Dieser Artikel informiert uber den ostgotischen Konig. Unter dem Pseudonym Totila schrieb auch
Hans Diebow
. Fur das Schiff siehe
Totila (Schiff)
.
Totila
(auch bekannt unter dem Namen
Baduila
;
[1]
† nach 30. Juni
552
bei
Taginae
, Umbrien) war von 542 bis zu seinem Tod
rex
bzw. Konig der
Ostgoten
. Er fiel im Sommer 552 in der
Schlacht von Busta Gallorum
.
Totila war ein Neffe des kurzzeitigen Ostgotenkonigs
Hildebad
und gehorte nicht zum Geschlecht der
Amaler
, der fruheren Herrscherfamilie. Nach den verheerenden Niederlagen gegen den
ostromischen
Feldherrn
Belisar
in der ersten Phase des
Gotenkrieges
und der Gefangennahme ihres
rex
Witiges
540 war es den Ostgoten mit Muhe gelungen, nordlich des Flusses
Po
einen kleinen Machtbereich zu bewahren. Ende 541 wurde Hildebad nach wenigen Monaten ermordet. Totila war zu diesem Zeitpunkt gotischer
comes
von
Treviso
und wurde wohl Anfang oder Mitte 542 zum
rex
ausgerufen.
[2]
Kurz darauf gelangen Totila erste Erfolge. Zwei kleinere
ostromische Heere
wurden geschlagen, ebenso nahmen die Goten einige Stadte in der Region Emilia und in Umbrien ein. 543 folgte dann die Eroberung ganz Suditaliens und die Einnahme von
Neapel
.
Das Ziel Totilas war es, die Politik des ostromischen Kaisers
Justinian
zu vereiteln, die auf eine Inbesitznahme
Italiens
und damit auf eine
Restauratio imperii
hinauslief. Tatsachlich war Totila zu Anfang sehr erfolgreich, wobei er stark davon profitierte, dass Justinians beste Truppen im Orient gebunden waren, wo sie seit 540 Krieg gegen die
Sassaniden
fuhren mussten. Zudem hatten sich die kaiserlichen Funktionare und Steuereintreiber bei den Romern Italiens unbeliebt gemacht, weshalb sich wohl nicht wenige die Zeit der Gotenherrschaft zuruckwunschten. So nahm Totila
Rom
Ende 546 ein, wobei er demonstrativ Milde gegenuber Gefangenen walten ließ. Nach der ersten Einnahme Roms ließ er die gefangenen Senatoren in Kampanien internieren, wo sie spater allerdings von ostromischen Truppen befreit wurden. Ohnehin waren Totilas Moglichkeiten begrenzt, was sich auch daran ablesen lasst, dass ihm zwar die Eroberung der Ewigen Stadt gelang, nicht aber, diese auch langerfristig zu halten; die Stadt wurde bald schon wieder von kaiserlichen Truppen besetzt. Dennoch gelangen Totila auch im Feld einige bemerkenswerte Erfolge, zumal unter seiner Fuhrung eine ostgotische Flotte ins Leben gerufen wurde.
Von Justinian als Usurpator geachtet, betrieb Totila neben den militarischen Maßnahmen auch politische, um den Einfluss Ostroms zuruckzudrangen. Er begann eine regelrechte Propagandakampagne, in der er das Bild einer eintrachtigen Lebensweise von Ostgoten und Romern zu Zeiten
Theoderichs des Großen
den Jahren des Leidens und des Krieges und der harten Steuerpolitik Justinians gegenuberstellte. Ein erster Brief an den westromischen Senat blieb jedoch ohne Antwort. In Wahrheit war es nicht zuletzt Totilas Taktik der verbrannten Erde, die diesen so genannten zweiten Gotenkrieg viel verheerender verlaufen ließ als den ersten in den Jahren 535?540. Fur Italien bedeutete dieser Konflikt und dessen negative Folgen, zu denen die Zerstorung der Infrastruktur zahlte, wohl faktisch das
Ende der Antike
. Dennoch gewann Totila aufgrund seiner Erfolge einigen Zulauf, zumal er
Sklaven
in sein Heer aufnahm, was aber auch im Rahmen seiner Politik zu sehen ist, die damit die landbesitzenden
Senatoren
als Unterstutzer Konstantinopels traf.
Außenpolitisch war Totila wenig Erfolg beschieden. Es gelang ihm weder, die
Franken
zu einem Ehebundnis zu bewegen, noch die (wohl von vornherein illusorische) Anerkennung seines Konigtums durch Ostrom zu erhalten. Dennoch schien seine Lage nicht hoffnungslos. Anfang 550 fiel Rom durch Verrat von
isaurischen
foederati
des Kaisers nochmals in die Hand der Goten. Totila veranstaltete nun (die letzten) Spiele im
Circus Maximus
und ließ Munzen pragen, die sein Portrat mit kaiserlichem Diadem zeigten ? ein klarer Affront gegen Justinian. Die Ostromer waren zwar vorerst auf
Ravenna
und einige Kustenstadte zuruckgeworfen, doch hatte Totila 551 auch seine Flotte verloren, wahrend weite Landstriche Italiens durch den Krieg verwustet waren.
Im Fruhjahr 552 begann der ostromische Befehlshaber
Narses
im Auftrag des Kaisers eine großangelegte Landoffensive gegen Totila in Italien.
Narses' Truppen ? mit knapp 30.000 Elitesoldaten ein fur
spatantike
Verhaltnisse großes Heer ? uberquerten den
Balkan
und ruckten von Norden nach Italien ein, wobei sie die gotischen Verteidigungslinien umgingen. Uber Verona und Rom marschierte das Heer auf Totila zu, der sich in
Umbrien
bei
Busta Gallorum
in der Nahe von Taginae am 30. Juni oder 1. Juli des Jahres 552 mit etwa 20.000 Mann zum Kampf stellte. In dieser Schlacht verblutete das frontal angreifende Ostgotenheer unter den Pfeilen der ostromischen Bogenschutzen. Totila wurde selbst schwer verwundet und starb entweder wahrend der Schlacht oder kurz danach auf der Flucht. Damit war der Traum von einer Behauptung der Ostgoten in Italien zu Ende. Zwar konnten sich die Ostgoten unter ihrem letzten
rex
Teja
noch einmal sammeln, dennoch bedeutete der Verlust eines Großteils der ostgotischen Reiterei auch das Ende des effektiven Widerstands.
Konig Totila lebte spater als
Heldenfigur
weiter ? schon
Prokopios von Caesarea
und
Jordanes
versagten ihm nicht den Respekt, ebenso der deutsche Schriftsteller
Felix Dahn
in seinem 1876 erschienenen Historienroman
?
Ein Kampf um Rom
“
. In der modernen Forschung wird er hingegen vielfach differenzierter gesehen und weniger als germanischer Heros, sondern eher als typischer
spatantiker
Warlord
verstanden.
Eine Gedenktafel fur ihn befindet sich in der
Walhalla
in
Donaustauf
. Im Historienfilm
Kampf um Rom
wird Totila von
Robert Hoffmann
dargestellt.
- Marco Cristini:
The Diplomacy of Totila (541-552).
In:
Studi Medievali
, III, 61, 2020, S. 29?48.
- Marco Cristini:
Totila and the Lucanian Peasants: Procop. Goth. 3.22.20
. In:
Greek, Roman and Byzantine Studies
61, 2021, S. 73?84.
- Marco Cristini:
Baduila: Politics and Warfare at the End of Ostrogothic Italy.
Spoleto 2022. (
Rezension
)
- John Robert Martindale:
Totila.
In:
The Prosopography of the Later Roman Empire
(PLRE). Band 3B, Cambridge University Press, Cambridge 1992,
ISBN 0-521-20160-8
, S. 1328?1332.
- John Moorhead:
Totila the Revolutionary
. In:
Historia
49, 2000,
ISSN
0018-2311
, S. 382?386.
- Hermann Reichert
/ Stefan Krautschick:
Totila
. In:
Reallexikon der Germanischen Altertumskunde
. Bd. 31, 2006, S. 92?96.
- Herwig Wolfram
:
Die Goten. Von den Anfangen bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. Entwurf einer historischen Ethnographie
. 5. Auflage. Beck, Munchen 2009,
ISBN 978-3-406-33733-8
.
- ↑
In der Forschung ist es seit langem umstritten, ob sein offizieller Name nun Totila oder Baduila war und ob der zweite Name ein Beiname o. a. war. Oft wird angenommen, dass der Konig als offiziellen Namen Baduila benutzt hat, doch nennt ihn die Mehrheit der
spatantiken
Geschichtsschreiber Totila(s). Ebenso sind Etymologie und die Bildungsweise der Namen umstritten, siehe H. Reichert,
Totila
, § 1 (Namenkundlich), S. 92f.
- ↑
So Wolfram, etwas anders Krautschick,
Totila
, S. 93, der eine Erhebung noch im Jahr 541 fur wahrscheinlicher halt.