Udo Zimmermann
(*
6. Oktober
1943
in
Dresden
; †
22. Oktober
2021
ebenda
[1]
[2]
) war ein
deutscher
Komponist
,
Dirigent
und
Intendant
.
[3]
Zimmermann wurde 1943 in Dresden geboren. Von 1954 bis 1962 war er Mitglied im
Dresdner Kreuzchor
unter
Rudolf Mauersberger
, welcher erste Kompositionen betreute und mit dem Chor auffuhrte. Zu dieser Zeit festigte sich sein asthetischer ?Blick nach innen, auch unabhangig von christlicher Sinnsuche“.
[4]
Nach dem Abitur studierte er an der
Dresdner Musikhochschule
bei
Johannes Paul Thilman
Komposition, außerdem
Dirigieren
(bei
Rudolf Neuhaus
) und
Gesang
. Er wurde 1968
Meisterschuler
bei
Gunter Kochan
an der
Deutschen Akademie der Kunste Berlin
und arbeitete zwei Jahre als Assistent des Musiktheaterregisseurs
Walter Felsenstein
. 1970 wurde er
Dramaturg
fur zeitgenossisches
Musiktheater
an der
Staatsoper Dresden
, wo er bis 1985 wirkte. Ab 1976 war er
Dozent
und ab 1979 Professor fur
Komposition
an der Dresdner Musikhochschule; zu seinen Schulern gehorten
Annette Schlunz
,
Caspar Rene Hirschfeld
,
Friedhelm Hans Hartmann
und Jan Trieder.
1974 grundete Zimmermann das Dresdner ?Studio Neue Musik“, aus dem 1986 in Dresden-
Loschwitz
das
Dresdner Zentrum fur zeitgenossische Musik
hervorging, das sich als Forschungszentrum und Ausrichter von Konzerten und Festivals (
Dresdner Tage der zeitgenossischen Musik
) einen internationalen Ruf in der Szene der
Neuen Musik
erworben hat. 2004 uberfuhrte er es in das
Europaische Zentrum der Kunste Hellerau
, das er bis 2008 als Intendant leitete.
1985 bis 1990 leitete Zimmermann die Werkstatt fur zeitgenossisches Musiktheater an der Oper Bonn. Von 1990 bis 2001 war er
Intendant
der
Oper Leipzig
; auch hier galt sein Engagement besonders dem Musiktheater des 20. Jahrhunderts, zahlreiche Urauffuhrungen u. a. von
Karlheinz Stockhausen
,
Dieter Schnebel
und
Jorg Herchet
fanden in dieser Zeit statt, das Opernhaus wurde mehrfach ausgezeichnet. Die Halfte seiner Neuproduktionen waren moderne Stucke und Urauffuhrungen, die mit namhaften Personlichkeiten des Regietheaters ? so zum Beispiel
Ruth Berghaus
,
Peter Konwitschny
,
George Tabori
? zum Erfolg beitrugen.
[5]
1997 bis 2011 hatte er die kunstlerische Leitung der Reihe
musica viva
des
Bayerischen Rundfunks
inne und brachte hier in den 14 Jahren seines Wirkens 175 Werke zur Urauffuhrung.
[6]
Von 2001 bis 2003 war er Generalintendant der
Deutschen Oper Berlin
. Von 2004 bis 2008 entwickelte er als Grundungsintendant des Europaischen Zentrums der Kunste
Hellerau
u. a. in Zusammenarbeit mit dem Choreografen
William Forsythe
das historische
Festspielhaus Hellerau
zu einem wichtigen Standort fur die zeitgenossischen Kunste.
1993 und 1995 war Zimmermann
Composer in Residence
bei den
Salzburger Festspielen
. Als Dirigent gastierte er ab 1979 u. a. bei den
Berliner Philharmonikern
,
Wiener Symphonikern
, beim
Gewandhausorchester
,
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
,
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
,
NDR Sinfonieorchester
,
Tonhalle-Orchester Zurich
und bei der
Staatskapelle Dresden
. Zudem wurde er an den Opernhausern Wien, Hamburg, Munchen und Bonn tatig.
1983 wurde er zum Ordentlichen Mitglied der
Akademie der Kunste der DDR
berufen. Von 1985 bis 1989 war er Vorstandsmitglied des
Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR
. Zimmermann war Mitglied der
Akademie der Kunste Berlin-Brandenburg
, deren Sektion Musik er von 2003 bis 2008 als Direktor vorstand, der
Europaischen Akademie der Wissenschaften und Kunste
, der
Freien Akademie der Kunste zu Leipzig
(Prasident von 1992 bis 1997), der
Sachsischen Akademie der Kunste
(Prasident von 2008 bis 2011), der
Freien Akademie der Kunste Hamburg
und der
Bayerischen Akademie der Schonen Kunste
. Von 1996 bis 2001 war er Prasident des Sachsischen Kultursenats. 2008 wurde er zum Officier des
Ordre des Arts et des Lettres
ernannt.
Ab 2009 war Zimmermann mit Saskia Leistner verheiratet. Seiner ersten Ehe (1967?1970) mit Kristina Mann entstammt die Schauspielerin
Claudia Michelsen
; seiner zweiten Ehe (1970?2007) mit
El?bieta Holtorp
entstammen zwei Sohne. Er lebte in Dresden und starb im Oktober 2021.
Udo Zimmermann war Bruder des Journalisten, Schriftstellers und Librettisten
Ingo Zimmermann
.
Zimmermanns Hauptaugenmerk galt dem
Musiktheater
, er schrieb mehrere Opern, von denen die
Weiße Rose
(1986) uber die Geschwister Scholl internationalen Erfolg hatte; mit weit uber 200 Produktionen seit ihrer Urauffuhrung ist sie eine der meistgespielten zeitgenossischen Opern. Die Asthetik der Stille ubernimmt hier den Ausdruck des Abstrakten und fordert die Bewusstwerdung und Ruckbesinnung des Individuums auf sich selbst, gegen das Verschweigen der NS-Zeit und als Appell fur eine weltoffene Gesellschaft der Zukunft.
[7]
Weitere Werke dieser Gattung sind u. a.
Levins Muhle
(nach dem Roman von
Johannes Bobrowski
),
Der Schuhu und die fliegende Prinzessin
(nach einem Marchen von
Peter Hacks
) und
Die wundersame Schustersfrau
(nach
Federico Garcia Lorca
).
Er schrieb außerdem Kammermusik sowie Vokal- und Orchesterwerke. Stilistisch rechnet man ihn zur Neuen Musik; seine musikalische Ausdrucksbreite war vielfaltig und orientierte sich an einer jeweiligen plastischen Umsetzung der kompositorischen Aufgabe. Nach einer zwolfjahrigen Schaffenspause aufgrund seiner umfangreichen Aufgaben als Intendant war er erst ab 2009 wieder kompositorisch aktiv, u. a. mit zwei Solokonzerten fur den Cellisten
Jan Vogler
(2009) und die Geigerin
Elena Denisova
(2013).
- Sonetti amorosi
fur Alt, Flote und Streichquartett, Text:
Gaspara Stampa
(1966)
- Ein Zeuge der Liebe die besiegt den Tod.
Gesange fur Sopran und Kammerorchester nach
Tadeusz Rozewicz
(1972)
- Psalm der Nacht,
fur sechzehnstimmigen Frauenchor, Mannerstimmen, Schlagwerk und Orgel nach Texten von
Nelly Sachs
und des 130. Psalms
De profundis
(1976)
- Hymne an die Sonne
fur Sopran, Altflote und Cembalo nach
Heinrich von Kleist
(1977)
- Wenn ich an Hiroshima denke
. Liederzyklus fur Sopran und Orchester bzw. Klavier nach Texten von
Sadako Kurihara
(1981/82)
- Pax questuosa
(Der klagende Friede)
fur Soli, drei Kammerchore und Orchester nach Dichtungen von
Franz von Assisi
,
Czesław Miłosz
und deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts. Auftragswerk der
Berliner Philharmoniker
zum 100-jahrigen Bestehen (1982, UA 14./15. Dezember 1982,
Berliner Philharmonie
unter
Gary Bertini
)
- Gib Licht meinen Augen oder ich entschlafe des Todes
(1986)
- Ich bin eine rufende Stimme,
fur Soli, drei Chore, Kinderchor und Orchester (1996/1997)
- Die weiße Rose
(Libretto von
Ingo Zimmermann
, Erstfassung 1967, Ein Stuck fur das Musiktheater, UA 17. Juni 1967, Kleines Haus der
Staatstheater Dresden
; erweiterte Zweitfassung 1968, Oper in acht Bildern und sieben Ruckblenden, UA 6. Oktober 1968,
Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin
)
- Die zweite Entscheidung
(1970, Oper in sieben Bildern und drei Interludien, Libretto von
Ingo Zimmermann
, UA 10. Mai 1970, Buhnen der Stadt Magdeburg, und 11. Mai 1970,
Landestheater Dessau
)
- Levins Muhle
(1972, Oper in neun Bildern frei nach dem gleichnamigen Roman von
Johannes Bobrowski
, Libretto von
Ingo Zimmermann
, UA 27. Marz 1973,
Staatsoper Dresden
)
- Der Schuhu und die fliegende Prinzessin
(1976, Marchenoper in drei Abteilungen nach
Peter Hacks
’
Der Schuhu und die fliegende Prinzessin
, Einrichtung zum Libretto von Udo Zimmermann und Eberhard Schmidt, UA 30. Dezember 1976,
Dresden
; BRD-EA 5. Mai 1977 zur Eroffnung der
Schwetzinger Festspiele
durch das Ensemble des
Staatstheaters Darmstadt
)
- Die wundersame Schustersfrau
(1982, Oper in zwei Akten nach
Federico Garcia Lorca
, Einrichtung zum Libretto von Udo Zimmermann und Eberhard Schmidt, UA 25. April 1982,
Schloßtheater Schwetzingen
durch das Ensemble der
Hamburgischen Staatsoper
; DDR-EA 28. September 1982,
Oper Leipzig
und
Deutsche Staatsoper Berlin
)
- Weiße Rose
(1986, Kammeroper, Szenen fur zwei Sanger und 15 Instrumentalisten nach Texten von Wolfgang Willaschek, UA 27. Februar 1986,
Opera Stabile, Hamburg
)
- Dramatische Impression 1963
fur Violoncello und Klavier bzw. Orchester (1963)
- L’Homme. Meditationen fur Orchester nach
Eugene Guillevic
(1970)
- Sieh, meine Augen. Reflexionen fur Kammerorchester nach
Ernst Barlach
(1970)
- Mutazoni per orchestra
(1973)
- Sinfonia come un grande lamento.
Dem Andenken
Federico Garcia Lorcas
(1977)
- Songerie pour orchestre de chambre.
Dem Andenken von
Karl Bohm
(1982)
- Canticum marianum
fur 12 Violoncelli solo (1984)
- Mein Gott, wer trommelt denn da?
Reflexionen fur Orchester.
Dem Andenken von Sophie und
Hans Scholl
(1986)
- Nouveaux Divertissements d’apres Rameau pour cor et orchestre de chambre.
Fur
Peter Damm
(1988)
- Dans la marche.
Hommage a
Witold Lutosławski
(1994)
- Lieder von einer Insel.
Konzert fur Violoncello und Orchester. Fur
Jan Vogler
(2009)
- Brahms-Fanfare
fur zehn Blechblaser und Pauke (2010)
- Konzert fur Violine und Orchester. Fur
Elena Denisova
(2013)
- Ein April hat 30 Tage
(1978)
- Der Morgen
(1980) DEFA, Regie:
Konrad Weiß
- So spricht das Leben
(1981)
- Die Generale
(1986)
- Schatten
(1987) DEFA, Regie:
Konrad Weiß
- Frank Geißler (Hrsg.):
Man sieht, was man hort. Udo Zimmermann uber Musik und Theater
. Reclam, Leipzig 2003,
ISBN 3-379-00810-9
.
- Fritz Hennenberg
:
Udo Zimmermann.
Bouvier-Verlag, Bonn 1992,
ISBN 3-416-02384-6
.
- Udo Zimmermann.
In:
Sigrid Neef
(mit
Hermann Neef
):
Deutsche Oper im 20. Jahrhundert. DDR 1949?1989.
Lang, Berlin 1992,
ISBN 3-86032-011-4
, S. 532 ff.
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In: Wilfried W. Bruchhauser:
Komponisten der Gegenwart im Deutschen Komponisten-Interessenverband. Ein Handbuch.
4. Auflage. Deutscher Komponisten-Interessenverband, Berlin 1995,
ISBN 3-555-61410-X
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- Felicitas Nicolai:
Udo Zimmermann
. In:
Komponisten der Gegenwart
(KDG). Loseblattsammlung. Edition Text & Kritik, Munchen 1996.
- Bernd-Rainer Barth
:
Zimmermann, Udo
. In:
Wer war wer in der DDR?
5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010,
ISBN 978-3-86153-561-4
.
- Eckart Kroplin
:
Operntheater in der DDR. Zwischen neuer Asthetik und politischen Dogmen
. Henschel 2020.
ISBN 978-3-89487-817-7
- Saskia Zimmermann und Matthias Herrmann (Hrsg.):
Ich bin ein Theatermensch. Udo Zimmermann - Erinnerungen und Dokumente
. Breitkopf & Hartel Leipzig/Wiesbaden 2024,
ISBN 978-3-7651-0513-5
.
- ↑
Michael Ernst:
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In:
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.
22. Oktober 2021
;
abgerufen am 24. Oktober 2021
.
- ↑
Udo Zimmermann im Alter von 78 Jahren gestorben.
In:
Spiegel Online
.
22. Oktober 2021,
abgerufen am 22. Oktober 2021
.
- ↑
Biografische Daten von Udo Zimmermann. In:
Wer ist Wer ? Das deutsche Who’s Who 2010/2011
. 50. Ausgabe. Schmidt-Romhild, Verlagsgruppe Beleke, Lubeck 2010,
ISBN 978-3-7950-2050-7
.
- ↑
Udo Zimmermann im Gesprach mit Attila Kornel, 9. Februar 2015, zitiert nach: Attila Kornel:
?Tief unter uns nur Schweigen.“ ? Die Asthetik der Stille in Udo Zimmermanns Kammeroper ?Weiße Rose“.
In:
Die Tonkunst, Magazin fur klassische Musik und Musikwissenschaft
, Jg. 11, Nr. 3, Juli 2017, S. 368?377.
- ↑
Reinhard J. Brembeck:
Udo Zimmermann ist tot.
In:
sueddeutsche.de.
Abgerufen am 26. Oktober 2021
.
- ↑
Udo Zimmermann nach Abschlusskonzert der musica viva ausgezeichnet.
nmz-Online, 13. Juli 2011.
- ↑
Attila Kornel:
?Tief unter uns nur Schweigen.“ ? Die Asthetik der Stille in Udo Zimmermanns Kammeroper ?Weiße Rose“.
In:
Die Tonkunst, Magazin fur klassische Musik und Musikwissenschaft
, Jg. 11, Nr. 3, Juli 2017, S. 368?377.
Peter Dorn
,
Gerhard Rosenfeld
,
Ruth Zechlin
(1968)
|
Siegfried Matthus
,
Wolfgang Strauß
(1969)
|
Gerhard Rosenfeld
(1970)
|
Jurgen Elsner
,
Inge Lammel
(1971)
|
Gerhard Tittel
,
Peter Wicke
,
Udo Zimmermann
(1972)
|
Friedrich Goldmann
,
Rainer Kunad
,
Hans-Joachim Schulze
,
Udo Zimmermann
(1973)
|
keine Verleihung
(1974)
|
Frank-Volker Eichhorn
,
Winfried Hontsch
,
Friedrich Schenker
(1975)
|
Willy Focke
(1976)
|
Manfred Schubert
,
Manfred Weiss
(1977)
|
Paul-Heinz Dittrich
,
Thomas Bottger
(1978)
|
Manfred Grabs
,
Peter Herrmann
,
Bert Poulheim
(1979)
|
Wilfried Kratzschmar
,
Gunter Neubert
,
H. Johannes Wallmann
(1980)
|
Thomas Ehricht
,
Bernd Franke
,
Heinz Weitzendorf
(1981)
|
Gerd Domhardt
,
Thomas Hertel
(1982)
|
Rainer Bohm
,
Reiner Dennewitz
,
Hans-Peter Jannoch
(1983)
|
Ralf Hoyer
,
Burkhard Meier
,
Reinhard Pfundt
,
Kurt Dietmar Richter
(1984)
|
Gunter Mayer
(1985)
|
Gottfried Glockner
,
Fritz Hennenberg
,
Reinhard Pfundt
(1986)
|
Walter Thomas Heyn
,
Helmut Zapf
(1987)
|
Reinhard Wolschina
,
Olav Kroger
(1988)
|
Johannes Schlecht
,
Steffen Schleiermacher
,
Frank Schneider
(1989)
|
Christian Munch
,
Helmut Oehring
,
Annette Schlunz
(1990)
|
Klaus Martin Kopitz
,
David Citron
,
Hans Tutschku
(1991)