirtschaft mit ihren Spendengeldern, dem Landbesitz und der religiosen Autoritat. Angesichts der im Vergleich zum außersten Suden verhaltnismaßig schlechten wirtschaftlichen Ausgangsbasis waren die Clanchefs dieser Region an der Steigerung ihres Einkommens durch Soldnerdienste, Plunderungen und dem Zugriff auf die eintraglichen Handelsrouten interessiert. Die durch Muhammad bin Tughluq (1325?1351), den Sultan von Delhi , im fruhen 14. Jahrhundert verursachte politische Unordnung verstarkte diese Tendenz, und die Konige Vijayanagaras wussten sie fur sich zu nutzen.

Anfange [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Virupaksha-Tempel in Hampi
Verfallener Gopuram in Hampi

Die Reichsgrunder waren die Bruder Harihara I. und Bukka Raya I. , Sohne eines Mannes namens Sangama. Ihre Herkunft ist umstritten, einige Historiker vermuten den Aufstieg von ehemaligen Vasallen der Hoysala -Konige. Andere vertreten die These von einem Monch namens Vidyaranya , der zwei verschleppte und zum Islam bekehrte Bruder wieder zum Hinduismus zuruckfuhrte (um 1336).

Sangama und seine funf Sohne Bukka, Harihara, Kampana, Mudappa, Marappa standen zuerst in den Diensten des kurzlebigen Kampili-Konigreichs, das 1327 von den Muslimen beseitigt wurde und danach (nach Darstellung der meisten Historiker Karnatakas ) in den Diensten des Hoysala -Konigs, der 1327 seine Hauptstadt Dvarasamudram verlor. Eine aus Dokumenten des 17. Jahrhunderts abgeleitete gegenteilige Darstellung besagt, dass sie stattdessen in die Dienste der Kakatiya von Warangal gegangen waren, bei deren Fall sie von den Truppen des Delhi-Sultans gefangen wurden und zum Islam ubertraten. Der Sultan hatte sie dann zu Statthaltern im spateren Vijayanagara-Gebiet gemacht. Beides wurde sich nicht unbedingt ausschließen: Sie konnten auch Muslime und trotzdem in den militarischen Diensten der Hoysala gewesen sein, denn seit dem 12. Jahrhundert sind derartige Anstellungen bei den Hoysala belegt und fahrende Krieger ( Soldner ) waren zu dieser Zeit nicht selten.

Die erste Dynastie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Jedenfalls begrundeten die Bruder die Stadt Vijayanagara am Fluss Tungabhadra und weihten ihr Reich dem Gott Virupaksha . Nach dem Tod des benachbarten, letzten Hoysala -Konigs bestieg im Jahr 1346 den nun freien Thron, vielleicht sogar mit Zustimmung der Witwe, die noch 1349 in einer Inschrift vor ihm genannt wurde. [2] In dieser Zeit bemuhte sich der Monch Vidyaranya (zusammen mit seinem Bruder Sayana) der vedischen Lehre und den Gesetzen der Brahmanen neue Geltung zu verschaffen. Insbesondere baute er die Legende um den Philosophen Shankara aus und stellte sie in den Dienst seiner Erneuerungspolitik.

Die Konigsmacht war zunachst sehr schwach und hatte auch in den spateren Zeiten nur eine begrenzte Basis. Vor allem wurde sie in der ersten Generation der Vijayanagara-Konige mit dem Schutz der heiligen Statten vor den angreifenden Muslimen gerechtfertigt. Vijayanagara ahnelte im 14. Jahrhundert mehr einer Gruppe halbautonomer Staaten als einem geeinten Konigreich. So besaßen die drei Bruder Hariharas und Bukkas eigene Gebiete. Angesichts des begrenzten Vorlandes im Norden musste man sich auch auf die Hauptstadt verlassen. Diese (das heutige Hampi ) war vom Tungabhadra-Fluss, von Sumpfen und Granitklippen geschutzt, dazu kamen drei Granitmauern, drei Felsenburgen und unubersichtliche Berge. Sie uberstand so viele Belagerungen und erregte spater aufgrund ihrer Große und Pracht das Erstaunen portugiesischer Besucher.

In langwierigen Feldzugen musste im 14. und 15. Jahrhundert der zahe Widerstand kleinerer Konige und lokaler Fursten gebrochen werden, die sich z. T. auch mit dem Bahmani-Sultanat und Orissa verbundeten. Bereits Hariharas jungerer Bruder und Nachfolger Bukka (reg. 1357?77) focht umfangreiche Kriege mit seinen Nachbarn aus. Er behauptete die Grenze am Fluss Krishna und schloss 1365 Frieden mit dem Bahmani-Sultanat, stattdessen eroberte er (bzw. sein Sohn Kumara Kampana) im Jahr 1370 das Sultanat Madurai an der Sudspitze Indiens. Fur das Jahr 1365 wird im Dekkan ubrigens erstmals Artillerie erwahnt, bedient von Auslandern.

Erst Harihara II. (reg. 1377?1404) starkte die Konigsmacht, indem er gelegentlich Nicht-Verwandten und auch Brahmanen bedeutende Kommandos und Posten ubergab. Unter Deva Raya II. (reg. 1426?1446) kam es in der Mitte des 15. Jahrhunderts zu einer weiteren Starkung des Konigreichs, zum einen durch die Armeereform, zum anderen durch eine verbreiterte steuerliche Basis. Geldsteuern wurden nun (zusatzlich zu den ublichen Steuern auf Getreide und andere Kulturen) auf den Handel speziell an der Malabar-Kuste erhoben, ebenso auf Textilien und Metallwaren. Die nachsten Dynastien versuchten dann auch aus der Coromandel-Kuste Einkommen zu ziehen, wahrend sich ihre Vorganger dort noch mit Ehrenbezeigungen begnugt hatten.

Die verbreiterte steuerliche Basis ging Hand in Hand mit einer Modernisierung der Armee, was auch die militarische Uberlegenheit des Bahmani-Sultanats beendete. Unter Deva Raja II. zahlte sie Mitte des 15. Jahrhunderts neben den ublichen Fußsoldaten uber 35.000 Reiter, verfugte uber 100.000 Bogenschutzen, uber Feuerwaffen und Kriegselefanten. Der Konig kaufte die Pferde fur teures Geld in den Hafen der Malabar-Kuste und nahm sogar Muslime in seine Dienste, fur die er eine Moschee in Vijayanagara bauen ließ.

Die Tuluvas: Machthohepunkt und Scheitern [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach inneren Zerfallserscheinungen wechselte Ende des 15. Jahrhunderts zweimal die Dynastie, indem jeweils ein General den Thron usurpierte.

Unter dem Konig Krishnadeva Raya (reg. 1509?1529) aus der Tuluva-Dynastie stieg Vijayanagara wieder auf: Der letzte Bahmani-Sultan wurde geschlagen und wieder in sein Amt eingesetzt (1509), die Dekkan-Sultanate wurden gegeneinander ausgespielt, es kam zu einer umfangreichen Bautatigkeit und zu einer Forderung der Dichtkunst. Handelskontakte wurden zu den Arabern und zu den Portugiesen in Goa unterhalten, denen man zuvor geholfen hatte die Stadt zu erobern [3] . Im Kernland sicherte Krishnadeva seine Autoritat, indem er ein ganzes System koniglicher Festungen aufbaute und mit Soldnern (u. a. Portugiesen und Muslime mit Feuerwaffen, dazu Fußsoldaten nichtbauerlicher Herkunft) besetzte. Diese Soldatenhaushalte und ihre brahmanischen Befehlshaber und Agenten verschafften ihm eine bisher unerreichte Machtfulle.

Die Konigsmacht war aber nach wie vor begrenzt. Der Konig selbst verwaltete nur das Kronland, ca. 30.000 Quadratmeilen am Tungabhadra. Den Rest des Reiches verwalteten ranghohe Minister und Befehlshaber (Saluva Timma, Saluva Nayaka alias Chellappa, Saluva Timmarasu usw.). Ihre Verfugungsgewalt erstreckte sich dabei nicht allein uber einkommensstarke Provinzen, deren Ertrage nur teilweise an den Konig weitergeleitet wurden, sondern auch uber bedeutende Truppenteile. Der portugiesische Reisende Fernao Nuniz (ca. 1535) beschreibt diese "Minister" als Lords, nicht als Beamte. Sie bekamen die Landereien zu ihrer Verfugung, stutzten sich bei der Verwaltung auf die vorhandenen lokalen Strukturen (z. B. die Tempel und Sekten) und zahlten dem Konig nur eine festgesetzte Summe, die bei weitem nicht dem Ertrag ihrer Gebiete entsprach. Es ist wenig verwunderlich, dass sich die Interessen ehrgeiziger Lords schnell gegen die Krone richten konnten. Gleichzeitig nahm die Zahl muslimischer Soldner in den Truppen zu, auch wurden Muslime bei Hofe und in der Armeefuhrung zugelassen. Allein Rama Raya nahm fur seine relativ erfolgreiche Rebellion gegen den Konig Achyutadeva im Jahr 1535 einige Tausend muslimische Soldner aus Bijapur in seine Dienste.

Angesichts der expansiven Politik Vijayanagars im 16. Jahrhundert war eine unzuverlassige Machtbasis problematisch. Krishnadeva Raya hatte in den Jahren 1509/10 noch uber die vereinigten muslimischen Sultanate triumphiert. Dem Regenten (bzw. De-facto-Konig) Rama Raya sollte das trotz großer Erfolge (z. B. Gefangennahme des Sultans von Ahmadnagar ) nicht gelingen: Seine Politik endete in einer Katastrophe. Im Januar 1565 kam es zur entscheidenden Schlacht gegen die vereinten Dekkan-Sultanate bei Talikota : Zwei muslimische Generale liefen uber, der achtzigjahrige Rama Raya wurde gefangen und sofort enthauptet. Vijayanagara wurde geplundert und zerstort, seine Bevolkerung zerstreute sich. Die konigliche Familie floh und der nachste Regent, Tirumala Deva bemuhte sich um eine Wiederbelebung der Stadt, hatte aber keinen Erfolg und verlegte den Hof nach Penukonda.

Der Staat bestand noch bis ca. 1650 weiter, stellte aber keinen ernstzunehmenden Machtfaktor mehr dar.

Liste der Herrscher von Vijayanagara [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Liste basiert auf dem Buch A Forgotten Empire von Robert Sewell . [4]

Sangama-Dynastie
  • Harihara Raya I. (Deva Raya) (1336?1343)
  • Bukka Raya I. (1343?1379)
  • Harihara Raya II. (1379?1399)
  • Bukka Raya II. (1399?1406)
  • Deva Raya I. (1406?1412)
  • Vira Vijaya Raya (1412?1419)
  • Deva Raya II. (1419?1444)
  • (unbekannt) (1444?1449)
  • Mallikarjuna Raya (1452?1465)
  • Rajasekhara Raya (1468?1469)
  • Virupaksha Raya I. (1470?1471)
  • Praudha Deva Raya (1476??)
  • Rajasekhara Raya (1479?1480)
  • Virupaksha Raya II. (1483?1484)
  • Rajasekhara Raya (1486?1487)
Saluva-Dynastie
  • Narasimha Raya (1490??)
Tuluva-Dynastie
  • Narasa Raya (Vira Narasimha) (??1509)
  • Krishnadeva Raya (Krishna Deva) (1509?1529)
  • Achyuta Raya (1529?1542)
  • Sadasiva Raya (1542?1567)
Aravidu-Dynastie
  • Rama Raya (1542?1565)
  • Tirumala Raya (1567?1575)
  • Ranga Raya II. (1575?1586)
  • Venkata Raya I. (1586?1614)
  • Ranga Raya III. (1614)

Literarische Darstellungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Stadt und Reich Vijayanagar sind Gegenstand des 2023 erschienenen Romans Victory City von Salman Rushdie . [5]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Vijayanagar  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Vijayanagar ? UNESCO-Welterbe
  2. Kulke, Rothermund: A History of India. 4th edition. 2004, S. 188.
  3. G-Geschichte, Ausgabe 08/23 Portugal-Das erste Weltreich Seiten 46 und 47
  4. Robert Sewell: A Forgotten Empire . George Allen Amp Unwin Ltd., 1924, S. 404 (englisch, archive.org ).
  5. Tanya Lieske: Roman vom Siegen. (pdf) In: deutschlandfunk.de. 16. April 2023, abgerufen am 27. Marz 2024 .