Tropfstein

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Tropfsteine in der Lechuguilla Cave , New Mexico , USA

Tropfsteine sind generell Steine, die als Sinter durch tropfendes Wasser entstehen.

Begriffsklarungen

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Tropfstein und Spelaothem

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Dabei wird in der Umgangssprache weder der Ort, an dem sie entstehen (Hohle, Bergwerk, Gebaude usw.), noch die chemische Zusammensetzung unterschieden. In den letzten Jahren hat sich jedoch zunehmend die Einschrankung auf Kalkablagerungen und die Entstehung in Hohlen durchgesetzt. Kohlensaurehaltiges, fließendes und insbesondere tropfendes Wasser mit in der Regel sehr geringem Wasserfluss ist dabei Ursache der langsamen Ablagerung von Calcit . Kohlendioxid-Gas entweicht und dabei fallt Calciumcarbonat aus. Tropfsteine sind daher mit dem Travertin verwandt.

In jungster Zeit findet zunehmend der Begriff Spelaothem Verwendung, der von dem englischen speleothem abgeleitet ist. Er bezeichnet jedoch alle Arten von sekundaren Ablagerungen in Hohlen ( spelaologische (hohlenkundliche) Sedimentation) und umfasst damit neben Tropfsteinen auch andere Formen.

Systematik der Spelaotheme

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Modellversuch zur Tropfsteinbildung: Wachstum einer etwa sechs Zentimeter langen Tropfsteinsaule beim Eintropfen einer Losung aus Zink- und Kupfersulfat in eine Ammoniakatmosphare. Der Stalagmit sitzt auf einer hochkant gestellten Plexiglasplatte, deren oberer Rand sichtbar ist. Die Zeitspanne zwischen erstem und letztem Bild betragt ungefahr 15 Minuten. [1]
  • Tropfsteine
    • Deckensinter (an der Hohlendecke)
      • Sinterrohrchen (Bildbereich B ? Rohrchensinter, ?Makkaroni“)
      • Stalaktiten (Bildbereich A )
      • Deckensinterleisten
      • Sinterfahnen (Bildbereich F )
      • Sintervorhange (Bildbereich G )
    • Wandsinter (an der Hohlenwand)
      • Sinterkrusten
      • Sinterfalle
      • Baldachine
      • Knopfchensinter (Perlsinter, Blumenkohlsinter)
    • Solensinter (im Bodenbereich)
    • Lose Sinterformen (frei im Hohlenraum liegend)
    • Sonstige
      • Stalagnat (Bildbereich E ? zusammengewachsener Stalaktit und Stalagmit, an Hohlendecke und -boden gleichzeitig vorkommend)
      • Excentriques (Bildbereich H ? an Hohlenwand und -decke vorkommend)
      • Mondmilch (Bildbereich I )

Stalaktit, Stalagmit oder Stalagnat

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Hangende Stalaktiten und stehende Stalagmiten in der Gasselhohle , Ebensee

Je nach Anordnung des Tropfsteins spricht man von Stalaktit , Stalagmit oder Stalagnat , wobei der letzte Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch weniger verwendet wird, da die durchgehende Saulenform verhaltnismaßig selten vorkommt.

  • Im Deutschen lasst sich der Unterschied zwischen den beiden erstgenannten Tropfstein-Formen dadurch merken, dass das k der obenhangenden Stala k titen Oberlange hat ? nach oben weist, wo der Tropfstein hangt, das g der untenstehenden Stala g miten Unterlange hat ? nach unten weist, wo der Tropfstein steht.
  • Ein weiterer Merkspruch ist: ?Stalag mit en haben schon viel mit gemacht, daher m ude und deswegen am Boden sind, wahrend Stalak t iten t ropfen und an der Decke hangen.“
  • Vor allem fur Kinder: ?Die Stalak t iten kommen von der ≪ T ≫ecke, und die Stalag mit en wachsen mit dir mit “.
  • Ein weiterer Spruch fur Kinder: ?Stalak t iten hangen run t er, Stalag m iten stehen m unter!“
  • Eine bekannte Eselsbrucke ist: ?Die Mi(e)ten steigen und die Tit(t)en hangen“.
  • Unter Beachtung der Form der Großbuchstaben ≪M≫ und ≪T≫ konnen auch ?Stalag M iten“ oder ?Stalag m iten“ und ?Stalak T iten“ gute Eselsbrucken sein. Allein schon die Form des T reicht als Erinnerung, dass die Stalak T iten von der Decke herunterhangen.
  • Fur den Begriff Stalagnat (die zusammengewachsene durchgehende Saulenform) gibt es ebenfalls eine Eselsbrucke: ?Wenn man zwei Tropfsteine zusammennaht, gibt es eine Na (h) t .“
  • Im Englischen hilft der folgende Spruch: ?Stala g mites g row from the g round, stala c tites c ome from the c eiling“, im Franzosischen ?La Stalag m ite m onte, la stalac t ite t ombe“ ( monter ?steigen“ und tomber ?fallen“).

Der Niederschlag nimmt aus der Atmosphare Kohlenstoffdioxid auf, versickert im Boden und nimmt dort organische Sauren auf. Dadurch kann aus dem Kalkstein Calciumcarbonat (Kalk) im Wasser gelost werden. Dieser geloste Kalk verbindet sich mit dem Kohlenstoffdioxid zu Calciumhydrogencarbonat , welches gut wasserloslich ist. Beim Erreichen einer Hohlendecke tropft diese Losung durch vorhandene Felsspalten. Beim nun erfolgenden Zutritt von Luft entweicht das Kohlenstoffdioxid, das Calciumhydrogencarbonat wandelt sich wieder in das schwer wasserlosliche Calciumcarbonat (Kalk) um. Das Wasser verdunstet, ubrig bleibt Kalk, welcher im Verlauf großerer Zeitraume die Tropfsteine bildet.

Chemie und Formen

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Schnitt durch einen Stalagmiten mit Wachstumsstreifen, links

Wahrend das kohlensaurehaltige Wasser durch den Karst fließt, lost es den Kalkstein bis zur Kalksattigung in sich auf. Wenn es dann auf einen Hohlraum trifft, fließt das Sickerwasser an der Decke entlang, verliert an Fließgeschwindigkeit und bildet aufgrund der Oberflachenspannung Tropfen . Dabei gibt es CO 2 ab, was zur Ausfallung von kristallinem CaCO 3 fuhrt. Dieser Sinter -Kalk bildet den von der Decke herabhangenden Tropfstein, den Stalaktiten . Der auf den Boden auftreffende Tropfen enthalt noch etwas Kalk. Beim Aufprall des Tropfens wird nochmals CO 2 freigesetzt und Kalk fallt aus. Entsprechend wachst ein weiterer Tropfstein vom Boden in die Hohe und bildet einen Stalagmiten . Stalagmiten und Stalaktiten konnen auch als Saule zusammenwachsen und werden dann Stalagnat genannt. Die Verdunstung des Wassers spielt nur in wenigen Hohlen bzw. Hohlenteilen, z. B. an Hohleneingangen eine Rolle. Durch im Wasser geloste Mineralien konnen Tropfsteine unterschiedliche Farbungen aufweisen.

Dissoziationsgleichungen

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Ca 2+ + 2 HCO 3 ?  ?  CaCO 3 + H 2 O + CO 2

oder auch

Ca 2+ + 2 HCO 3 ?  ?  CaCO 3 + H 2 CO 3

Siehe auch: Wasserharte#Kalk-Kohlensaure-Gleichgewicht und Carbonat-Silicat-Zyklus zum Chemismus der Sinterbildung.

Tropfsteine aus anderen Materialien

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Etwa 40 cm lange Diadochit-Stalaktiten im Alaunwerk Muhlwand

Tropfsteine entstehen nicht nur aus Kalk. In den Besucherbergwerken Feengrotten in Saalfeld, Morassina in Schmiedefeld (beide in Thuringen) und Alaunwerk Muhlwand in Reichenbach (Sachsen) kann man zum Teil farbenprachtige Exemplare aus Diadochit bestaunen. Diadochit-Tropfsteine wachsen erheblich schneller als Tropfsteine aus Kalk, allerdings sind sie mechanisch weniger stabil.

Eiszapfen entstehen ahnlich wie Tropfsteine und konnen daher vergleichbare Formen ausbilden.

Aus SiO 2 bestehen die kleinen, unscheinbaren Sinterwarzen im Sandsteinkarst, die man weltweit beobachten kann.

Wachstumsgeschwindigkeit und Tropfsteinalter

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Tropfsteine entstehen und wachsen im menschlichen Maßstab gesehen nur sehr langsam. Die genaue Geschwindigkeit des Tropfsteinwachstums variiert jedoch und hangt von mehreren Faktoren ab:

  • Kalk-Konzentration im Wasser
  • CO 2 -Gehalt im Wasser und in der Hohle
  • Menge des herabtropfenden Wassers
  • Temperatur

Sehr beliebt bei Hohlenfuhrern sind Angaben uber die Wachstumsgeschwindigkeiten von Tropfsteinen. Dabei werden durchaus realistische Messungen von 8 bis 15 Millimeter pro 100 Jahre zugrunde gelegt. Nicht legitim ist jedoch die Verallgemeinerung auf die gesamte Hohle sowie das lineare Hochrechnen auf die Tropfsteingroße. Ein Stalaktit mit einem Meter Lange ist also hochstwahrscheinlich nicht genau 10.000 Jahre alt.

In der Charlottenhohle kann man einen drei Zentimeter großen Tropfstein [2] sehen, der auf den Leitungen der historischen elektrischen Beleuchtung gewachsen ist. Damit ist das Alter bekannt (seit Installation der Leitung, etwa 110 Jahre) und es ist moglich, die Wachstumsgeschwindigkeit auszurechnen. Das Ergebnis kann nicht verallgemeinert werden, auch benachbarte Tropfsteine konnen sehr unterschiedliche Wachstumsgeschwindigkeiten besitzen. Der erwahnte Tropfstein befindet sich unter einer Doline mit Humusfullung und sehr hoher CO 2 - und Huminsaurenproduktion . Dadurch ist die Wachstumsgeschwindigkeit raumlich sehr eng begrenzt ca. verfunffacht.

Tropfsteine als Klimawandelindikatoren, ZDF Terra-X, Laufzeit 1:03 Minuten

Maßgeblich beeinflussen auch die Umweltbedingungen das Wachstum. Die Wachstumsraten schwanken mit klimatischen Anderungen, da sich dabei die oben angegebenen vier Parameter andern. Im Wechsel von Kaltzeiten und Warmzeiten schwankt das Wachstum sehr stark. Wahrend einer Kaltzeit kann es, durch die Versiegelung des Bodens aufgrund der Bildung von Permafrost , zu einer Unterbrechung des Wachstums kommen. In der letzten Warmzeit war es warmer und feuchter als heute, so dass die Wachstumsgeschwindigkeit hoher gewesen sein kann. Vermutlich entstand bei oben genanntem Beispiel ein erheblicher Teil des Tropfsteins vor der letzten Kaltzeit. Das Wachstum wurde unterbrochen und erst nach dem Ende der Kaltzeit vor etwa 8.000 Jahren fortgesetzt. Generell meint man deshalb heute mit dem Alter eines Tropfsteins die Warmzeit, wahrend deren der großte Teil des Tropfsteins gebildet wurde.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass haufig nur von der Wachstumsgeschwindigkeit von ?Tropfsteinen“ geredet wird. Dabei wird vernachlassigt, dass die Geschwindigkeit auch von der Form abhangt. Sinterrohrchen konnen sehr schnell wachsen, nach dem Ubergang zum Stalaktit wird die Geschwindigkeit jedoch deutlich geringer, da nun die gleiche Menge Material auf einer großeren Flache abgelagert wird. Die Wachstumsgeschwindigkeit der zugehorigen Stalagmiten unterscheidet sich wiederum drastisch. Jegliche Angabe, die diese Unterschiede nicht berucksichtigt, hat keinerlei wissenschaftlichen Wert.

Die Wachstumsgeschwindigkeit ist jedoch eine wichtige Kennzahl, wenn sie aus sinnvollen Messungen abgeleitet wird. Dazu wird das Alter entnommener Proben mit einer geeigneten geophysikalischen Methode ( 14 C, U/Th oder O; siehe Geochronologie ) bestimmt. Nun kann zwischen Messpunkten mit erkennbar homogenem Wachstum dazwischen eine aussagekraftige Wachstumsgeschwindigkeit errechnet werden. Diese lasst dann durchaus Ruckschlusse auf die klimatischen Bedingungen wahrend der Entstehung des Tropfsteins zu.

Das Wachstum der Tropfsteine kann durch Hohlenbesucher gestort werden. Beruhrt man einen Tropfstein, so setzt sich Fett von der Haut ab und verhindert an dieser Stelle zukunftige Kalkablagerungen.

Tropfstein-Vorkommen

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Tropfsteine an Beton

Grundsatzlich befinden sich in allen Hohlen weltweit, die in Karst- und Kalkgesteinsregionen liegen, Tropfsteine. Diese Hohlen werden als Tropfsteinhohlen bezeichnet.

Tropfsteine konnen sich auch an alteren Bauwerken bilden, wenn Calciumhydroxid aus Zement oder Beton gelost wird und dann mit dem Kohlendioxid der Luft reagiert.

Einzelnachweise

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  1. Schmidkonz, Wittke 2006
  2. Abbildung (Fotografie von Jochen Duckeck), Showcaves.com
Commons : Tropfstein  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien