Uvo Holscher (Philologe)

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Uvo Harald Antonio Holscher (* 8. Marz 1914 in Halle (Saale) ; † 31. Dezember 1996 in Munchen ) war ein deutscher Klassischer Philologe .

Leben und Wirken [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Sohn des Theologen Gustav Holscher besuchte Gymnasien in Marburg und Bonn. Er studierte zunachst ab 1932 in Tubingen und Munchen Naturwissenschaften und Kulturwissenschaft, dann in Frankfurt/Main Klassische Philologie, wo er sich besonders fur die Vorlesungen Karl Reinhardts interessierte. Bei dessen regelmaßigen Samstag-Einladungen lernte er Max Kommerell und auch die Studentin Dorothea Lohmeyer kennen, die er 1940 heiratete. 1937 wurde er bei Reinhardt uber das Thema Die Philosophie des Empedokles promoviert und am nachsten Tag zur Wehrmacht einberufen. Die Habilitation erfolgte 1944 wahrend eines kurzen Urlaubs bei Bruno Snell in Hamburg, mit dem Thema Ekkyklema-Szenen im griechischen Drama . Diese Arbeit blieb unveroffentlicht, und er musste bei der Partei eine Erklarung abgeben, sich nie um eine Professur zu bewerben. Seine Zeit in amerikanischer Kriegsgefangenschaft verbrachte er aufgrund eines gescheiterten Fluchtversuches unter erschwerten Bedingungen. Nach seiner Entlassung 1946 setzte er seine wissenschaftliche Karriere als Privatdozent an der Universitat Munchen fort, wohin er sich umhabilitiert hatte, 1951 wurde er dort zum Professor ernannt. Dort war er zeitweise einziger Vertreter seines Faches an der Universitat Munchen, bis Friedrich Klingner und Rudolf Pfeiffer dorthin kamen. Nach einem England-Aufenthalt wurde Holscher 1954 als ordentlicher Professor an die Freie Universitat Berlin berufen und 1962 nach Heidelberg . Ab 1970 war er wieder Professor in Munchen.

Holscher blieb der einzige Schuler Reinhardts, von dem er auch seine Hauptthemen ubernahm: sein Werk galt der fruhen griechischen Dichtung (insbesondere Homer ) und der Philosophie der Vorsokratiker. Sein bekanntestes Buch ist eine Legitimation der Altphilologie: Die Chance des Unbehagens ? Zur Situation der klassischen Studien (1965). Auch die Formulierung Das nachste Fremde wird haufig zitiert, um das Verhaltnis der Moderne zur Antike zu charakterisieren. Das bedeutendste Werk ist Die Odyssee ? Epos zwischen Marchen und Roman (1988).

Holscher war von 1969 bis 1971 ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und seit 1971 korrespondierendes Mitglied.

Von 1978 bis 1990 war Holscher Prasident der Holderlin-Gesellschaft . 1989 wurde ihm von der Stadt Pforzheim der Reuchlin-Preis verliehen.

Er war mit der Germanistin Dorothea Holscher-Lohmeyer verheiratet, seine Sohne sind der Klassische Archaologe Tonio Holscher und der Historiker Lucian Holscher .

Schriften (Auswahl) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Untersuchungen zur Form der Odyssee. Szenenwechsel und gleichzeitige Handlungen. Weidmann, Berlin 1939.
  • Empedokles und Holderlin. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1965. 2., uberarbeitete Auflage, herausgegeben von Gerhard Kurz , Edition Isele, Eggingen 1998, ISBN 3-86142-124-0 .
  • Die Chance des Unbehagens. 3 Essais zur Situation der klassischen Studien. Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 1965.
  • Anfangliches Fragen. Studien zur fruhen griechischen Philosophie. Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 1968.
  • Parmenides : Vom Wesen des Seienden. Die Fragmente. Griechisch und deutsch. Herausgegeben, ubersetzt und erlautert von Uvo Holscher. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1969. Neuauflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-518-28224-7 . Uberarbeitete Neuauflage, herausgegeben von Alfons Reckermann , Meiner, Hamburg 2014, ISBN 978-3-7873-2479-8 .
  • Der Sinn von Sein in der alteren griechischen Philosophie (= Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse. Jahrgang 1976, Abhandlung 3). Winter, Heidelberg 1976, ISBN 3-533-02504-7 .
  • Die Odyssee. Epos zwischen Marchen und Roman. 3. Auflage. C. H. Beck, Munchen 1990, ISBN 3-406-33390-7 .
  • Das nachste Fremde. Von Texten der griechischen Fruhzeit und ihrem Reflex in der Moderne. C. H. Beck, Munchen 1994, ISBN 3-406-38505-2 (gesammelte Aufsatze, enthalt Bibliographie Holschers).
  • Stromungen der deutschen Grazistik in den Zwanziger Jahren. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Altertumswissenschaft in den 20er Jahren. Franz Steiner, Stuttgart 1995, ISBN 3-515-06569-5 .

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Uvo Holscher: Antrittsrede vor der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. In: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften fur 1969. Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Heidelberg 1970, S. 76?80.
  • Albert von Schirnding : Die Wiedergewinnung des antiken Bodens. Zum 80. Geburtstag von Uvo Holscher. In: Antike Welt 25, 1994, S. 216?217.
  • Joachim Latacz (Hrsg.): In memoriam Uvo Holscher 8. Marz 1914?31. Dezember 1996. Gedenkfeier des Instituts fur Klassische Philologie der Universitat Munchen am 9. Mai 1997. Erganzt um die Gedenkrede des Sekretars der Philosophisch-Historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Geza Alfoldy vom 13. Januar 1997 in Heidelberg. Seminar fur Klassische Philologie der Universitat Basel, Basel 1997.
  • Walter Burkert : Nachruf auf Uvo Holscher. In: Gnomon . Band 70, 1998, S. 474?477. Nachdruck in: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften fur 1998. Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Heidelberg 1999.
  • Sotera Fornaro, Thomas Poiss: Holscher, Uvo. In: Peter Kuhlmann , Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Altertumswissenschaften. Biographisches Lexikon (= Der Neue Pauly . Supplemente. Band 6). Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02033-8 , Sp. 586?587.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]