Die
Verfassung des Konigreichs Bayern von 1818
war die zweite Verfassung des
Konigreichs Bayern
. Sie blieb, mit einigen Modifikationen, bis zum Ende der Monarchie in der
Novemberrevolution
von 1918 gultig.
Am 26. Mai 1818 erließ
Maximilian I. Joseph von Bayern
? als erster der funf deutschen Konige ? eine ?aus Unserm freyen Entschlusse euch gegebene“ neue Verfassung. Bayern war damit der achte Staat des
Deutschen Bundes
, der eine geschriebene Verfassung erhielt. Der Hintergrund ihres Entstehens war es, das Bemuhen
Metternichs
um eine Bundesverfassung zu verhindern. Die Verfassung wurde einseitig vom Konig erlassen, der Konig legte jedoch einen Eid auf die Verfassung ab und machte damit klar, dass er sich an diese gebunden fuhlte. Im Gegensatz zur
Bayerischen Konstitution vom 1. Mai 1808
regelte die neue Verfassung (fruher auch mit ?Constitution“
[1]
bezeichnet) die Frage einer
Volksvertretung
moderner, lehnte sich sonst aber in vielen Punkten an die vorherige Verfassung an.
Gemaß dem
monarchischen Prinzip
vereinigte der Konig ?in sich alle Rechte der Staatsgewalt“, ubte sie aber ?unter den von Ihm gegebenen in der gegenwartigen Verfassungs-Urkunde festgesetzten Bestimmungen aus“ (Titel II § 1). Die volle
Gewaltenteilung
war damit noch nicht erreicht, aber ihre Grundlagen waren gelegt.
Die ?
Stande-Versammlung
“ (ab 1848 ?Landtag“ genannt) war in zwei Kammern geteilt
(Titel VII. Von dem Wirkungskreise der Stande-Versammlung)
. In der ersten Kammer, der
Kammer der Reichsrate
, saßen Vertreter des
Hochadels
und der
Geistlichkeit
sowie weitere vom Konig ernannte Personen. Die
zweite Kammer
wurde nach einem indirekten
Klassenwahlrecht
besetzt, welches fur die Vertreter der Stadte (4. Klasse) und einfachen Grundbesitzer (5. Klasse) einen
Zensus
vorsah. Ohne Zustimmung der Standeversammlung konnte kein Gesetz erlassen und keine Steuer erhoben werden. Uberdies hatte sie laut § 19 ?das Recht, in Beziehung auf alle zu ihrem Wirkungskreise gehorigen Gegenstande dem Konige ihre gemeinsamen Wunsche und Antrage in der geeigneten Form vorzubringen“ ? eine Bestimmung, die den Kern zum Recht der
Gesetzesinitiative
barg und 1848 in einem besonderen Gesetz ausformuliert wurde. Gegenuber modernen Verfassungen fehlte ein allgemeines, geheimes und direktes
Wahlrecht
, doch wurde dieses 1848, 1881 und 1906 weiterentwickelt (siehe unten).
Der seinerzeit vergleichsweise fortschrittliche
Grundrechtekatalog
(Titel IV. Von allgemeinen Rechten und Pflichten)
sah den gleichen Zugang zu allen offentlichen Amtern, Sicherheit und Freiheit der Person, das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums, das Recht auf den gesetzlichen Richter,
Gewissens-
und eingeschrankt auch
Pressefreiheit
, Lastengleichheit sowie die
Auswanderungsfreiheit
vor. Titel VII § 21 der Verfassung gewahrte ein
Petitionsrecht
.
Verschiedene Wahlrechtsreformen schlugen sich (von der Aufhebung gewisser Paragraphen abgesehen) nicht im Verfassungstext nieder, sondern wurden auf Gesetzesebene, aber mit dem fur Verfassungsanderungen notigen Verfahren, erlassen. Mit dem
Gesetz, die Wahl der Landtags-Abgeordneten betreffend
vom 4. Juni 1848 wurde das aktive Wahlrecht zur zweiten Kammer auf alle volljahrigen mannlichen Staatsangehorigen ausgedehnt, die dem Staat eine direkte Steuer entrichteten und nicht wegen Verbrechen verurteilt waren (Artikel 5). Um als Abgeordneter gewahlt zu werden, musste das 30. Lebensjahr zuruckgelegt sein (Artikel 7). 1881 brachte eine Gesetzesanderung die
geheime Wahl
und genauer formulierte Wahlrechtsvoraussetzungen. Das Landtagswahlgesetz vom 9. April 1906 fuhrte dann die direkte Wahl der Abgeordneten ein. Die aktive und die passive Wahlberechtigung zur zweiten Kammer hatten nun Manner, die das funfundzwanzigste Lebensjahr zuruckgelegt hatten, die bayerische Staatsangehorigkeit seit mindestens einem Jahr besaßen, dem Staat seit mindestens einem Jahr eine direkte Steuer entrichteten und nicht entmundigt, konkurs- oder strafrechtlich verurteilt waren oder offentliche Armenunterstutzung bezogen.
Zur Errichtung eines
Staatsgerichtshofs
kam es am 30. Marz 1850. Obwohl dieses Gericht anfangs auf Ministeranklagen beschrankt war, stellte es doch einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Institutionalisierung der
Verfassungsgerichtsbarkeit
in Bayern dar.
Mit dem Beitritt zum
Deutschen Reich
1871 waren umfangreiche Anderungen notwendig, so zur Umsetzung der
Reichsjustizgesetze
nach 1877.
Im Oktober 1913 wurden in der Offentlichkeit Auszuge eines Rechtsgutachtens bekannt, das die Regierungsausubung des
Prinzregenten
Ludwig
anstelle des nominellen Konigs
Otto I.
als verfassungswidrig einstufte. Durch eine Anderung der bayerischen Verfassung wurde daher die grundsatzliche Moglichkeit geschaffen, im Fall einer lange andauernden Krankheit des Konigs die Regentschaft zu beenden und den nachsten Wittelsbacher in der Thronfolge den bayerischen Thron besteigen zu lassen. Die Initiative zu dieser Verfassungsanderung ging dabei ? anders als oft behauptet ? nicht vom Prinzregenten Ludwig aus, sondern von seinen Ministern, insbesondere von Finanzminister
Georg Ritter von Breunig
. Nachdem der Staatsrat und die beiden Parlamentskammern zugestimmt hatten, trat das Gesetz zur Regentschaftsbeendigung am 4. November 1913 in Kraft.
[2]
Am 5. November 1913 erklarte Prinzregent Ludwig in einer von den Ministern unterzeichneten Erklarung seine Regentschaft fur beendet und den Thron als ?erledigt“, womit Konig Otto I. seine Rechte als Staatsoberhaupt verlor.
[3]
Am selben Tage wurde der bisherige Prinzregent als Ludwig III. zum Konig von Bayern ausgerufen.
Noch am 2. November 1918 wurde eine seit September 1917 diskutierte umfangreiche Verfassungsreform durch ein Abkommen zwischen der Kgl. Staatsregierung und allen Landtagsfraktionen geschlossen, das folgende Punkte enthielt:
- Einfuhrung des
Verhaltniswahlrechts
und des
Frauenstimmrechts
;
- Erweiterung der Kammer der Reichsrate durch gesetzlich festgelegte Vertreter bestimmter Berufsstande unter gleichzeitiger Reduzierung der Anzahl der Vertreter des Konigshauses sowie Einschrankung der Befugnisse auf ein zweimaliges Veto gegen Beschlusse der Abgeordnetenkammer.
- Bindung der Minister und der bayerischen Bundestagsgesandten an das Vertrauen der Abgeordnetenkammer (Parlamentarisierung).
Konig Ludwig III. stimmte noch am gleichen Tage der Umwandlung der konstitutionellen in eine
parlamentarische Monarchie
zu. Die Ausrufung der Republik am 7. November 1918 kam dieser jedoch zuvor.
[4]
Nach der
Revolution von 1918
folgte den kurzlebigen Staatsgrundgesetzen vom 4. Januar und 17. Marz 1919 die
Bamberger Verfassung
von 1919, die den Ubergang vom Konigreich zum
Freistaat Bayern
abschloss.
- Alfons Wenzel:
Bayerische Verfassungsurkunden.
Stamsried, 3. Auflage, 2000.
- Karl A. von Drechsel:
Die Reichsrate der Krone Bayern.
Munchen 1954 (=
Volksgenealogische Beitrage aus Bayern, Franken und Schwaben
1, Beilage zu
Der Familienforscher in Bayern, Franken und Schwaben
), S. 89?109.
- ↑
Max Dollner
:
Entwicklungsgeschichte der Stadt Neustadt an der Aisch bis 1933.
1950; 2. Auflage, Ph. C. W. Schmidt, Neustadt an der Aisch 1978,
ISBN 3-87707-013-2
, S. 392.
- ↑
Albrecht:
Prinzregentenzeit
. Munchen 2003,
ISBN 3-406-50451-5
,
S.
412
(1047 S.,
eingeschrankte Vorschau
in der Google-Buchsuche).
- ↑
Allerhochste Erklarung uber die Regentschaft
vom 5. November 1913,
Online
auf der Seite des
Hauses der Bayerischen Geschichte
.
- ↑
36. Landtag des Konigreichs Bayern (1912?1918)