Wiener Pestsaule
aus Untersberger Marmor
Der
Untersberger Marmor
ist ein vielseitig verarbeiteter
Kalkstein
. Dessen Benennung mit dem Zusatz ?
Marmor
“ verweist auf seine Verwendung als Bildhauer- und Dekorationsgestein, ist historisch gepragt und auch heute vor allem bei
Steinmetzen
ublich, da dieser Kalkstein wie Marmor verarbeitet und poliert werden kann.
Der Stein wird und wurde am Nordhang des
Untersberges
in den Nordlichen Kalkalpen bei
Furstenbrunn
(
Salzburg
) gebrochen. Das Marmorwerk stellt eine Ortslage der Gemeinde
Grodig
dar, aufgelassene Abbaustellen ziehen sich bis nach
Großgmain
. Das
Untersbergmuseum
, das den Abbau dokumentiert, liegt nicht im heutigen Steinbruch selbst, sondern unterhalb in Furstenbrunn.
Hauptfassade des
Salzburger Doms
aus ausgesucht hellem Untersberger Marmor (Restauriert 1998)
Untersberger Marmor wurde bereits in der Romerzeit abgebaut. Im Veitlbruch, der seit 1919 nicht mehr betrieben wird, fand man in einer Abraumhalde steinerne Bruchstucke der Romer, die im Untersbergmuseum in Furstenbrunn ausgestellt sind. Bis 1703 wurde der Steinbruch vom Erzbischoflichen Hofbauamt betrieben. Die Bischofe und Adeligen, wie die von Baron Friedrich
von Lowenstern
, waren im Besitz der Steinbruche, bevor die
Marmorindustrie Kiefer
AG (seinerzeit Kiefersfelden in Bayern, heute in
Oberalm
) sie kaufte. Im Jahre 1887 erwarb die Kiefer AG von Freiherr von Lowenstern die
Steinbruche
des Untersberges und das Hauptwerk in Oberalm mitsamt den
Adneter Marmorbruchen
. Die Steinbruche, die erworben wurden, waren der
Hofbruch, Neu-, Mittel- und Veitlbruch
.
Heute wird Untersberger Marmor nur noch in zwei Steinbruchen abgebaut, im großen
Kieferbruch
⊙
47.73852
12.990035
575
und dem kleineren
Mayr-Melnhof
-Bruch
⊙
47.735915
12.9893
675
oberhalb.
Das Gestein ist in der Oberen
Kreide
als Teil der
Gosau-Gruppe
entstanden. Kalksteine sind
Sedimentgesteine
(Ablagerungsgesteine). In diesem Kalkstein sind Bruchstucke von abgestorbenen Schnecken, Muscheln usw. aus Kalk abgelagert. Unzertrummerte Versteinerungen sind verhaltnismaßig selten und spielen im Erscheinungsbild des Gesteins keine Rolle (
Hippuriten
, Muschel- und Korallendurchschnitte).
Alle Arten des Untersberger Marmors sind nach
Alois Kieslinger
Konglomerate (z. T. Breccien), bestehend aus den Kalkgerollen von Trias, Jura und Unterkreide-Gesteinen, sowie aus Bruchstucke von Schalen von Gosau-Versteinerungen. Nur die ganz dickschaligen Hippuriten auf der einen Seite und die kleinen Schalchen der
Foraminiferen
auf der anderen sind der Zertrummerung entgangen.
Die sehr dichten Natursteine sind zusammengesetzt aus fein- bis vereinzelt grobkornigen Kalkbruchstucken und -gerollen, die durch
Calcit
verkittet sind, es ist daher genaugenommen von einem
Konglomerat
zu sprechen.
[1]
Die Natursteinsorten im Untersberg variieren farblich von hell beige (mit roten Tupfen) bis rosa und rotlich, selten gelb. Handelsublich ist der lichtgelbe
Untersberger Hell
, der
Forellenstein
wegen der roten Punktchen auch Forellenmarmor genannt, der rotlich geaderte
Untersberger Rosa
sowie der
Untersberger Gelb
.
Die Dichtigkeit und Festigkeit machen diesen Naturstein verwitterungsfest. Das Bindemittel besteht aus sehr reinem klaren Kalkspat, der zunachst als Pelz die einzelnen Kornchen umrindet, dann aber in großeren Kristallen die Zwischenraume zwischen den Kornern auffullt. In dieser uberaus vollkommenen Kombination sieht
Alois Kieslinger
die Ursache fur die hohe Wetterbestandigkeit des Gesteins. Die Eindringungstiefe von Wasser betragt nur einige Zehntelmillimeter. Er kann poliert werden. Er ist sehr gut fur
Steinbildhauerarbeiten
geeignet, da er filigrane Ausarbeitungen ermoglicht. Untersberger Marmor war in der figurlichen Steinbildhauerei im 16. Jahrhundert in Mitteleuropa weit verbreitet.
Bis um 1900 wurden Steine in traditioneller Keiltechnik mit
Steinspaltwerkzeugen
gewonnen, danach kamen Drahtseilsagen mit Spiraldraht zum Einsatz. Heute verwendet man zur Gewinnung der Kalksteine vorwiegend Diamant-
Seilsagen
und
Kettenschrammaschinen
. Der Untersberger Marmor wird seit kurzem unterirdisch abgebaut. Der unterirdische Abbau hat in Italien beim Abbau des
Carrara-Marmors
eine jahrzehntelange Tradition. In Osterreich bietet der Einsatz dieser Technik vor allem den Vorteil, dass der teilweise uber 10 Meter hohe Abraum nicht kostenintensiv weggeraumt werden muss, ferner entsteht keine Beeintrachtigung des Landschaftsbildes und der entstehende Larm dringt von unter Tage kaum nach draußen.
Sarkophag des Reichskanzlers Otto von Bismarck aus Untersberger Marmor
Zahlreiche Skulpturen wurden aus Untersberger Marmor geformt. Zahlreiche Steinbildhauer und Architekten verwendeten diesen Naturstein vor allem im 17. Jahrhundert, wie
Johann Bernhard Fischer von Erlach
und dessen Sohn
Joseph Emanuel
,
Georg Raphael Donner
und spater
Fritz Schaper
,
Edmund Hellmer
,
Joseph Uphues
,
Otto March
,
Wolfgang Wallner
, und andere mehr. In der
Grunderzeit
wurde dieser Kalkstein fur Baufassaden, Brunnen, Statuen, Treppenhauser und Grabmale besonders in Osterreich-Ungarn und Deutschland verwendet.
1989 wurde in
Furstenbrunn
/Grodig, ein kleines Museum des Marmorbergbaus, im historischen
Kieferbruch
, unterhalb der aktuellen Abbaue, am Rande des Ortes Furstenbrunn, eingerichtet. Dort ist auch eine
Kugelmuhle
in Betrieb, die aus dem reizvollen Gestein kleine
Steinkugeln
produziert. Ursprunglich wurden diese Muhlen im Raum Salzburg zur Produktion von
Kanonenkugeln
fur die erzbischofliche
Festung Hohensalzburg
eingesetzt. Heute befinden sich Beispiele dieser historischen Munition in dem Museum. Als keine Steingeschosse mehr benotigt wurden, wurde auf die Herstellung von Zierrat umgestellt.
-
Kugelmuhle im Untersbergmuseum, betrieben mit dem Wasser der
Glan
-
Gedachtnissaulen,
denkmalgeschutzt
- Alois Kieslinger
:
Die nutzbaren Gesteine Salzburgs
. Das Bergland-Buch, Salzburg u. a. 1964 (=
Mitteilungen der Gesellschaft fur Salzburger Landeskunde
.
Erganzungsband 4).
- Alois Kieslinger,
Salzburger Marmor in der Kunst von zwei Jahrtausenden
. In:
Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt
, Sonderheft G, Wien 1965, S. 313?316 (auch
Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft
116;
pdf
, geologie.ac.at).
- Marmorindustrie Kiefer AG (Hrsg.):
Denkschrift uber die Entwicklung der Aktiengesellschaft fur Marmorindustrie Kiefer in Kiefersfelden in den ersten funfundzwanzig Jahren ihres Bestehens, 1883-1908.
Bruckmann, Munchen o. J. (1908)
- ↑
Kieslinger, 1965
47.736666666667
12.995555555556
520
Koordinaten:
47° 44′ 12″
N
,
12° 59′ 44″
O