Tuschezeichner
, auch
Tuschefuller
oder
Tuschestift
, normgerecht als
Tuschezeichengerate
bezeichnet, sind Zeichenstifte entsprechend
DIN 15
, die fur das
technische
oder gebundene Zeichnen mit
Reißschienen
und Zeichenmaschinen von
Konstrukteuren
,
Technischen Zeichnern
,
Kartografen
, Planern und
Architekten
verwendet werden. Umgangssprachlich wurden und werden oft
Markennamen
des Herstellers, wie zum Beispiel
Rotring
?Rapidograph“
(verkurzt ?Rapi“) beziehungsweise
Isograph
oder
Skribent
verwendet.
Mit wiederbefullbaren oder auswechselbaren
Tuschepatronen
und mit festgelegten Strichstarken losten sie die zuvor gebrauchliche
Reißfeder
mit frei einstellbarer Breite ab. Als Vorlaufer kann man die
Trichterfeder
und den Tuschefullhalter mit auswechselbaren Federn (Rohrchenfedern und Flachfedern unterschiedlicher Breite) ansehen.
Nachdem heutzutage technische Zeichnungen uberwiegend mit
CAD
-Programmen am Computer erstellt werden, sind Tuschefuller nur noch selten in ihrem ursprunglichen Sinne in Gebrauch.
Kunstler
und
Grafiker
verwenden sie als Zeichengerat.
Die Tusche wird aus einem nachfullbaren Reservoir oder einer Einweg-Patrone mittels eines wendelformigen Kanals (zum Druckausgleich) und eines uber den in einem dunnen Metallrohrchen liegenden, leicht an der Schreiboffnung austretenden Regulierdraht beweglichen Kolbens kontrolliert und gleichmaßig durch dieses Rohrchen (
Zeichenrohr
,
Rohrchenfeder
) geleitet, das die Tusche mit einer konstanten Linienbreite auf den Zeichnungstrager bringt. Der Durchmesser des Rohrchens bestimmt die Strichbreite. Die Kennzeichnung der unterschiedlichen Strichbreiten erfolgt mit einer farbigen Markierung an den Stiften oder durch direkte Beschriftung in Millimeter.
Linienbreite in mm
|
Kennfarbe nach
ISO 9175
|
ISO-Strichstarkenreihen mit Kennfarben
|
0,10
|
Rotbraun
|
|
0,13
|
Violett
|
0,18
|
Rot
|
0,25
|
Weiß
|
0,35
|
Gelb
|
0,50
|
Braun
|
0,70
|
Blau
|
1,0
0
|
Orange
|
1,4
0
|
Grun
|
2,0
0
|
Grau
|
- Verschiedene demontierte Tuschefuller
-
Tuschefuller Isograph und Rapidograph von Rotring
-
Tuschefuller von Staedtler, vor 1985
-
Tuschefuller von Rotring, vor 1975
-
Rapidograph RB teildemontiert und mit gefullter Tuschepatrone
-
Tuschefuller Skribent, um 1970
-
Trichterfeder als Vorlaufer des Tuschefullers
Normgerechte Zeichnungen werden ublicherweise auf Natur-Hochtransparentpapier entsprechend der Norm DIN-ISO 9961 erstellt. Diese bei normaler Lagerung mindestens 10 Jahre lang nutzbaren Papiere unterscheiden sich in ihrer Oberflachenbeschaffenheit, sie werden in Glatt oder Matt hergestellt.
Je nach Flachengewicht des Papieres konnen fehlerhafte Linien bis zu viermal entfernt werden, ohne dass die Zeichnung unbenutzbar wird. Diese Korrekturen sollten nach Maßgabe des Papierherstellers erfolgen. Ublich sind spezielle
Radiergummis
oder -stifte, ebenso gebrauchlich ist das Abhobeln der getrockneten Tusche mit Rasierklingen,
Glasfaserstiften
oder speziellen Schabern. Um gerade Linien zu entfernen, wurde ein spezieller Tuschehobel entwickelt.
Die so erstellten Originale werden als
Lichtpausen
oder
Fotokopien
vervielfaltigt.
Fur die Bearbeitung von
Karten
-Originalen oder z. B. den Schaltungsentwurf von
Leiterplatten
wurden transparente
PVC
-Kunststofffolien (Astralon oder Sicoprint) oder beschichtete
Mylarfolien
als Zeichenmedium verwendet, die mechanisch bestandiger und unempfindlich gegen Feuchtigkeit sind.
[1]
Diese erfordern die Verwendung spezieller Folientuschen, die die Kunststoffoberflachen anlosen. Fur die Verwendung solcher anlosender Tuschen (z. B. K-Tusche) mussen dafur geeignete Tuschefuller benutzt werden. Die Kunststoffteile dieser Stifte bestehen dafur aus nicht anlosendem
ABS-Kunststoff
und die Metallteile sind teilweise mit einer Goldschicht geschutzt (Beispiel Foliograph, spater Isograph F von Rotring aus grauem Kunststoff).
Die so bearbeiteten Originale werden
reprotechnisch
durch
Kontaktkopie
auf
Fotografischem Film
oder durch
Folienkopie
(sogenannte Astralonkopie) weiter verarbeitet.
Eine Tusche ist nach der Norm ISO 9957 eine wasserige Flussigkeit, deren Farbe durch feinsten schwarzen Rußstaub vorgegeben ist. Diese Tusche muss wasserfest, temperaturunempfindlich und lichtecht sein. Eine Lagerfahigkeit von mindestens zwei Jahren bei ungeoffneter Originalverpackung wird angenommen.
Außerhalb dieser Norm wurden auch farbige Tuschen angeboten. Blaue Farbe ist (z. B. bei einer
Blaupause
) nicht kopierbar, es lassen sich damit nicht reproduzierende Hinweise auf Originalen anfertigen. Auch die anlosenden Tuschen fur Kunststoff-Zeichenfolien gab es fur Entwurfsarbeiten in verschiedenen Farben.
Ende der 1970er Jahre gab es Tuschen, die auf Latexbasis hergestellt wurden und als
Fur Film
angeboten wurden. Damit konnten ? mehr schlecht als recht ? Reprofilme aus Polyester bezeichnet werden.
Wird anstatt Tusche
Tinte
verwendet, ist die Bezeichnung
Tuschezeichengerat
nicht erlaubt.
Tuschestifte werden auch in
Stiftplottern
verwendet, um einen maschinellen Plot (z. B. eine per
CAD
erstellte technische Zeichnung) computergesteuert auf
Papier
oder Folie zu zeichnen (plotten).
Ebenfalls ublich war die Benutzung in
Messschreibern
sowie in
Beschriftungsgeraten
.
Micronorm-Symbol auf alteren Tuschefullern
Durch die in der DIN-ISO 9175 genormte Mindestlange und Durchmesser der Zeichenspitzen
sind Tuschefuller eingebunden in ein ganzes System weiterer Werkzeuge und Hilfsmittel, zusammenfassend
Reißzeug
genannt. Durch die Lange der Spitze wird zum Beispiel ein Unterlaufen der Tinte unter Lineale und Schablonen verhindert, da Zubehorhersteller eine geeignete Abschragung ihrer Werkzeuge entwickeln konnten.
Der Vorganger dieser Norm, die DIN 6775, kennzeichnete geeignete Gerate mit einem Prufzeichen. Das
Micronormzeichen
war ein uber- und unterstrichener Kleinbuchstaben
m
.
Dieses Symbol wurde in die aktuelle Norm nicht ubernommen und ist damit seit Juni 1990 obsolet. Es hatte sich jedoch in der Praxis bewahrt und wurde wohl auch spater noch verwendet.
Fur die in den
DIN 16
und
DIN 17
festgesetzten Normschriften gibt es
Schablonen
in unterschiedlichen Großen fur die jeweiligen Linienstarken. Daneben gibt es auch nicht-genormte Schriften. Anfang der 1980er Jahre kamen elektrische
Beschriftungsgerate
auf den Markt, in die Tuschefuller eingesetzt und uber eine
alphanumerische
Tastatur, Große und Text eingegeben werden konnten um die zeitaufwandige Beschriftung mittels Schablone zu ersetzen.
Fur die normgerechte Darstellung von Symbolen gibt es spezielle
Zeichenschablonen
. So beispielsweise Schaltungssymbole fur die Elektroplanung oder elektrische und pneumatische Schaltkreise, Mobel in Standardabmessungen in unterschiedlichen Maßstaben,
Form- und Lagetoleranzen
, Sanitarobjekte fur Planungen im Baubereich und chemische
Strukturformeln
. Statt Zirkeln werden fur die schnellere Darstellung von Teil- oder Vollkreisen, Kreisschablonen mit abgestuften Durchmessern verwendet. Zum Zeichnen von
Ellipsen
gibt es ebenfalls Schablonen, die jedoch nur einen vorgegebenen Bereich des mathematisch Moglichen abdecken.
Die Tuschefuller haben meist ein Gewinde am vorderen Ende. In den
Zirkelkasten
der gehobenen Klasse befanden sich spezielle Aufnahmen mit dem entsprechenden Gegengewinde zur Befestigung eines Tuschefullers. Diese Aufnahmen konnen, neben dem gebrauchlichsten zweischenkligen Zirkel, auch in Sonderformen wie Fallnullenzirkel und Stangenzirkel mit Radien bis zu ca. 120 Zentimetern Verwendung finden. Oftmals sind jedoch Innengewinde an Zirkeln und Außengewinde an Tuschefullern unterschiedlicher Hersteller unter Umstanden nicht kompatibel.
Ein weiteres sinnvolles Zubehor beim Zeichnen auf Transparentpapier und anderen nicht saugenden Materialien ist eine Rasierklinge. Damit lassen sich kleine ?Rotznasen“, die beim Aufsetzen des Rapidographen entstehen konnen, sehr effektiv entfernen. Jedoch darf nicht zu viel Druck ausgeubt werden, da sonst das empfindliche Papier beschadigt wird. Großere Flachen sind auch moglich, jedoch sind solche Korrekturen immer sichtbar.
Unter der
Marke
?Rapidograph“ werden verschiedene Modelle der Firma
Rotring
vertrieben, die die ersten Tuschefuller entwickelte.
[2]
Aus dem Haus stammt auch das Modell ?Isograph“.
Skribent-Tuschezeichner, um 1970
Lin’s 9 plus-Tuschezeichner, um 1982
Neben dem weltweiten Marktfuhrer Rotring haben auch andere Hersteller von Zeichenwerkzeugen Tuschefuller im Angebot.
Staedtler
vertreibt seine Stifte unter dem Namen ?marsmatic“, auf dem deutschsprachigen Markt bieten noch
Faber-Castell
und Aristo vergleichbare Fuller an. In anderen Landern gibt es Anbieter, die zumeist nur deren lokalen Markt belieferten.
Die fuhrende Marktstellung des Herstellers Rotring hat dazu gefuhrt, dass Tuschefuller im englischen Sprachraum umgangssprachlich ?Rotring“ oder ?Rotring-pen“ genannt werden.
In der
DDR
wurden Tuschezeichengerate bis Anfang der 1980er Jahre ausschließlich von der Firma Cleo Schreibgerate (heute Cleo Skribent GmbH) unter der Marke
Skribent
hergestellt.
[2]
Danach gab es außerdem eine Serie Tuschezeichner mit dem Namen
lin’s 9 plus
, die vom
Fullhalterwerk Heiko
in Wernigerode produziert wurde.
[3]
- Rotring und Rapidograph
- Patentanmeldung
DE1801024A1
:
Zeichentisch.
Angemeldet am
4. Oktober 1968
, veroffentlicht am
16. April 1970
, Anmelder: Zuse KG, Erfinder: Winfried Lotz, Jurgen Muller (Erwahnung der DIN 6775).
- ↑
Kurt Pribich in Zusammenarbeit mit Helmut Haslinger:
Bauelemente Nachrichtentechnik
. 5. Auflage. Bohmann-Verlag, Heidelberg 1971.
- ↑
a
b
DPMAregister | Marken - Registerauskunft.
Abgerufen am 2. August 2022
.
- ↑
lin’s 9 plus
(
Memento
des
Originals
vom 5. Februar 2017 im
Internet Archive
)
Info:
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@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.industrieform-ddr.de
in
Industriedesign der DDR
.